Biografien & Erinnerungen
Familienstrukturen - "alles" zusammenhalten

0
"Familienstrukturen - "alles" zusammenhalten"
Veröffentlicht am 15. Januar 2015, 6 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
© Umschlag Bildmaterial: Katja Xenikis - Fotolia.com
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Je älter ich werde, umso weniger gibt es über mich zu sagen :-)
Familienstrukturen - "alles" zusammenhalten

Familienstrukturen - "alles" zusammenhalten

Familienstrukturen

Die Mutter hielt jahrelang „alles“ zusammen.  Was ist dieses „alles“?

Das „alles“ waren die regelmäßigen Zusammenkünfte bei den Geburtstagen  der Familienmitglieder, bei kirchlichen Festen wie Kommunion oder Konfirmation, bei Taufen, Hochzeiten und Sterbefällen.

Die Älteste der Familie rief bei vergesslichen Zöglingen an und erinnerte an den bevorstehenden Geburtstag, die Taufe, die Kommunion. Es bedurfte schon sehr stichhaltiger Argumente, wenn ein Mitglied der Sippe nicht daran teilnehmen wollte.

War dies der Fall setzte sie alles daran, einen Stimmungswandel zu bewirken. Es war ihr wichtig, dass ein paar Male im Jahr alle zusammenkamen und sie setzte dies erfolgreich um.

Waren dann alle zusammen um den Tisch versammelt, war sie zufrieden. Ob die Stimmung nun gut war oder nicht, war nicht wesentlich für sie. Wichtig war, dass alle da waren, sich begegneten.  Erschien der eine oder andere nicht wurde am nächsten Tag telefonisch nachgefragt, ob man denn krank sei, oder was es wichtiges gäbe, dass man nicht kommen konnte.

Es war der Respekt vor meiner Mutter, der mich veranlasste anwesend zu sein.

Anders formuliert, ich tat es ihr zuliebe. Die Gespräche waren meist oberflächlicher Natur. Das Essen oft vom Partyservice, der relativ günstig eine passable Qualität lieferte.

Aber immerhin, man hatte sich mal wieder gesehen.

Nun ist die Mutter von uns gegangen und das „alles“ zusammenhalten  wird nicht mehr bedient.

Über unangenehme Eigenheiten der verbliebenen Familienmitglieder mag man nicht mehr so einfach hinwegblicken. Ich für meinen Teil stellte fest, dass es mir besser geht ohne regelmäßigen Kontakt. Das hinter der Hand über nicht Anwesende reden und

schimpfen mag ich nicht. Überhaupt wurde mehr über jemand oder etwas geredet als miteinander.  Wir haben kaum noch Gemeinsamkeiten. Alle Geschwister haben einen neuen Clan, dessen Strukturen nun gelten.

Es gibt neue Älteste, die nun „alles“ zusammenhalten, solange sie sind. Vielleicht werde ich das in soweit ändern, dass ich mich nicht bemühen werde wie meine Mutter. Es muss reichen, dass man ist wer man ist.  Über dennoch stattfindende Familientreffen freue ich mich wohl genauso wie meine Mutter, doch ist es keine Notwendigkeit, dass sie regelmäßig stattfinden. Sie sind, wenn sie sind.

Ein Muss als Grund gilt nur solange wie es bedient wird.  Es gefällt mir nicht ein „muss“ zu bedienen. Ein „kann „ ist freier und freundlicher und auch ehrlicher und wahrhaftiger.

So können wir uns begegnen wenn wir wollen, so gefällt es mir.

Es ist seltsam, dass der Tod eines Familienmitgliedes der einzige beständige Grund ist, dass selbst entfernte Verwandte aus weit entfernten Stätten anreisen. Darüber werde ich in einer stillen Minute nachdenken.

0

Hörbuch

Über den Autor

Mitmensch
Je älter ich werde, umso weniger gibt es über mich zu sagen :-)

Leser-Statistik
7

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
GertraudW 
Genauso ist es ...
Ich erinnere mich, dass mein Bruder mit Familie und mein Mann und ich immer am Heiligen Abend bei meiner Mutter sein MUSSTEN - das war Pflicht. Erst recht, als Vater gestorben war.
Viele, viele Jahre immer die gleiche Prozedur ... Mittlerweile waren mein Mann und ich über sechzig geworden und wollten EINMAL einen Weihnachtsabend für uns alleine! Ganz schonend haben wir das meiner Mutter beigebracht. Und was sagt sie? "Ja Gott sei Dank, dann habe ich ENDLICH mal am Heiligen Abend meine Ruhe!"
Ja, so kann`s gehen.
Ganz liebe Grüße an Dich und danke für diese tolle Geschichte
Gertraud
Vor langer Zeit - Antworten
derrainer ein muss , ist nie eine gute grundlage ,
doch bedenke man , dass unsere eltern, eine andere generation sind ,
alte struckturen werden vergehen ,wenn der , der sie zusammengehalten hat sie mal für immer abgeben muss.
und bricht die familie dann auseinander , zeigt es sich , das sie sich eigentlich nicht verstehen , was immer wieder vorkommt , wozu aber ein jeder seinen beitrag geleistet hat .
gruß rainer
Vor langer Zeit - Antworten
Mitmensch Hallo Rainer,
danke für Deinen Kommentar. Da hast Du wohl recht, dass jeder seinen Beitrag geleistet hat. Wenn keine Beziehung da zwischen Geschwistern, dann liegt es vorrangig am Desinteresse untereinander. Evtl vorgelebt von den Eltern, die evtl auch nicht wirklich Interesse am Leben der Kinder hatten, gefangen waren in ihrer Struktur, es nie anders gelernt haben. Am besten das nutzen, was man gelernt hat und versuchen besser zu machen, dann hat auch das negative Beispiel seinen Sinn.
Schönen Abend Dir!
Johanna
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Genau so ist es wahrscheinlich überall. Deine Schlussfolgerungen aber gefallen mir persönlich auch. Ein "muss" übt Zwang aus ein "kann" klingt wirklich besser und freundlicher, wie Du richtig festgestellt hast. Und das hinter dem Rücken reden mag ich genau so wenig, wie Du.
Schön geschrieben.
Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
Mitmensch Hallo Bärbel,
Danke für Deinen Kommentar!
Wünsche Dir einen schönen Abend!
Johanna
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber Genau so, liebe/r Mitmensch, bis hin zu den von Dir gezogenen Schlussfolgerungen, hätte ich das auch schreiben können.
Liebe Grüße, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
Mitmensch Hallo Merle,
danke für Deinen Kommentar. Ja, es geht nicht nur mir so, es gibt in meinem Bekanntenkreis auch noch weitere ähnliche Erfahrungen.
Lieben Gruß
Johanna
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber Ich möchte es aber auch nicht unbedingt als negativ bewerten, denn - wie Du auch beschreibst - kristallisiert sich unter den veränderten Bedingungen heraus, wie tief die (geschwisterlichen) Beziehungen wirklich sind. Ich wurde - nicht nur, aber eben doch auch - positiv überrascht.
Liebe Grüße zu Dir, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
8
0
Senden

124332
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung