Nach dem Ende der Archontenherrschaft und der Stilllegung der Lebensschmiede, steht Kellvian vor der Aufgabe, die vor Helike gestrandete Armee Cantons sicher zurück zu bringen. Bevor sie die Stadt jedoch auch nur verlassen können, erhalten sie Nachricht von einem Totgeglaubten. Und in der Heimat ziehen bereits dunkle Wolken auf. Andre de Immerson hat seine Pläne, sich das Kaiserreich mit Gewalt untertan zu machen, noch nicht aufgegeben. Und ohne eine Armee ist alles, was zwischen
ihm und der Krone steht eine kleine Gruppe heruntergekommener Abenteurer und eine Handvoll Zauberer.
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Eden begann das Tageslicht bereits zu vermissen. Alles andere machte ihr noch kaum zu schaffen. Aber die ständige, drückende Dunkelheit… Sie konnte sich perfekt orientieren, aber trotzdem konnte sie sich des Eindrucks nicht erwehren, nicht bloß Gefangen sondern zusätzlich noch begraben zu sein. Wie das diejenigen aushielten, die bereits Tage und Wochen hier unten waren, konnte sie sich beim besten Willen nicht vorstellen. Oder wie sie das tun sollte, sollte es nötig werden. Aber ihr blieb gar keine Wahl. Eines war
Eden während ihres Abstiegs klar geworden. An eine rasche Flucht war hier nicht zu denken. Ganz im Gegenteil. Wenn sie hier heraus wollte, musste sie ganz genau Planen oder würde scheitern. Das einzige, was sie im Augenblick besaß, eine Spitzhacke, ein stumpfes, verrostetes Stück Metall, das wohl nicht mal als improvisierte Waffe taugte und ihre Kleidung. Zusammen mit mehreren Dutzend anderen Sklaven arbeitete sie in einem der Stollen, welchen genau wusste sie nicht, und trieb den Gang weiter durch das unnachgiebige Gestein. Sich mit den den übrigen Arbeitern unterhalten zu wollen, hatte sie bald aufgegeben. Ob es
sich bei manchen um gejarn oder Menschen handelte, war nur noch schwer auszumachen. Manche waren kaum mehr als Haut, Knochen und Stoff, manchen der Gejarn ging das Fell Büschelweise aus. Und während sie weiterarbeiteten, gab es mehr als einen, der sich schließlich einfach hinsetzte, die Hände über den Kopf zusammennahm und die Schläge der der Aufseher über sich ergehen ließ… bis diese Gestalten schließlich endgültig Tod in sich zusammensanken. Völlig am Ende… Eden schauderte alleine bei dem Gedanken, irgendwann so Enden zu können. So zermürbt und gänzlich zerstört, dass der Tod ein willkommener
Ausweg zu sein schien. Das würde nicht geschehen, sagte sie sich. Und selbst wenn, dann würde sie ein paar dieser Kerle mitnehmen. Ihre Wächter mochten sie für eine von vielen verängstigten Gefangenen halten… Aber ihr Verstand war nicht gebrochen. Und ihr Körper nicht geschwächt und abgemagert. Eden wüsste genau, wie sie ihnen Ärger machen könnte. Allein der Gedanke daran, machte ihre Situation etwas erträglicher. Für den Augenblick spielte sie mit. Aber sie hatte ein klares Ziel. Nicht bloß Flucht, sondern Rettung. Sie würde Zachary finden… und sie würde mit ihm zu Cyrus zurückkehren. Sie wusste nicht sicher,
dass der Wolf noch lebte, aber das Gegenteil war für sie ohnehin unvorstellbar. Sie würde es schaffen. Was immer es dafür brauchte. Ein klares Ziel. Etwas, das den anderen Sklaven hier unten fehlen mochte… Die meisten beachteten sie nicht, zu beschäftigt damit, selber einfach nur am Leben zu bleiben. Und , noch wichtiger, zu verhindern, dass die allgegenwärtigen Aufseher sie bemerkten. Etwas, das meist mit unangekündigten Stößen und Schlägen quittiert wurde. Malik mochte der Herr über all das sein, dachte Eden, aber nach allem was sie in den letzten Stunden bereits gesehen hatte, waren seine Untergebenen kaum freundlicher.
