Wärme
Wer erinnert sich noch an das Knistern von Reisigzweigen im Ofen?
Wer wird einst noch wissen, dass wir auch nicht alle Zimmer beheizt haben?
In der „guten Stube“ wurde nur am Wochenende geheizt.
Sonst gab es da für einen Herd in der Küche. Auf dem wurde natürlich auch gekocht.
Oder man konnte die kalten Füße in die Ofenröhre stecken.
Manchmal wurde dort auch Kuchen gebacken.
Bei den Großeltern gab es einen großen
Kachelofen in der Stube. Dort wärmte der Opa auf der Ofenbank seinen kaputten Rücken, der schon ganz krumm vom vielen Arbeiten war.
Später gab es Automatiköfen, da sollte man mit einem Eimer Kohlen pro Tag auskommen. Nur – wir hatten sicher nicht die richtige Kohle. Es gab zwar große, saubere Briketts, aber nicht für jeden. Wir bekamen kleine Kohlen mit viel Bruch und Grus. Wenn der Kohlenvorrat aufgebraucht war, haben wir am Ende den Grus in Konsumtüten aus Papier gefüllt und so verbrannt.
Manchmal gab es eine Märchen-, vielleicht besser Erzählstunde, wenn wir zwei Burschen artig waren und „gespurt
hatten“.
Dann war es dunkel in der Wohnstube. Das Feuer im Ofen brannte und flackerte. Unsere Gedanken wurden fast zu Träumen. Und Vater erzählte vom Krieg in Italien. Wir konnten nicht genug davon bekommen. Das war so etwas wie die Vorstufe von Computerspielen. Wir hörten MG`s ballern und sahen einen Kübelwagen in wilder Fahrt durch die Po-Ebene rasen. Mittendrin der Vater – welch ein Abenteuer. Die Wangen glühten und der Ofen knisterte, als wollte er mit erzählen.
Gleichzeitig war das Kohlenendprodukt, die Asche, ein idealer Stoff zum Abstumpfen des verschneiten oder
vereisten Gehweges. Nur am Ende des Winters verblieb ein unschöner Belag auf den Pflastersteinen.
Wir hatten noch das Feuermachen ohne Kohlenanzünder gelernt, wie unsere Vorfahren.
Heute rauscht das warme Wasser in den Heizungsrohren, gleich der rastlos unruhig gewordenen Zeit. Und wer will schon Märchen erzählt haben, wenn es nicht einmal knistert.
2009-01-26 jfw