Hafenkino
Von Cuxhaven kommend, durch den Nord-Ostseekanal zu fahren, ist genau so schön, wie anders herum! Nur, in der Kieler Bucht gibt es Laboe, einen Ort, mit einem Yachthafen, der ideal ist für einen Törn in die Südsee. In die dänische Südsee, natürlich. Dieser Hafen, liebe Freunde, erinnert mich immer wieder an eine Geschichte, die sich dort vor einigen Jahren zugetragen hat. Wir kamen an dem Tag tatsächlich von Cuxhaven und waren froh und müde, als wir Laboe endlich erreicht hatten. Ein freier Liegeplatz war schnell
ausgemacht und wir hielten darauf zu. Hinten, in einer Boxengasse und natürlich an Backbord. Backbord in eine Box war mit diesem Boot immer eine spannende Sache, da beim Einlegen des Rückwärtsgangs das Heck sehr zielstrebig nach Backbord zog! Kaum die Pinne gelegt, also eingeschlagen und mit dem Bug zwischen den Pfosten, sprang eine Frau, im Bademantel und mit Lockenwicklern im Haar, aus der Kajüte des Nachbarbootes und rief »Hier können Sie nicht anlegen, der Inhaber kommt noch heute aus dem Urlaub zurück!« Und schon war sie wieder unter Deck verschwunden. Wir also heraus aus der
Box und zurück. Vorne, an der Hafeneinfahrt, hatte ich noch einen anderen freien Platz gesehen, war mir aber nicht sicher, ob wir zwischen die Poller passten. An diesem Steg waren an der einen Seite Boxen und an der anderen Seite lagen schnieke Motorjachten parallel zum Steg. Auf der Yacht, direkt gegenüber unserer ausgewählten Box, saßen einige Herrschaften im gepflegtem maritimen Blazer, einer sogar mit weißer Schirmmütze. Die Damen trugen ein mondänes Yachtoutfit mit Hut. Sie residierten auf der sehr großen Flybridge an einer herrlich gedeckten Tafel und aßen von einer riesigen Sahnetorte.
Kaffeetassen, ein Champagnerkübel und Kristallgläser waren auch zu sehen. Alle Augen wurden auf uns gerichtet, als wir dann, im rechten Winkel zu der Motoryacht, auf die Box zuhielten. Man prostete uns lachend entgegen. Anscheinend amüsierte die feine Gesellschaft etwas gar köstlich. Wie gesagt, ich war mir nicht so ganz sicher, wegen der Breite, aber das herzliche Zuprosten, sowie das Lächeln das uns entgegenkam, machte mich zuversichtlich. Außerdem hatten diese Leute ganz genau die Proportionen unseres Bootes und den Abstand der Pfosten im Blick. Also, noch einmal kurz
Gas geben und hinein, dachte ich mir. Ging auch gut. Bis fast zur Mitte, also der breitesten Stelle unseres Bootes. Dann kam ein ziemlich abrupter Stillstand und meine Frau hing am Vorstag. Schallendes Gelächter vom Oberdeck und gegenseitiges zuprosten dort oben, machten meine Stimmung nicht wirklich besser. Erst einmal den Leerlauf eingelegt und den Schaden an Boot und Mannschaft besichtigen. Die Mannschaft (Frau) signalisierte mir mit einer alten, traditionellen Geste: Daumen erst über die Kehle, dann über die Schulter, zur feinen Gesellschaft, dass sie wohlauf und voller Tatendrang war. Die Scheuerleiste
bei unserem, sehr stabilen 30 ft Boot, hatte soweit ich sehen konnte, nichts abbekommen. Ich bat die Mannschaft sich auf das Vordeck zu setzen und verneigte mich, meine Mütze schwenkend vor dem feixenden Publikum. Dann ging ich zurück zur Pinne, legte den Rückwärtsgang ein und mein, viel zu großer, Volvo Diesel bekam einen ordentlichen Schluck seines bevorzugten Brennstoffes. Man könnte auch sagen, ich gab kräftig Gas. Während sich unser Boot langsam aus dem Griff der hinterhältigen Pfosten befreite kam, durch unsere Schraube,unter Wasser eine sehr schöne Strömung mit Wucht auf die Steuerbordseite der Motoryacht zu. Beim
Aufprall verneigte sich das Schiff zu uns und zwei Damen der Gesellschaft fingen die Torte mit ihrem Dekolté auf. Der Champagnerkübel wollte sogar das Boot verlassen, was der Herr mit weißer Schirmmütze aber zu verhindern wusste. Ein großer Schritt auf den Kübel zu und schon rutsche er auf der Torte, wie ein American Football Spieler, in die richtige Position, um sitzend den Champagner in Empfang zu nehmen. Mehrere Beobachter der Situation brachten dann ihr Entzücken mit Worten wie »Hoppla« und »Die schöne Torte!«
sowie: »An Ihrem Boot ist kein Kratzer« zum Ausdruck. Auf der anderen Seite des Hafens blies ein Niederländer in sein
altes Signalhorn und lud uns ein, an seinem Plattbodenschiff längsseits zu kommen. Er legte sogar, wenn auch ungern, sein Fernglas weg und nahm mit Tränen in den Augen, lachend unsere Leinen an.
Wir hatten noch einen sehr netten Abend und bei jedem Gang über die Stege sahen wir fröhlich grüßende Gesichter. Die feine Gesellschaft verließ leider den Hafen so, dass sie unserer Unterhaltung nicht mehr persönlich dienen konnte! Ich hatte aber den Eindruck im Hafen wurde an diesem Abend mehr gelacht als sonst. Immer wieder wies ein Skipper in unsere Richtung. Seit diesem Tag achte ich tatsächlich mehr auf den Abstand
zwischen den Pfosten und freundliche Gesichter auf dem Steg lassen mich meist noch einen weiteren Kontrollblick werfen!
Nun wisst Ihr, warum ich diesen Hafen nicht so leicht vergessen kann!
© Bilder und Text Uwe Honnef 2015
Hafenkino ist ein Auszug aus meiner Sammlung von Erlebnissen die bei Amazon unter dem Titel Hafentage erhältlich ist.
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