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Was würdest du tun wenn du die Macht hättest die Welt zu verändern? Wenn du der einzige wärst der sie retten könnte? Jeremy war eine Fehl als Mann, gut, Mann ist der falsche Begriff, denn war er mit seinem zartem Alter von siebzehn Jahren weit entfernt davon ein Mann zu sein, psychisch wie physisch gesehen. Klein und mager, die dicke Hornbrille auf seiner kleinen Stupsnase war das einzig Markante in seinem Gesicht. Charakterlich nahm es sich nicht viel, ein Prügelknabe für die Großen, ein Witz für die Anderen und für Mädchen, tja,
für die war er vollends unsichtbar. Doch einen Ort gab es, wo Jeremy sich wohl fühlte, wo er Jemand war. Und nicht einfach nur jemand, er war hero98. In der Onlinewelt war er jemand besonderes, ein tapferer Krieger, unerschrocken, bei allen beliebt, einer der größten mit dem höchsten Level. Er war fast wie Gott. Mädchen surrten um ihn herum, wie die Fliegen um die Scheiße und bis vor kürzlich, hatte ihn das nicht sonderlich interessiert, bis er in der Schule ein Gespräch zufällig mitbekommen hatte. Es war wie ein Schlag für ihn, Carrey, das Mädchen das er schon so lange mochte, spielte doch tatsächlich das
gleiche Onlinespiel wie er? War sie vielleicht unter den Mädchen, die ihn ingame so anhimmelten? Jeremy verfiel in einen höchst konzentrierten Zustand der Recherche, spitzte die Ohren nur so weit es ging, folgte den Mädchen, sogar bis zu deren Toilette, wo er mit hämmerndem Herzen in einer Kabine versteckt, auf dem Becken stehend lauschte. Da war sie nun, Carreys Stimme, sie unterhielt sich mit Mischa, ihren besten Freundin,einer etwas ruppigen Brünetten mit sehr lauter Stimme. -Solche Spiele sind echt was für Loser erläuterte diese ganz offen ihre Meinung. Jackpot, dachte Jeremy, sie unterhielten
sich offenbar über das Game. Die Tatsache, dass er soeben ein Loser genannt worden ist, blendete er wie gewohnt aus. Durch den Spalt der Kabine, konnte er einen Blick auf Carrey erhaschen, ihr langes aschblondes Haar schimmerte im Sonnenlicht, das durch das kleine Fenster des Badezimmers durchbrach. Sie stand mit dem Rücken zu ihm und in den Spiegel schauend, den Lipgloss in der rechten Hand, antwortete sie. -Dieser hero98 da aber gefällt mir so gut, er ist ja so cool. Ich war mit ihm in einer Gruppe letztens... Jeremy dachte, sein Herz rutscht ihm in die Hose. Eine Gruppe? Eine Gruppe?
Welche bloß? Er war in so vielen gewesen und auch mit so vielen Mädchen. Es wollt ihm einfach nicht in den Sinn kommen, welche der vielen Mädchen Carrey nun sein könnte. Doch egal, Tatsache war dass sie es spielte und das sie ihn mochte Tatsache war ebenfalls, dass Jeremy ein Idiot war und ebenso wie er ein Idiot war,war er vor allem aber naiv. Ohne auf mögliche Folgen zu achten, nahm er den kommenden Tag allen seinen Mut zusammen und schlug zu sobald sich eine Möglichkeit ergab, mit Carrey alleine zu sprechen. Und das war wirklich nicht einfach, fast den ganzen
Tag war er ihr gefolgt und es dann endlich soweit war, sprang er aus seinem Versteck hervor, mit der Absicht, alle Fakten auf den Tisch zu legen, alles zu gestehen. Nun stand sie da, den Mund geöffnet, zu perplex um einige Minuten etwas zu sagen. In freudiger Erwartung und rot angelaufen wie eine Tomate, sah er fast aus wie ein kleiner Hund, der auf ein Leckerli wartete. Doch die Worte die dann aus ihrem Mund kamen, waren niederschmetternd -Einen Helden wie dich, brauche ich nicht... Sie drehte sich auf der Ferse um und ging ohne ein weiteres Wort zu sagen,
von dannen. Ihre gebräunten langen Beine verschwammen in seiner Sicht. Seine Brille war nass. Eines gebrochenen Herzen suchte er die nächsten Tage, schwänzend die Erholung in den vier Wänden seines Zimmers auf. Die Vorhänge zugezogen, völlig abgeschnitten von der Aussenwelt, gammelte er in seinem Raum und ernährte sich leideglich von Müsliriegeln und Energydrinks und hörte laute, sehr laute Emomusik, ehe ihm der Gedanke in den Sinn kam, sein Zimmer endlich wieder zu verlassen. Zögernd erst, legte er die Kopfhörer bei Seite, es war still. Kein Laut drang in das kleine enge Zimmer, das er nun
