Journalismus & Glosse
Da sind wir uns doch einig, oder?

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"Die Perspektive und der Schnitt"
Veröffentlicht am 19. Januar 2015, 12 Seiten
Kategorie Journalismus & Glosse
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Über den Autor:

Einst brach ich auf, eine Welt zu erobern! Heut sitz ich in einem Käfig voller Narren! So kam ich zum Entschluss, "Will Hofnarr sein!" Und daran arbeite ich nun, in Berlin, das durch seine einmalige Nähe von Ost und West vielleicht schon einen Gedanken voraus ist. Mag sein, dass dieser Gedanke auch Nord und Süd einander etwas näher bringen kann.
Die Perspektive und der Schnitt

Da sind wir uns doch einig, oder?

Das ist eine der Fragen, die mich immer misstrauisch machen! Schon als Kind oder Jugendlicher, empfand ich solches wie einen schlechten Handel. Ich sollte meinen Widerstand aufgeben, weil ich in vielleicht nur einem Punkte der Argumentation meines Gegenübers folgte, tausend andere Fragen aber als nicht gelöst sah, oder einfach keine Freude, kein Interesse an einer Sache fand, sie mich eben nicht überzeugte. Nun gibt es wieder zwei Sachen in der Welt, beziehungsweise Deutschland, die mir ein schlechter Handel scheinen, zu denen ich aber ständig höre, und das nicht mal als Frage, sondern als Imperativ: „Da sind wir uns doch einig!“, oder sogar: „Da müssen wir uns einig sein!“ Und an den Begründungen, die hinterhergeschoben werden, hab ich einfach keine Freude, denn sie überzeugen mich

nicht! Nun, die erste Sache ist, dass alle sich einig sind, einig sein müssen, Charlie Hebdo zu sein. Ich bin nicht Charlie! Und ich hätte auch keine Freude daran, Irgendjemand zu kritisieren, indem ich ihn beleidige! Ich kann doch nur mit Jemanden ernsthaft diskutieren, wenn ich ihm auf Augenhöhe begegne! Und Kritik wird er, genau wie ich, nur akzeptieren, wenn wir voneinander wissen, dass wir uns achten. Achtung verlangt aber auch, dass ich Dinge, die meinem Gegenüber heilig oder unantastbar sind, als solches respektiere. Stelle man sich vor, jemand will ihr Freund sein, beschimpft aber ihre, von ihnen geliebte, Mutter auf das Unflätigste. Was wird aus dieser Freundschaft? Was passiert ihrem Freund, wenn er solches in der Öffentlichkeit und ihrem Beisein tut? Also ich wüsste, dass solch Freund demnächst zumindest einen neuen Freund, am besten einen

Kieferchirurgen, bräuchte! Was ist also so schlimm daran, das Bilderverbot des Islam zu respektieren, ohne eine Einschränkung der Pressefreiheit darin zu sehen? Und gelinde gesagt, wird der islamische Prophet in solchen Karikaturen ja auch veräppelt. Was kann er dafür, wie man seine Worte heute auslegt? Und wie soll er sich dagegen wehren? Es ist also ein Angriff auf einen Wehrlosen! Er ist genauso wehrlos wie zum Beispiel ein Jesus, ein Buddha oder von mir aus ein Marx, weil eben nicht mehr unter den Lebenden! Vielleicht, hatte das Bilderverbot zu Lebzeiten Mohameds ja sogar eine tiefere Bedeutung? Ist es vielleicht so, dass er einfach unerkannt bleiben wollte, wenn er unters Volk ging, um wirkliche Meinungen zu erfahren, ohne Angst vor ihm, eben auf Augenhöhe! Oder könnte es nicht sogar so sein, dass der Muslim jedem Menschen gegenüber ehrfurchtsvoll und mit Respekt auftreten muss, da er ja nie weiß, ob er

vielleicht gerade mit dem Propheten redet? Das wäre doch eine schöne Sache, und könnte mir als Gründungsursache dieser Religion verständlich sein, zu einer Zeit als andere Religionen schon längst verstrickt waren in Herrschaftsstrukturen, Ausbeutung und Unterdrückung. Solch ein Bilderverbot täte wohl heute auch manchem weltlichen Politiker gut, bräuchte er doch keine Bodyguards mehr, und so manche peinliche Anspielung auf freie Oberkörper, Cowboystiefel, Motorrollerfahrten oder zu freizügige Dekolletees blieben ihnen erspart. Ganz abgesehen davon, dass sie wirklich erfahren würden, wie ihr Volk denkt und wie kulturvoll es ist, im Umgang miteinander. Es ist einfach so, wie Rosa Luxemburg es einst formulierte: „Freiheit ist immer die Freiheit des anders Denkenden!“ Das gilt auch für die Pressefreiheit! Und wenn jemand sich in der Freiheit seines

