Nach dem Ende der Archontenherrschaft und der Stilllegung der Lebensschmiede, steht Kellvian vor der Aufgabe, die vor Helike gestrandete Armee Cantons sicher zurück zu bringen. Bevor sie die Stadt jedoch auch nur verlassen können, erhalten sie Nachricht von einem Totgeglaubten. Und in der Heimat ziehen bereits dunkle Wolken auf. Andre de Immerson hat seine Pläne, sich das Kaiserreich mit Gewalt untertan zu machen, noch nicht aufgegeben. Und ohne eine Armee ist alles, was zwischen
ihm und der Krone steht eine kleine Gruppe heruntergekommener Abenteurer und eine Handvoll Zauberer.
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Als Zyle am nächsten Morgen das Kaminzimmer betrat, wartete man bereits auf ihn. Zufrieden stellte er fest, dass neben Jiy und den beiden Kommandanten der Garde auch Eden und die anderen da waren. Er wusste, dass er jetzt keinen Rückzieher mehr machen würde, keinen machen wollte, trotzdem, war es gut, nicht völlig alleine zu sein. Es würde seine letzten Zweifel ersticken… ,, Habt ihr eine Entscheidung getroffen, Herrin ?“ , wollte Falvius wissen. Jiy antwortete ihm nicht sofort. Zyle hatte gestern nicht wirklich darauf
geachtet, aber die Gejarn wirkte ungewöhnlich müde. Trotzdem sah sie Roland direkt in die Augen, als sie schließlich erklärte: ,, Das habe ich. Und ihr könnt mir beide glauben, dass ich lange genug darüber nachgedacht habe. Ich will das Zyle Carmine in Zukunft den Oberbefehl über die Truppen bekommt. Ihr beide hingegen, werdet ihn beraten. Ich erhebe euch in den Stand untergebener Generäle. Das habt ihr euch beide verdient, ob es nun einen Hochgeneral zu ernennen gäbe oder nicht. Ich bin euch dankbar, für alles, was ihr bisher getan habt und hoffe, das ihr diese Entscheidung akzeptiert.“ Roland stützte sich mit beiden Händen
auf der Tischplatte ab. ,,Ihr verlangt, dass ich das Leben meiner Männer in die Hände eines Fremden lege ?“ Seine Stimme klang, als würde er das alles für einen bösen Scherz halten. ,, Die Männer mit denen ich Ausgebildet, die teilweise unter mir aufgewachsen sind ?“ Zyle konnte die Bedenken des Mannes durchaus verstehen. Er wusste noch zu gut, wie es ihm selber ergangen war, als man die Männer der Garde der inneren Stadt zerriss um sie ins Feld zu schicken. Alleine, vereinzelt, obwohl sie doch eine aufeinander abgestimmte Einheit bilden sollten, die wie ein Mann kämpfen konnte. Aber er wusste
natürlich auch, dass es Roland um noch etwas ganz anderes ging. ,, Wenn ihr glaubt, besser geeignet zu sein…“ , setzte Jiy an. ,, Ja das tue ich!“ Roland zwang sich unter sichtbarer Anstrengung, die Stimme wieder zu senken : ,, Natürlich akzeptiere ich eure Entscheidung. Wie immer. Aber bei allem Respekt, er ist nicht nur nicht von hier, sondern hat uns bei einer Gelegenheit offen an den Feind verraten. Ihr habt mich gebeten euch meine Bedenken mitzuteilen und das sind sie. Ich fürchte, ihr könntet uns damit in den Untergang führen. Ich hingegen weiß, wem meine Verpflichtungen gelten. In aller erster Linie
Canton.“ ,,Dann haben wir etwas gemeinsam.“ , unterbrach Zyle ihn. ,, Mit einem habt ihr Recht, Kommandant… oder jetzt wohl General. Ich bin nicht in diesem Land geboren, wie ihr. Aber eure und meine Götter sind meine Zeugen, ich habe den gleichen Respekt dafür gewonnen, wie für meine eigene Heimat. Glaubt ihr ich sehe nicht mit dem gleichen Bedauern zu, wie sich Heere zusammenziehen und Schlachten anbahnen? Ich werde Canton genau wie ihr nach Kräften verteidigen solange auch nur noch ein Funken Leben in mir bleibt. Und ich habe vor es zu
