Beschreibung
Nochmals eine Neuauflage in vier Akten...
So, die "Morgentoilette" ist geschafft, der Magen gefüllt, nun gehts auf zur ersten Reitstunde!
Eine Weile ist es still im Stall, nur das Mampfen ist zu hören. Unvermittelt rumst aber bereits neben meinem Kopf die Tür wieder auf. Erschrocken schnelle ich hoch und denke natürlich nicht mehr an die Wassertränke. Rums zwei gilt prompt wieder meinem bereits lädierten Auge. Herrgott! Können die denn nicht normal die Boxentür öffnen? Conny steht natürlich mit erhobenem Haupt da und kichert zwischen den Gitterstäben hindurch. Ein herber Dämpfer für mein Ego. Bereits spüre ich, wie das Tränenwasser unter dem Lid heraus schiesst. Verflixt, ich seh’ schon fast nix mehr! Blinzelnd steh ich da und eh ich’s mir verseh’ hab ich auch schon das Halfter übergestreift. Unsere unerschütterliche Reitlehrerin Cordula steht neben mir und wuschelt in meiner Mähne. „Na, Kleiner, fit für die erste Stunde?“ Pah, was glaubt sie mit wem sie spricht, ich bin die Sportlichkeit in Pferdestärke! Stolz wölbe ich den Hals und lass die Muskeln spielen. Im nächsten Moment schwirrt der Blondschopf wieder um die Boxenecke und kommt glücklich auf mich zugelaufen. „Juhu, Domenico, heute darf ich dich auch einmal reiten!“ Voller Vorfreude schwingt sie ihre Reitgerte und sofort zerfällt mein Stolz zu Staub. Senkrücken und Ackergaulhaltung zeigen sich wieder und wenn ich könnte würde ich die Augenbraue in die Höhe ziehen, so wie es die Kritiker tun, wenn sie ungläubig einem Laien zuhören. Unterdessen hat mich Cordula in den Stallgang gestellt und eine Minitreppe herangetragen. Die Kleine klettert auch gleich darauf herum und striegelt und putzt, was das Zeug hält. Kaum ist sie endlich fertig, schüttle ich mich einmal heftig und ihr mühsam zurecht gelegter Scheitel in meinem Schopf löst sich zu nichts auf. Auf den Stockzähnen grinsend beobachte ich, wie sie in der Sattelkammer verschwindet und keuchend mit dem Sattel in den Armen zurückkehrt. Frech strecke ich die Gelenke durch und mache einen Katzenbuckel. Hehe, sie braucht drei Anläufe, bis das Lederding da sitzt wo es muss. Aber schliesslich lasse ich sie gewähren und sie darf sogar unter meinem Bauch hindurch um den Sattelgurt zu richten. Schliesslich bin ich ja eigentlich ganz anständig.
Nach all dem pützeln und anschnallen stehen wir dann endlich in der Halle und die kleine Blonde klettert auf meinen Rücken. „Hü“, ruft sie laut und als ich - oh, erstaune - nicht reagiere, tritt sie mir doch tatsächlich mit ihren kleinen Fersen in die Rippen. Okay, hast mich überzeugt, denke ich. Obwohl das Gestrampel nur gekitzelt hat, setze ich mich in Bewegung. Cordula schaut auch schon ganz streng und mit ihr will ich es ganz sicher nicht verscherzen. Der Blondie hüpft auf meinem Rücken herum und grinst glücklich von einer Backe zur andern, während ich eine geschlagene Viertelstunde durch die staubige Halle trabe. Schliesslich habe ich aber genug, bin ja schon ganz ausser Atem. Ich bremse ab und schon seh’ ich aus dem Augenwinkel Cordula auf mich zukommen. „Sei nicht so faul, Kleiner, jetzt wird erst mal noch galoppiert.“ Die Kleine obenauf versteht dies natürlich sofort als Befehl und da sie mit ihren kurzen Beinen nur bis zur Mitte meines Bauchs reicht, benutzt sie einmal schlagkräftig die Reitgerte. Erschrocken mache ich einen Satz nach vorn, was sie wiederum aus dem Gleichgewicht bringt. Sie hängt sich in die Zügel und abrupt bleibe ich stehen. Aua! Verflixte Trense, die reisst glatt das Maul bis zu den hintersten Backenzähnen auf. So ein Clown-Grinsen bringt man nie wieder weg! Entrüstet schüttle ich mich und merke, dass meine Reiterin bereits auf meinem Hals sitzt. Langsam senke ich den Kopf und zögerlich rutscht sie dem Boden näher. Unterdessen hüpft unsere Reitlehrerin durch die Halle. „Domenico, nicht!“ doch mit einer letzten kleinen Drehung purzelt der Blondschopf vor meine Hufe. Cordula packt die Zügel und kniet sich erschrocken zu Blondie. „Hat gar nicht weh getan.“ Der kleine Engel sitzt im Sand und lacht mich an, da kann ich nicht anders, als prustend meine Nase in ihrem Bauch zu versenken. „Das kitzelt, hör auf...“ sie lacht weiter und rappelt sich schliesslich auf. Auch Cordula fasst sich wieder und hilft der Kleinen in den Sattel. „Warum macht du das immer wieder? Bist doch sonst so ein braver.“ tadelt sie mich. Na weil’s Spass macht. Hab ja nicht mal gebuckelt, aber ist einfach dumm gelaufen. Den Rest der Stunde bin ich dann auch wirklich brav und galoppiere artig auf dem Zirkel. Schliesslich darf ich wieder in meine Box und muss natürlich alles brühwarm Conny und Colonel erzählen und beide lachen laut heraus. „Du 'ast aberr Glück ge'abt, ist derr Kleinen nichts passiert. Ich finde das seehr gefährlich und... und... wie sagt man... verantwortungslos!“ der dunkelbraune Argentinier meldet sich mitten in unserem Gelächter zu Wort und blickt verächtlich über seine Boxenwand. „Au, man, Chicco, sei nicht immer so eine Spassbremse! Hast doch sicher auch schon mal gebuckelt.“ Immer noch prustend vor Lachen stehen wir drei in den Boxen, doch das alte Polopony will von Freude nichts wissen. „Ich kenne nurr Regeln, ’arte Arrbeit und Disziplin! Das sollte man euch auch noch beibringen!“ Au Backe, der Purra Razza ist ja wieder geladen. Eigentlich tut er mir schon fast leid. Denkt immer nur an die Arbeit, dabei ist er pensioniert. Würde ja gerne mal mit ihm tauschen, soll er sich mal einen Tag lang all die langweiligen Schüler auf den Buckel laden! Er mit seiner hübschen Privatreiterin hat ja keine Ahnung!