Nach dem Ende der Archontenherrschaft und der Stilllegung der Lebensschmiede, steht Kellvian vor der Aufgabe, die vor Helike gestrandete Armee Cantons sicher zurück zu bringen. Bevor sie die Stadt jedoch auch nur verlassen können, erhalten sie Nachricht von einem Totgeglaubten. Und in der Heimat ziehen bereits dunkle Wolken auf. Andre de Immerson hat seine Pläne, sich das Kaiserreich mit Gewalt untertan zu machen, noch nicht aufgegeben. Und ohne eine Armee ist alles, was zwischen
ihm und der Krone steht eine kleine Gruppe heruntergekommener Abenteurer und eine Handvoll Zauberer.
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Jiy starrte ungläubig in das mittlerweile fast vertraute Gesicht, das nun jedoch von Siegesgewissheit und düsteren Absichten verzerrt war. Nicht Roland hatte sie Hintergangen, wie ihr schlagartig klar wurde. Nicht Roland hatte sie verkauft und an Andres Männer ausgeliefert…
,, Was habt ihr getan ?“ , brachte sie hervor. ,, Was ist mit Roland ?“ Falvius lachte kopfschüttelnd. ,, Roland dieser Narr hat euch bis zum letzten Atemzug treu gedient. Ich habe noch versucht ihn zur Vernunft zu bringen. Am Ende ließ er mir jedoch keine
Wahl.“ ,,Vernunft…“ Jiys Verstand raste. Die verbeulte Panzerung machte das Atmen schwer und die verdrehte Hand hing nutzlos an ihrer Seite herab. Sie war langsam und verletzte, aber wenn sie Falvius überraschen konnte… Bevor sie den Gedanken auch nur weiterspinnen konnte, legte sich ihr jedoch kalter Stahl an die Kehle und machte auch den letzten Gedanken an Flucht zunichte. ,, Man hat mir ein bei weitem besseres Angebot gemacht, als weiter als euer Schatten zu dienen.“ ,,Wer ? Andre ? Ihr könnt nicht ernsthaft glauben, dass er euch nicht
einfach Beseitigen wird, wenn ihm danach ist.“ ,, Das dachte ich auch schon.“ , meinte der General nur. Der Lärm der Schlacht war für Jiy mittlerweile in den Hintergrund gerückt. Niemand würde ihr so schnell helfen können. Und im Augenblick konnte sie es auch nicht wagen, selber Etwas zu wagen, ohne dabei den Kopf zu verlieren. Hinter Falvius jedoch, bewegte sich etwas und ein Mann, der so gar nicht zu den grau gewandeten Soldaten passen wollte, trat auf die Straße hinaus. Und zu ihrem eigenen Entsetzen, erkannte Jiy ihn wieder. Die auffällige, orangefarbene Jacke war nicht zu
verkennen. Jormund Einnarson strich sich eine Strähne des länger gewordenen Haares aus der Stirn. Er wirkte ungehalten, während er sich umsah und zu Falvius und der in die Knie gezwungenen Jiy trat. ,, Deshalb kam er auch als erstes zu mir.“ , sagte der Herr Lasantas. Hinter ihm folgten fünf der verwildert aussehenden Soldaten, die sie angegriffen hatten. ,, Wer weiß, vielleicht wird Andre nicht mehr sehr lange der Anführer über seine Armeen bleiben…“ Jiy musste ein bitteres Lachen Unterdrücken. Glaubten diese beiden wirklich, sie könnten erst sie töten und
dann noch Andre de Immerson hintergehen? Ihr fiel eigentlich nur eine Person ein, die ihnen diesen Irrsinn eingeredet haben konnte. Von selbst war Jormund sicher nicht darauf verfallen, plötzlich die Aufständischen anführen zu wollen. Vielleicht war der Meister Andres langsam überdrüssig, oder er wollte sehen, ob er sich nicht unterwürfiger Gefolgsleute verschaffen konnte… So oder so. Jormund wendete sich ab. ,, Zumindest habt ihr in dieser neuen Welt keinen Platz mehr.“ Er ging gemächlich davon, während die Kämpfe auf der Straße immer noch andauerten. Selbst wenn jemand sah, was hier geschah, die
Söldner würden wohl nicht zulassen, dass sich jemand einmischte. ,, Tötet sie endlich… Wir müssen weg, bevor die Garde sich wieder organisieren kann.“ Mit diesen Worten verschwand er auch schon aus Jiys Sichtfeld. Die Gejarn zwang sich, Falvius wenigstens in die Augen zu sehen. ,, Was immer man euch versprochen hat, ich sterbe mit der Gewissheit, dass es eine Lüge war.“ , erklärte sie und war überrascht, wie ruhig ihre eigene Stimme klang. ,, Ihr wisst nicht, wer hinter Andre steht… oder Jormund was das angeht.“ Zyle würde weitermachen, davon war Jiy überzeugt. Egal, was Jormund oder
Falvius glaubten, sollten sie doch versuchen sich gegen Andre zu stellen. Wenn sich der Aristokratenbund jetzt gegeneinander wandte, war das gut… Nur das sie Kellvian nie wieder sehen würde, jetzt wo sie ihm schon so nah gekommen waren, das bereute sie. Falvius erwiderte nichts, sondern holte nur mit dem Schwert aus. Jiy sah die Klinge aufblitzen, bevor sie auf ihren Halsansatz zu jagte… und nie dort ankam. Ein zweites Schwert zuckte durch die Luft und durchtrennte den Schwertarm des Generals direkt am Handgelenk. Es war Roland, der, sich die Seite haltend, direkt hinter Falvius
aufgetaucht war. Blut lief ihm aus einer tiefen Wunde und tropfte zwischen den Fingern seiner linken Hand zu Boden. ,, Nächstes Mal, stellt sicher, dass ich wirklich tot bin.“ In den Augen des Mannes blitzte nur nackte Wut. Kein Verständnis oder gar Entsetzen wegen des Verrates seines Freunds. Heulend taumelte der Verwundete General zurück, während Jiy ihr Glück noch kaum fassen konnte. Erneut sauste die Klinge durch die Luft und grub sich dieses Mal tief in die Brust des Verräters. Falvius Schrei verstummte mit einem gurgelnden Geräusch, bevor er zusammenbrach und regungslos auf dem
Weg liegen blieb. ,, Wie habt ihr…“ , setzte Jiy an, als Roland sie unsanft auf die Füße riss. ,, Ich war nicht so tot, wie er gedacht hatte.“ , antwortete er nur. ,, Als wir grade die Kurve passierten, hat er mir seinen Plan erläutert… als ich ablehnte hat er dann auf mich geschossen. Und ich dachte ich kenne ihn….“ Er versetzte dem toten Körper am Boden einen tritt. ,,Ich bin eben einfach in Glückspilz.“ Ein seltenes Grinsen stahl sich auf das Gesicht des Mannes, doch es wirkte grimmig genug, das Jiy lieber nicht nachfragte, wie es ihm ging. Die Antwort konnte sie sehen. ,, Sehen wir zu, das wir Andres Männer
zurück treiben.“ , sagte sie stattdessen. Das hier war noch nicht Überstanden. Nach wie vor wurde die Garde von den Soldaten, die sich im Nebel verbargen unter Beschuss genommen und die, die sich bisher gezeigt hatten fielen über die wenigen Gruppen her, die versuchten sich zu sammeln um geschlossen gegen die Bedrohung vorzugehen. Pulverdampf lag über allem und verschlechterte die Sicht noch zusätzlich, vermischte sich mit dem Blutgeruch… Jiy folgte Roland durch das Chaos, der rasch einige Befehle rief und den nachströmenden Soldaten zuwinkte, vorsichtig zu sein, damit sie nicht ins Kreuzfeuer
gerieten. Endlich entdeckte Jiy auch Zyle, der sich im Zweikampf mit einem der Söldner befand, der einen Beidhänder nach dem Schwertmeister schwang. Das gewaltige Schwert war schwer genug, das Jiy den Boden unter ihren Füßen zittern spüren konnte, als Zyle dem Angriff auswich und seinem Gegner die Klinge in die ungeschützte Kehle trieb. Wenige Augenblicke stürzte der Mann genauso schwerfällig wie seine Waffe zu Boden. ,, Wir sind Verraten worden.“ , rief Jiy ihm zu. ,, Es hätte auch nicht einmal einfach sein können…“ Zyle stürzte sich, ohne
