Nach dem Ende der Archontenherrschaft und der Stilllegung der Lebensschmiede, steht Kellvian vor der Aufgabe, die vor Helike gestrandete Armee Cantons sicher zurück zu bringen. Bevor sie die Stadt jedoch auch nur verlassen können, erhalten sie Nachricht von einem Totgeglaubten. Und in der Heimat ziehen bereits dunkle Wolken auf. Andre de Immerson hat seine Pläne, sich das Kaiserreich mit Gewalt untertan zu machen, noch nicht aufgegeben. Und ohne eine Armee ist alles, was zwischen
ihm und der Krone steht eine kleine Gruppe heruntergekommener Abenteurer und eine Handvoll Zauberer.
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Sie mussten eine Weile suchen, bis sie einen Schmied fanden, der überhaupt noch Aufträge annahm. Die meisten waren bereits vollkommen mit der Arbeit für die kaiserliche Garde ausgelastet und selbst das reichte nicht aus. Teilweise hatten die Offiziere Schmiede aus den umgebenden Ortschaften anwerben müssen. Alles arbeitete auch Hochtouren. Es gab tausende von Pferden die beschlagen und einen nicht enden wollenden Strom von Ausrüstung, die ausgebessert werden wollte. Hinzu kamen all die kleinen Dinge, die eine
Streitmacht im Feld sonst noch brauchte und die erst angefertigt werden mussten, von Sicherungsbolzen für Zelte über Kistenweise Nägel für Schuhsohlen und Barrikaden. Dieses Mal jedoch, hoffte Zyle Glück zu haben. Das Gebäude, dem sie sich näherten, sah so heruntergekommen aus, wie kaum ein anderes Haus in Vara. Was wohl nicht zuletzt einer dicken Schicht Ruß zuzuschreiben war, welche die ehemals weiße Fassade schmutzgrau verfärbt hatte. Wenn ich mich davorstelle, dachte Zyle amüsiert, sieht man mich fast nicht mehr. Die Schmiede selbst befand sich in einem rechteckigen Hof, der zum
Eingang des Hauses hin führte. Rauchschwaden quollen aus einem Schornstein, der in ein hohes Vordach eingelassen war und verrieten schon auf die Entfernung, dass hier gearbeitet wurde. Unter dem Dach befanden sich schließlich Esse, Amboss, Schleifsteine und die übrigen Werkzeuge des Schmiedehandwerks. Zwischen den Pflastersteinen des Hofs sprossen Unkraut und Gräser. Ein halbes Dutzend Männer arbeiteten unter dem Dach, manche Schliffen Klingen zu, andere wanden Draht oder Lederstreifen um Degengriffe oder gossen Kugeln. Ein paar jedoch saßen auch herum und schienen auf Arbeit zu warten. Zyle hielt
die Augen nach dem Schmiedemeister offen. Bevor er jedoch auch nur dazu kam, zu Fragen ob sie noch Aufträge annahmen, hielt Cyrus ihn plötzlich an. Zyle hatte geahnt, dass der Wolf den Grund, aus dem er ihn begleitete, noch zur Sprache bringen würde. Er war sicher nicht der kleinste, aber vor der dunklen Gestalt und mit der schweren Pranke auf seiner Schulter wünschte er sich plötzlich, ein Schwert dabei zu haben. Nicht, das er Angst vor ihm haben müsste, oder? ,, Wartet einen Moment.“ ,, Wusste ich doch, das ihr nicht nur mitkommt um nicht beim Schummeln
erwischt zu werden.“ Cyrus schüttelte den Kopf. ,, Ihr habt das gemerkt ? Und ich dachte Zac und ich hätten uns gut genug angesprochen. Nun, schlimmer wäre es wohl, wenn das Erik aufgefallen wäre.“ ,, Immer ganz der Optimist, wie…“ ,, Ihr habt es erfasst.“ Der Wolf nahm die Hand von seiner Schulter und Zyle atmete erleichtert auf. Er konnte sich gut vorstellen, dass die Offiziere der kaiserlichen Garde alle Hände voll mit Cyrus zu tun gehabt hatten. Wortwörtlich. ,, Ich habe über dreißig Narben von Kugeln oder Klingen, die mich alle hätten töten können. Keine davon hat es jedoch. Ich habe also allen
Grund, Optimistisch zu sein. Außerdem lebt es sich so einfach besser. Jedoch in letzter Zeit… Irgendetwas stimmt nicht mit Eden, Zyle. Ich spüre so was. Und normalerweise würde ich sie fragen, aber… Götter, ihr kennt sie, sie würde nicht mal zugeben, dass sie getroffen ist, wenn sie grade verblutet. Tatsächlich hat sie das auch einmal getan… Was ich sagen will ist, wenn ihr etwas wisst… sagte es mir bitte.“ Zyle hätte am liebsten laut geflucht. Eden hatte ihm genug Vertraut um ihm die Wahrheit anzuvertrauen. Knochenstarre. Er konnte Cyrus schlicht nichts verraten. Das einzige, was er tun konnte war, zu hoffen, das Eden ihm
früh genug von selbst über ihre Erkrankung erzählte. Wenn nicht würde sie womöglich selbst erfahren müssen, das sie den harten Weg gewählt hatte. ,, Ich weiß es nicht.“ , erklärte er also. ,, Aber habt ihr denn schon versucht, Eden zu Fragen ?“ ,, Mehrmals.“ , gab der Wolf zurück. ,, Sie und Zachary sind das, was für mich einer Familie am Nächsten kommt, ich hoffe das wisst ihr…“ Zyle nickte. Und bevor er es doch nicht übers Herz brachte, ihn für Eden anzulügen sagte er schließlich: ,, Gehen wir. Ich bin schließlich nicht umsonst hier.“ Der Schmiedemeister war ein
hochgewachsener Mann mit kahlem Schädel, dem ein von grauen Fäden durchzogener, schwarzer Bart auf den Bauch hinab hing. Die ruß fleckige Schürze die er trug und das selbstsichere Auftreten Sprachen Bände und als er die zwei Gejarn im Hof bemerkte, kam er rasch zu ihnen herüber. Beim näherkommen zog der Mann ein großes, wohl eistmals weißes, Tuch aus seinem Gürtel und wischte sich die Finger daran ab, bevor er Zyle die Hand entgegenstreckte. ,,Wollt ihr Arbeiten oder habt ihr Arbeit für uns?“ , brummte der Schmied, als der Gejarn zögerlich die dargebotenen Recht ergriff. Der Kerl
hatte einen Griff wie ein Bär. ,,Arbeit.“ , antwortete er rasch und entwand dem Schmied seine Hand. ,, Könnt ihr mir bis heute Abend etwas anfertigen ?“ ,,Kommt darauf an was.“ , gab der Mann zurück. ,, Mein Name ist übrigens Karr. Euer Freund da drüben macht doch keinen Ärger, oder ?“ Er warf Cyrus einen Vielsagenden Blick zu. ,, Nicht, wenn man ihm keinen Grund dafür gibt. Ich heiße Zyle. „ Wenn der Mann sich über Namen und Erscheinung seines Besuchers wunderte, so zeigte er es nicht. Während seiner ersten Reise nach Canton war er fast überall aufgefallen, aber mittlerweile hatte er
sich vielleicht auch einfach nur so gut eingelebt, das man ihn für einen Gejarn der Herzlande hielt. Oder aber die Wirren der letzten Wochen hatten neben ihm noch genug andere Gestalten hier angetrieben. ,, Was ich brauche, ist ein Armreif. Blankes Metall, keine Verzierungen, nichts. Bekommt ihr das rechtzeitig hin?“ ,, Wenn ich sofort anfange, ja. Bezahlung dann aber im Voraus. Da Arbeiten wir wirklich bis kurz vor Sonnenuntergang dran.“ Zyle war nicht nach Feilschen zumute. Wortlos zog er einen kleinen Lederbeutel aus seinem Gürtel und warf ihm den