beweisen.“ Zyle ließ den Umhang, der bis dahin seine linke Seite und damit auch das Handgelenk bedeckt hatte, bei Seite gleiten. Ein einziges Wort war in den blanken Stahl geschnitten worden. Ein Wort nur, aber für Zyle verkörperte es alles, was wichtig war. Was er sich nun zur Aufgabe machte. In den geschwungenen Runen der Amtssprache Cantons stand dort: Schutz. ,, Als ich meine Heimat verließ, hat man mich mit einem Zeichen gebrandmarkt.“ , erklärte er. ,, Eine ewige Erinnerung daran, was ich zu tun hatte und wieso. Es war als Buße gedacht. Etwas, das mich für jeden deutlich als den Mann
kennzeichnen sollte, der versagt hatte, wo er es nicht hätte tun dürfen. Heute erlege ich es mir selber wieder auf. Jedoch dieses Mal mit einem neuen Eid, einem neuen Auftrag, der erst erfüllt ist, wenn Andre wieder über die Berge gejagt ist oder ich tot bin. Das sind die einzigen zwei Möglichkeiten, wie ich davon frei komme. Ihr kennt die Gesetze der Ehre, Roland, sie sind überall gleich. Nun sagt mir, zweifelt ihr an meinem Wort?“ Sollte er es tun, das wusste Zyle, würden die Waffen sprechen. Es waren die uralten, ungeschriebenen Gesetze die hier galten, die seinen Schwur untermauerten, nicht die endlosen
Rechtskataloge, die mit dem Imperium Cantons gewachsen sein mochten. Roland trat mit mehreren, schweren Schritte auf ihn zu. Er konnte sehen, wie der Mann zitterte, die Hand am Griff seines Schwerts. Dann ließ er die Waffe los und legte Zyle stattdessen eine Hand auf die Schulter. Dieser war einen Moment so verblüfft, dass er die Worte des Generals kaum mitbekam. ,, Ich denke, wir werden gut miteinander auskommen.“ Roland rang sich ein gequältes, aber ehrlich wirkendes Lächeln ab, bevor er flüsternd hinzufügte: ,, Und solltet ihr auch nur jemals daran denken diesen Schwur zu brechen, werde ich dafür sorgen, das ihr
es sehr, sehr lange bedauern könnt, bevor ihr sterbt.“ Zyle nickte. Er konnte sich nicht vorstellen, welche Überwindung es den Mann kosten musste, seinen Stolz herunterzuschlucken. Laos, er wüsste nicht, ob er an dessen Stelle dazu in der Lage wäre. Sie würden keine Freunde, da war Zyle sich sicher, aber der Mann hatte sich seinen Respekt verdient. ,,Ich verlasse mich sogar darauf.“ Er streckte ihm die Hand hin und Roland ergriff sein Handgelenk, natürlich das Recht. Eine stumme Geste der Akzeptanz. Der General wendete sich derweil vom
neuen Hochgeneral ab. ,, Falvius, ich glaube, ihr wolltet uns allen noch etwas mitteilen.“ Offenbar hatten die beiden Heerführer bereits etwas ausgeheckt. Jiy atmete erleichtert auf, als Roland sich von Zyle abwendete und Falvius mit eiligen Schritten aus dem Raum verschwand. Offenbar hatte der zweite General irgendetwas vergessen, dass er jetzt, auf Anweisung Rolands, holte. Mittlerweile war sie überzeugt davon, sich in dem Mann getäuscht zu haben. Und sie hatte ihn ehrlich gekränkt, wie sie befürchtete. Sicher, er hatte den Posten gewollt, aber die Art wie er über seine Männer gesprochen hatte… Er
wollte sie wirklich nur alle beschützen. Jiy schwor sich, später noch einmal mit ihm zu reden um ihm klar zu machen, das sie Verstand. Und eigentlich duldete das keinen Aufschub. ,,Roland.“ Sie wollte die Gelegenheit nutzen, während sie auf Falvius Rückkehr warteten. ,, Verzeiht, ich fürchte, ich habe euch Unrecht getan. Wieder einmal.“ Sie seufzte. ,, Offenbar bin ich keine so gute Kaiserin, wie ihr gedacht habt.“ ,,Ich diene euch immerhin.“ , antwortete er grinsend. Das schien die einzige Bestätigung zu sein, die er selbst brauchte. Er hielt sie nach wie vor für Fähig genug, um ihr zu folgen.
Hoffentlich behielt er damit auch Recht. Jiy fühlte sich zwar etwas sicherer, trotzdem, ganz daran gewöhnen würde sie sich nie. Sie verstand mittlerweile um einiges besser, wie Kellvian dabei zu Mute war und der war wenigstens sein ganzes Leben darauf vorbereitet worden. In diesem Moment öffnete sich auch wieder die Tür zum Saal und der zweite General stolperte, mit Karten und Schriftrollen beladen, herein. Er wich grade noch dem Kamin aus, bevor er den ganzen Stapel auf dem langen Holztisch fallen ließ ,, Verzeiht, es scheint in dieser ganzen Stadt keine vollständige und aktuelle Karte Cantons zu geben. Eine Schande. “
, erklärte er , während er sich mit den Dokumenten verhaspelte und fahrig nach dem richtigen Kartenausschnitt stöberte. ,, Götter, aber eine Karte mit den Grenzen der freien Königreiche haben diese Halsabschneider… Die gibt es seit fast zweihundert Jahren nicht mehr.“ Falvius warf das entsprechende Papier achtlos über die Schulter, bevor er endlich den richtigen Kartenbogen fand. Er entfaltete den Bogen und stellte einige kleine Bleigewichte auf die Ecken. Jiy trat neugierig näher und auch die anderen taten es ihr gleich. ,, Ich habe mir die Freiheit genommen unsere momentan wichtigsten Ziele zu markieren.“ Roland übernahm, trat auf
die andere Seite des Tisches und deutete auf zwei rote Punkte an der West und der Ostküste Cantons. ,, Lasanta und Erindal. Wir dürfen wohl davon ausgehen, das sich Fürst Jormund und Lady Garin nach ihrem… Abgang, mit Andre verbünden werden. Selbst wenn nicht, haben sie sich offen gegen das Kaiserreich gestellt. Ihre Städte sind somit zumindest als Neutral anzusehen und sollten so schnell wie möglich von uns gesichert werden, bevor Andre es tut. Alleine währen sie leichte Beute für ihn und beide Städte stellen zwei der wichtigsten Seehäfen für östliche und westliche Sonnensee dar. Wir als auch Andre könnten sie als Flottenstützpunkt
und zur Sicherung sämtlicher Nachschubwege gebrauchen.“ Falvius kramte derweil eine weitere Karte, dieses Mal mit einem Stadtplan Lasantas und der umgebenden Gewässer, hervor. ,, Lasanta ist über den Landweg von Bergen geschützt und auch der Hafen ist gut verteidigt. Erindal ist hingegen zugänglicher. Ich schlage daher vor, erst Lasanta einzunehmen, bevor sie dort eine echte Verteidigung aufbauen können. Sonst könnte sich die Belagerung über Monate hinziehen.“ ,, Und wenn wir direkt zuschlagen ?“ , wollte Zyle wissen. ,, Ich war dort und ihr habt recht. Die Stadt wird schwer
einzunehmen sein, auch so.“ Jiy konnte sich noch gut an ihren Aufenthalt in Lasanta erinnern. Vor allem das Klima. Als würde man in einem Ofen ein Band nehmen. Heiß und die Luftfeuchtigkeit konnte einem auch ohne Pelz in den Wahnsinn treiben. ,, Ich schätze, Wochen, vorausgesetzt, wir stoßen nicht schon auf dem Weg dorthin auf Schwierigkeiten. Ich kenne einige der Offiziere der Stadtwache. Allesamt gute Leute, verdammt… Ich hoffe sie sind vernünftig genug, sich einfach zu ergeben. Gewinnen können sie nicht, das muss ihnen klar sein. Ich will keinen von ihnen töten müssen.“ ,,Ob zu Land oder zu See, wenn sie
wissen, dass wir kommen, kann uns die Stadtwache alleine schon Probleme machen.“ , schloss Falvius. ,,Mir nicht.“ , mischte sich da Eden ein. Die Gejarn hatte den Ausführungen der beiden Generäle eine Weile zugehört, jetzt jedoch trat sie selber an den Kartentisch. Ich kenne die Gewässer um die Stadt wie meine Westentasche und auch das Umland. Ich war in den letzten fünf Jahren wenn nicht auf See, dann dort zu Hause. Und ich habe Freunde dort. Wenn ihr als eine Flotte dorthin senden wollt… melde ich mich freiwillig. Und ich kann wirklich nicht glauben, dass ich das grade tue, aber… wenn es hilft, das Blutvergießen dort so
