Roter Schnee Vergeltung
Als er erwachte, fand er sich in einer Lagerhalle wieder, gefesselt an einen Stuhl. So weit er erkennen konnte, war er mit Kabelbindern fixiert worden und seine Arme und Beine waren dadurch unbeweglich. Er versuchte sich zu erinnern, was geschehen war, doch alles woran er denken konnte war an Schnee und erbarmungslose Kälte. Mehr wollte ihm zu Beginn nicht einfallen. Plötzlich tropfte ihm ein eiskalter Tropfen auf den Kopf und als hätte dieser ein Fass zum Überlaufen gebracht, kehrte die Erinnerung zurück. Die eisige Kälte. Das Blut. Der Streit. Sein Zusammenbruch.
Wie die Teile eines Puzzels fand alles allmählich seinen Platz in seiner Erin-nerung. Gerade als er sich an alles erinnern konnte, bis hin zu seinem Zusammenbruch, riss ihn ein scharfer Schmerz an seiner Brust aus den Gedanken. Er starrte geschockt auf seine nackte Haut hinunter und konnte gerade noch erkennen, wie ein scharfes Messer zurück gezogen wurde und rotes Blut wie ein Band aus der Schnittwunde zu fließen begann. Als die ersten Tropfen auf den grauen Beton flossen, musste er an das Blut im Schnee denken. Er schloss wieder die Augen und spürte die Tränen, die über seine Wangen flossen. Es war seine Schuld gewesen, dass
wusste er. Er hätte die Beherrschung nicht verlieren, seiner Wut nicht nachgeben dürfen. "Merkst du endlich, dass du einen unverzeilichen Fehler gemacht hast? Du hättest meinen Bruder niemals auf diese Weise töten dürfen. So impulsiv, so ohne jedes Nachdenken! Ich werde dir zeigen, was es heißt zu leiden und unvorstellbare Qualen zu erleiden!", erklang pötzlich eine Stimme, so kalt und schneidend wie scharfer Edelstahl, unmittelbar an seinem rechten Ohr. Er zuckte zusammen und spürte prompt neuen Schmerz, der ihn stöhnen ließ, als das Messer sich tief in das Fleisch von seinem rechten Schulterblatt fraß und eine lange rote Linie darüber zog.
"Bereue und bezahle! Mein Bruder ist im Himmel, er wird von Engeln umgeben und es geht ihm gut." Als diese Sätze an sein Ohr drangen, fügte das Messer ihm einen erneuten geraden Schnitt zu. Noch einen und noch einen. Selbst auf dem Kopf stehend, erkannte er, was aus den Schnitten werden sollte: Ein umgedrehtes Pentagramm auf seiner Brust, das Zeichen für Satan selbst."Doch du", fuhr die Stimme kalt und unbarmherzig fort, während sie die Schnitte immer mehr vertiefte, den Stahl immer tiefer in sein Fleisch rammte, "du wirst in der Hölle schmoren, wo du hin gehörst und du wirst auf ewig im Fegefeuer brennen." Als schließlich der
bloße Knochen frei lag, hob sich das Messer wieder, doch er hatte nicht mehr die Kraft, auf die Klinge zu achten. "Bereust du?", hörte er die Stimme, sie brüllte nun vor Zorn und Verzweiflung und er schloss die Augen und flüsterte nur: "Ja. Ich bereue." Das letzte was er hörte, war das Zischen, mit dem die Klinge durch die Luft schnitt und das letzte was er dachte war: "Roter Schnee Rot wie Blut..."