Journalismus & Glosse
PEGIDA ist kein Pestizid

0
"PEGIDA ist kein Pestizid"
Veröffentlicht am 22. Dezember 2014, 14 Seiten
Kategorie Journalismus & Glosse
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich bin PhanThomas, aber Leute, die mich kennen, dürfen mich auch gern Thomas nennen. Oder ach, nennt mich, wie ihr wollt. Denn ich bin ja ein flexibles Persönchen. Sowohl in dem, was ich darzustellen versuche, als auch in dem, was ich schreibe. Ich bin unheimlich egozentrisch und beginne Sätze daher gern mit mir selbst. Ich bin eine kreative Natur, die immer das Gefühl hat, leicht über den Dingen zu schweben - und das ganz ohne Drogen. Man ...
PEGIDA ist kein Pestizid

PEGIDA ist kein Pestizid

Titel

Als ich das Wort PEGIDA zum ersten Mal las, dachte ich zuerst an ein Spülmittel oder Pestizid. Insekten-Ex für den Hausgebrauch. Ich las weiter. Aus PEGIDA wurden die »Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes«. Ich musste ein bisschen schmunzeln. Erst waren es die HoGeSa – »Hooligans gegen Salafisten« –, nun also PEGIDA. Inzwischen hat die Stadt Bonn ihren eigenen Ableger namens BOGIDA. Absurd, dachte ich doch immer, die Abkürzeritis grassiere nur im kaffeeschaumgetränkten Abteilungssprech alteingesessener

Großkonzerne und in der Welt der Informatik. Inzwischen hat dieser Trend also auch die Straße erreicht. Doch was steckt hinter diesen Abkürzungen, und vor allem was ficht Menschen aus der Mitte der Gesellschaft an, mit Fackeln und Forken loszuziehen, wenn es gilt, eine vielleicht gefühlte aber nicht messbar vorhandene Gefahr mit lautem Wir-sind-das-Volk-Gebrüll zu bekämpfen? Es sind dieselben Menschen, die im gemütlichen Wohnzimmer bleiben, wenn die USA millionenfach die Privatsphäre ausspähen, wenn EU-Lobbyisten moralisch fragwürdige Wirtschaftsabkommen wie TTIP gegen den Willen jedes vernünftig denkenden

Bürgers durchdrücken und wenn Großbanken in einem System des ungezügelten Finanzmarktkapitalismus ganze Staaten in den Abgrund stürzen. Waren diese Themen nicht greifbar genug? Braucht es einen konkreten Feind, etwa den »muslimischen Ausländer«, den man hassen kann, um die Menschen auf die Straße zu treiben? Wer die Nachrichten ein bisschen verfolgt, kann nicht behaupten, dass es allein der braune Mob ist, der vor allem in Dresden das Symbol der Montagsdemonstration auf perfideste Art missbraucht. Die Montagsdemo ist ein historisches Symbol für das friedliche

Aufbegehren eines Volkes, das frei sein wollte, für den Sieg des Unterdrückten über den Unterdrücker, über eine Bedrohung von innen: Der kleine Mann erhob sich gegen die mächtige Partei und stürzte sie. Dass die zumeist gesichtslosen Initiatoren der PEGIDA, die man übrigens durchaus in die rechte Ecke rücken darf, gerade dieses Symbol für ihren Protest wählen, ist ja kein Zufall. Wieder soll es gegen einen vermeintlich übermächtigen Feind gehen, dieses Mal jedoch gegen eine Bedrohung von außen. Das I in PEGIDA mag für die Islamisierung stehen, tatsächlich jedoch geht es den Initiatoren und auch einigen der Mitläufer um Überfremdung und um

die Angst vor dem Fremden. Was nicht schon immer so war, hat nicht zu sein und gehört hier nicht her. Aber wer meint, diese Ängste seien der alleinige Grund für die zunehmenden Proteste, der irrt. Kein Mensch mit Hirn kann eine Islamisierung etwa im Sinne eines Islamischen Staates wollen, von dem man seit einigen Monaten in im Stakkato ausgespuckten Zeitungsberichten lesen kann. Das will auch kein Politiker und sei er noch so sehr im links-grünen Milieu verortet. Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. So steht es in der Verfassung und die ist schon allein in

dieser Grundaussage nicht vereinbar mit dem, was wir über Afghanistan lesen, über Syrien, den Irak oder den Iran. Aber wie gesagt, darum geht es bei PEGIDA nicht im Kern. Schon gar nicht denen, die sich den Märschen anschließen und die nicht in Lonsdale London und Fred Perry gekleidet sind. Worum es ihnen dann geht? Tja, das wissen sie selbst nicht so genau, zumindest immer dann, wenn sie gefragt werden. Jeder schimpft über etwas anderes, einig sind sie sich nur in einem: Sie sind wütend. Es ist die aufgestaute Wut jener Bürger, die sich vom Staat alleingelassen und von einer zunehmend rasanten Gesellschaft abgehängt fühlen. Der

