Nach dem Ende der Archontenherrschaft und der Stilllegung der Lebensschmiede, steht Kellvian vor der Aufgabe, die vor Helike gestrandete Armee Cantons sicher zurück zu bringen. Bevor sie die Stadt jedoch auch nur verlassen können, erhalten sie Nachricht von einem Totgeglaubten. Und in der Heimat ziehen bereits dunkle Wolken auf. Andre de Immerson hat seine Pläne, sich das Kaiserreich mit Gewalt untertan zu machen, noch nicht aufgegeben. Und ohne eine Armee ist alles, was zwischen
ihm und der Krone steht eine kleine Gruppe heruntergekommener Abenteurer und eine Handvoll Zauberer. Bildquelle Michaela Schöllhorn / pixelio.de
Eine Ansammlung Zelte schmiegte sich an den Rand eines kleinen Fichtenhains. Eiskristalle hatten sich auf den gespannten Leinen gebildet und klirrten im Wind. An manchen Stellen ragten Baumstümpfe aus der zugeschneiten Landschaft, dort, wo die Lagernde Armee Holz für Feuer und eine Reihe noch im Aufbau befindlicher von Hütten geschlagen hatte. Cyrus saß unter einer einfachen Plane und sah den träge fallenden Schneeflocken zu. Der Wolf hob sich als dunkler Schatten aus der ansonsten weiß
getünchten Landschaft ab. Unruhig trommelten seine Finger auf das Holz der grob gezimmerten Bank auf der er saß. Sie waren in den letzten Wochen stetig weiter nach Norden gezogen, trotz aller Verluste und dem näher rückenden Winter. Silberstedt war praktisch zum Greifen nahe gewesen, auch wenn niemand wusste, ob sie überhaupt noch genug Leute hätten, um die Stadt einzunehmen. Cyrus war das ohnehin egal gewesen. Hauptsache, sie kämen Eden näher. Ihre Verluste kamen mittlerweile nicht mehr nur von der Schlacht an der Waffenschmiede und der Falle, der sie
dort grade noch entgangen waren. Vor allen die Gejarn hatte Fenisins Tod entmutigt und einige waren nach dem Verlust ihres Ältesten nach und nach in die Herzlande zurückgekehrt. Und als wäre das nicht genug, war der erste Schnee gefallen, bevor sie die Berge auch nur sehen konnten. Der Weg der Armee war damit zu Ende gewesen. Cyrus wusste, dass es Wahnsinn wäre, den Versuch zu wagen, die Pässe im Winter mit tausenden Männern samt Ausrüstung zu passieren. Vermutlich würden sie alle nur dabei erfrieren. Und Andre kannte und kontrollierte die Gegend… Diese Erkenntnis nützte ihm aber nur
wenig. Er würde nicht bis zum Frühjahr warten. Mit stummer Wut und Ungeduld sah er auf das zunehmend mehr befestigte Lager hinaus. Am Anfang hatte er noch Hoffnung gehabt, das Wetter könnte noch einmal Umschlagen und ihnen damit die so dringend benötigte Zeit erkaufen. Doch das war nicht passiert. Stattdessen war die Welt endgültig unter einer dicken Schicht Weiß verschwunden. Sie saßen hier fest… Einige der Soldaten hatten bereits damit begonnen, sich feste Hütten zu bauen um sich vor der Kälte zu schützen. Wenigstens Holz gab es hier genug und in den Wäldern fand sich noch reichlich
Wild um ihre schwindenden Vorräte aufzubessern. Davor, entdeckt zu werden mussten sie wohl auch keine Angst mehr haben. Im Winter würde auch Andres Feldzug ins Stocken kommen müssen, es sei denn er wollte riskieren, noch mehr Männer zu verlieren. ,, Ihr habt doch nicht etwa aufgegeben, oder ?“ , fragte eine Stimme vertraute Stimme und kurz darauf tauchte auch die dürre, hochgewachsene Gestalt Eriks im Zelteingang auf. ,, Das wäre dann nämlich wirklich ein Grund sich Sorgen zu machen.“ Unaufgefordert setzte sich der Arzt zu ihm auf die Bank, in der einen Hand eine