schon seit siebzehn Jahren bewohnte. -Mom? Rief er unsicher aus, seine Stimme zitterte leicht. Keine Antwort. Die Tür knarrte dröhnend laut als er diese aufzog. Ein Hauch von Kälte lag in der Luft. Unbewusst dessen hämmerte Jeremys Herz in einer Stärke, die seinen Brustkorb zu zersprengen drohte. Noch einmal rief er nach seiner Mutter und wieder erhielt er keine Antwort. Jetzt war er sich sicher, dass etwas nicht stimmte. Als hätte ihn der Teufel hochpersönlich gejagt, stürmte unser Held die Treppe hinunter wo ein Bild des Grauens sich in all seiner Großzügigkeit
vor ihm auftat. Das mit der Küche verbundene Wohnzimmer unten im Haus, stand auf dem Kopf. Geschirr zerbrochen lag überall zerstreut, Möbel umgeworfen. Ein starker Wind pfeife durch und wehte die abgerissenen und angesengten Gardinen und eben dieser Wind war die Kirsche auf dem Törtchen, denn wo kam er her? Ein riesiges Loch klaffte in der westlichen Wand des Hauses, seine Gewaltigkeit unermesslich, es nahm fast die ganze Wand ein, Kabel, der in den Wänden verlegten Elektrik hingen wahllos heraus und gaben zischende Geräusche von sich wie wütende
Schlangen. Sein Atem beschleunigte sich und seine dicke Brille beschlug, als er seine Schritte langsam und vorsichtig nach vorne setzte, richtung der klaffenden Wunde seiner, bis vor kurzem noch sicheren Zuflucht. Seine Festung, der Ort an dem er aufwuchs, in dem die Erinnerungen seiner Kindheit in der Luft zu schweben schienen, war fort. Langsam näherte er sich dem nach draußen entblößten Blick. Die Häuser in der Nachbarschaft sahen nicht gerade besser aus. Einige schienen gänzlich und gar verschwunden, andere lagen in Trümmern, verschüttet von dem
Eigengewicht. Doch das was seine Urangst am meisten förderte, war nicht dieses Inferno der Zerstörung, es war die unheimliche Stille, die wie ein Todeshauch über den Häusern zu schweben schien. Ein verbrannter Geruch lag in der Luft, als er durch das Loch in der Wand nach draußen trat. Kein Mensch war weit und breit zu sehen. -Hallo?! Ist hier Jemand?! Rief er aus, seine Stimme klang fremdartig und ungewohnt, hallte wie ein Echo in die Weiten des Horizonts. Mit einem Mal vernahm er ein leises Geräusch, ein Rascheln im Unterholz des zerstörten Vorgartens. Er fuhr
erschrocken herum, hatte ein seltsames Gefühl der Unsicherheit sich in ihm breitgemacht. Instinktiv griff er nach einem zerbrochenem Holzast das vor ihm gelegen hatte. Seine Hand zitterte stark, als er es fest umklammerte. Das Geräusch kam immer näher, immer lauter, im Wettkampf um die Lautstärke mit dem Schlagen seines Herzens. Jeremy riss seine Augen immer weiter auf, er konnte die Spannung nicht mehr halten, sein Atem wurde stockend, er glaubte zu ersticken, da stoppte das Rascheln kurz vor seinem Fuß auf. Es war still, nur sein Herz raste, schlug so heftig und laut, sein Atem gab fast auf. Seine Augen verfolgten weit aufgerissen
seine Umgebung, nichts zu sehen. Mit eine Mal, wie aus dem Nichts war das Rascheln wieder da, direkt hinter ihm, da sprang er auf und rannte los. Er rannte so schnell, wie noch nie in seinem Leben zuvor. War er doch bisher eine Niete in allen bekannten sportlichen Bereichen, selbst Wegrennen vor den Halbstarken hatte er nie richtig beherrscht. Doch nun rannte Jeremy, hero 98, der gottgleiche Krieger lvl100, so schnell wie der Wind. Heiße Tränen rannten über sein Gesicht, die Brille beschlagen und nass, konnte er nicht einmal sehen wohin er in dieser schier für ihn unglaublichen
Geschwindigkeit lief. Die nackte Angst trieb ihn an, die menschliche Urangst vor einer möglichen Nichtexistenz. Doch das Rascheln war schneller, folgte ihm, immer in einer gleichmä?igen Bewegung, in einem gebührendem Abstand. Es spielte mit ihm. Jeremy rannte, Jeremy schrie, dann plötzlich, völlig unerwartet und abrupt blieb er stehen, holte mit dem, in seiner Rechten, fest umklammerten Ast und schlug zu, richtung des kommenden Geräusches. Die Wucht des Aufpralls hatte Jeremy auf den Boden geworfen, instinktiv kniff er die Augen zusammen als viele verirrte
