FB 38: in der Hölle
Vorgegebene Wörter:
Tigerauge
Matrix
parodieren
glaubwürdig
Honig
feucht
Pfefferminz
Ekstase
brisant
wollüstig
Tanz
kerzengerade
dschungelabenteuer
Verwirrt sieht er an sich herunter. Er trägt immer noch dieses verrückte Fasnachtsgewand, das aus vielen hundert kleinen Fleckchen zusammengestückelt ist. Eine mühsame Beschäftigung, die bunten Stofffetzen aufzunähen. Unterm Arm hält er die kunstvoll geschnitzte Holzmaske. Wie aber kommt er in diesen seltsamen Park? Vorsichtig blickt er sich um, dann erkennt er, dass er vor einem gewaltigen Käfig steht. Ein düsterer Ort, um darin Tiere zu halten. Noch ist sein Kopf so vernebelt, dass er kaum Details wahrnimmt. Dann geschieht es.
Aus der Dämmerung kommt es vorsichtig
Schritt für Schritt herausgeschlichen. Ein mächtiges Tier, gewaltige Pranken, riesige Krallen, weiß-gelb-schwarz gestreiftes Fell und ein überdimensionaler Schädel, von einem ebenso gemusterten Fell überzogen. Die Augen glühen im Dämmerlicht und er kann sich vor diesem Blick nicht verbergen. Er erfasst ihn und Stück um Stück ziehen ihn diese grün schimmernden Augen in ihren Bann, bis sie ihn endlich eingesogen haben. Er kann sich nicht wehren und verschwindet in ihnen …
Als er wieder zu sich kommt, umgibt ihn ein grün schimmerndes Feuer, überall an den Wänden sieht er diese Tigeraugen, die ihn aufgesogen haben. Aber hat nicht alles schon
in der vergangenen Nacht begonnen, als diese entzückende Katze ständig wollüstig um ihn herum schnurrte? Ein Teil seines Erinnerungsvermögens beginnt langsam wieder zu arbeiten und er erkennt, dass sich diese schönen Augen wie eine Matrix in seinem Gehirn eingebrannt haben. Wenn er nur wüsste, zu wem sie gehören!
Als er sich umdreht, blinzelt er in das helle Licht riesiger Scheinwerfer, während an allen Ecken und Enden aus der unebenen Bedeckung des Fußbodens zuerst kleine, schließlich größere grüne Pflanzen empor züngeln. Danach hüpfen koboldartige Gestalten in gestreiften Gewändern, mit niedlichen Hörnchen auf der Stirn und kleinen
Teufelsgabeln bestückt, aus allerlei Ritzen und Winkeln der Umgebung, die ihre Farben ebenfalls in verschiedene Grüntöne geändert hat. Sie wirbeln nach einer schrillen Musik, die sich immer weiter steigert, um ihn herum. Der Tanz wird wilder und wilder, schließlich fassen sie auch ihn und ziehen ihn gewaltsam mit sich. Nach einem nicht enden wollenden Furioso lassen sie ihn plötzlich los, so dass er sich auf einen Haufen abgenagter Knochen setzt. Von irgendwoher dringt ein heiseres Brüllen und dann ruft ihn eine Stimme an, endlich zur Tat zu schreiten. Wieder versucht er, seinem Erinnerungsvermögen auf die Sprünge zu helfen.
Als ein blauer, feuriger Blitz über den Horizont zuckt, weicht plötzlich der Vorhang vor seinem Kopf. Er stülpt die Maske über und beginnt seinen Vortrag zu halten. Er entfacht ein Feuerwerk von Ideen, parodiert die brisantesten Themen und karikiert auch noch die berühmtesten Persönlichkeiten, arbeitet sich durch Politik und Religion, spart auch den neuesten Film nicht aus, in dem sich alles um Ekstase dreht, die mit Honig und Pfefferminz, mit Kabelbinder und Klebeband auf immer neue Höhepunkte zustrebt … vielleicht.
Endlich wieder dieses Brüllen von irgendwoher, das er schließlich als riesiges
Gelächter und lauten Beifall erkennen kann. Er hat einen grandiosen Auftritt hingelegt, so glaubwürdig wie noch nie. Kerzengerade steht er jetzt im Konfettiregen, mit feuchten Händen. Die Maske hält er unter dem Arm, als er sich verbeugt.
Wieder diese grünen Augen … wieder diese grüne Hölle … die verdammte Hölle der Drogensucht …
©HeiO 14-02-2015