Teekessel ist am Pfeifen und möchte vom Herd genommen werden. Wenn geballte Wut einen gewissen Punkt erreicht, muss sie kanalisiert werden, und genau ein solcher Kanal wird mit PEGIDA nun geboten. Scheiß doch der Hund drauf, wogegen protestiert wird, solange es einen gemeinsamen Feind gibt. All das gab es in den 1930er Jahren schon einmal und wurde zuerst belächelt. Geschichte wiederholt sich nicht, doch sie ist in der Lage, sich selbst zu zitieren. Es wird hier nicht reichen, wenn Politiker etablierter Parteien vor der Kamera ein verkniffenes Gesicht machen und vorbeten, man müsse den Leuten besser zuhören und werde das künftig auch tun.

Wer bei PEGIDA mitmarschiert, ist nicht zur thematischen Reflexion fähig oder schlicht ignorant genug, nicht reflektieren zu wollen. Und wer nicht reflektiert, wird auch wenig Interesse daran haben, wenn die Politik ihm zu erklären versucht, dass und weshalb Deutschland nicht überfremdet und dass PEGIDA in der Sache falsch ist, wenn sie sich gegen eine Minderheit richtet, die sich nicht wehren kann, weil sie zumindest am Ort der Proteste quasi nicht vorhanden ist. Das ist auch gar nicht Aufgabe der Politik. Aufgabe der Politik ist es seit jeher, Rahmenbedingungen zu schaffen, die wirtschaftliches Handeln und soziale

Gerechtigkeit gleichermaßen ermöglichen. Hier jedoch hat hat die Politik aufs Schlimmste versagt, und genau hier ist auch die Wurzel des ganzen Übels zu finden: PEGIDA ist das Resultat einer katastrophal verfehlten Sozialpolitik seit der Ära Schröder. Da ist immer noch der zutiefst neoliberale Schatten der Agenda 2010, deren Hartz-Gesetze eine klaffende wohlstandsgesellschaftliche Wunde hinterlassen haben, die bis heute nachblutet. Und während mehr und mehr Menschen jeden Euro zweimal umdrehen müssen, führt die blanke Gier der Mächtigen an den nur lieblos regulierten Finanzmärkten fast zum Kollaps ganzer

Volkswirtschaften. Ein Resultat dieses Irrsinns, das bis heute nachwirkt, sind etwa die Mikrozinsen, die Sparer für ihr Geld bekommen. Ein krankes System saniert sich, indem es die Ersparnisse des kleinen Mannes frisst. Das ist so bitter, wie es logisch konsequent ist. All das hat zum Niedergang der FDP gefüht – ein Bauernopfer, das wie keine andere Partei programmatisch für genau diese menschlich völlig erkaltete Politik stand und steht, die mit sozialer Marktwirtschaft schon längst nichts gemein zu haben scheint. Liebe Politiker, PEGIDA ist hausgemacht. Es ist nicht der Terrorist, der im Namen Allahs dem braven

deutschen Bürger den Kopf runterhauen will, um den es bei diesem Protest geht, es ist nicht der Moslem, der mit seiner allzu öffentlichen Religionsausübung nervt (was im Übrigen für alle Religionen gilt) und auch nicht der, der damit nicht nervt. Es geht nicht um Flüchtlinge, die uns die Wohlstandshaare vom Kopf fressen. Es geht auch nicht um Ausländer, die herkommen, um uns die Arbeit wegzunehmen und schon gar nicht um schmarotzende Ausländer, die es sich hier bequem machen und nicht arbeiten wollen. Nein, hier geht es um eine Politik, die wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik am Menschen vorbeiarbeitet. Das spürt auch,

wer nicht am Existenzminimum lebt. Wer Wind sät, wird Sturm ernten. Inzwischen ist es böig geworden in Deutschland, und wenn wir keinen Orkan möchten, wird das Zuhören allein nicht reichen. Denn wer zuhört, bleibt passiv, doch um PEGIDA und allen Auswüchsen beizukommen, die da noch kommen mögen, muss diese Regierung aktiv handeln und wieder mehr für die Menschen tun. Da reicht keine Rente mit 63 und auch kein Mindestlohn. Es geht um alle Menschen dieses Landes. Erst, wenn die Politik das begreift und vor allem sozialpolitisch endlich eine Wende vollzieht, kann sie selbst das eingangs erwähnte Insekten-Ex sein, denn

PEGIDA ist eben, auch wenn es so klingt, kein Pestizid, PEGIDA ist die Plage.