Eden begnügte sich für den Moment, sich äußerlich nicht anmerken zu lassen, was sie dachte und die Hacke nur wieder und wieder auf den widerspenstigen Felsen krachen zu lassen. Bald taten ihr die Arme weh, aber langsamer zu arbeiten war natürlich nicht möglich. Von einer kurzen Pause ganz zu schweigen. Erst , als sie bereits fürchtete, sich doch noch den Schlägen eines Aufsehers aussetzen zu müssen, nur um das Gewicht der Spitzhacke einen Moment absetzen zu können, rief einer der Männer plötzlich : ,, Also gut, ihr habt euch grade einen weiteren Tag unter den Lebenden
verdient.“ Bei diesen Worten setzten die meisten erleichtert die Werkzeuge ab. Eden ließ die Spitzhacke ebenfalls sinken und lehnte sich einen Moment gegen das kalte Gestein, durch das sich glitzernd die Silberadern zogen. Einen Moment später jedoch fragte sie sich bereits, was das jetzt wieder bedeutete. Die Aufseher gingen einfach den Schacht entlang zurück, aber keiner der anderen machte Anstalten ihnen zu folgen. Sollten sie etwa einfach hier bleiben und was? Warten bis zum nächsten Morgen ? Sie wollte bereits aufbegehren, als sie sich wieder erinnerte, dass sie sich vorgenommen hatte, sich zurückzuhalten.
Es brachte nichts, diesen Leuten ihren Wahnsinn an den Kopf zu werfen. Ein Blick in die Runde der Sklaven, die sich bereits einfach dort, wo sie eben noch gestanden hatten, zusammenkauerte reichte, damit selbst dem letzten Idioten klar wurde… ein Teil von ihnen würde den Morgen nicht mehr erleben. Wenn es den der Morgen war. Vielleicht auch den Abend… Hier unten verlor man schnell jegliches Zeitgefühl. Es hätte auch Mittag sein können. Schließlich jedoch kehrte ein einziger Aufseher zurück, einen schweren Topf gefüllt mit irgendeiner Flüssigkeit zurück. Eden konnte nur vermuten, dass es sich bei der wässrigen Brühe, in der
Kartoffelschalen und andere Küchenabfälle schwammen wohl um ihr Essen handelte. Die Gejarn überwand sich und nahm eine Schale davon. Seltsamerweise, hatte sie dabei kaum Konkurrenz und ihr wurde auch schnell klar wieso. Der Aufseher, der den Topf gebracht hatte, stand nach wie vor daneben und wartete. Eden entschied, dass es das Risiko wert war und schöpfte eine der neben dem Kessel liegenden Holzschalen voll. Bewusst langsam und den Wächter dabei völlig ignorierend. Sie würden ihr keine Angst machen. Diese Zeiten waren ein für alle Mal vorbei. Schon seit beinahe einem
Jahrzehnt. Eden zwang sich, beim Essen einfach nicht zu genau hinzusehen und das zähe etwas zu kauen, das wohl Fleisch sein sollte. Von welchem Tier es stammte jedoch, wollte sie besser gar nicht wissen. Danach rollte sie sich, dem Beispiel der anderen folgend auf die Seite und versuchte, möglichst so zu liegen, dass der raue felsige Untergrund ihr nicht jegliche Ruhe verwehrte. Echte Ruhe würde sie nicht viel finden, dachte Eden. Aber sie würde es überstehen, so lange es eben sein musste. Mit diesem Gedanken driftete sie dann doch irgendwann in einen seltsamen
Zustand zwischen Träumen und Wachen ab. Dunkle Schatten, teilweise das Ergebnis ihrer wirren Gedanken und teilweise dem flackernden Licht einiger weniger Lampen zuzuschreiben, suchten sie heim. Der Fels selbst vibrierte leicht unter den Schlägen der Arbeiter, die in den angrenzenden Tunneln arbeiteten und ab und an lösten sich kleinere Gesteinssplitter. Vielleicht würden sie morgen früh erst gar nicht mehr aufwachen, sondern von einem plötzlichen Felsrutsch verschüttet. ,, Eden…“ Ein Flüstern, aber es kam ihr vertraut vor. ,, Eden, wach auf.“
