Titel
So plötzlich Stille. Von Jetzt auf Nun zog sie einfach aus. Sagte kein Wort, sondern ging einfach. Das sie eines Tages gehen würde, wusste ich ja. Aber das sie so plötzlich, und ohne ein Wort zu sagen, einfach verschwindet, damit hatte ich nicht gerechnet. Vor allem deswegen nicht, weil sie immer noch nicht gesund war. Das Laufen verursachte bei ihr Schmerzen. Erst gestern hatte sie mich wieder unsanft darauf hingewiesen, das ihr alles wehtut. Keinen Schritt wollte sie gehen. Den Haushalt durfte ich alleine machen und sie nebenbei auch noch bedienen. Ich
habe es gern getan. Gehofft, das sie bei mir bleibt. Aus der Traum. Alles hat sie mitgenommen, was mich an sie erinnern könnte. All ihre Klamotten, ihre selbstgemalten Bilder, Damenhygieneartikel und so weiter. Eben alles, was ihr gehörte.
Ich wollte eh nichts davon behalten. Zu sehr hätte es mich an die Zeit mit ihr erinnert. Wie schön war es doch gewesen, jemanden bei mir zu haben. Auch wenn sie des öfteren ihre Launen an mir abließ. Was konnte ich denn dafür, das sie nicht laufen konnte? Das sie so oft hinfiel und sich dabei wehtat? Warum war sie deswegen noch nicht zum Arzt gegangen? Jetzt, wo sie sich
mörderisch wehgetan hatte, ging sie. Aber nicht, weil ich sie darum gebeten hatte. Schließlich wollte ich mehr von ihr und war deshalb umso besorgter, ihretwegen.
Ich hatte gebangt, um sie, nachdem sie mir berichtet hatte, das sie wahrscheinlich operiert werden muss. Aber zum Glück brauchte sie nicht unters Messer. Dafür musste sie zur Physiotherapie. Problem war nur, das die Physiotherapeutin anderer Meinung war, als der Hausarzt. Wem soll man da glauben? Wer hat nun recht, von Beiden?
Ich ertrage die Stille nicht. Viel zu lange hatte sie bei mir gelebt. Zu sehr hatte ich mich an sie gewöhnt. Ich freute
mich, wenn ich nach Hause kam, weil ich wusste, das mich da jemand erwartet. Auch wenn sie es nicht immer so gezeigt hatte, wusste ich doch tief in meinem Innern, das sie froh war, bei mir zu sein. Schließlich erlaubte ich ihr so ziemlich alles. Ließ mir alles von ihr gefallen. Obwohl es meine Wohnung war, hatte sie bestimmt. Wie gesagt, wollte ich mehr von ihr. Wollte ihr Herz gewinnen. Für immer mit ihr zusammen sein.
Was war das jetzt? Irgendwas war gerade heruntergefallen. Ist sie zurückgekommen? - Nein. Es war nur eines der üblichen Geräusche. Woher sie kamen, habe ich nie herausgefunden.
Fast jeden Abend höre ich, das etwas herunter fällt. Aber sehen tue ich nichts. Einbildung? Bin ich verrückt? Möglich ist es.
Ich habe zu nichts Lust. Krieg meinen Hintern nicht in Bewegung. Am liebsten würde ich ja jetzt gern einen Spaziergang machen. Aber ich komme nicht hoch. Liege faul und lustlos in meinem Bett und starre verloren zur Decke. Ich fühle mich einsam und allein. Es war so schön mit ihr gewesen. Auch wenn sie ihren Frust oft an mir ausließ. Aber wenigstens war ich nicht allein gewesen. Hatte jemanden da gehabt. Fühlte mich daher nicht allein, sondern gebraucht. Sie hatte mich
gebraucht. Und nun ist alles vorbei. Sie ist weg und ich bin allein. Habe zu nichts Lust...