Holzsplitter durch die rauchige Luft flogen. Eine feste Hand griff nach seinem Hosenbein, die nassen Finger rutschten unter den Hosensaum, sie waren lang und dünn, doch vor allem eiskalt. Jeremy trat mit dem Fuß in die Luft, riss beinah gleichzeitig die Augen auf und blickte nun entsetzt in die roten Augen einer Bestie. Diese kauerte beinah gänzlich über ihm, den feurigen hungrigen Blick auf ihn gerichtet, tropfte ihr stinkender Speichel auf sein grünes Shirt. Das riesige Maul weit aufgerissen, entblößte es drei Reihen scharfer Zähne, die nur darauf zu warten schien, sich in sein mageres blassen
Fleisch zu verbeißen. Die Sekunden schienen ewig zu dauern, Jeremys rechte Hand schien ein Eigenleben zu entwickeln. Während er selbst wie vor Angst gelähmt nur seinem eigenem Ende entgegenzublicken schien, war diese von einem Überlebensinstinkt getrieben, zu suchen, nach irgendwas, Irgendwas was ihm sein Leben retten könnte. Mit einem Mal ergriff seine Hand etwas hartes kaltes, etwas was bekannt gleich in der Hand saß. Zitternd brachte er seine schmalen Finger in die rechte Position, riss die Pistole nach vorn und drückte den Abzug, in der Hoffnung, diese sei geladen. Ein lauter Schuss durchbrach die Stille,
etwas schweres brach über ihm zusammen. Jeremy öffnete erst das eine, dann das andere Auge, auf ihm lag es, bewegungslos, ein Etwas Die undefinierbare Form verriet ein, ein solches Tier hatten er noch nie gesehen. Mit aller Kraft die er aufbringen konnte, stieß er den übelriechenden Kadaver zur Seite, seine Glieder waren wie taub, nur mit Mühe konnte er sich aufrichten und das Blutbad nun stehend in all seiner Pracht betrachten. ES war merkwürdig, kurzes schwarzes Fell bedeckte den großen schweren Körper, die Klauen waren jedoch wie die eines Menschen, mit langen fünf schmalen Fingern bestückt, die mit den
dunklen, blutverschmutzten Krallen spitz zuliefen, der große Kopf sah aus wie der eines Hundes, das Maul offen, hing die fette Zunge raus, die Zähne waren im Folge der Schwerkraft an diese Fest gedrückt. Jeremy stolperte nach hinten und fiel, wohl aus Erleichterung, dass dieses Monstrum nun endgültig zu tot sein schien auf etwas Weiches. Er tastete mit den Händen um sich, Formen, die sich nach Extremitäten anfühlten, kalt und starr, doch weicher als der Boden auf den er zuvor gefallen war. Ein grausiges Gefühl übermannte ihn, langsam, wie in ewig verlaufenden Zeitlupe drehte er den Kopf zur Seite um sicherzustellen, dass
es nicht war, was er insgeheim dachte. Doch das war es. Für ewig erstarrte Körper stapelten sich dicht und blutverschmutzt übereinander. Frauen, wie Männer und Kinder, jeder Altersklasse, jeder ethnischen Angehörigkeit, schienen sie miteinander verschmolzen zu sein, ein makabres Bildnis der Antwort der unheimlichen Ruhe die hier herrschte. Da kam also diese Waffe her, viele der Menschen hielten Messer, Macheten, Revolver, scheinbar nutzlos... Jeremy betrachtete die Waffe die schwer in seiner Hand lag. Ja, er hatte es geschafft. Er hatte das Monster getötet, er war anders aus diese Menschen die
hier ihr Leben verloren hatten. Eine Welle der Glückseligkeit durchströmte ihn, er war besonders. Er würde überleben und nicht nur das. Er würde Carrey retten, ihr beweisen, dass er ein echter Held war. Seit Stunden schleppte Jeremy sich schon durch die Straßen und Gassen der Vororte seiner Heimatstadt. Das Bild der Zerstörung das er einst, einige Stunden zuvor erblickt hatte, war nun harmlos mit dem das er nun jetzt erblickt hatte. Die ganze Stadt lag in Trümmern, der dichte Rauch und Verwesungsgeruch nahm ihm jegliche Orientierung, doch Jeremy lief zu trotz weiter. Er hatte eine
Mission, ihm hatte sich eine Chance aufgetan, eine wie er sie nun aus Onlinewelten kannte. Unterwegs hatte er einige Dinge aufgesammelt, bei denen er dachte diese könnten ihm vom Nutzen sein, einige Taschenlampen, Waffen, Messer, Pistolen, sogar ein Sturmgewehr Klasse M4. Gott segne Amerika und die laschen Waffenvorschriften hier zu Lande, dachte Jeremy. In den wenigen Stunden, die er unaufhaltsam lief, auf der Suche, von einem ihm bisher unbekannten Drang getrieben, hatte er bereits die Möglichkeit die neuen Items in Gebrauch zu nehmen. Die Bestie die er getötet
hatte war nicht allein, drei weitere begegneten ihm auf seinem Weg, also war er sich eines Sicher. Er musste auf der Hut bleiben. Die Biester waren schneller und stärker als er, doch ihre Angriffe waren leideglich das. Es steckte keine List oder kein Plan dahinter. Es war nur Hunger und schiere Wut, das Bedürfnis die Zähne in lebendiges Fleisch zu schlagen. Was sie waren konnte Jeremy sich nicht erklären, ebenso wie die Tatsache, wie es nun diesen intelligenzarmen Bestien gelungen sein könnte die ganze Stadt auszulöschen. Das machte ihn tatsächlich nervös, es musste mehr dahinter steckten als diese
Monster, doch er hatte es nicht eilig, dem wirklichen Grund für die Leichenberge hier zu begegnen. Es war gut wie es war, so könnte er es schaffen. Er musste nur schnellstmöglich Carrey finden, hoffentlich war sie noch am Leben, wäre sie es, würde er sie retten und in Sicherheit bringen und ja, dann würde sie sehen dass er nicht nur online ein Held war. Er war es ebenso in Echt. Ein Lächeln umspielte seine schmalen Lippen, in Gedanken an seine Lorbeeren schwelgend. Eigenartig, die Tür des Hauses Nummer 97 schien von der Zerstörung unberührt, Jeremy lief auf Wolken, sein Herz
hämmerte, seine Hand zitterte als er drei Mal klopfte. -Geh weg! Schrie die Stimme aus dem Inneren des Hauses, der Atem unseres Helden stockte, wie zum Trotz erhob er seine Hand erneut und hämmerte gegen die massive Eichentür noch lauter als zuvor. -Carrey, komm raus! Ich komme um dich zu retten! -Jeremy, wach endlich auf, es gibt keine Monster -Aber... -Wach auf, verdammt! Carreys Stimme schien zu transformieren, wurde mit einem Mal eine Oktave tiefer, etwas krächzender.
Mit einem Mal schlug Jeremy die schweren Lider auf, die Decke zu der er aufblickte, war pastellgrün gestrichen. Es war die Decke des Zimmers in dem er seine Kindheit und Jugend verbracht hatte. -Mom?! Ruckartig sprang er im Bett auf, da stand sie nun vor ihm, die Hände in die Hüften gestemmt, grimmiger Ausdruck im Gesicht -Wer denn sonst? Jeremy schüttelte den Kopf, alles war nur ein Traum gewesen. Das ist gut. Das ist besser so, wiederholte er still im Gedanken, doch eine eigenartige, bisher nie gekannte Sehnsucht überkam ihn.
Was wäre, wenn morgen die Welt untergehen würde, würde er dann Carreys Herz erobern können, wenn er ein Held werden würde? Er warf einen Blick aus dem Fenster, ein Kind des Nachbars spielte auf der Straße mit dem Ball, alles schien friedlich, von der heiß ersehnten Apokalypse weit und breit nichts zu sehen. Doch wenn der Prophet nicht zum Berg konnte, musste der Berg eben zu ihm kommen. Wie löse ich den Weltuntergang aus? Wie werde ich zu dem Helden der ihrer würdig ist? -Jerremy, verdammt noch mal, du musst
zu Schule! Tönte die laute Stimme seiner Mutter von unten aus der Küche. Gedankenverloren trottete der nerdige Junge nach unten, blendete die Rufe seiner Mutter komplett aus, die ihn beschwor Frühstück mitzunehmen und machte sich auf den Weg in seine Zukunft. Unterwegs ignorierte er ein paar Jungs aus seiner Klasse die an der Ecke der Siebzigsten im Kreis standen und offensichtlich heimlich rauchten. Bobby spielte mit seinem Zippo während er Jeremy wüste Beschimpfungen zurief. Mit einem Mal blieb er stehen. Feuer, das war es. Er würde die Stadt in einem
Flammeninferno aufgehen lassen und dann, würde er ein Held werden.
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Darkyangel Hallöchen, spannende Kurzgeschichte und dein Schreibstil gefällt mir. =) Nerdige grüße ;) Darkyangel |