Humor & Satire
Möge der Böller mit euch sein

0
"Möge der Böller mit euch sein"
Veröffentlicht am 30. Dezember 2014, 12 Seiten
Kategorie Humor & Satire
© Umschlag Bildmaterial: http://pixabay.com/de/luftschlangen-dekoration-bunt-237723/
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich bin PhanThomas, aber Leute, die mich kennen, dürfen mich auch gern Thomas nennen. Oder ach, nennt mich, wie ihr wollt. Denn ich bin ja ein flexibles Persönchen. Sowohl in dem, was ich darzustellen versuche, als auch in dem, was ich schreibe. Ich bin unheimlich egozentrisch und beginne Sätze daher gern mit mir selbst. Ich bin eine kreative Natur, die immer das Gefühl hat, leicht über den Dingen zu schweben - und das ganz ohne Drogen. Man ...
Möge der Böller mit euch sein

Möge der Böller mit euch sein

Ah, das Jahresende ist da. Bald wird es wieder laut, dann fliegen die Raketen, fliegen die Böller, fliegen die Finger, und am Ende des Tages liegt man sich entweder in den Armen oder in der Notaufnahme. Silvester – an keinem anderen Tag im Jahr schafft es polnische Wertarbeit derart in die Wahrnehmung der Öffentlichkeit. Der Polenböller, ein Exportschlager, das von gepresstem Klopapier umwickelte, mit Schießpulver gefüllte Äquivalent zum Mercedes Benz. So was gibt es nur am letzten Tag des Jahres. Silvester ist ja eh ein Fest der Gegensätze. Wir freuen uns, dass endlich

ein neues Jahr beginnt, versaufen aber gerne derart den Beginn, dass das frische Jahr genauso verkatert startet, wie das alte aufgehört hat. Vielleicht wollen wir ja einfach nur vergessen, schließlich wurde wieder nichts richtig fertig im alten Jahr. Was wollten wir nicht alles gemacht haben? Das Wohnzimmer streichen oder die Kinder aus dem Testament, den Partner fürs Leben finden oder wenigstens mal den eigenen Kopf. Nichts hat geklappt, und schon wieder ist ein Jahr rum. Wir blicken zurück auf das, was wir gepackt haben und sehen ... nichts. Wieder ein Jahr Lebenserwartung im Büro wegmalocht und dabei nicht mal die Hälfte der aufgelaufenen Mails

abgearbeitet, geschweige denn gelesen. Und nicht, dass wir sonst was bewegt hätten. Die Welt, die blöde Sau, hat sich weitergedreht, einfach so, ohne unser Zutun. Nie wird einem bewusster, dass man dieses abgearbeitete Nichts noch höher stapeln kann als Scheiße, als am Silvesterabend, während einem der Geruch von Schießpulver in die Nase und der Sekt zu Kopf steigt. Da kann man schon mal melancholisch werden. Und besoffen. Überhaupt Sekt: Das ist auch so ein Gesöff. Alle stehen sie da mit ihrem Gläschen, stoßen an und reichen die Pulle rum, als gäbe es nichts Besseres

unter der Sonne. Ich für meinen Teil versuche ja immer, das Zeug geschickt um die Geschmacksknospen auf der Zunge herumzuzirkeln, und wenn keiner guckt, kippe ich den Rest entweder ins Becken oder vergesse mein Sektglas ganz zufällig auf irgendeinem Beistelltisch. Hups, weg isses. Mensch, der Rotkäppchen-Sekt war aber auch wieder lecker! Gibt es überhaupt irgendjemanden da draußen, dem Sekt schmeckt? Ist wahrscheinlich wie mit Tomatensaft, den man ja auch nur im Flugzeug trinkt, weil ... ja weil halt. Oder mit Popcorn, das man auch nur im Kino isst, weil zerkleinerter und karamellisierter Bauschaum außerhalb

von Filmvorführsälen einfach nicht sonderlich bekömmlich ist und eine Darm-OP nach sich zieht. Na ja, einige Dinge werde ich wohl nie verstehen. So wie das mit manchen Vorsätzen. Es ist doch jedes Jahr dasselbe: Die Raucher hören auf zu rauchen, weil sie sich das vorgenommen haben. Bis sie dann ein paar Tage später auf die Waage steigen, weil die neue Jeans nicht mehr über den Hintern rutschen will. »Wenn ich aufhöre zu rauchen, nehm ich zu«, argumentieren sie hinterher und ziehen sich den nächsten Sargnagel rein. Dabei liegt das nicht an den Kippen, sondern an der Fresserei. Teer und Nikotin haben noch

