Frustration
Das durfte doch nicht wahr sein. Ich schloss die Augen und ließ die Luft langsam entweichen, um meine Anspannung zu überspielen und unter Kontrolle zu bekommen. Nichts klappte, wie es sollte, schon den ganzen Tag nicht. Als ich heute früh aufgestanden war, hatte die Sonne geschienen und den Schnee draußen glitzern lassen wie eine Daunendecke, bestickt mit Milliarden kleinster Diamanten. Doch es war ein beschissener Tag geworden. Erst das Zerlegen des Tannenbaums, das Stunden zu dauern schien und anschließend eine groß angelegte Putzaktion meiner
Mutter, die sich über das ganze Haus erstreckte. Endlich war es dann nachmittag geworden und mein Kumpel kam vorbei. Ursprünglich hatten wir geplant, dass er bei mir übernachtete, doch jetzt war er vor ein paar Minuten nach Hause verschwunden, kurz nach drei Uhr Nachts. Ich könnte brüllen vor Frustration, ich hatte gehofft mit ihm eine Unterhaltung führen zu können, wenn wir allein wären, mir von ihm helfen lassen können, doch stattdessen schlug ich mir eine weitere Nacht um die Ohren und brütete allein über meinen Problemen. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und versuchte, mich zu beherrschen, doch ich konnte nicht
verhindern, dass mir eine einzelne Träne aus dem Augenwinkel und über die Wange rann. Es war so verdammt schwer, allein mit den Albträumen fertig zu werden, niemanden zu haben, mit dem man von Angesicht zu Angesicht über diese Dinge reden konnte, die mir schwer wie Bleigewichte auf der Seele lagen. Erneut flossen Tränen aus meinen Augenwinkeln und ich spürte, wie die Sehnen auf meinem Handrücken deutlich hervortraten, als ich meine Fäuste noch fester zusammen ballte. Die Gefühle drohten mich zu ersticken, ich spürte, wie der Damm, der all meine negativen Emotionen blockiert hatte, immer größere Risse bekam, während meine
Frustration wuchs. Ich ging in die Knie und atmete bewusst ein und wieder aus, fand einen beruhigenden Rhythmus und brachte mein wie verrückt schlagendes Herz durch Konzentration und Willenskraft schließlich wieder unter Kontrolle. Wie sollte ich jemals offener und kontaktfreudiger werden, wenn ich mir Möglichkeiten zur offenen Aussprache bei jeder sich bietenden Gelegenheit zerstörte? Nun, der Tag würde vergehen, ein neuer würde kommen und ich würde diesen Rückschlag genauso hinnehmen und schließlich ignorieren, wie ich es schon mit all den anderen vor diesem getan hatte. Manchmal hilft nur, sich stur
stellen...