zu zögern, sofort dem nächsten Gegner entgegen. Bevor er ihn jedoch erreichte, geschahen mehrere Dinge gleichzeitig. Als erstes stürzte Jormund, mindestens dreißig weitere Söldner hinter sich, aus den Wäldern. Der Fürst Lasantas wurde während des Ansturms zwar langsamer und blieb so am Rand des Schlachtfelds, aber seine Gefolgsleute verwickelten die Gardisten sofort in neuerliche Gefechte, um zu verhindern, dass sie sich geschlossen ihrem Gegner stellten. Jiy fürchtete langsam, das Falvius Tod nichts geändert hatte. Wenn das so weiterging, würden ihre Verluste noch größer werden. Bereits jetzt wollte sie gar nicht wissen, wie viele Männer
bereits auf dem blätterbedeckten Pflaster der Handelsstraße zurück geblieben waren. Dann jedoch gab es einen roten Lichtblitz, der direkt zwischen Garde und Söldnern aufleuchtete. Blätter wurden von einer plötzlichen Windböe aufgewirbelt, während sich eine einzelne Gestalt in dem Licht manifestierte. Sie trug einen schlichten, weiten Wollmantel, dessen Kapuze sie sich ins Gesicht gezogen hatte. Tatsächlich wirkte die komplette Gestalt unter dem schweren Mantel etwas unförmig, dachte Jiy bei sich. Wenigstens war es also nicht der Meister. Aber wer dann ? Die Söldner jedenfalls interessierte
nicht, wer sich zwischen sie und ihr Ziel stellte und stürmten mit erhobenen Waffen weiter. Jedoch nur, bis der erste auf Höhe des Fremden war. Die Gestalt streckte eine Hand an ihrer Seite aus und der Mann, der an ihr vorbei wollte, ging in Flammen auf. Schreiend stürzte er zu Boden und versuchte die rubinfarbenen Flammen zu ersticken, die nun seinen Körper verzehrten. Die übrigen Söldner wurden sofort langsamer und bildeten einen Halbkreis um den Fremden. Dieser setzte sich jetzt in Bewegung. Ein Soldat hieb mit dem Schwert nach ihm, das jedoch in seinen Händen schmolz, bevor es auch nur den Umhang des Zauberers berührte. Heißes Metall versengte dem
Mann Hände und Arme. Der nächste machte einen Satz auf die Gestalt zu und stürzte mitten im Sprung mit knochenbrechender Gewalt zu Erde. Jiy und die anderen sahen gleichermaßen fasziniert wie abgestoßen zu, wie die Fremde Erscheinung sich langsam aber sicher eines Söldners nach dem anderen entledigte, bis nur noch einer am Leben war. Jormund… Der Mann breitete die Hände zu einer Geste aus, die wohl bedeuten sollte, dass er sich ergab. Erst da wendete die Gestalt den Kopf in Richtung der erstarrten Gardisten. Jiy traute ihren Augen nicht. Und Zyle offenbar auch nicht, den der
Schwertmeister ließ glatt die Waffe fallen. Mittlerweile hatten sich die meisten von Andres Männern ohnehin zurückgezogen oder streckten sogar die Waffen jetzt, wo ihr Plan gescheitert war. Und ihre Gegner auch noch Verstärkung durch einen Magier erhielten. Oder besser eine Magierin. Eine, die es nicht geben sollte. Relina blickte mit ruhigem Blick zu ihnen und musterte erst Jiy, dann Zyle einen Moment. Die schwingen förmige Brandnarbe auf ihrer linken Wange war kurz zu sehen und machte jeden Irrtum endgültig unmöglich. ,,Zyle ?“ , flüsterte Jiy. Was wollte sie
hier? ,,Ich würde schätzen, mich nochmal umbringen“, antwortete Zyle , als hätte er ihre Gedanken erraten. Relina trat derweil auf Jormund zu, der nach wie vor die Hände vor sich gestreckt hatte, wie um sich zu ergeben. ,, Ihr braucht ihn noch ?“ , fragte die Zauberin nüchtern. ,,Nein, aber…“ Weiter kam Jiy nie, denn in diesem Moment brach der Herr Lasantas ohne einen weiteren Ton in sich zusammen und blieb regungslos im Laub liegen. Jiy wendete sich ab. Vermutlich hätte sie ohnehin nicht zugelassen, das der Mann noch einmal in seinem Leben das