Sie erwachte in beinahe vollkommener Finsternis und konnte sich einen Moment beim besten Willen nicht erinnern, wo sie sich befand. Die willkommene Unwissenheit jedoch hielt nur einen Moment, als sie die Schemen der schlafenden oder toten Gestalten um sich herum bemerkte. Eines zumindest war klar, dachte die Gejarn missmutig. Sie hatte entschieden zu wenig Schlaf bekommen… Warum waren die anderen nicht längst auf den Beinen? Ihr kam der Gedanke, das sie alle während der Nacht gestorben sein könnten aber… das war Irrsinn, selbst für die verdrehten Verhältnisse, die hier unten herrschen
mochten. Und einige der auf dem Boden zusammen gerollten Gestalten regten sich unruhig im Schlaf. ,, Eden !“ Diesmal war die Stimme schon etwas lauter und sie drehte schließlich den Kopf und blickte in ein ihr nur zu gut bekanntes Gesicht, aus dem sie zwei türkisfarbene Augen besorgt musterten. ,, Zachary ? Was machst du bloß hier?“ Der junge Magier kniete neben ihr und sah einen Moment zu Boden. In sicheren Abstand von ihm standen mindestens vier wenn nicht mehr bewaffnete Söldner, die Gewehre genau auf Eden gerichtet. Sie verstand durchaus. Versuchte sie irgendetwas, wäre sie tot… Aber das galt
nicht für Zac. Der Junge schüttelte jedoch bloß den Kopf. ,, Andre hat die Träne , Eden. Ich kann mich unmöglich durch die ganze Stadt und die Minen kämpfen. Selbst wenn ich bereit wäre, dafür dein Leben wegzuwerfen.“ ,, Was heißt hier wegwerfen ?“ , fragte sie, für den Augenblick nur froh zu wissen, dass es wenigstens Zachary gut ging. ,, Du musst einfach nur selber entkommen. Es reicht, wenn einer von uns geht. Finde die anderen. Sie leben noch, das weiß ich einfach. Dann könnt ihr mich befreien… Ich überstehe das hier schon.“ ,,Andre tötet dich, wenn ich länger als
einen Tag weg bin. Und ohne den Stein… ich glaube nicht, das ich mich irgendwohin teleportieren kann. Zumindest nicht weit genug. Ismaiel würde es merken. Und wir nichts erreichen. Tut mir leid.“ Er schloss die Augen. ,, Ich habe keine Idee, wie wir hier raus kommen sollen.“ ,, Ich schon. Du gehst einfach.“ , erklärte sie gedämpft und mit einem Blick in Richtung der Wachen. Die Männer schienen sich jedoch nicht sonderlich für das Gespräch zu interessieren. Eden wusste nicht, wie spät es war, aber vermutlich begleiteten die Männer Zachary nur ungern bis
hierher. Der Junge schüttelte entschieden den Kopf. ,, Vergiss es. Das werde ich nicht tuen. Egal was… Nein.“ ,, Und ich schätze, es hätte nicht viel Sinn, es dir einfach Befehlen zu wollen.“ Eden setzte sich auf und ließ sich resigniert gegen die Felswand sinken. ,, Was ist passiert, seit ich… weg bin ?“ ,, Ich habe mit Andre gesprochen.“ , antwortete er schlicht. ,, Er ist dein Vater…“ ,, Nenn ihn noch einmal so… Ich hasse diesen Mann, Eden. Und das sage ich nicht nur so. “ Der Magier klang
plötzlich nicht mehr nur deprimiert, sondern bedrohlich. Wie jemand, den man unter keinen Umständen Grund geben wollte, seinen Zorngegen einen zu richten. ,, Ich habe es bis jetzt nie verstanden, weißt du. Wie du über ihn denkst… Ich meine, ich weiß, was er getan hat. Aber bis vor kurzem dachte ich wenigstens noch, er könnte vielleicht irgendwie… anders sein, wenn man ihm die Gelegenheit gibt. So dumm bin ich nicht mehr.“ Für Eden klang es so, als würde jemand sehr viel Älteres zu ihr sprechen. Nicht Zachary, der Junge, der noch keine zwanzig Winter erlebt hatte, sondern Zachary der Magier, der Mann, der er
vielleicht einmal werden würde. Es tat irgendwie weh, ihn so sprechen zu hören, obwohl es doch nur ihre eigenen Gefühle Andre betreffend wiederspiegelte. Zachary saß in der Falle, weil er sie nicht opfern wollte. Eines wurde Eden damit klar. Zeit, sich einen großen Plan auszudenken oder auf eine günstige Gelegenheit zur Flucht zu warten, hatte sie nicht. Diese Hoffnung machten Zacharys Worte bereits zu Nichte. Sie wollte, nein sie durfte einfach nicht zulassen, dass er länger hier blieb, als absolut notwendig. Offenbar war Andre wirklich überraschend stumpfsinnig, wenn es um seine eigene Familie ging.
