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Mein Freund

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"jeder wusste bescheid, keiner unternahm was dagegen"
Veröffentlicht am 03. Januar 2015, 8 Seiten
Kategorie Sonstiges
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jeder wusste bescheid, keiner unternahm was dagegen

Mein Freund

Titel

So, da bin ich. Zwar spät, aber ich habe auch einen guten Grund dafür. Wir waren beste Freunde. Um genau zu sein, warst du mein einziger Freund. Es tut mir leid, das ich dir nicht helfen konnte. - Wie oft hingst du kopfüber in der Kloschüssel? Wäre die Toilette wenigstens sauber gewesen, wäre es nicht so schlimm gewesen. Aber sie hatten vorher einen stinkenden Haufen reingemacht und dich dann erst eingetaucht. Mich packt immer noch die Wut, wenn ich daran denke. Sechs kräftige Jungs gegen dich Schwächling. Wie sollst du dich da wehren

können? Ich weiß noch, wie sie dich einmal von hinten gepackt hatten. Sie rissen dir die Klamotten vom Leib und schmissen dich nackt in die Mädchentoilette. Deine Sachen verbrannten sie dann im Schulflur. Du musstest dann nackt beim Direktor sitzen und auf deine Eltern warten, die sich viel Zeit nahmen. Ich weiß von dir, das du von ihnen ausgeschimpft wurdest, weil du es zugelassen hast, das man deine Sachen verbrennt und dich nackt in die Mädchentoilette wirft. Deine Eltern hatten keine Ahnung, wie es an unserer Schule war. Hatten ja auch nie wirklich Zeit für dich. Manchmal kam es mir so

vor, als wärst du für sie ein Klotz am Bein. Ich hatte ein Rundschreiben gemacht. Aufgeschrieben, wer dich am meisten mobbt. Weder Lehrer noch Direktor unternahm etwas gegen die Wichser. Stattdessen tadelten sie mich, weil ich das Rundschreiben überall hingehangen habe. Nachdem mich die Mobber zusammengeschlagen hatten, war ich wieder beim Direktor gewesen und zeigte die Säcke an. Aber der schickte mich nur wieder zurück in meine Klasse. Achja, ich bekam noch einen Eintrag, weil ich mich geprügelt habe. Wenn ich daran denke, was die sechs mit uns gemacht haben, wird mir ganz übel.

Hoden an Oberschenkel getackert, Jacken geklaut, Bein gestellt, in eklige Toiletten getaucht...Einmal hatten sie mir eine Silvesterrakete in meinen Hintern gesteckt. Wenn nicht zufällig mein Vater gekommen wäre...Die hatten ein Feuerzeug in der Hand gehabt und wollten die Rakete anzünden. - Ich weiß nicht mehr, was mein Vater an dem Tag in der Schule wollte. Manchmal frage ich mich, was geschehen wäre, wenn die die Rakete angezündet hätten. Wäre nur mein Arsch im Arsch gewesen, oder hätte es mich getötet, was mir ganz recht gewesen wäre. Übrigens habe ich vor Kurzem erfahren, das mein Vater Anzeige erstattet hatte.

Da Beamtenmühlen langsam mahlen...Und dann kamst du. Ganz ohne Vorwarnung. Oder habe ich es nur nicht mitbekommen, weil ich selbst Probleme mit denen hatte? Leider war nicht viel passiert, hinterher. Der Direktor blieb und auch die Lehrer. Ob nur vorübergehend, oder für immer, weiß ich nicht. Sie fragten mich, warum ich sie nicht vorgewarnt habe. Dabei wusste ich doch selber nicht, das du Amok laufen wirst. Fragten mich, warum du es getan hast. Bei der Frage flippte ich aus. Bis dahin wusste ich gar nicht, wie viel Kraft ich in mir habe. Ich schrie sie alle an. Zählte alles auf, was die Dreckskerle mit uns getan haben.

Wies deutlich darauf hin, das ich die Vorfälle gemeldet habe und anstatt die Typen von der Schule zu werfen, wurde ich getadelt. Dann ich trat um mich, schlug auf den Lehrkörper ein, ließ Schränke umfallen. Ich war so voller Wut. Konnte es nicht mehr ertragen, weiterhin an der Schule zu sein, die von dummen Hohlköpfen geleitet wird. Wusste, das es woanders auch nicht besser sein würde. Deshalb sprang ich aus dem Fenster. In der Hoffnung, das ich sterben würde. Aber stattdessen landete ich nur im Krankenhaus. Viel hätte nicht gefehlt und wir wären vereint gewesen. Eine Weile war ich weg gewesen. Im

Ausland. Meine Eltern dachten, es würde mir guttun. Tat es auch. Bis gestern. Da kam ich zurück. Kaum hatte ich die Staatsgrenze überschritten, kehrten die Erinnerungen zurück. Eigentlich kam ich auch nur, weil meine Großmutter gestorben ist. Spätesten nächste Woche fahre ich wieder zurück. Ich habe mich dort sehr gut eingelebt. Fühle mich dort zu Hause. Mein Freund, ich kam nur her, um mich von dir zu verabschieden. Als du beerdigt wurdest, lag ich im Krankenhaus. Also konnte ich nicht kommen. Tut mir leid. Ruhe in Frieden.

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Superlehrling

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Herbsttag Das sind Erlebnisse, die einen ein ganzes Leben lang verfolgen.
"Die Wahrheit lässt sich immer suchen, manchmal finden - aber nie besitzen." Ernst Ferstl
Ein gesundes, harmonisches Neues Jahr. Herbsttag
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Superlehrling Wünsche auch ein gesegnetes, friedliches Neues Jahr
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Herbsttag Herzlichen Dank für die Coins. Herbsttag
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