Schied zu. Dieser wog ihn mit der Hand, war offenbar über das geringe Gewicht überrascht, warf dann einen Blick hinein und verbeugte sich urplötzlich. ,, Besten dank, Meister.“ , meinte er grinsend, während er die Münze Kaisergold aus dem Beutel nahm. Die Handtellergroße Goldmünze war vermutlich mehr Wert, als der Mann in einer Woche verdiente, aber Zyle wollte, dass er sich auch Mühe gab. ,, Was dagegen, wenn ich hier warte, während ihr arbeitet ?“ ,, Bei dem Lohn gebe ich euch meinen Hausschlüssel wenn ihr ihn haben wollt !“ , lachte der Schmied. ,, Die Einrichtung ist nicht halb so viel
Wert.“ ,,Hier draußen reicht schon, vielen Dank.“ , erklärte Zyle ihm, bevor er Cyrus ein Zeichen gab und sie sich auf die Stufen vor dem Haus setzten. Es war ein warmer Tag und bald dröhnte das Geräusch von Hämmern zu ihnen herüber, als sich die Gehilfen an die Arbeit machten. Vermutlich größtenteils feste Angestellte oder vielleicht auch die Söhne des Schmiedemeisters, dachte Zyle. ,, Warum ein Armreif ?“ , fragte Cyrus neben ihm. ,, Das werdet ihr schon sehen.“ , antwortete er. Der Wolf gab sich endgültig damit
zufrieden, dass er heute wohl keine Antworten aus dem Schwertmeister heraus bekommen würde und so warteten sie nur darauf, das Zyles Auftrag erledigt wurde. Eine ältere Frau, vielleicht die Frau des Schmieds, brachte ihnen einen Krug mit verdünntem Bier, als die Sonne bereits den Dachfirst der Schmiede berührte. Dann endlich verklang das Geräusch der Hämmer, das Zwischen von Löschwasser und das Heulen des Blasebalgs. Der Schmiedemeister tauchte aus dem Rauch auf, in der Hand einen in der Sonne funkelnden Gegenstand. ,, Wie gewünscht, Meister Zyle.“ Er übergab dem Gejarn das Objekt. Es war
ein blanke poliertes, zu einem Halbkreis gebogenes, Stück Stahl, in das man eine einfache Leder-Manschette eingelassen hatte, damit man es festziehen oder lösen konnte. Probehalber schloss Zyle die Riemen über seinen Arm. Alles passte. Fehlte nur noch eines… Aber dabei konnte ihm vielleicht Zachary helfen. ,, Vielen Dank.“ Er griff noch einmal in die Gürteltasche und zog einige Silbermünzen hervor, die er dem Schmied zuwarf. ,, Gehen wir zurück, Cyrus.“ Je eher sie wieder bei Eden wären, desto unwahrscheinlicher wurde es, das er ihm doch noch die Wahrheit verriet.
Laos, warum musste eigentlich unbedingt er immer in solchen Zwickmühlen landen? Es war zum verrückt werden. Sie brauchten jedoch nicht weit gehen, als ihnen bereits Erik und hinter ihm die Kapitänin und Zachary entgegen kamen. Der Schiffsarzt schien, mal wieder, bester Laune. ,, Cyrus, ihr seid ein Unglücksbringer. Ich dachte ja immer, das trifft nur auf schwarze Katzen zu, aber offenbar stimmt das auch für Wölfe.“ , erklärte er. ,, Kaum wart ihr weg habe ich plötzlich wieder gewonnen.“ ,, Was Erik eigentlich sagen will ist, das wir uns Sorgen gemacht haben, weil ihr
so lange weg wart und euch suchen wollten.“ ,, Nun, ich habe was ich wollte.“ Zyle hielt die linke in die Luft. ,, Allerdings wollte ich euch noch Fragen, ob ich mir Zachary für einen Moment entführen darf.“ Eden nickte nur. Der junge Zauberer trat sofort vor. ,, Um was geht es denn ?“ Zyle bedeutete ihm nur, ihm auf die andere Straßenseite zu folgen. Obwohl es langsam dunkel wurde waren die Straßen Varas überfüllt. Die Unruhe der Menschen war fast etwas greifbares. Jeder haarte noch der Dinge, die da kommen mochten, obwohl sie bereits
