Vorbemerkung
Ich las von andyhank das Buch "Listig".
Das nehme ich nun zum Anlass, ein klein wenig Interessantes über Krähen zu berichten.
Copyright: G.v.Tetzeli
Dank an pixabay!
Cover: Montage Monika Heisig
Dass Vögel keineswegs dumm sind, das weiß natürlich jeder Sittichbesitzer und auch diejenigen von Papageien. Ihre Fähigkeit, Laute nachzumachen, finden wir ganz allerliebst, sofern wir ihm nicht das Wort „Arschloch“ beibringen. Aus einem Vogelschnabel klingt so etwas natürlich besonders ätzend.
Wissenschaftlich scheint inzwischen erwiesen, dass Krähenvögel die intelligentesten Vögel sind. So können Kolkraben, Elstern, Papageien und Wellensittiche zählen, Mengen erfassen, Formen und Farben zuordnen.
Neukaledonischen Krähen basteln sich aus stachligen Palmblättern spitz zulaufende Speere mit Widerhacken. Mit denen nageln
sie dann in Baumlöchern sehr erfolgreich nach fetten Maden.
Hier ein paar unglaubliche Beispiele.
1)
Äsop der berühmte griechische Dichter, der um 600 v. Chr. sein schriftstellerisches Unwesen trieb, war auch bekannt für seine Fabeln und Gleichnisse. Er gilt als Begründer der Fabeldichtung und war daher auch der Namensgeber der Fabel.
Unter anderem ist folgende Fabel von ihm überliefert:
Eine Krähe hat Durst. Vor ihr steht ein Gefäß mit Wasser. Sie will durch die schmale Öffnung trinken, aber der Wasserstand im Gefäß ist nicht hoch genug. Die Krähe nimmt sich umherliegende Steine und wirft solange
Steine in den Krug hinein, bis der Wasserstand soweit gestiegen ist, dass sie trinken kann.
Na ja, die ollen Griechen eben. Äsop verzapfte natürlich Fabeln und faselt.
Das stimmt nicht!
Schon länger ist der wissenschaftliche Beweis erbracht. Krähen können genau das. Sie erkennen offensichtlich auch den Zusammenhang Wasserstand und Steine, welchen den Wasserstand dann heben.
(In einem Glasgefäß schwamm ein Leckerli, an das die Krähen so nicht herankamen.)
Wenn das Gefäß mit Sand gefüllt war, statt mit Wasser, probierten sie den Trick mit den Steinen erst gar nicht.
Krähen sind auch in der Lage bewusst
Werkzeuge zu benutzen.
Die japanischen Krähen zum Beispiel haben ein phänomenales Gedächtnis und sind äußerst sozial. Wissenschaftler rätseln sogar, ob diese Vögel nicht auch eine eigene Sprache haben.
Belegt ist folgendes.
2)
Die Krähen haben sich in Japan der Großstadt angepasst. Sie haben beobachtet, dass Autos Gegenstände zerdrücken können.
Jetzt kommt die Intelligenzleistung. In der Stadt gibt es reichlich Walnussbäume. Eine Krähe kann eine Walnuss niemals öffnen. Deshalb legen die Vögel die Walnüsse auf die Straße, warten bis ein Auto darüber fährt und sammelt dann das Innere der Nuss auf.
Natürlich wäre die Aktion lebensgefährlich. Aber auch das wissen die klugen Vögel. So nutzen sie die Auto-Nussknacker nur an Straßenkreuzungen mit Ampeln. Sind sie für die Autos rot, werden die Nüsse platziert. Bei grün werden die Nüsse überrollt. Beim nächsten rot wird geerntet und wieder aufgeflogen, bevor es wieder auf grün wechselt. Dabei wissen die Vögel sehr wohl wer grün hat. Die Autos, oder die Fußgänger. Dieselbe Intelligenzleistung hat man übrigens auch schon in München beobachtet.
3)
Bei schlauen Krähen gibt es natürlich auch Neider und Diebe.
In unbemerktem Augenblick werden von Krähen im Herbst Nüsse im Boden vergraben,
sozusagen als Wintervorrat. Dabei achtet die Krähe genauestens darauf, ob sie ein Kollege beobachtet. Unter Umständen, wenn ein Beobachter entdeckt wurde, dann tut man nur so, als ob man den wertvollen Schatz eingräbt. Sorgfältig wird dann das Versteck bis zur Unkenntlichkeit getarnt. Der Dieb wartet ab, bis die Luft rein ist und will den Schatz bergen, aber ätsch, reingefallen.
Ist die Krähe gänzlich unbeobachtet, wird der Schatz versenkt und ebenso gründlich getarnt.
Nun kommt das Erstaunliche.
Selbst Monate später findet die Krähe ihr Versteck wieder. Sie vergisst es nicht. Das gelingt sogar, wenn sich die Landschaft völlig verändert hat, zum Beispiel unter Meter
dickem Schnee. Der Vogel weiß genau, wo er graben muss. Auch wenn man in der Nähe eine Mauer zieht, oder ein Haus hingebaut wurde, der Vogel ortet seinen Schatz in jedem Fall.
Nächstes Beispiel:
In Tokio gibt es sehr wenig Bäume, aber eine Menge Abfall. Statt Äste werden zum Nestbau Drahtbügel benutzt und so verflochten, dass es noch ein weit stabileres Zuhause ergibt, wie in der Natur. Die entsprechende Polsterung stellt ebenfalls der Müll zur Verfügung. Alles, was weich ist, wird verwendet.
4)
Auf einem Ast ist ein Leckerchen mit einer Schnur angebunden. Krähen können den frei
hängenden Leckerbissen so nicht im Flug erwischen. Die Krähe sitzt also auf dem Ast.
Nun holt sie den Anker auf. Dazu zieht sie mit dem Schnabel an der Schnur und hält dann die gewonnene Seillänge mit dem Fuß fest (Entschuldigung – mit den Krallen), denn ansonsten würde das Seil ja wieder entgleiten. Das macht sie solange, bis sie an die Beute herankommt.
Berühmt geworden ist folgende Glanzleistung einer Krähe.
Vor die Aufgabe gestellt, untersuchte diese Krähe den gesamten Versuchsaufbau genau.
Dann machte sie sich fehlerlos an die Lösung. Als erstes holte sie auf dem Ast einen Zahnstocher ein. Der hing an einer Schnur, wie schon eben beschrieben.
Wohlgemerkt ist ein Zahnstocher als Leckerli nicht der Hit. Es kann sich also in keinem Fall um Fress Antrieb handeln.
Nur mit Hilfe dieses Zahnstochers konnte sie einen viel längeres Stöckchen aus einem Gehäuse fischen. An einem anderen Häuschen musste sie mehrere Steine auf das Dach fallen lassen, damit sich eine Wippe neigte. Erst dann konnte sie mit dem längeren Stöckchen das begehrte Futter heraus pfriemeln.
Man bedenke: Es muss dabei genau diese Reihenfolge eingehalten werden, damit das klappt. Und zweitens: das Werkzeug muss gewechselt werden. Erst kurzer Zahnstocher, dann die Steine fallen lassen, dann erst den längeren Stocher nehmen (es funktioniert nur
mit diesem) und damit in einem weiteren Häuschen das Futter heraus angeln.
Sagenhaft!
Inzwischen steigt das wissenschaftliche Interesse an den Krähenvögel enorm. Sie scheinen nämlich über ähnliche Gedankenstrukturen, ähnliche Hirnströme zu verfügen, wie Primaten. Und das, obgleich der Hirnaufbau völlig verschieden ist.
Darum merke: „Du hast einen Vogel“ könnte man durchaus nicht als Schimpfwort auffassen. Ein Kind mit 4 Jahren schafft diese oben beschriebene Lösung (an die Kindsgröße angepasste Versuchsanordnung) nämlich nicht!