brennende Pfeife. ,,Nein. Noch nicht zumindest.“ Aber der immer noch fallende Schnee trug nicht dazu bei, seine Laune zu heben. ,,Ich frage nur ,weil ihr ausseht, als hätte euch jemand gezwungen ein Glas Essig zu trinken.“ ,,Erik…“ Er seufzte. ,, Eden ist da draußen. Und Zachary auch. Und ich habe keine Ahnung, wie es ihnen geht, bis wir Silberstedt erreichen. Wenn das Wetter sich nicht bessert…“ ,, Ihr denkt nicht wirklich darüber nach alleine zu gehen, oder ?“ ,, Welche andere Möglichkeit habe ich den ?“ ,, Keine die euch überzeugen würde,
Cyrus.“ , stellte der Arzt fest und nahm einen Zug aus der Pfeife. ,, Ich warte noch drei Tage.“ , erklärte der Wolf. ,, Diese Zeit brauche ich um Vorräte und Ausrüstung zusammen zu packen. Dann breche ich auf, egal was irgendjemand sagt.“ ,, Nun ich halte euch bestimmt nicht auf. Eigentlich dachte ich sogar daran mitzukommen.“ ,, Im Winter über die Berge ? Das ist Wahnsinn, Erik.“ Der Mann war immerhin nicht mehr der Jüngste. Trotzdem rang Cyrus sich ein Lächeln ab. ,, Schön, das ihr das auch endlich zugebt.“
,, Bei mir ist das etwas anderes. Ich… kann nicht einfach hier herumsitzen und nichts tun. Selbst wenn das heißt, dass ich irgendwo auf einem Fels-Grat erfriere…“ ,,Genau so wenig wie ich, alter Freund. Und Eden reißt mir vermutlich ohnehin den Kopf ab, wenn ich zulasse, dass ihr euch wegen ihr in euren Tod stürzt, wenn ich das bemerken darf. Ich bin also im gleichen Dilemma wie ihr.“ ,, Und ich kann euch vermutlich auch nicht zum Bleiben überreden, wie ?“ Der Arzt lachte. ,, Nein, das könnt ihr nicht. Die einzige Person die…“ Weiter kam er nicht. Aufgeregte Rufe
drangen vom Lager her zu ihnen. Nicht das übliche Durcheinander aus Stimmen und dem Klang der Werkzeuge, sondern das Rasseln von Metall und das Geräusch von Soldatenstiefeln, deren Besitzer Aufstellung nahmen. Cyrus war sofort aus dem Zelt, die Axt in der Hand. Zwar schneite es mittlerweile weniger dicht, doch weit sehen konnte er nach wie vor nicht. Erik folgte ihm, genau so angespannt. So schnell sie konnten liefen sie auf den Ursprung des Lärms zu, vorbei an den Zelten und noch im Bau befindlichen Hütten. Diese waren plötzlich verlassen worden, Werkzeuge und Ausrüstung dort in den Schnee gefallen, wo ihre Besitzer
sie fallen gelassen hatten. Cyrus erkannte, dass sich mindestens dreihundert Mann am Südlichen Ende des Winterlagers versammelt hatten, alle in voller Linien-Uniform und bewaffnet. Aber was der Grund für die Aufregung war, konnte er nach wie vor nicht erkennen. Er sah sich um und entdeckte Kellvian, Jiy, Lucien, Zyle und die anderen, die sich um einen Mann in Botenuniform versammelt hatten. Der Späher atmete schwer und redete so abgehakt, dass Cyrus Mühe hatte, alles zu verstehen. ,, Im Wald… müssen direkt hinter mir sein. Eine ganze Armee…“ Kellvian, wie die anderen in schwere
Winterkleidung gehüllt, beugte sich zu dem Mann herab und legte ihm eine Hand auf die Schulter. ,, Ganz ruhig. Was habt ihr genau gesehen?“ ,, Ich glaube, ich weiß es.“ , bemerkte Syle und deutete mit der Hand auf etwas, das sich im Schneegestöber über den Wipfeln eines nahen Walds bewegte. Irgendjemand war dort draußen. Kellvian sah in die Richtung, in die Syle wies. Und was er dort sah, erschreckte ihn. Lanzenspitzen, an denen farbige Wimpel wehten, tanzten im Takt mit den Schritten ihrer Träger über den Bäumen. Einen Moment fürchtete er, Andre hätte sie doch irgendwie gefunden, aber…