einen deutlichen Vorgeschmack darauf bekommen hatten. ,, Und du Cyrus ?“ , fragte die Gejarn unterdessen. ,,Nicht ganz.“ , hörte Zyle ihn noch antworten. Hoffentlich rang sie sich dazu durch, ihm die Wahrheit zu sagen. ,, Kannst du Stahl schmelzen ?“ , wollte er derweil von Zachary wissen. ,, Das ist leicht.“ , antwortete der Junge ohne zu zögern. ,, Man verändert ja nur die Art, wie es sich verhält, nicht gleich das ganze Wesen, wie bei einem Heilzauber.“ ,, Könntest du auch Worte in Metall einbrennen ?“ Dieses Mal musste der Zauberer etwas
länger nachdenken, dann nickte er jedoch. ,, Nicht ganz so einfach, weil ich ja darauf achten muss, nur einen Teil zu verbrennen, aber ja, das dürfte möglich sein.“ Der Junge schien sich geradezu auf die Herausforderung zu freuen. Immerhin, er saß hier genau so fest wie Eden und er war jetzt in dem Alter, in dem Zyle selbst nur ungern stillgehalten hatte. Er konnte sich noch daran erinnern, wie Wys und er einmal auf die Spitze der Ratskammern in der inneren Stadt geklettert waren. Damals noch jünger als Zachary, sogar. Kindern ließ man in Helike, im Gegensatz zum später streng reglementierten Leben der Erwachsenen, so gut wie alles
durchgehen. Ein Ausgleich für die hundert Prüfungen, die ihnen schließlich, wie jedem Bewohner von Laos, bevorstanden. ,, Und du konntest auch etwas hierauf einbrennen ?“ Zyle nahm das Armband ab und hielt es dem Jungen hin. Zachary nickte. Er stellte keine Fragen, wofür Zyle ihm dankbar war. Er wusste selber nicht zu erklären, woher er die Sicherheit dafür nahm. Aber es war das, was er im Augenblick brauchte. Ein Anker. Wie Melchior gesagt hatte. ,, Was soll ich einbrennen ?“ , fragte Zac. Er sagte es ihm und kurz darauf stoben blaue Funken von dem Metall auf,
bildeten Schlieren und Wirbel, die allmählich zu Buchstaben und Worten verschmolzen. Cyrus und die anderen sahen zwar das Licht, trotzdem kam keiner von ihnen näher, als der Gejarn das fertige Werk beobachtete. Perfekt. ,,Danke.“ , meinte er, während er das Stück Metall wieder an sich nahm. Es bedeutete nichts, meinte ein Teil von ihm. Und doch war es mehr als genug. ,, Und Zac…“ ,, Ja ?“ Der Junge war bereits wieder auf halbem Weg über die Straße, wo Eden , Cyrus und Erik warteten. ,, Ich wäre dir wirklich verbunden, wenn du das hier zumindest bis Morgen für dich
behältst.“ Zachary nickte ernst. Zyle lächelte. Der Zauberer würde nichts verraten, da war er sich sicher. Jetzt hieß es nur noch abwarten. Morgen würde er sich wohl noch vor den beiden Kommandanten rechtfertigen müssen, aber das war ihm jetzt egal. Er hatte grade bereits eine viel größere Schlacht gewonnen. Er hatte den Dämonen in seinem Inneren einen empfindlichen Schlag versetzt und das verschaffte ihm das Gefühl grimmiger Genugtuung. Vielleicht würde irgendwie wieder alles in Ordnung kommen. Den Armreif unter seinem Umhang verborgen machte er sich mit den
anderen auf den Rückweg zum Haus des Patriziers.
Terazuma Zyle ist dazu auch noch ein kluger Kopf! Zuerst dachte ich er wollte sich ein Schwert schmieden lassen - was sich ja nicht einmal ausgeht in einem Tag! Aber das mit dem silbernen Armreif ist einfach genial. Er hat jetzt den Anker, den er braucht! Andre kann einpacken! *nick* LG Tera |
EagleWriter *Koffer pack* ;-) lg E:W |
abschuetze :)) |
EagleWriter :-) lg E:W |