Glaubens diffamiert sieht, weil man ihm ein Bild, ein schreckliches Bild von seinem Glaubenstifter malt, und er es nicht anders darstellen kann, weil er sich eben kein Bild von ihm machen darf, dann drängt man ihn in die Ecke. Und was ist das, wenn nicht Freiheitsberaubung? Ach, ja, die Pressefreiheit! Dazu gehört auch, dass die Presse lügen darf! Manches Blatt ist ja hinlänglich dafür bekannt, dass es Enten züchtet! Und seltsamer Weise haben diese Entenzüchter den größten kommerziellen Erfolg. Aber darum soll es mir nicht gehen! Der Mensch braucht eben seinen Klatsch! Und ist die eine Sau durchs Dorf, wird eben die nächste, zur Gaudi der Menge hindurch getrieben, bis auch sie ihrem Metzger begegnet. Also, Fakt ist, auch Lügen ist freiheitliches Recht. Und selbst vor Gericht muss jemandem eine Lüge erstmal nachgewiesen werden, bevor daraus ein Strick geknüpft

wird. Wenn die Presse, oder Einige ihrer Medien, lügen, unbewusst oder auch wissentlich, so übt sie sich in ihrer Freiheit. Ja, sie finanziert sich zum großen Teil damit! Oder, wie kann man so manche abgedruckte, gesendete, gestreamte Produktwerbung, Wahlversprechen der Parteien und Talkrundenaussagen denn anders verstehen, wenn nicht als mehr oder minder große Lüge? Deshalb wird sie aber niemand Lügenpresse schimpfen! Gefährlich wird es doch erst dann, wenn Ereignisse, aus eigener politischer Überzeugung, aus jahrelang gepflegten und liebgewordenen Feind- und Freundbildern, aus vorauseilendem Gehorsam politisch Mächtigen gegenüber verdreht, verklärt oder verschwiegen werden! Wenn falsche Aussagen von Menschen oder Parteien, die einem nahe stehen, unkommentiert übernommen werden (Obama: „Die Russen haben MH – 17 abgeschossen…“; Jazenjuk : spricht

von der sowjetischen Intervention in die Ukraine und Deutschland, während des II. Weltkrieges; etc, p.p.), wahre Aussagen von Menschen oder Parteien, die man nicht mag, einfach verschwiegen werden, Symptome und auch die Krankheit, also Terroranschläge und Terrorismus, gegeißelt werden, aber die Erreger, also imperiale Machtgelüste, Ausbeutung ganzer Völker usw., als Heilsbringer gefeiert werden, dann müssen sich die Medien, die dieses Geschäft betreiben, auch Lügenpresse nennen lassen! Denn so behindern sie die Ermittlungen des "Weltgerichtes" und nehmen unter Umständen ein katastrophales Fehlurteil in Kauf, ja befördern dies sogar. Und diese Strafe für Falschaussagen ist doch sehr human, birgt sie doch immerhin die Möglichkeit der Bewährung. Doch diese Rechnung haben wir wohl ohne die Presse gemacht! Da gibt es ja die Wahl des „Unwortes des

Jahres“! Der Gewinner ist: „Lügenpresse“, natürlich! So braucht man sich mit einem Begriff nicht mal auseinanderzusetzen. Nein, man geißelt, verbannt und verdammt ihn einfach wie auch seine Benutzer! Was ist ein „Unwort“? Unmensch kenne ich, da es auch Unmenschlichkeit gibt. Aber Unwort? Gibt es Unwörtlichkeit? Was ist das? Schweigen? Pfeifen? Trällern? Ich weiß es nicht! Wenn sich Sprachwissenschaftler, Journalisten oder Literaten die Mühe machen, über Entgleisungen der Sprache zu diskutieren, dann sollten sie doch verdammt noch mal die Regeln der Sprache beherrschen. Die deutsche Sprache hat die Möglichkeit der Zusammensetzung von Wörtern, was sie so unheimlich präzise macht, im Vergleich zu anderen Sprachen. So ist Lügenpresse also ein sehr präziser, gegenständlicher Begriff, Unwort dagegen eine Buchstabenansammlung ohne

Gegenstand. Nun kann man ja auch noch die ganz große Keule, Nazivergleich, rausholen! Goebbels hat Lügenpresse gesagt! Hitler und Goebbels haben sicher auch mal Mama, Hunger, ich liebe dich, oder Klopapier gesagt … Nun hat man uns, also mich auch, eines Besseren belehrt! Oder?: Haben uns doch die Demonstrationen in Paris gezeigt: Wir sind Charlie! Millionen sind keine Minderheit und es waren so viele Präsidenten,Regierungschefs, Außenminister und was weiß ich denn an der Spitze des Zuges!So haben wir es gesehen, in unseren Medien, in der deutschen Presse.

Nur, war aber der Politikerzug gar nicht im Millionenzug! Sie liefen für die Kameras der Welt in einer Nebenstraße Arm in Arm, gefolgt von ihren Bodyguards, Schreibern und Radiergummis. Das hat man dann geschickt zusammen gestrickt, zu einem einzigen

Filmbericht. Das konnte man z.B. in russischen Medien sehen.

Oho, das ist aber Propaganda! höre ich.

Mag sein! Aber wenn das Eine Propaganda ist, was ist das Andere? Auch Propaganda, oder doch Lüge? Ist halt alles nur eine Frage der Kameraperspektiven und des Schnittes. Das wussten schon Leni Riefenstahl und Propagandaminister, oder vielleicht doch Lügenminister, Goebbels! PeKa

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pekaberlin
Einst brach ich auf, eine Welt zu erobern! Heut sitz ich in einem Käfig voller Narren! So kam ich zum Entschluss, "Will Hofnarr sein!" Und daran arbeite ich nun, in Berlin, das durch seine einmalige Nähe von Ost und West vielleicht schon einen Gedanken voraus ist. Mag sein, dass dieser Gedanke auch Nord und Süd einander etwas näher bringen kann.

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MerleSchreiber Kennst du die Zeichnung von Charlie Hebdo zur Papstwahl 2013? Da werden die Kardinäle nackt beim Kreistanz mit hochgezogenen Gewändern gezeigt, Text: "Gay-Lobby im Konklave – Wann kommt der Rauch denn?" Das muss ich als Katholikin aushalten, denn das, was hier überspitzt angeprangert wird, hat ja einen realen Hintergrund. es gab genügend Skandale in dieser Hinsicht.
Ich habe mir die entsprechenden Mohammed-Karikaturen angeschaut. Beispiel: Eine zeigt Mohammed, wie er unter der Schlagzeile "Mohammed von den Fundamentalisten überwältigt" den Kopf auf die Hände stützt und sagt: "Es ist hart, von Idioten geliebt zu werden." Ja, ich kann die Aussage dieser Karikatur nachempfinden.
Ich glaube nicht, dass die Vertreter welcher Glaubensrichtung auch immer, sich bei all ihrem Tun - und sei es noch so scheinheilig (siehe Kardinäle) gewalttätig, frauenfeindlich usw...auf eine Unantastbarkeit aus der jeweiligen Religionsgeschichte heraus für alle Zeiten berufen können (sollen).
Dort, wo der Mensch selbst und nicht nur sein Verhalten angeprangert wird, sehe ich die Grenzen der Satire.
Liebe Grüße, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Liebe Merle,
der Papst und die Kardinäle sind lebendige Menschen. Sie zeigen sich gern in der Öffentlichkeit. Also können sie sich dort auch rechtfertigen.
Sie sind, wie du schreibst, Vertreter ihres Glaubens. Mohamed dagegen ist, wie Jesus, aber Glaubensstifter! Er, wie auch der Andere, kann sich nicht wehren, weil eben nicht lebendig.
Und Moslems ist es eben verboten, ein Bild zu zeichnen! Sie dürfen nicht mal ein Bild kommentieren, da sie ja so indirekt zugeben würden eines zu haben!
Würden die Karikaturen die Terroristen zeigen, nicht aber Mohamed, gäbe es sicher kein Geschrei und schon gar keine Anschläge deswegen.
Dank dir und liebe Grüße
Peter
Vor langer Zeit - Antworten
LadyAriadne Mein lieber Freund und Kupferstecher, worüber WIR uns einig sind, darüber müssen wir UNS, jenseits jeglichen Zweifels und menschlicher Abnormitäten, mit Gewissheit erst noch einigen, soviel steht fest. Ansonsten recht hübsch gemacht.

Stets die Ihre

Lady Ariadne
Vor langer Zeit - Antworten
Albatros99 Nun, nach dem 3. mal Lesen, will ich mich auch noch an der Diskussion beteiligen. Mag sein, dass meine Ansichten auch etwas mit Feigheit oder mangelnder Bereitschaft zur Auseinandersetzung zu tun haben, do so, wie sie in Talkshows oder im Bundestag aufeinander losgehen, das ist für mich einfach widerlich. Schon, als ich das erste Mal die Karikatur sah, dachte ich: Muss das sein? Bei kleinen Kindern denkt man immer vor, überlegt, was passieren kann und beseitigt Störquellen. Jedem war klar, wie die Moslems reagieren werden. Dabei geht es nicht mal um die außerhalb von Frankreich. In Paris selbst leben doch auch jede Menge, mehr als in Berlin, oder? Also provoziere ich meine Mitbürger bewusst. Und wenn die dann, in natürlich unverantwortlicher Weise reagieren, lege ich gleich noch mal nach. So was begreife ich nicht, aber Freiheit ist eben, jeder kann machen, was er will. (solange er genug Geld hat und damit eine Lobby besitzt) So habe ich im letzten viertel Jahrhundert es beigebracht bekommen. Normen zählen dann nicht mehr, Begriffe wie Anstand und Sitte, die unseren Großeltern was galten, sind längst ausgehebelt. Damit weiß gar keiner mehr was anzufangen. Und gestützt wird das Ganze von den Medien aller Art, die ganz klar wieder abhängig sind, diesmal nicht von einer Partei, sondern von einer viel stärkeren Macht. Und da taucht plötzlich so ne Truppe wie PEGIDA auf (ekliger Name), und keiner weiß damit was anzufangen, jedenfalls Politik und Medien nicht. Ich verfolge das nun schon seit Wochen mit Interesse, einstimmiger Tenor der Leserzuschriften: die heutige Situation ähnelt verdammt der vor 25 Jahren.
Christine
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Nein, Christine,
das hat nichts mit Feigheit zu tun! Das ist Selbstreflektion und Empathie!
Ein wenig hat es bei den Franzosen wohl auch mit ihrer Geschichte als Kolonialherren zu tun. Sie interessieren sich nicht ehrlich für die Persönlichkeit ihrer Mitbürger. Daher können sie auch nicht deren Menschenwürde mit all ihren Bestandteilen erfassen (natürlich nicht "Die Franzosen").
Und was PEGIDA betrifft, so wird sie ja erfolgreich genutzt, unser Volk zu spalten, in Pro und Contra. Und das ist für mich das wirklich Traurige!
Liebe Grüße
Peter
Vor langer Zeit - Antworten
Gilajan Hallo Peter - Ach ja immer wieder geht es um:Teile und herrsche! ...und Volk trottet willig und mit Werbespots behangen in die Schlachtanlage. Wachen wir auf - danke für deine Beiträge! Gisela
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Und auch hier noch, mein Dank für die Anerkennung.
Liebe Grüße
Peter
Vor langer Zeit - Antworten
frajo2008 Wir müssen über nichts einig sein, da sind wir uns doch einig, oder?
LG Franz
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Hoffentlich, Franz!
Aber fair miteinander, das sollten wir sein! Alle Menschen sollten es sein. Können wir uns wenigstens dazu einigen?
Liebe Grüße
Peter
Vor langer Zeit - Antworten
frajo2008 das kann ich unterschreiben...
LG Franz
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