Nach dem Ende der Archontenherrschaft und der Stilllegung der Lebensschmiede, steht Kellvian vor der Aufgabe, die vor Helike gestrandete Armee Cantons sicher zurück zu bringen. Bevor sie die Stadt jedoch auch nur verlassen können, erhalten sie Nachricht von einem Totgeglaubten. Und in der Heimat ziehen bereits dunkle Wolken auf. Andre de Immerson hat seine Pläne, sich das Kaiserreich mit Gewalt untertan zu machen, noch nicht aufgegeben. Und ohne eine Armee ist alles, was zwischen
ihm und der Krone steht eine kleine Gruppe heruntergekommener Abenteurer und eine Handvoll Zauberer.
Bildquelle Michaela Schöllhorn / pixelio.de
Eden ließ den Blick über die etwa zwanzig Sklaven wandern, die sie heimlich hatte zusammenrufen können. Ein paar hatten irgendwie Fackeln organisiert, die für unstetes, aber ausreichendes Licht sorgten. In einem stillgelegten Tunnel und während der eigentlichen Ruhezeit, würde niemanden ihre Abwesenheit auffallen. Die Aufseher würden merken, wenn morgen früh jemand fehlte, aber Nachts begnügten sie sich damit, die Tunneleingänge zu bewachen, in die sie ihre Gefangenen sperrten. Zum Glück
jedoch, waren diese oft weit verzweigt und boten so durchaus Raum für ein heimliches Treffen. Sie konnte nicht alle Sklaven selber informieren, dafür waren es einfach zu viele und wenn einem Aufseher auffiel, was sie tat, wäre ihr Plan erneut zum Scheitern verurteilt. Aber wenn sich zwanzig Sklaven nach dem Weckruf im Morgengrauen in den Tunneln verteilten, würde das kaum so viel Aufmerksamkeit erregen, wie eine einzelne Gejarn, die sämtliche Schächte abging. Solange sie vorsichtig waren… Noch zögerte sie jedoch, den Leuten zu erklären, was sie vorhatte, das der Tag auf den sie gewartet hatten endlich da
war. Weder Mhari noch Erik waren bisher zurückgekommen, aber das musste nichts bedeuten. Trotzdem hoffte sie, dass die beiden bald auftauchen würden. Sie hatten nur Zeit, bis die Aufseher zurückkehren würden, bis dahin mussten die Boten Bescheid wissen. Wenn am Morgen entdeckt wurde, dass der Stausee abgelassen worden war, würde man sich beeilen, die Minen anderweitig zu sichern. Es gab ein kleines Zeitfenster und das mussten sie nutzen. Eden konnte die aufkommende Ungeduld der Leute spüren. Genau wie ihre eigene Ungeduld. Heute würde sich entschieden, ob sie frei sein würden… oder bei dem
Versuch starben. Cyrus stand neben ihr, an einen der Felsen gelehnt. Die meisten übrigen Sklaven machten einen Bogen um den Fremden in ihrer Mitte, auch wenn Eden sie da hätte beruhigen können. Wenn das hier alles vorbei war… Sie schüttelte die Gedanken ab. Dafür war im Moment kein Raum mehr. Aber früher hätte sie wohl nur ungern darüber nachgedacht, sich einmal irgendwo niederzulassen. Es war ein… schöner Gedanke. Wenn das hier vorbei war, wäre sie auf mehr als eine Hinsicht wahrhaft frei. Andre würde sein Ende finden. Der Gedanke an Rache war ihr nicht unvertraut. Und doch bekam er einen leicht bitteren Beigeschmack, wenn
sie an alles zurückdachte, was hinter ihnen lag. Sie hatte nie wirklich so etwas wie Frieden gefunden, außer vielleicht in einigen wenigen, kurzen Momenten. Und schuld daran war allein dieser Mann… oder nicht? Ging nicht auch Andre davon aus, alles sei ihre Schuld? Der Gedanke war seltsam. Es spielte keine Rolle, was dieses Monster dachte. Nur ob es sie für alle Ewigkeit verfolgen würde. Sie hatte einmal bereits geglaubt, zumindest ihren Hass auf den Herrn Silberstedts begraben zu können. Doch das war vor all dem hier gewesen. Bevor er die Welt in Feuer getaucht und sie in
einen Alptraum gestürzt hatte. Eilige Schritte, die durch den Tunnel hallten, rissen sie aus ihren Gedanken. Einen Moment hielt sie den Atem an, die Hand bereits auf den Griff eines weiteren, selbstgebauten Messers ruhend. Wenn doch jemand bemerkt hatte, was sie vorhatten… Eden atmete erleichtert auf, als zwei bekannte Gesichter aus der Dunkelheit auftauchten. Erik wirkte etwas erschöpft und seine ehemals graue Uniform war von Kohlestaub dunkel verfärbt, aber es schien ihm gut zu gehen, genau wie Mhari. ,, Der See ist kein Problem mehr.“ , erklärte die Clan-Älteste an Eden
gerichtet, als wären die anderen gar nicht da. Sofort brach aufgeregtes Gemurmel unter den Sklaven aus. Ohne es zu wollen, oder vielleicht auch beabsichtigt, hatte die Gejarn ihnen grade eröffnet, das ihre größte Angst, das eine, das sie mehr als alles andere unter Kontrolle gehalten hatte… fort war. Eden wusste, das jetzt der Moment gekommen war, aus diesem Hoffnungsfunken mehr zu machen. Und wenn das für diese Leute jemand konnte… dann wohl sie. Unbeabsichtigt hatte sie sich mit Maliks Tod zu ihrer Anführerin gemacht. Sie war immer die
gewesen, die sich nicht unter den Schlägen der Aufseher weggeduckt hatte, die es gewagt hatte, sich zu wehren, wo jeder Kampf zwecklos schien. Aber was sollte sie ihnen sagen? Rhetorik war etwas für Adelige und Fürsten. Aber als sie einmal anfing, kamen die Worte wie von selbst. ,, Es stimmt.“ , erklärte sie schließlich. ,, Diese beiden haben heute den Stausee in den oberen Höhlen abgelassen. Wenn die Wachen das nächste Mal dort sein werden, wird es kein Wasser mehr geben. Ihr Damm wird nutzlos sein. Jetzt ist unsere beste Gelegenheit, zu entkommen. Nutzen wir sie nicht… wer weiß, ob es jemals wieder so eine Chance
geben wird. Ich für meinen Teil habe nicht vor, so lange abzuwarten.“ ,, Wir auch nicht.“ , antwortete einer der Sklaven mit brüchiger Stimme. Wer wusste schon, wie lange es her war, seit er laut gesprochen hatte, doch nun, wo er es einmal gewagt hatte, schlossen sich ihm weitere Stimme an. Der Bann, der diese Männer und Frauen so lange festgehalten hatte bröckelte beim Klang der rauen Stimme eines von ihnen. ,, Niemals. Es ist genug.“ ,, Wir sterben hier unten sowieso.“ , stimmte ein weiterer zu. ,, Also können wir es genauso gut so tun. Selbst wenn wir nur eine kleine Chance hätten zu
entkommen.“ ,, Wir haben nicht nur eine kleine.“ , mischte sich Eden ein. ,, Nicht, wenn wir es richtig anfangen. Ich will das ihr sobald die Aufseher uns morgen wecken loszieht und euch unter den übrigen Sklaven verteilt. Sagt ihnen, was ich euch gesagt habe. Und sagt ihnen, sie sollen sich bereithalten. Noch bevor der nächste Tag zu Ende geht, werden wir wieder in der Sonne stehen. Und wir werden stattdessen Lord Andres Aufseher hier unten begraben.“ , erklärte sie grimmig. ,, Es ist egal, ob ihr sie mit einer Hacke oder einem Stein angreift, auch diese Bastarde sterben, wenn ihr ihnen den Schädel zerschmettert. Die
Zeit sich zu Ducken ist vorbei…“ Cyrus starrte in die Dunkelheit und betrachtete die schlafenden Bündel, die jetzt ihre ganze Hoffnung darstellten. Mit ihnen waren wohl leicht zweihundert weitere Sklaven in dem Abschnitt der Minen, den die Aufseher zum Schlafplatz für sie ausgewählt hatten. Oder besser, dort, wo die Männer ihre Arbeit beendet hatten, dachte der Wolf. Von ihnen zumindest schlief niemand. Cyrus konnte die Gestalten seiner drei Gefährten in der Dunkelheit sehen. Oder zumindest ihre Umrisse erahnen. Zwar hatte er bessere Augen als ein Mensch,
aber hier unten kam selbst er sich fast blind vor. Erik würde vermutlich gar nichts mehr erkennen können. Doch schließlich, er wusste nicht, wie lange es dauerte, tauchte ein schwacher Lichtschein aus der Dunkelheit auf. Laternen, nicht das unstete Licht der Fackeln. Er ermahnte sich, nicht zu früh zu handeln, als drei Aufseher aus dem Tunnel auftauchten und begannen, die am Boden schlafenden Sklaven unsanft zu wecken. Sie riefen nicht einmal, sondern traten nur nach den in verschmutzte Decken gewickelten Gestalten. Er bemühte sich, auf die Beine zu kommen, bevor ihn einer der Männer
bemerkte. Nach wie vor trug er seine Waffen in seiner Kleidung verborgen, aber wenn einer der Aufseher zufällig darauf stieß… Die Männer jedoch ignorierten ihn zum Glück. Vielleicht bemerkten sie ihn in der Dunkelheit auch gar nicht oder sie hatten Angst, sich mit jemanden Anzulegen, der auch so aussah, als könnte er sich wehren. Erik gesellte sich unauffällig zu den drei Wächtern, während nun auch die letzten Gefangenen hochschreckten. Jedoch mit deutlich weniger Angst in ihren Augen, als Cyrus erwartet hätte. Die Nachricht über ihr Vorhaben hatte sich zumindest hier bereits wie ein Lauffeuer verbreitet
und im Laufe der nächsten Stunden würde es alles und jeden, der hier unten gefangen gehalten wurde erreicht haben. ,, Los beeilt euch ein bisschen.“ , rief einer der Wächter, während die anderen sie hinaus durch die Tunnel und hinaus in die große Hautpkammer trieb. Die Männer schienen ebenso nervös, wie die Sklaven. Vermutlich hatten sie bereits den leeren See entdeckt, konnten sich wohl aber einfach nicht erklären, wie das möglich sein sollte. Würden sie etwas anderes, als ein Versehen dahinter vermuten, wären sie vermutlich nicht hier sondern immer noch eingesperrt in den leicht zu sichernden Tunneln. Cyrus hielt sich so gut wie möglich bei
den anderen, während er dabei zusah, wie sich ihre Boten unter die übrigen Sklaven mischten, bevor man diese Grüppchenweise in andere Tunnel brachte, in denen heute gearbeitet werden sollte. Nur heute, dachte er, würde man oben vergeblich darauf hoffen, das Soll zu erfüllen. Die Nachricht verbeiete sich leise, aber stetig, wie eine Welle und selbst die allgegenwärtigen Aufseher sahen sich unfähig, der kurzen Unruhe Herr zu werden, oder ihre Gefangenen, die sich immer wieder die gleiche Nachricht zuflüsterten zum Schweigen zu bringen. Jeder würde wissen, was bald geschehen musste. Und jeder würde sich dann
entscheiden müssen. Cyrus bezweifelte, dass jemand Untätig bleiben würde. ,, Was grinst du so dämlich, Großer ?“ Ein Schlag traf ihn ins Gesicht, aber selbst das konnte das düstere Grinsen nicht von seinem Gesicht fegen. Das hier nahm heute ein Ende. So oder so. Eden war es schließlich, die als erste Zuschlug. Cyrus sah, wie sie ein Messer aus ihrem Ärmel gleiten ließ und es dem erstbesten Aufseher in den Hals rammte. Bevor der Mann auch nur auf dem Boden aufkam, brach sich die angestaute Wut und Angst der übrigen Sklaven Bahn. Mit Spitzhacken, Steinen und Fäusten gingen sie auf ihre alten Peiniger los,
die sich plötzlich inmitten eines wütenden Mobs wiederfanden, der auch vor Stahlknüppeln und Keulen nicht mehr zurückschreckte. Mehrere Zwangsarbeiter gingen zu Boden, als einige der Wächter zu den Gewehren griffen und blind auf sie feuerten, aber andere Rücken sofort nach. Cyrus selbst zog sofort die Axt und schleuderte die Waffe nach einem Aufseher, der grade mit der Muskete anlegen wollte. Die Waffe traf ihn in die Brust und der Schuss, der sich aus der Flinte löste ging in die Luft. ,, Nach oben !“ , könnte er Mhari über den aufkommenden Lärm hinweg rufen hören. Und diese Worte waren den
meisten Sklaven genug. Einen beängstigenden Moment lang fürchtete Cyrus schlicht, von der Masse aus sich in Richtung Ausgang in Bewegung setzenden Sklaven mitgerissen zu werden. Die Männer ignorierten jetzt alles andere, ließen verwundete und zu Boden gerungene Aufseher zurück wo sie waren und stürmten los. Die wenigen Wächter, die sich ihnen in den Weg stellen wollten, mussten schnell herausfinden, dass man tausende Verzweifelte auch nicht mit Waffengewalt aufhalten konnte. Vor allem nicht, wenn diese absolut nichts mehr zu verlieren hatten. Einige versuchten noch,
zurückzuweichen, wurden aber lediglich von hunderten Armen zu Boden gerissen oder von der Masse der Körper zur Seite gedrückt. Sie hatten geplant, die Sklaven im Zweifelsfall zu ertränken. Doch nun erlebten sie eine ganz andere Art von Flut. Eine, von der Cyrus sich einfach mitnehmen ließ. Wo Eden, Mhari oder Erik waren wusste er nicht. Für den Moment musste er darauf hoffen, dass sie unverletzt waren und sie sich draußen wiederfanden. Denn dass sie es dorthin schaffen würden, daran zweifelte er nicht mehr… Schon hatten sie die Höhle mit dem nun trocken gelegten See erreicht. Manche
der Flüchtigen setzten über den hölzernen Damm und liefen durch das steinerne Becken, andere wagten den nun gefährlich hohen Balanceakt über das ehemalige Ufer. Und dabei sah er auch endlich die anderen wieder. Sie hatten es zumindest geschafft zusammenzubleiben. Erik, Mhari und Eden bahnten sich gemeinsam einen Weg weiter in Richtung des Aufgangs. Der letzte Abschnitt ihrer Flucht, bevor sie endlich Tageslicht sehen würden lag direkt vor ihnen. Rasch schloss er zu ihnen auf und gemeinsam erblickten sie den ersten Schwachen Lichtschimmer. Nicht das Licht von Fackeln oder Laternen, sondern echte Sonnenstrahlen, die durch
den Höhleneingang in die Tiefe drangen. Unglaublich, wie sehr man so etwas bereits nach nur einem Tag vermissen konnte. Die Kälte schlug ihm wie eine Welle entgegen, aber er genoss das Gefühl des Winds und der Schneeflocken, die sich in seinem Gesicht verfingen und Schmolzen. Händler und Wachen nahmen Reißaus, als sie die abgemagerten, zerlumpten und nun teilweise blutbesudelten Gestalten bemerkten, die aus der Tiefe hervortraten. Die Kälte schien den wenigsten etwas auszumachen. Dafür hatten sie schon zu viel Schlimmeres erlebt. Und nun einmal frei und dem Sonnenlicht seit wer wusste
schon wie vielen Jahren wieder ausgesetzt, würden sie lieber sterben, als noch einmal zurück zu gehen. Cyrus blieb mit den anderen Stehen, als sie auf das Geröllfeld vor den Minen heraustraten und zusahen, wie die Sklaven über die Pässe hinab stiegen. Direkt nach Silberstedt hinein… Sie würden ein heilloses Chaos anrichten, da war der Wolf sich sicher. ,, Beeilen wir uns.“ , meinte Eden. ,, Wir müssen noch Zachary holen, solange die Stadtwache sich noch nicht organisiert. Zum Anwesen.“ Sie nickte in Richtung eines großen Baus, der über der Stadt drohte, die nun langsam von jenen überrannt wurde,
denen sie ihre Existenz verdankte.
EagleWriter All zu lange ist das Buch nicht mehr, soviel sei verraten^^ Aber die letzten Kapitel dürften es durchaus in sich haben. Mit Ausnahme des nächsten vielleicht. lg E:W |
abschuetze na da wird Andre aber Augen machen^^ |
EagleWriter ^^ lg E:W |