keinen dünn gemacht, sag ich immer, aber auf mich hört ja keiner. Und dann, nach Neujahr, ist auch das Fitnessstudio plötzlich wieder so voll, weil all die Sportmuffel, deren Bluthochdruck sich bereits warnend auf ihren roten Pausbäckchen abzeichnet, die Fitnessgutscheine, die sie zu Weihnachten bekommen haben, einlösen wollen oder müssen. »Lieber jetzt was für den Körper machen, bevor es zu spät ist«, ist dann gerne mal zu hören, und bei so manchem, der im Vorbeigehen die Sonne verdunkelt, fragt man sich schon, wie er »zu spät« eigentlich definiert. Wäre aber schön, wenn es klappt und der eine oder andere stark bleibt, statt dass

zwei Wochen später nach Feierabend Kollege Schweinehund mit einem Hefeweizen oder einer Tasse Kakao und Schokoladenkeksen um die Ecke schlendert und man den Sport eben Sport sein lässt, weil irgendwo die neue Staffel »Game of Thrones« angelaufen ist. Aber gut, mir kann's ja wurscht sein, und abgesehen davon begrüße ich das von Jahr zu Jahr zunehmende Gesundheitsbewusstsein durchaus. Haben wir ja alle was von, was auch immer das sein mag. Denn dass von Jahr zu Jahr auch die Beiträge zur Krankenversicherung steigen, wird derweil wohl ein Geheimnis gut geföhnter Versicherungsmathematiker

bleiben. Aber ich will nicht unken. Auch ich werde mir natürlich wieder ein paar Vorsätze machen. Als vitaler Mensch braucht man ja schon irgendwie ein Projekt, ein bisschen Motivation, um auch die nächsten zwölf Monate wieder ohne Leberzirrhose zu überstehen. Muss ja nichts Großes sein. Mein Vorsatz wäre da beispielsweise einfach: Überleben. Kein Scherz. So ein Jahreswechsel wird ja auch immer ein bisschen begleitet von der Angst vor dem Neuen. Das kann alles sein: neue Blutwerte, neue Zellwucherung, neue Depression. Neu ist nicht immer besser, auch wenn die

Industrie einem das gern so verkauft. Und wer weiß, was die uns kommendes Jahr wieder alles ins Essen mischen, um uns abzumurksen? Da hat es schon was Zynisches, wenn man trotzdem all die Unwägbarkeiten des Alltags meistert, kerngesund zwölf Monate am Stück übersteht und sich dann am letzten Tag des Jahres ausgerechnet die Onaniehand wegböllert. Tja, Freund Blase, mit besten Grüßen aus Warschau. Aber Spaß beiseite. Passt auf euch auf, seid lieb zueinander, scheut euch aber auch nicht davor, den blöden Nachbarn mit der 5000-Watt-Anlage bei der Hausverwaltung anzuscheißen. Lasst die

Finger von Drogen, vor allem aber von künstlichen Fingernägeln. Baut auch sonst keinen Mist, vor allem keine Homepages mit Comic Sans, und wenn dann endlich auch der Letzte von euch verstanden hat, dass man im Deutschen so gut wie niemals ein Apostroph benutzt, dann habt ihr einen kleinen Wahlberliner sehr glücklich gemacht. In diesem Sinne: Möge der Böller mit euch sein. Einen guten Rutsch und vorab schon mal ein frohes neues Jahr. Wir werden es öfter hören, als uns lieb sein kann.

0

Hörbuch

Über den Autor

PhanThomas
Ich bin PhanThomas, aber Leute, die mich kennen, dürfen mich auch gern Thomas nennen. Oder ach, nennt mich, wie ihr wollt. Denn ich bin ja ein flexibles Persönchen. Sowohl in dem, was ich darzustellen versuche, als auch in dem, was ich schreibe. Ich bin unheimlich egozentrisch und beginne Sätze daher gern mit mir selbst. Ich bin eine kreative Natur, die immer das Gefühl hat, leicht über den Dingen zu schweben - und das ganz ohne Drogen. Man trifft mich stets mit einem lachenden und einem weinenden Auge an. Das scheint auf manche Menschen dermaßen gruselig zu wirken, dass die Plätze in der Bahn neben mir grundsätzlich frei bleiben. Und nein, ich stinke nicht, sondern bin ganz bestimmt sehr wohlriechend. Wer herausfinden will, ob er mich riechen kann, der darf sich gern mit mir anlegen. ich beiße nur sporadisch, bin hin und wieder sogar freundlich, und ganz selten entwischt mir doch mal so etwas ähnliches wie ein Lob. Nun denn, genug zu mir. Oder etwa nicht? Dann wühlt noch etwas in meinen Texten hier. Die sind, äh, toll. Und so.

Leser-Statistik
13

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
pekaberlin Na, gut gerutscht?
Oder doch eher über die eigenen Vorsätze gestolpert?
Für mich ist der 31.12. jedenfalls nur der Tag vor dem 01.01.
Nur die Knallerei ...! Musste extra das Katzenklo vom Balkon (ich hab da so'ne Katzenklappe in die Tür operiert) in's Menschenklo evakuieren! Und außerdem hab ich so antrainierte Reaktionen und erlernte Assoziationen aus durchaus lebensgefährlichen Situationen ...
Nu isset ja vorbei! Aber jetzt kommt der Stress mit der neuen Zahl ... vielleicht schreib ich einfach mal 1915 ... ach nee, da hat's ja das ganze Jahr geknallt.
Wobei, es wird nicht besser ... nur weiter entfernt ...
Mach was draus, Thomas!
Liebe Grüße
Peter
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hallo Peter,

da es mit meinen Vorsätzen nicht so weit her war, joa, würde ich mal behaupten, ich hab's ganz gut geschafft, ohne zu stolpern. Unserer Katze haben wir auch eine kleine Rückzugsbastion gebaut. Schon der vielen Haustiere (nicht nur in Berlin) wegen könnte diese Knallerei ruhig etwas kürzer kommen, finde zumindest ich. Aber ich kann's keinem verdenken, solange er beim gesunden Menschenverstand bleibt (anders als eben 1915 und Co.). Gibt schon genug Grund für Ärger, da sollen die Leute ruhig auch mal MITeinander feiern.

Liebe Grüße & frohes Neues,
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Das würde doch glatt besser, als die Neujahrsansprache unsrer Bundesmutti durchgehen. Ich nehme mir eigentlich nichts weiter vor, als immer mal wieder die Brille zu putzen, die mir immer einen verkleisterten Blick beschert und regelmäßig Luft zu holen, ehe die auch noch teurer wird.
In dem Sinne wünsche ich Dir und Deinen Lieben auch einen recht guten Rutsch. Prost!
Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hallo Bärbel,

immerhin wird die Bundesmutti zur Neujahrsansprache wohl auch mal was zu PEGIDA sagen, wenn auch vermutlich nichts so richtig Gares. Das mit dem Brilleputzen ist 'ne gute Idee. Ich mach's eh schon ständig, weil ich den komischen Nebelblick, den man sonst hat, unerträglich finde.
Und hoffen wir mal, dass Luft nicht im kommenden Jahr privatisiert wird. Mit dem Wasser hatten sie's ja schon versucht.

Auch dir einen guten Rutsch und prost!

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Und wenn wir nicht aufpassen, dann schaffen sie es mit TISA, das alles zu privatisieren. Es ist einfach zum Ko.....

Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas TISA? Oh Gott, das musste ich erst mal googeln. Ich glaube, deren Ziel ist es, einfach so viele absurde Abkürzungen in Umlauf zu bringen, dass keiner mehr durchblickt und die gehobenen Damen und Herren einfach alles verabschieden können, was sie wollen. Wirklich zum Kotzen, das stimmt. Da mag ich mich gar nicht weiter einlesen. Uff ...

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Damit sollten sich mündige Bürger aber beschäftigen, sonst verkaufen uns Juncker und Konsorten mit eiskalter Hand. Schau mal bei OPENPETITION oder CAMPACT vorbei.

Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Ja, hab ich gesehen. Petitionen gibt es ja immer mal gegen solche Abkommen, aber ich hab irgendwie nicht das Gefühl, dass die irgendwas bewirken. Vermutlich würde es eher helfen, wenn viele Leute mit immer diesen Anliegen in die Sprechstunden der Politiker gingen. Aber das macht ja keiner. Bin da ja keine Ausnahme, wie ich gestehen muss.

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Also, da muss ich Dir widersprechen. Bei Campact scheint es was bewirkt zu haben, was TTIP und CETA angeht. Bei Openpetition habe ich auch erst einmal mitgestimmt. Campact wird aber europaweit organisiert und da sind wohl auch die Gewerkschaften dabei.
Also Mut und mal reinschauen.
Hier mal ein Link bei dem ich bei Openpetition heute unterschrieben habe:
http://www.soko-tierschutz.org/de/tierversuche-tuebingen.html
Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hallo Bärbel,

ich zeichne solche Petitionen auch mit, wenn sie mir klug erscheinen. Bei TTIP hab ich das vor einiger Zeit schon gemacht. Nun wird's aber wohl dummerweise doch so durchgedrückt, wie alle befürchten. Es hat ja auch nicht geholfen, dass vor zwei Tagen Tausende in Berlin dagegen auf die Straße gegangen sind. Diese ganzen Abkommen, die im Geheimen ausgemacht werden, zeigen recht schön, wie sehr die politische Kaste auf die Bedeutung des Begriffes Demokratie scheißt, sobald die Wahlergebnisse in trockenen Tüchern sind. Das kann einen schon sehr wütend machen.

Liebe Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
22
0
Senden

123457
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung