Begegnung
Inspiriert durch Wolfgang Amadeus Mozart und Rainer Maria Rilke...
Musik:
KV 427 Et Incarnatus est
Zitat Papst Franziskus:
Das Et Incarnatus est aus der Missa in C-Moll ist unübertrefflich: Es trägt dich zu Gott.
Bild: http://www.fotos.sc/PHPSESSID=18a92d6f14b474472c00b67d92752574/popi+1140941/mediafile.html
BEgegnung
„Setz dich zu mir mein Leben und reich mir den Frieden, den ich mir erträume. All die Jahre warst du mein Begleiter und hast mir so vieles geschenkt; manches aber auch schmerzlich wieder genommen – gleichwohl liebe ich dich! Sag, magst du mich noch, trotz meiner Eskapaden, die ich dir angetan habe?“
Georg lehnt sich mit einem Seufzer in seinen grünen Ohrensessel zurück und schliesst die Augen. Fehler und verpasste Chancen tauchen auf. Er beginnt darin zu kramen – das eigene Unvermögen zu erkennen tut weh. „Ach
könnte ich noch einmal jung sein, ich würde …“; das Leben unterbricht ihn gütig und gibt ihm den Rat: „Lass es gut sein!“
Dieser Empfehlung folgend schliesst eine Tür hinter ihm und zugleich öffnet sich eine andere. Erhaben erscheint Königsblau. Wundersam fliesst es von überall fortwährend in sich selbst. In einem bezaubernden Schauspiel an Formen und Gestalten streichelt göttliche Milde mit verborgener Kraft seine wunde Seele. Blau durchströmt die Sinne. Absolute Ruhe und nie gekannter Frieden kehren ein. Georg spürt, dass etwas an ihm geschieht.
„Komm!“, vernimmt er eine einladende Stimme. Von Geborgenheit getragen wandelt Georg vertrauensvoll auf den königsblauen See hinaus, der sich vor ihm gebildet hat. Glitzernde Liebesstrahlen funkeln ihm auf dem Wasser entgegen. Es ist ein Bild an Herzlichkeit, in das er immer weiter hineinschreitet. Alle Kraft, die er einst fortgegeben hat, kommt erfahren und verwandelt wieder über ihn.
„Du hast mich gefragt, ob ich dich noch mag. Ja, Georg, ich liebe dich noch genauso wie am ersten Tag. Nie habe ich dich vergessen, war immer an deiner
Seite, auch wenn du mich zeitweise nicht wahrgenommen hast oder du nichts mehr mit mir zu tun haben wolltest. Du musst mich nicht verstehen, sei wie ein Kind, dann bin ich für dich ein Fest. Schau wie schön die Welt ist, wie viel Pracht in den kleinen Dingen, den Pflanzen und Tieren sich dir offenbart. Vor lauter Streben und Sorgen hast du als erwachsener Mensch allmählich den Blick für diese Reichtümer verloren. Bin ich nicht viel mehr, als du dir jemals erträumen kannst?“
Abermals wird Georg von überirdischer Energie durchströmt und fühlt sich wie neu geboren. Er erfährt, dass er vieles
ganz gut gemacht hat und seine Schwächen gar nicht so stark gewichtet sind. Ein leiser Wind kommt auf und haucht ihn auf sanften Wellen wieder zum Ufer zurück, direkt auf eine rote Seerose zu. Mit den Augen eines Kindes erkennt er ihre Schönheit. Sein Herz hüpft vor Freude, als er sie berührt und sie ihm die Hand zum Tanze reicht. Zärtlich gleiten die Finger ineinander. Sie sind sich ganz nah. In ewiger Liebe verbunden beginnen sie sich im Kreise zu drehen; auf dem königsblauen Parkett, welches sich am weiten Horizont mit dem azurblauen Himmel vereint.
Ein Lächeln belebt Georgs Gesicht. Tief
atmet er ein und langsam wieder aus. Ihm ist, als wenn er von einer langen Reise zurückkehren würde. Erwartungsvoll öffnet er die Augen. Sein Blick wandert durchs Wohnzimmer zum Fenster hinaus auf die Terrasse, wo ein Spätzchen auf der Balustrade seinen Schnabel wetzt und tschilp, tschilp sein Leben geniesst.
„So will auch ich dich geniessen, mein Leben. Du hältst mich fest in deiner Hand und ich weiss, dass du mich niemals fallenlassen wirst. Ich bin gespannt, was du mit mir noch vorhast!“