Tageslicht sah… Aber sie hatten Andre grade unfreiwillig schon zwei potentielle Verräter vom Hals geschafft. Allerdings bezweifelte die Gejarn wirklich, das der Lord das zu schätzen wissen würde. ,, Wir hätten ihn vielleicht als Druckmittel gebrauchen können.“ , bemerkte Roland finster, der sein Schwert an der Kleidung eines toten Söldners sauberwischte, bevor er sich zu ihnen gesellte. Jiy erwiederte nichts und Zyle schien es offenbar die Sprache verschlagen zu haben. Er folgte mit den Augen nur Relinas Bewegungen. Die Gejarn-Hexerin drehte sich derweil endgültig zu ihnen um und kam die
Böschung wieder herab. Die Körper der toten Söldner und des Fürsten blieben hinter ihr zurück. ,,Herrin ? Wer ist das ?“ , wollte Roland wissen, während er die fremde Magierin nicht aus den Augen lies, bereit, zuzuschlagen, sollte sie sich als feindselig erweisen. ,, Relina.“ , antwortete sie, da Zyle nach wie vor scheinbar keinen Ton heraus brachte. ,, Sie ist… eine Verbündete.“ Zumindest hoffte Jiy das. Irgendetwas an der Gestalt der Gejarn war seltsam. Das hatte sie vorhin schon gedacht. Aber als es ihr endlich auffiel, was nicht stimmte, wurde ihr auch klar, wieso Zyle nichts mehr
sagte. Entweder Relina hatte in den letzten Monaten ein gutes Stück zugenommen oder… Das gab es doch einfach nicht ,,Könnten wir das vielleicht woanders besprechen ?“ , quittierte die Magierin ihre Blicke ungehalten. ,, Aber… ihr seid…“ ,,Hört zu. Es war nicht ganz einfach euch zu finden, nachdem ich nach meiner Ankunft hier erst einmal erfahren habe, was überhaupt vor sich geht. Ich bin seit Tagen unterwegs und Müde. Ist es zu viel verlangt, das wir wenigstens erst aus diesem Wald rauskommen?“ Jiy gab ihr Schweigend Recht. Und vermutlich hätte Zyle bis dahin auch
seine Sprache wiedergefunden. Die beiden hatten ganz sicher einiges zu erklären…. ,,Roland, gebt Befehl an die übrigen Offiziere. Sie sollen die Verwundeten so gut es geht versorgen und dann mitnehmen. Schickt ein paar Späher, die eine offene Fläche suchen sollen. Ehrlich gesagt, ich habe auch fürs erste genug vom Wald.“ ,,Ja, Herrin.“ Der General salutierte kurz. ,, Und Danke. Lasst auch jemand nach euren Verletzungen sehen.“ ,,Herrin ?“ , fragte Relina. ,,Ich… bin mittlerweile Kaiserin.“ ,, Das habe ich zwar gehört, es aber
nicht ganz geglaubt. Ich habe auch gehört das Kellvian tot ist.“ ,, Das glaubt keiner von uns.“ , warf Zyle ein, der endlich seine Stimme wieder fand. ,, Nur warum hat keiner von uns Jormunds Männer gewittert ?“ ,, Tannenpech.“ , antwortete Jiy , während um sie herum entlaufene Pferde wieder eingefangen und Verwundete versorgt wurden. Sie beugte sich umständlich vor und zog eine kleine Metalldose aus der Brusttasche eines der toten Söldner. ,, So nah riecht man es, wenn man weiß, worauf man achten muss." Nur kam diese Erkenntnis natürlich zu spät. Zyle jedoch hatte nach wie vor
andere Sorgen.
,, Relina…“
,, Später. Bitte.“
Relina war ganz offensichtlich Schwanger….
EagleWriter Du stellst Fragen... Spontan würde ich sagen. Nur das Skelett, die Hülle ist durchaus lebendig. Mehr oder weniger lg E:W |
abschuetze okay, also doch Flavius... na und das mit Relina... wusste ich doch längst^^ |
EagleWriter ^^ lg E:W |