0

Hörbuch

Über den Autor

PhanThomas
Ich bin PhanThomas, aber Leute, die mich kennen, dürfen mich auch gern Thomas nennen. Oder ach, nennt mich, wie ihr wollt. Denn ich bin ja ein flexibles Persönchen. Sowohl in dem, was ich darzustellen versuche, als auch in dem, was ich schreibe. Ich bin unheimlich egozentrisch und beginne Sätze daher gern mit mir selbst. Ich bin eine kreative Natur, die immer das Gefühl hat, leicht über den Dingen zu schweben - und das ganz ohne Drogen. Man trifft mich stets mit einem lachenden und einem weinenden Auge an. Das scheint auf manche Menschen dermaßen gruselig zu wirken, dass die Plätze in der Bahn neben mir grundsätzlich frei bleiben. Und nein, ich stinke nicht, sondern bin ganz bestimmt sehr wohlriechend. Wer herausfinden will, ob er mich riechen kann, der darf sich gern mit mir anlegen. ich beiße nur sporadisch, bin hin und wieder sogar freundlich, und ganz selten entwischt mir doch mal so etwas ähnliches wie ein Lob. Nun denn, genug zu mir. Oder etwa nicht? Dann wühlt noch etwas in meinen Texten hier. Die sind, äh, toll. Und so.

Leser-Statistik
53

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
Ameise Gutes Thema gewählt. Ich möchte nur noch etwas richtig stellen, PEGIDA- Anhänger sind leider nicht die, die ungebildet und am Rande der Gesellschaft leben. Trauriger Weise, besteht der Großteil der PEGIDA- Anhängerschaft aus der sogenannten Mittelschicht.Viele von ihnen, unterscheiden sich in ihrem Grunddenken, nicht sehr von dem das sie so inbrünstig bekämpfen. Die Anführerin der FRAGIDA- Bewegung in Frankfurt/ Main( Mund ) zum Beispiel ist eine strenggläubige und erzkonservertiefe Christin. Ihre Vorstellungen und die Ihrer Anhänger in Bezug auf das Miteinander in der heutigen Gesellschaft, überschneidet sich in vielen Punkten mit den Vorstellungen der IS. Als Abtreibungsgegnerin, träumt sie von einer Welt in der die "alten Werte", wie die klassische Rollenverteilung, starke Männlichkeit und andere mittelalterliche Ideen in die Realität umgesetzt werden.
Ich bin genau wie Du davon überzeugt, das Deutschland eine vernünftige Sozialpolitik benötigt. Das aber wiederum wird das Phänomen PEGIDA und all seine Ableger nicht auslöschen.
Denn eines steht unumstößlich fest, PEGIDA-Anhänger sind einfach nur A-Soziale Individien.
>Lg Ameise
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hallo Ameise,

meine These ist, dass ein Großteil der Mittelschicht auch nicht sonderlich gebildet ist. Wäre das anders, würden sie zumindest erkennen, unter welchem Banner sie da »marschieren«. Inzwischen ist die ganze Geschichte ja wieder hochgekocht, und inzwischen sehe ich's auch etwas anders.

Es gibt sicher gerade derzeit Ängste in der Bevölkerung, und so ganz unberechtigt sind die nicht. Wenn sich eine Frau Merkel hinstellt und »Wir schaffen das!« sagt, dann kann man ihr das glauben, wenn man möchte, aber man kann es eben auch anzweifeln. Ich denke aber eben auch, dass die Leute, die sich berechtigte Sorgen machen, nicht die sind, die da bei den PEGIDA-Leuten herumlaufen. Ich glaube immer noch nicht, dass das alles krasse Nazis sind, wie du ja auch sagst, aber es sind eben vorwiegend offenbar weniger gebildete Menschen, die offenbar anfällig für Argumente sind, wenn sie nur laut genug gebrüllt werden.

Und dass sich Islamismus und erzkonservatives Christentum in nicht wenigen Punkten ähnlich sind, wundert mich nicht. Beide ziehen ihre »Lehren« aus alten Büchern, deren Inhalt und Wertgehalt sie nicht ausreichend bzw. mit eigenem Verstand hinterfragen. Und wie es so oft ist in der menschlichen Gesellschaft: Je ähnlicher zwei augenscheinlich unterschiedliche Überzeugungen im Prinzip sind, desto mehr hassen ihre Anhänger die jeweils anderen.

Viele Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
Mindfox Ich mag Deine Analyse sehr und möchte noch hinzufügen, dass dieser Kampf, sowohl der innerdeutsche, bei dem Ausländerfeindlichkeit durch Unwissen und dem Schüren von Ängsten gefördert wird, als auch der Kampf islamistische Terrorvereinigungen wie IS gegen die westliche Welt, auch von ideologischer Natur ist. Wie kann man solche Ideologien bekämpfen, anders als durch Bildung? Gerade deswegen wünsche ich mir eigentlich nicht, dass Politik unsere einziges Werkzeug ist. Ich halte es für gwöhnlich so, dass ich bei mir beginne und mein eigenes Handeln hinterfrage. Wo immer ich kann, werde ich diesen Standpunkt auch vertreten und hoffen, dass es irgendwo Spuren hinterlässt, genau wie Dein Text!
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hallo Mindfox,

vielen Dank. Bildung ist vermutlich immer der beste Weg, unsinnige Gewalt zu verhindern. Sollte man zumindest meinen. Als die Nazis an die Macht kamen, haben sie ja kein im Wesentlichen "ungebildetes" Volk in den Abgrund gerissen. Die Leute hätten es besser wissen müssen und haben trotzdem mitgemacht. Vielleicht ist es ein düsterer Wesenszug des Menschen, der es immer wieder möglich macht, dass Hass und Zwietracht ganze Völker gegeneinander aufbringen. Dabei ist es ja egal, ob's um wirtschaftliche Systeme, Religionen oder was auch immer geht. Wo Menschen sind, ist die Kacke am Dampfen. Dennoch: Bildung kann nicht schaden, solange sie weltlich ist. Davon, dass Menschen immer noch aus Jahrhunderte alten Büchern lernen und lehren, ist nämlich tatsächlich keinem geholfen, wie man ja leider immer wieder liest.

Viele Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
Mindfox Schön gesagt: Wo immer Menschen sind, ist die Kacke am Damfpen. Wenn das nicht so tragisch wäre, könnte man glatt drüber lachen.
Vor langer Zeit - Antworten
MarionG Lieber Thomas,
erst einmal: Ich finde Deinen Text gut. PEGIDA - das Unwort des vergangenen Jahres.
Wer hat Schuld? Ist es allein die Politik? Ich glaube nicht, dass man einem allein die Schuld geben kann. Sicher - die Sozialpolitik trägt ihres dazu bei. Aber es sind ja nicht nur die Leute, die an der Armutsgrenze leben, die hier auf die Straße rennen. Mehr noch ist die Dummheit Schuld. Und ich bin entsetzt, dass die Dummheit in diesem Land so groß ist.
Schlimm finde ich auch, ist, dass der Slogan "Wir sind das Volk", der für einen Kampf für die Freiheit stand, hier in solch einer Form missbraucht wird. Wir sind das Volk. Richtig. Und dazu gehören auch die Leute, die in unserem Land leben. Und zwar alle.
Ja, PEGIDA: Hier sollte man Augen und Ohren offen halten - und auch den Mund. Ich möchte nicht eine neue Kristallnacht erleben.
Ich hoffe und möchte glauben, dass der Verstand siegt.
Liebe Grüße
Marion
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hallo Marion,

mit der "Schuldfrage" befassen sich ja unendlich viele Sozialwissenschaftler. Die goldene Superdupererklärung hat bisher niemand parat. Wer soll sie auch liefern? Der einzelne PEGIDA-Unterstützer hat ja auch keine Antwort parat. Ich persönlich sehe als Hauptgrund eben schon die gesellschaftliche Schieflage. Da spielen Neiddebatten mit rein, Existenzängste, das Gefühl, abgehängt worden zu sein. Sicher ist das auch immer ein bisschen die Schuld jedes einzelnen, zumindest meistens, aber gesamtgesellschaftlich gesehen bietet doch die Politik einen Nährboden für diese Entwicklungen. Ich bin ja nicht der einzige, der die Politik in diesem Land als entmenschlichter empfindet als vielleicht je zuvor. Absurd ist eben, dass die Leute nun nicht wegen Missständen auf die Straße gehen, sondern sich einen Feind suchen, an dem sie ihren Frust auslassen können. Das macht sich kaum einer von denen bewusst, was dumm ist, wie du sagst, und es ist auch feige. Das ist das wirklich Traurige. Zeigt auch im Kleinen ein bisschen, wie es bis 45 überhaupt soweit kommen konnte, wie es eben kam. Hoffen wir mal, dass der Spuk bald endet.