wenn seine Söldner nicht ihre Bewaffnung geändert hatten, war das eigentlich Unmöglich. In dem Fall sollten sie Musketen sehen, keine Hellebarden… Er gab den versammelten Männern ein Zeichen, sich zurück zu halten. Wer immer dort draußen war, er wollte ihn erst sehen können. Und dann tauchte die erste Gestalt aus dem Wald auf. Ein Mann in einem schweren, gegen die Kälte mit Wolle gefütterten, Plattenpanzer. Ein roter Umhang mit goldenen Ziernähten fiel ihm über den Rücken und sein Gesicht wurde von einem geschlossenen Helm verborgen. An seinem Gürtel zwei seltsam
anmutende Schwerter, eine Mischung aus Degen und Breitschwert, die Kellvian schon einmal irgendwo gesehen hatte. Zwei ähnlich gekleidete Gestalten flankierten die erste, nur das ihre Mäntel keine Verzierungen aufwiesen und sie statt mit Schwertern mit Hellebarden bewaffnet waren. Kellvian merkte, wie Zyle neben ihn trat. Das waren weder Truppen der Garde noch des Aristokratenbundes. Das hier… waren Paladine. Aus Helike. Und der Mann in dem Goldumhang war wohl ihr Anführer. Relina erkannte das offenbar auch, denn die Gejarn wich misstrauisch ein Stück zurück. Verständlich, dachte Kell. Das
letzte Mal, als sie Kriegern wie diesen gegenüber gestanden hatte, waren diese drauf und dran gewesen, sie und alle anderen Abtrünnigen zu töten. Aber seit dem die Hälfte des Archontenrats ein recht unrühmliches Ende gefunden hatte, hatten sich die Dinge in Laos wohl geändert. ,, Canton heißt euch willkommen.“, rief Kellvian ihnen zu. Mittlerweile waren dutzende weitere Kämpfer zwischen den Bäumen aufgetaucht und weitere näherten sich über die schneebedeckte Ebene. ,, Es gibt keinen Streit zwischen uns und Helike. Was wünscht ihr also?“ Zumindest hoffte er dass seine Worte der Wahrheit entsprachen. Die Situation war
nach wie vor angespannt und noch war nichts entschieden… Der Anführer hob eine Hand und bedeutete seinen Männern damit, zurück zu bleiben, bevor er durch den Schnee auf sie zukam. Mit einer Hand griff er unter den Rand seines Helms und zog das schwere Stück Metall aufatmend von seinem Kopf. Es war ein Gejarn. Das graue Fell war im Farbton beinahe identisch mit Zyles und hätten die beiden nebeneinander gestanden, hätte man sie wohl nur Aufgrund ihrer Kleidung unterscheiden können. ,, Laos, es ist kalt hier.“ , erklärte Wys und sah sich in der Runde um. ,, Und ich
sende euch Grüße von Jona, Kellvian. Leider hat er mich nicht begleitet, trotzdem bin ich hier. Wie versprochen. Wir haben bereits gehört, was vor sich geht.“ Der Archont zog das Schwert und bot mit der Waffe einen kurzen Salut. ,, Wir sind fast zweihundert der Besten Kämpfer, die Helike zu bieten hat und uns folgen noch einmal mindestens siebentausend Lanzenträger. Zusammen mit etwa zwanzigtausend Hilfssoldaten. Sie unterstehen alle euch…“ ,, Hallo Bruder.“ Wys geriet ins Stocken, als sein Blick zu dem Sprecher wanderte. Zyle stand mit versteinerter Miene da, die Worte klangen weder freundlich noch
böse. ,,Du lebst…“ Der Archont ließ das Schwert fallen, das daraufhin lautlos im Schnee verschwand. ,, Aber wie ?“ Einen Moment standen sich die beiden Brüder schweigend und wie festgewachsen gegenüber, jeder offenbar darauf wartend, dass der andere zuerst wieder etwas sagen würde. Dann jedoch fielen sie sich fast gleichzeitig in die Arme. ,, Wo hast du gesteckt, verflucht ?“ , fragte Wys lachend. ,, Ich dachte wirklich du… Laos, wie hast du Überlebt? Ich habe den ganzen Hafenbezirk nach dir absuchen lassen, noch bevor die Asche ganz kalt war,
aber…“ ,, Ich war tot.“ , Zyles Stimme klang unsicher. ,, Oder bin es noch. Aber das ist jetzt nicht wichtig, Wys. Du hattest keine Wahl. Und du bist immer noch mein Bruder, daran wird sich nie etwas ändern… auch wenn du in Zukunft etwas besser aufpassen könntest, auf wessen Seite du stehst.“ Relina räusperte sich hörbar, doch für den Moment achtete keiner der beiden darauf. Die Brüder hatten wohl noch etwas mehr nachzuholen und zu verzeihen, als Zyle und die Magierin. ,, Ich danke dir.“ Wys beugte den Kopf. Jetzt erst wendete sich Zyle der Schakalin zu. ,, Ich darf also vorstellen,
Archont Wys Carmine. Mein Bruder. Falls du mir das bisher nicht glauben wolltest.“ ,, Ein Archont… dein Bruder.“ Relina schüttelte den Kopf, dann jedoch lächelte sie nur. ,, Ich bezweifle, dass du mich noch mit etwas überraschen kannst, Zyle.“ Wys musterte die fremde Gejarn offenbar genau so unsicher und neugierig wie diese ihn. Vielleicht auch mehr. Auch der schwere Wintermantel, den sie trug konnte die zunehmenden Rundungen ihres Körpers nicht mehr verbergen. Er wusste wohl, wer sie war, aber nicht, was er von der Situation halten sollte. ,, Sieht so aus, als hätte ich einiges
verpasst.“ , stellte der Archont schließlich fest. ,, Und ich wünschte wirklich, ich könnte sagen, dass ich nie hinter dem stand, was die übrigen Archonten taten, aber das wäre eine Lüge. Ich habe eure Situation schlicht nicht verstanden, bis es zu spät war. Sonst hätte ich es… vielleicht verhindert.“ Zyle wartete sichtlich angespannt darauf, was Relina erwidern würde. Kellvian war sich ebenfalls nicht sicher. Nach allem, was er gesehen und gehört hatte, konnte sie ihn entweder ignorieren oder gleich in einen lebenden Feuerball verwandeln. Doch nichts dergleichen geschah. ,, Schon gut.“ , meinte sie. ,, Wie mir
scheint, seid ihr wirklich sehr wie euer Bruder. Wenn ich ihm vergeben kann… dann auch euch.“ Der Archont deutete erneut eine leichte Verbeugung an. ,, Ich danke euch . Er ist ein guter Mann.“ Ob er bereits erraten hatte, was zwischen Zyle und Relina war, oder ob es allgemein gedacht war, die Magierin nickte. ,,Ja… Ich habe das nur zu spät wieder erkannt.“ Kellvian wollte sich ungern einmischen, aber er konnte sie auch nicht alle Ewig in der Kälte herumstehen lassen. ,, Verzeiht. Wys, ich denke euren Leuten wird etwas Ruhe ganz recht sein. In der
Zwischenzeit könnten wir euch die Lage erörtern. Es gibt wohl so einiges, das ihr immer noch wissen solltet.“
Der Archont nickte und mit Zyle und den anderen im Schlepptau machten sie sich auf den Weg zurück ins Lager.
Terazuma Na wenn das nicht die Kavallerie ist, die wie immer zur rechten Zeit kommt! XDDD Mein Gott, auf dieses Wiedersehen zwischen den Brüdern habe ich schon so lange gewartet! Und eigentlich dachte ich, dass es noch länger werden würde, doch wie man bereits weiß, bist du für Überraschungen immer gut!^^ Das hier war wieder einmal so eine! XDDD LG Tera |
EagleWriter Wurde mal wieder Zeit^^. lg E:W |
abschuetze Oh fein :))) |
EagleWriter So kann mans auch zusammenfassen lg E:W |