gering wie möglich zu halten sogar ohne Bezahlung.“ Cyrus grinste. Jiy sah weg, damit Eden es nicht bemerkte. Wenn der Wolf dabei nicht einmal seine Finger im Spiel gehabt hatte. Trotzdem behagte ihr die Idee nicht ganz. ,, Solltet wir uns…“ Sie brach ab, wollte so etwas nicht unbedingt unter den Augen davon Roland und Falvius aussprechen. ,, Bitte lasst uns kurz alleine.“ Die beiden Männer verbeugten sich gleichzeitig und verließen dann den Raum. ,, Was bedrückt euch ?“ , wollte Erik wissen. Man sah ihr wohl schon an, was
sie dachte. ,, Ist es wirklich nötig, das wir uns noch weiter verstreuen ?“ Allein die Idee, dass die kleine Gruppe, die hier um sie versammelt war, sich nach so langer Zeit trennen sollte… selbst wenn es nur für ein paar Monate wäre.. . ,, Ich will nicht auch noch euch verlieren.“ Das hier war anders, als ein schlichter Abschied, wie ihr nur zu deutlich bewusst war. Es war Todernst. Wenn Eden und die anderen nach Lasante zogen, würde sie hier bleiben müssen, das war ihr klar. Es gab zwei Ziele. Das zweite war Erindal… ,, Wir sind wieder da, bevor ihr auch nur merkt, dass wir weg waren.“ ,
meinte Cyrus aufmunternd, aber auch dem Wolf war anzumerken, was er davon hielt. ,, Und dann kann Erik uns wieder mit seinen Kochkünsten auf die Nerven gehen.“ Jiy lachte. ,, Ich nehme euch beim Wort…“ Sie trat auf Eden zu und schloss die Kapitänin einen Moment in die Arme. Diese war einen Moment zu verdutzt um irgendetwas anderes zu tun, als Jiy mit einer behandschuhten Hand auf die Schulter zu klopfen. Die Gejarn ging die Reihe durch, bis sie sich schließlich von Zachary löste. ,, Kommt in jedem Fall wieder.“ , murmelte sie mit erstickter Stimme. ,, Alle von euch. Das ist ein Befehl, wenn
es sein muss.“ Und doch brachte es nichts. Sie konnte nicht wissen, ob sie einen der vier je wieder sehen würde. Jiy trat einen Schritt zurück und bemerkte da erst, das Roland und Falvius wieder in der Tür standen. Die beiden konnten auch wirklich Befehle befolgen… Offenbar hatten sie einen Gefühlsausbruch wie diesen nicht von ihrer Kaiserin erwartet, denn Falvius räusperte sich nervös. ,, Herrin ?“ Die Gejarn sammelte sich wieder etwas. ,, Ihr werdet die Windrufer nehmen schätze ich ?“ Eden nickte. ,,Sie ist immer noch eines der besten Schiffe von hier bis nach
Helike.“ ,, In diesem Fall, Falvius, gebt Anweisungen , das sich die Marine an den Klippen der Westküste sammeln soll. Und bis Lasanta eingenommen ist unter Edens Befehl steht.“ Der General nickte. ,, Ich werde mich sofort darum kümmern. Am besten ist es, wenn die Kapitänin uns irgend ein Zeichen gibt, das ich den Admiralen schicken kann… Eden, wenn ihr mir folgen würdet…“ Die Gejarn schloss sich dem General an, gefolgt von Erik, Cyrus und Zachary. ,, Wir brechen sofort danach auf.“ , erklärte sie im Vorübergehen noch Jiy, dann waren sie auch schon aus der Tür ,
die hinter ihnen zu viel.
,, Wenn Eden nach Lasanta geht, werden wir nach Erindal ziehen.“ , erklärte Jiy entschlossen.
Roland schüttelte den Kopf. ,, ich fürchte das muss warten. Ich… bin nicht einfach so in euren Abschied hereingestolpert, Herrin. Die Späher sind so eben zurückgekehrt. Und sie haben schlechte Nachrichten…“
EagleWriter Und wie.^^ lg E:W |
abschuetze wie sollte es auch anders sein^^ LG vom Schuetzlein |
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