ABSCHIED
Das Weinen der Schmetterlinge
Teil 3
Für lange Zeit war es still geworden. Manchmal schien es, als wenn die Welt den Atem anhielt und dann wiederum war es der Wind, der die
Rose sanft, wie in einem Traum wiegte. Doch, war es tatsächlich nur ein Traum? Oder streiften die Flügel eines Schmetterlings in einsamen Stunden die Blätter der Rose. Ein Streifen, das mehr ein zärtliches Streicheln war.
Die Rose spürte mehr das Streicheln, als dass sie den Schmetterling sah. Doch so sehr sie sich nach einem Wiedersehen sehnte, es waren nur immer kurze Momente, in denen sie sich seiner sicher war.
Doch die Bilder der Erinnerung an den letzten Sommer waren nie verblasst. Zu tief verwahrte sie die Erinnerungen in ihrem Herzen. Fest
verschlossen und allen Schwierigkeiten des Lebens zum Trotz.
Immer wieder mal reckte sie sich dem Sonnenlicht entgegen und eines Tages war es dann soweit. In den frühen Stunden zum Ende eines Sommermonats vernahm die Rose den sanften und vorsichtigen Flügelschlag. Ganz zurückhaltend nur, denn auch er, der stolze Schmetterling hat in den stillen Tagen nie die Sehnsüchte verneinen können. Er hatte viele Stunden allein mit sich verbracht. Hat versucht zu ordnen, wo es notwendig wurde und
hat zurückgezogen an seinem Lieblingsplatz sinniert und in sich hineingehorcht. Zu schwer wog der Kummer, der Schmetterling mit sich trug. Doch er wollte sich dem Kampf, den er kämpfte, nicht geschlagen geben. Zu sehr liebte er das Leben, dass ihn schon durch so viele Höhen und Tiefen führte.
In den nächsten Tagen sahen sich die Rose und der Schmetterling wieder öfter. Es war,als wenn sie beide versuchten, das zarte Band, das sie beide miteinander verband, wieder fester werden zu lassen. Es verging kein Tag, an dem sie nicht einander
suchten. Doch es war noch etwas Unausgesprochenes zwischen ihnen beiden. Die Rose spürte es, in der ersten Zeit dachte sie oft daran, ob sie dem Schmetterling mit ihren Dornen tief im Herzen verletzt hatte.
Es vergingen noch viele Tage und dann eines Nachts war es, als hielte die Welt wieder den Atem an. Der Rose war, als wenn sich alles um sie herum verdunkelte und sie spürte weder die Regentropfen, die auf ihre Blütenblätter fielen noch den Morgentau, der ihre Blätter schwer werden ließ. Und der Schmetterling? Er kannte schon das Gefühl, wenn man glaubt, es geht nicht mehr
weiter. Er wusste, wie es sich anfühlte, wenn die Flügel von Tränen schwer sind, wenn die Kraft nicht mehr ausreichte, um sich in das wärmende Sonnenlicht zu kämpfen. Doch er war sich während der ganzen Zeit immer sicher, er würde nicht aufgeben, sich selbst niemals aufgeben.
Und von dieser Sicherheit gab der Schmetterling. Es war nicht nur die Sicherheit, es war eine Liebe, die zwischen ihnen beiden begann zu wachsen. Sie umfing die Rose mit einer sanften wohligen Wärme, so dass sie sich langsam zu öffnen begann.
Es war immer noch Sommer. Doch der Herbst hatte schon angeklopft und seine Vorboten geschickt.
Die Tage begannen im Nebel, doch noch schaffte es die Sonne immer wieder auf's Neue, mit ihren wärmenden Strahlen das Band, welches die Rose und den Schmetterling verband, zu kräftigen. Wenn sie beide nur fest darauf hofften, dann würden sie sich beide auch im nächsten Jahr wieder im warmen Sonnenschein sanft in den Abend wiegen.
Die Rose würde warten, warten solange und soweit der Weg auch sein mag, den der Schmetterling nun
nehmen musste. Sie würde hier sein und mit einem Gefühl der Sicherheit und liebevollen Erwartung bereit sein für das Wiedersehen.
Der Regenbogen am Horizont begleitete den Schmetterling, als er sich hoch in den Abendhimmel erhob. Und auch er wusste, er würde wieder hierher zurückkehren.
Noch lange sah die Rose dem, ihrem Schmetterling nach und Sehnsucht bereitete sich in ihrem Herzen aus.
Doch er kam nie wieder nie wieder zurück.