Biografien & Erinnerungen
'S HÄUSERL - Auch das noch

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"So war's früher, fei wergli!"
Veröffentlicht am 29. Januar 2015, 8 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
© Umschlag Bildmaterial: Melinda Nagy - Fotolia.com
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Über den Autor:

Ich wurde in einem kleinen Dorf bei Nürnberg geboren. Studium und Beruf brachten mich nach Baden Württemberg. Die etwa 35 Jahre im Dreiländereck waren genug. 1999 zog es mich in meine alte Heimat zurück und seither lebe ich in Fürth.
So war's früher, fei wergli!

'S HÄUSERL - Auch das noch

s' häuserl

Etwa so war das damals!

Heute ist das ja alles sehr einfach, denn wir haben hygienisch einwandfreie, antibakteriell gespülte WCs zuhause. Als ich ein kleines Mädchen war, gab es ein „Töpfchen“. Das stand unter dem Bett oder im Nachtschränkchen. Am Morgen musste es dann geleert werden. Oder man musste das Plumpsklo aufsuchen, das vielleicht nur über den Hof zu erreichen war. Und weil Mütter damals keine Lust hatten, ewig Windeln zu waschen, wurden die Kinder sehr früh aufs Töpfchen gesetzt. Kind muss schließlich nur lernen, wenn es hier oder da „drückt“, Pipi oder Kaka zu sagen oder sein Töpfchen zu holen. So einfach geht es, meinten die Mütter früher. Und ich glaube, sie hatten Recht und nahmen sich auch Zeit dafür. Wir brauchten

mit vier Jahren keine Pampers Nachthöschen mehr!

Nun, während des Tages hieß das Thema Plumpsklo. Es befand sich im Anbau des kleinen Bauernhauses, in dem wir damals wohnten. Der Fußboden bestand aus Jurakalkplatten, die Wände waren mit einfachen Brettern belegt und dann war da diese große „Kiste“. Auf ihrer Oberseite war ein kreisrundes Loch ausgesägt, ungefähr so groß wie heute ein Toilettenbecken. Ein etwas größerer und sehr schwerer Holzdeckel, den ich kaum anheben konnte, verschloss es. An der Wand war ein Nagel eingeschlagen, darauf wurde handlich geschnittenes Zeitungspapier gespießt. Im

Zementboden unter der Kiste befand sich ebenfalls ein Loch. Darauf stand ein dickes Tonrohr, das mit dem Kistenoberteil abschloss.

Oh Gott, was hatte ich Angst, dieses „Häuserl“ zu besuchen. Anfangs begleitete mich Mutti auf das Klo, später kletterte ich mühsam auf die hölzerne Kiste, aus der es übel roch .Eine Fußbank unterstützte mich. Ich benutzte diese Örtlichkeit ungern, denn wenn ich hineinschaute, taten sich Abgründe auf. Ängstlich spähte ich in die Tiefe, weil manchmal dicke, weiße Würmer nach oben krochen und ich glaubte, die würden mich beißen wollen. Außerdem hatte ich Angst, in das Loch zu fallen und dann von den

Ratten gefressen zu werden. Denn vor denen fürchtete ich mich, seit der Nachbarjunge erzählt hatte, dass diese in der Sickergrube lebten und sich oben etwas zu Fressen holten. Außerdem glaubte ich, dass da unten Schlangen und anderes Ekelgetier wohnten. Da benutzte ich doch lieber das Töpfchen.

Wenn wir zu meinen Urgroßeltern fuhren, war es noch ein bisserl schlimmer. Da befand sich das Örtchen in einer ehemaligen Scheune. So ähnlich (Foto) hat es wohl ausgesehen. Wann immer ich in ein Bauernhausmuseum komme, muss ich an meine Kindertage denken!

Wenn ich dann gelegentlich höre, dass es in den ältesten Häusern unserer Stadt noch so ähnliche Einrichtungen gibt, habe ich das Bild aus Kindertagen vor mir und ich erinnere mich, dass ich auch erst im zarten Alter von acht Jahren in unserer neuen Wohnung ein eigenes Spülklosett kennenlernte.


(C) HeiO 29-01-2015

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NORIS
Ich wurde in einem kleinen Dorf bei Nürnberg geboren. Studium und Beruf brachten mich nach Baden Württemberg. Die etwa 35 Jahre im Dreiländereck waren genug. 1999 zog es mich in meine alte Heimat zurück und seither lebe ich in Fürth.

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Colorsigns Jetzt hab ich doch wirklich lachen müssen , ich erlebte meine Kindheit im tiefsten Frankreich ( Vogesen ) Alte Ferme 17 hundert anbau 18 hundert und noch ein wenig was.. mit kleinem Nebengebäude. Bis Heute steht dort ein Häusle -nicht mehr zum Benutzen - doch als Erinnerung.
Sei ganz lieb gegrüßt
Christin
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Schmunzel, das gab's bei meinen Schwiegereltern in einem Dorf der Oberlausitz noch in den 80er Jahren ... Allerdings im Hausflur, nicht mehr auf dem Hof ...

LG fleur
Vor langer Zeit - Antworten
NORIS Danke für Deinen Kommentar ... es bereitet mir immer mehr Spaß, in meinen Erinnerungen zu graben ... schmunzel

Liebe Grüße
Heidemarie
Vor langer Zeit - Antworten
Rajymbek 
Liebe Heidemarie, genau diese Geschichte sind es, die ich für mein Enkel noch einmal aufschreieben möchte, denn vieles gibt es nicht mehr, und niemand kann sich vorstellen, wie es einmal war. Danke.

VLG Roland
Vor langer Zeit - Antworten
NORIS Lieber Roland,
warte damit nicht zu lange ... man weiß ja nie ...
LG Heidemarie
Vor langer Zeit - Antworten
Gaenseblume Klasse! LG Marina Gaenseblume
Vor langer Zeit - Antworten
NORIS DANKE für alles!

LG Heidemarie
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Irgendwie müssen wir vielleicht verwandt gewesen sein, denn auch das gab es in gleicher Weise bei mir. Das Töpfchen, das Plumsklo im Hinterhaus, in welchem man sich im Winter den Allerwertesten abfror und man möglichst schnell wieder runter von diesem unheimlichen Ort wollte. Im Sommer war es dann etwas spaßiger. Da fing ich Fliegen und warf sie in die überall vorhandenen Spinnennetze um die Spinnen zu beobachten. Sogar den Maden hast Du ein "Denkmal" gesetzt. Es war einfach eklig, wenn sie im Sommer an den Wänden hochkrochen brrr...
Liebe Grüße
Bärbel.
Vor langer Zeit - Antworten
NORIS Trotzdem möchte ich die Erinnerung daran nicht missen!

DANKE für alles und ein schönes Wochenende
heidemarie
Vor langer Zeit - Antworten
KaraList Liebe Heidemarie,
das ist auch nicht alltäglich, ein Plumpsklo als zentrales Objekt in einer Geschichte zu verwenden. :-) Schon allein für diese Idee gibts den Favo!
Meine Ferien verbrachte ich immer auf dem Lande. Selbst große Bauerngehöfte hatten das obgligatorische Plumpsklo ... das war nicht so prickelnd, nachts über den Hof laufen zu müssen, wenn man auf´s Örtchen musste. Dieses war auch dunkel - eine Lampe gab es dort nicht. :-) Wie Hans-Joachim schreibt ... ist das lange her.
Gern gelesen!
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
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