Sie musste nach wie vor zuerst entkommen, wenn Zachary eine Chance haben wollte Es hatte sich nichts geändert. Nur dass die Zeit jetzt gegen sie lief, dachte Eden. Wenn es ihr nicht schnell gelang, eine Möglichkeit zur Flucht zu finden… dann gäbe es eine zweite Möglichkeit, Zachary frei zu bekommen. ,, Das reicht jetzt.“ Die Stimme riss Eden aus ihren Gedanken. Die vier Wächter waren zurückgewichen um einer vernarbten Gestalt in weinroter Kleidung Platz zu machen. Malik. Zachary stand langsam auf. ,, Sagt wer
?“ ,, Ich. Du kannst dich gerne bei Andre beschweren Kleiner, aber ich glaube kaum, dass es ihn großartig kümmern wird. Jetzt geht.“ Der Aufseher verschränkte die Arme vor der Brust. Eden legte Zachary eine Hand auf die Schulter. Ihr war bereits jetzt klar, das Malik versuchen würde, sie dafür zahlen zu lassen, dass sie seinen gewohnten Ablauf durcheinanderbrachte, aber für den Moment war es ihr egal. ,, Geh.“ , meinte sie ruhig aber bestimmt. ,, Ich komme klar.“ ,, Eden… mach bitte nichts dummes.“ ,, Keine Sorge.“ Sie holte tief Luft und erzählte die größte Lüge ihres Lebens. ,,
Wir kommen bald hier raus. Wir beide. Und jetzt los.“ Zachary zögerte noch immer, scheinbar nicht bereit, einfach so zu gehen. Aber jeder Moment den er blieb, würde es nur schwerer machen, dachte Eden. Sie gab ihm einen kleinen Schubs und endlich setzten seine Füße sich in Bewegung. Sie sah ihm nach, während er, die Wachen und Malik langsam in den Schatten verschwanden. Eine Weile lang, saß Eden noch gegen die Felsen gelehnt da. Wie hatte innerhalb eines Tages alles so schrecklich schief gehen können? Was sie sich über Jahre aufgebaut hatte, war praktisch in sich zusammengebrochen. Sie war wieder in Silberstedt. Und
diesmal wollte Andre sie nicht nur töten. Er wollte sie benutzen. Als Leine für Zachary.
Was wäre es doch für eine Überraschung für den Herrn Silberstedts, wenn ihn diese Leine plötzlich erwürgte…
Terazuma Ich hoffe, Eden hat nicht vor sich selbst zu opfern, um Zachary den Weg frei zu machen! Das würde Zachary ihr nie verzeihen. Ich hoffe, sie ist klug genug das zu erkennen! Mehr kann ich ihm Moment nicht mehr dazu sagen. Du hast hier wirklich eine beinahe aussichtslose Situation geschaffen. (Ich sage deshalb 'beinahe', da ich immer noch hoffe, du hast irgendeine Idee in petto!) LG Tera LG Irma |
EagleWriter Ich habe ein paar Ideen im Petto ( Das Buch ist noch ein Stück vom Schluss entfernt^^) Ob die dir gefallen ist eine andere Sache. lg E:W |
abschuetze irgendeinen Ausweg muss es geben... |
EagleWriter Es gibt zwei. Ich wage zu behaupten, einer wird dir nicht gefallen. lg E:W |