Sonstiges
Ein Döner für zwei

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"Freunde gibt es überall"
Veröffentlicht am 11. Januar 2015, 12 Seiten
Kategorie Sonstiges
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Freunde gibt es überall

Ein Döner für zwei

Titel

Was für eine Familie. Die Kinder hängen den ganzen Tag vor der Glotze, oder an ihrem Handy und ihre Mutter macht es vor. Wie gern würde ich wissen wollen, wie es in der Schule läuft. Aber kriege ich eine Antwort auf diese einfache Frage? Nein! Dazu müssten sie mir erstmal zuhören. Und das tun sie nicht. Wie ihre Mutter. Seit Ewigkeiten ignorieren sie mich. Nur wenn sie Hunger haben, krank sind, oder Hilfe brauchen kommen sie zu mir und reden mit mir. Nicht viel. Aber ich erwarte auch nicht mehr. Für was gibt es Smartphones!? Warum miteinander reden,

wenn man das Selbe auch schreiben kann? Am besten alles noch bis zur Unkenntlichkeit abkürzen, damit die alten es nicht lesen können. Ich zog mich an und ging. Hinaus in die Kälte. Denn ich ertrug die Kälte zu Hause nicht mehr. Weder hatte ich was von meinen Kindern, noch von meiner Frau. Letztere wollte nicht mal mehr romantische Stunden zu zweit verbringen. Fernsehen und Computer waren ihr lieber. Genauso gut könnte ich Single sein. Denn genauso fühlte ich mich. Frau- und kinderlos. Jeder lebte für sich allein. Das ist also die sogenannte Zivilisation. Darauf kann ich gut verzichten. Eigentlich sollten die

ganzen Erfindungen das Leben leichter machen. Aber die sorgen nur dafür, das man sich immer weiter von einander entfernt. Ein eisiger Windstoß fegte mir ins Gesicht, als ich die fast menschenleere Straße betrat. Jemand wollte mir wohl sagen, dreh wieder um. Geh zu deiner Familie zurück. Aber ohne mich. Auch wenn ich in den letzten Jahren immer verweichlichter wurde, steckt in mir noch irgendwo der Urmensch. Ich war schließlich nicht der Einzige, der der Zivilisation den Rücken kehrte. Es gab viele Menschen, die es schafften, ohne den Errungenschaften auszukommen und lebten glücklicher ohne, als mit. Was die

anderen geschafft haben, schaffe ich auch. Ich werde nur ein paar Tage länger brauchen, um mich auf das nicht Vorhandensein einer Wärmequelle, in unmittelbarer nähe meines menschlichen Leibes, zu gewöhnen. Klar ist es praktisch, wenn man mit nur ein paar Umdrehungen die Kälte aus dem Haus jagen kann. Aber Generationen vor uns hatten nicht jenes Vergnügen und schafften es dennoch harte Winter schadenfrei zu überleben. Ich lief ohne Ziel durch die Stadt. Strotzte der Kälte und dem Wind. Aber nicht dem Hunger, der sich gegen Abend einstellte. Es war schon längst dunkel geworden und ich hatte keine Ahnung,

wo genau ich mich befand. Das einzigste, was ich wusste, war, das ich schon lange nicht mehr so viel gelaufen war und das ich mich ziemlich gut fühlte. Mir war zwar immer noch kalt, aber nicht mehr so sehr. Ein klein bisschen Geld hatte ich noch einstecken. Das gab ich für einen Big Döner aus. Den aß ich aber nicht sofort. Ich wollte ihn in Ruhe genießen. Ohne Zuschauer. Oder anders gesagt: ich wollte ganz für mich allein sein. Meinen Gedanken nachgehen. Die nächsten Schritte überdenken. Also lief ich noch ein paar Meter weiter. Bis zu einem abgegrenztem Grundstück. Bei genauerem hinsehen, erkannte ich

wieder, wo ich war. In dem abgezäunten Gebiet hatten sie Bäume und Sträucher angepflanzt. Es sollte eine Art Urwald werden. Davon gab es in unmittelbarer Nähe mehrere. Zwar eine gute Idee, aber ein beschissener Zaun. Denn Idioten haben ihren Müll darüber geschossen und verschandelte den Flecken unberührte Natur. Das Gebiet lag im Dunkeln. Nur mit Mühe erkannte ich etwas. Und ohne weiteres Nachdenken, schwang ich mich über den Zaun und machte es mir dort irgendwo gemütlich. Genoss die Ruhe und meinen Döner. Doch plötzlich raschelte es. Erschrocken davon, ließ ich mein Essen fallen. Zwei Augen

starrten mich an. Stocksteif saß ich da. Rührte mich keinen Attometer. Die Augen kamen näher und ich fürchtete schon, das mir gleich etwas passieren würde. Doch dann kam alles anders. Die Augen näherten sich. In der Zwischenzeit hatten sich meine Augen an die Dunkelheit angepasst und ich konnte erkennen, das es ein Tier war, das mich anstarrte. Es hatte mindestens genauso viel angst, wie ich. Getraute sich nicht näher an mich heran. Seine Augen schwankten zwischen mir und und meinem Essen. Bestimmt hat es Hunger, dachte ich mir. Langsam und vorsichtig nahm ich ein Stück Fleisch und hielt es dem Tier hin. Es schnupperte

nervös daran. Wusste nicht, was es tun sollte. Annehmen, oder nicht annehmen. Einen Augenblick später schmatzte es genüsslich. Es hatte nun Vertrauen zu mir. Kam näher und nahm neben mir Platz. Mir war egal, was irgendwelche Leute sagten. Ich mochte das kleine, mir wärmespendende Tier. Im Gegensatz zu meiner Familie, genoss es meine Anwesenheit. Hörte mir zu, als ich über die Probleme des Alltags sprach, die ich so habe. Mir war schon bewusst, das es keine Ahnung hatte, wovon ich sprach und das es meine Sprache nicht verstand. Aber es tat gut, ein lebendiges Wesen bei mir zu haben, das wenigstens

so tat, als würde es mir zuhören und mich verstehen. Kurz nach dem Mahl, verabschiedeten wir uns. Ich hatte immer noch Hunger, da ich das Meiste verfüttert habe. Aber ich wusste, wo es Nachschub gab und wo es warm war. Durch das ruhige Sitzen, war die Kälte in meinen Körper gekrochen. Versteifte alles, was ich einst bewegen konnte. Nur mit allergrößter Anstrengung gelang es mir aufzustehen und nach Hause zu gehen, wo mich niemand vermisst hatte. Denn als ich die Wohnung betrat: „Pizza ist da!“ „Wie kommst du auf Pizza? Papa wollte chinesisch

holen.“ „Kinder, ihr liegt beide falsch. Indisch, ist heute angesagt.“ Auf der Stelle machte ich kehrt. Holte Geld von der Bank, eine Pizza beim Italiener, Nudeln beim Chinesen und Curry beim Inder. Für mich holte ich eine Flasche lieblichen Rotwein, um mich von Inne zu wärmen und meine Familie zu ertragen. Gegessen hatte ich ja schon. Auch wenn es nur ein paar wenige Bröckchen waren. Wie sehr sehnte ich mich nach meinem neuen Freund. Seinem kuscheligen Fell. Ob ich ihm auch fehlte?

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