Liebe Grüße & danke für deine Gedanken zum Thema (und ein frohes neues Jahr noch natürlich)
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Eine interessante Analyse, Thomas, die sich in weiten Teilen mit meinen Beobachtungen deckt.
Allerdings (und dieses Allerdings hast du sicher von mir erwartet) hast du eine wesentliche Seite des Problems angesprochen, ohne sie jedoch als die Ursache aller Auswirkungen zu erkennen.
Die VERFASSUNG!
Wir haben eben keine! Wir haben ein Grundgesetz, das ein alliierter Kontrollrat einst absegnete (natürlich ohne den "bösen Alliierten"). Das Gute daran war, dass es Zeit schuf für das Volk, sich selbst zu finden nach den großen Verbrechen und dem totalen Zusammenbruch. Und noch besser daran war, dass es ein Verfallsdatum enthielt, die Wiedervereinigung! Nun ist dieses Datum aber längst überschritten und man hat es auch aus dem GG, Art. 146 gestrichen wie so einiges Andere auch. Aber man hat eben auch hinzugefügt, wie damals (1948) ohne das Volk zu fragen. Und darum geht es wohl, denke ich! Parteien maßen sich an Politik zu machen, das dürfen sie nicht, lt. GG. Man nennt sich "Politische Klasse"! In einer "klassenlosen Solidargemeinschaft"? Wen wundert es, wenn der Klassenkampf dann diese Gruppierung trifft?
Kurzum, ich sehe PEGIDA als eine diffuse Mischung aus Ängsten und Gefühlen, die, wird sie sich derer Ursachen nicht bewusst, nur zur Spaltung des Volkes genutzt werden wird (wir sehen ja die Gegendemonstrationen)!
Und Religion hat in Politik und Staatswesen nichts verloren, keine Religion! Entweder Staatsbürger oder nicht, solidarisches Mitglied oder asozialer Verbrecher ... viel mehr Unterschiede braucht man nicht zu machen.
Und zuerst wäre ich für eine Verfassung, durch das Volk bestimmt und NUR durch dieses zu ändern!
Liebe Grüße
Peter
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hallo Peter,

guter Punkt! Ich hätte Grundgesetz schreiben sollen statt Verfassung. Mit der politischen Mitbestimmung ist es generell nicht weit her in diesem Land. Das Kreuz soll man doch bitte machen, aber dann gefälligst für die nächsten Jahre die Schnauze halten. »Die da oben« tun ja sowieso, was sie wollen, wird immer gesagt, und so ist es ja auch: Wahlversprechen haben den Tag der Wahl als Ablaufdatum aufgedruckt. Eine vom Volk bestimmte Verfassung wäre ein Anfang, so man denn zu einem vernünftigen Ergebnis käme. Ein wenig mehr Mitbestimmung wäre darüber hinaus wünschenswert. Man muss nicht alles per Volksabstimmung regeln. Dass auch das nach hinten losgehen kann, hat man in der Schweiz ja gesehen, wobei das sicher Auslegungssache ist. Hierzulande gibt es aber, soweit ich weiß, lediglich einen Punkt, der vom Volk entschieden werden muss: die Änderung der inländischen Grenzen (bspw. die Zusammenlegung Berlins und Brandenburgs, die vor über einer Dekade scheiterte). Im Zweifel würden die Regierenden den Punkt vermutlich auch noch streichen, und das ist durchaus ein Problem: ein fragiles Grundgesetz ist ziemlich wertlos.

Viele Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber  Ich finde, wir machen es uns und vor allem den "Wütenden" zu einfach, wenn wir auf alles und jedes sofort die Universalantwort haben: DIE Politik ist schuld. Wir sprechen uns das letzte Quentchen Eigenverantwortung auch noch ab. Ob es uns gut geht oder nicht, das liegt in erster Linie erst mal an uns selbst, an unserer Einstellung, an unserer Haltung, an unserem Mut, an unserer Voraussicht und Initiativen, unser Leben zu gestalten...! Und dann erst kommen die Rahmenbedingungen. Wir reden uns selber ständig ein, wie schwach und hilfebedürftig wir sind. Und wer schwach und hilfebedürftig ist, der hat natürlich Angst. Und nimmt das wiederum als Legitimation, sich wehren zu müssen. Ja, ich finde auch, man sollte sich wehren - gegen die eigene Lethargie zuallererst und dann vor denen, die einem einreden wollen, wie schrecklich alles sei!
Dein Buch - eine hervorragende Anregung, seine Meinung loszuwerden!
Schöne Grüße, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
23
0
Senden

123104
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung