Nach dem Ende der Archontenherrschaft und der Stilllegung der Lebensschmiede, steht Kellvian vor der Aufgabe, die vor Helike gestrandete Armee Cantons sicher zurück zu bringen. Bevor sie die Stadt jedoch auch nur verlassen können, erhalten sie Nachricht von einem Totgeglaubten. Und in der Heimat ziehen bereits dunkle Wolken auf. Andre de Immerson hat seine Pläne, sich das Kaiserreich mit Gewalt untertan zu machen, noch nicht aufgegeben. Und ohne eine Armee ist alles, was zwischen
ihm und der Krone steht eine kleine Gruppe heruntergekommener Abenteurer und eine Handvoll Zauberer. Bildquelle Michaela Schöllhorn / pixelio.de
,,Ich werde gehen.“ , erklärte Quinn eines Tages. Es musste wohl eine gute Woche her sein, das der letzte Adelige seine Treuebekundung abgegeben hatte. Mittlerweile war in Vara wieder so etwas wie angespannte Normalität zurückgekehrt. Jeder wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis die gewaltige Streitmacht, die vor den Toren der Stadt lagerte, sich in Bewegung setzte. Im Augenblick begleitete er, auf Anweisung Rolands, Jiy, die es innerhalb der Mauern des Patrizierhauses nicht mehr ausgehalten hatte. Der
Kommandant hätte ihm vermutlich kaum zugehört, wenn er sein Anliegen vorgebracht hätte. Seine Sorge, die sogar so weit ging, die neue Kaiserin nirgendwo ohne Geleitschutz hingehen zu lassen, machte den Mann leider ziemlich störrisch. Götter, er war selber störrisch, dachte Quinn bei sich und der Gedanke brachte ihn zum Schmunzeln. Er konnte über sich selbst lachen… Der Zauberer war sich nicht sicher, ob das etwas Gutes war. Aber es fühlte sich zumindest richtig an. Genau wie sein Vorhaben. Jiy war langsamer geworden, während sie einen künstlichen Bachlauf überquerten. Der die Straße unterhöhlte,
so dass diese in eine kurze Brücke überging. Die Gejarn beugte sich über das weiß gestrichene Geländer. ,, Ich kann niemanden hierhalten, Quinn.“ , sagte sie tonlos. ,, Ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, das ihr glaubt, dazu eine Erlaubnis zu brauchen.“ Sie traute ihm nicht ganz. Natürlich nicht. Er hatte Kellvian und die anderen umbringen wollen. Syles Worte änderten daran wohl so schnell nichts. Auf eine unbestimmte Art machte ihn das Wütend. Hatte er nicht wieder und wieder sein Leben für sie alle riskiert? Er hatte sich vor dem Adel für sie eingesetzt. Welche Beweise brauchten sie den noch?
,, Es ist wohl zu viel erwartet, das ihr mich wenigstens kurz anhört… Bei Zyle hattet ihr dieses Problem nicht.“ Offenbar hatte er einen wunden Punkt erwischt, denn die Gejarn fuhr in einer Bewegung, schnell wie ein Gedanke, herum ,, Falls ihr nicht behaupten wollt, ihr hättet ebenfalls nicht aus freien Stücke versucht, uns umzubringen, dann…“ Sie stockte und schloss einen Moment die Augen. ,, Geister… verzeiht mir. Das ist ungerecht.“ Quinn musste sich zusammenreiße, um ihr nicht mit einer bissigen Bemerkung recht zu geben. Das war nicht mehr er,
so seltsam das war. Es würde ihm leidtun, wenn er sich dazu hinreißen ließ. Auf eine Art hatte sie ja Recht. Er war sich noch niemals so absolut machtlos vorgekommen. Obwohl sich eines der mächtigsten Artefakte der Welt in seinem Besitz befand, fühlte er sich wie ein Staubkorn, das sich den Winden alleine entgegenstellen musste. Der Gejarn ging es wohl nicht besser. Niemand konnte etwas dafür. Die Dinge waren nun einmal, wie sie waren. An den Toren Varas, vor den versammelten Adeligen war ihm das erste Mal bewusst geworden, dass der Orden zerschlagen war. Wirklich zerschlagen. Das ihre Burg sich in
feindlicher Hand befand. Er verkörperte eine Macht, die nicht länger da war. Eine Illusion. Und mit einer Illusion würde Andre sich nicht aufhalten lassen. Geschwiege denn der Zauberer in seinen Diensten. Er hatte diesem Wesen, das es gar nicht mehr geben dürfte, in der Ordensburg gegenüber gestanden. Und er wollte es ihm heimzahlen, wenn er konnte, gab er sich selbst gegenüber zu. Rache… Alle meine Laster werde ich wohl so schnell nicht los, dachte Quinn. ,, Ich kann das durchaus verstehen. Nur ändert es wenig an meinem Entschluss…Kaiserin.“ ,,Jiy. Wenn ihr jetzt anfangt, mich alle
so zu nennen, verliere ich endgültig den Verstand. ,, So habe ich mir das alles nicht vorgestellt.“ ,, Keiner von uns hat das. Ich bin nicht Ordensoberer, weil ich das wollte… Jiy.“ Sie sah überrascht zu ihm auf. ,, Nicht ?“ Jiy strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. ,,Nein. Eine… alte Freundin, könnte man wohl sagen, hatte dabei ihre Finger im Spiel. Kiara.“ ,, Das tut mir leid. Wir haben alle gehört, was in der Burg geschah. „ ,, Braucht es nicht. Ihr seid euch sicher das Kellvian noch lebt oder?“ Jiy nickte. ,, Nun und genau so bin ich mir
eigentlich ziemlich sicher, dass ich ihr, leider, nicht zum letzten Mal begegnet bin. Ich schätze… ich mag diese närrische alte Frau leider. Im Gegensatz zu euch, weiß ich aber nicht, ob ich mich freuen soll, oder sie direkt umbringe, wenn ich ihr begegne.“ ,, Das klingt, als hättet ihr noch eine Rechnung offen.“ ,, Ich weiß nicht.“ Er hatte sich gegen das Brückengeländer gelehnt und starrte auf den Boden zwischen seinen Füßen. Anfangs war es ihm genau darum gegangen. Eine Rechnung begleichen. Er wusste noch genau, was er damals Gedacht und Gefühlt hatte, aber zurückblickend kam es ihm seltsam vor.
Es waren die Gedanken eines Wahnsinnigen. Quinn wollte nicht weiter darüber bachdenken. Hatte er sich in so kurzer Zeit wirklich so sehr verändert ? ,, Irgendetwas hat sie mit mir angestellt… Keine Ahnung was, aber ich wäre jetzt ganz sicher nicht in der Situation, in der ich wäre, wenn nicht.“ ,, Wo währt ihr sonst ?“ ,,Vermutlich bei Andre, der mittlerweile schon ganz Canton kontrollieren würde.“ ,,Und stattdessen wollt ihr uns jetzt verlassen.“ ,,Wie gesagt, ihr müsst mir zuhören…“ Quinn zögerte. Irgendeinen Adeligen hätte er schon beschwatzt. Aber Jiy war etwas völlig anderes. Er fürchtete, was
er tun musste, wenn man ihn nicht gehen ließ. ,, Sind Rolands Kundschafter eigentlich schon zurück?“ , fragte er, um Zeit zu gewinnen. Der Kommandant hatte einige seiner Männer losgeschickt, damit sie in ganz Canton Informationen sammelten, vor allem, wo sich Andres Leute genau aufhielten und welche Gebiete überhaupt noch unter ihrer Kontrolle standen. Sie konnten nicht losschlagen, bevor sie nicht wussten, wohin sie sich wenden mussten. ,, Noch nicht. Also, ihr wollt, das ich euch zuhören, Quinn, dann hört auf selber
abzulenken.“ ,,Götter verschont mich, ihr seid genauso schlimm wie Kiara…“ Er warf lachend die Arme in die Luft. ,, Ich will herausfinden, was vom Sangius-Orden noch übrig ist. Nach dem Fall der Ordensburg haben sich die überlebenden Zauberer verstreut. Zu meiner Schande bin ich mir sicher, dass wohl einige zu Andre übergelaufen sein dürften. Ihr kennt den Orden. Nicht alle von uns sind weiße Schafe…“ ,, Das könnte man so sagen. Aber mittlerweile habe ich auch das Gegenteil gesehen. Ich habe mir mal das Versprechen gegeben, nicht mehr vorschnell über jemand zu urteilen. Es
ist nur schwer, sich immer wieder daran zu erinnern.“ ,, Wie gesagt, ich will herausfinden, wer noch lebt und wer auf unserer Seite steht. Hinzu kommt, dass es in den meisten größeren Städte und Ortschaften Niederlassungen des Ordens gibt. Nicht alle Zauberer waren in der Festung. Wenn ich welche finde, werde ich sie nach Vara schicken. Ihr könnt jeden Magier gebrauchen, den ihr bekommen könnt. Als Ordensoberster ist es meine Aufgabe, den Orden zu schützen. Tyrus wusste das, Kiara ist vielleicht dafür gestorben. Nur ich habe es bis jetzt völlig ignoriert. Seht es als meinen Versuch der Wiedergutmachung, wenn
ihr müsst…“ ,, Ich werde euch auch nicht aufhalten, Quinn. Wir tuen alle, was wir für das beste halten. Und ich glaube, ihr habt recht. Je mehr Zauberer wir haben, desto besser. Trotzdem… im Augenblick seid ihr und Zachary die einzigen, die wir haben…“ ,, Der Junge ist mächtiger als ich. Und das nicht nur wegen der Träne.“ Quinn musste sich zu den Worten überwinden. Sich das einzugestehen war nicht nur eine Sache des Stolzes. Den hatte er ohnehin schon lange hinten anstellen müssen. Aber es war beunruhigend. ,, Ich meine das auch als Warnung. Es gibt wenige Dinge, vor denen ich zurück
schrecke, Jiy. Eines davon wäre, mich Zachary jemals einen Grund zu geben, mein Feind zu sein.“ Er hatte gehört, was der Junge mit Andre angestellt hatte. Vermutlich hatte er sich dabei sogar noch weit zurück gehalten. ,, Ich werde daran denken, aber Zac steht auf unserer Seite. Oder vielleicht eher… Edens, was auf das gleiche hinausläuft.“ Quinn nickte. ,, Ich werde noch in dieser Stunde aufbrechen. Meine Sachen sind seit Morgengrauen gepackt und warten in einem Stall bei den Toren auf mich. Ich wollte nur nicht verschwinden, ohne euch mitzuteilen wieso.“ ,, Und wenn ich gesagt hätte, ihr müsstet
hier bleiben ?“ Jiy hatte den Kopf leicht schief gelegt. Quinns Mine wurde einen Augenblick düster. ,, Glaubt mir, ihr könntet mich nicht dazu zwingen. Trotzdem gehe ich lieber mit eurem Segen als ohne.“ ,Geister, das mich der Oberste Zauberer einmal um Zustimmung fragt, hätte ich allerdings auch nie vermutet.“ ,,Ich hätte nie vermutet, dass ich mich mal vor einer Gejarn verbeuge… und es ernst meine.“ Quinn machte eine schwungvolle Verbeugung. ,, Sollte Kellvian zurück kommen, während ich weg bin… sagt ihm nicht, das ich das gesagt habe, ja ? Der fängt sonst noch an zu glauben, seine seltsamer
Friedenswille könnte Erfolg haben.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und machte sich auf den Weg in Richtung Stadttore ,,Passt ihr nur auf euch auf. Ich habe genug Freunde verloren.“ Quinn hörte die Worte, ging jedoch stur weiter. Das war etwas, das er nach wie vor nicht gebrauchen konnte. Vermutlich würde das keiner der anderen Verstehen, aber er war seit je her am besten alleine klar gekommen. Tamyras Tod hatte ihm wieder deutlich vor Augen geführt, warum das so war. Es war einfacher die Leute nur als Schachfiguren abzustempeln und wenn man keine Verpflichtungen hatte.
An den Stadttoren betrat er den Stall, in dem bereits ein Pferd und ein vollgepackter Rucksack auf ihn warteten. Er war ein Zauberer, er brauchte nicht viel. Wenn es jemanden gab, der auch in Kriegszeiten überall eine Unterkunft fand, dann ein Magier auf Reisen. Solange er Vorsichtig war, hieß das. Quinn führte das Tier ins Freie, stieg auf dessen Rücken und entbot Vara einen letzten Gruß. ,, Auf geht’s, Mädchen.“ Quinn versetzte das Pferd in einem leichten Trab und ritt auf die Hügel zu, welche die Stadt umgaben. Als er einen der großen Runensteine passierte, die auf dem
Gipfel der Erhebungen thronten, sah er noch einmal zurück. Ob er es da schon wusste, oder nicht, aber er würde die Stadt lange Zeit nicht wiedersehen. Seine Reise führte ins ungewisse. Nur eines war klar. Er würde an der Spitze eines neuen Ordens zurückkehren oder gar nicht… Es war die Aufgabe, die er sich gestellt hatte. Quinn war sich sicher, Kiara würde ihn auslachen, wenn sie ihn so sehen würde. Ein wehmütiger Abschied… Er riss das Pferd herum und gab ihm die Sporen. Wenn er sich beeilte, könnte er innerhalb von zwei Wochen in Hasparen sein. Dort würde er seine Suche beginnen. Die Zauberer, die es aus der
Ordensburg heraus geschafft hatten, würden sich sicher noch irgendwo in der Nähe aufhalten. Es war ein warmer Sommertag und Schwärme von Mücken schlugen ihm ins Gesicht, während er sich über den Hals des Pferds beugte. Wälder und mit goldgelben Ähren bestellte Felder jagten an ihm vorbei. Die Menschen auf dem Land ahnten das drohende Inferno wohl, aber hier draußen bekam man wenig davon mit. Die Dörfer, die er passierte, wirkten so friedlich wie eh und je. Und doch konnte er nicht wissen, dass er bereits beobachtet wurde. Als er eine weitere Ortschaft passierte, in deren Zentrum sich ein großer Baum erhob,
bemerkte er die gestalt, die im Schatten der Zweige saß nicht. Diese jedoch bemerkte ihn durchaus. Silbergraues Haar fing die vereinzelten Flecken Sonnenlichts ein, die es durch die Blätter schafften. Kiara Vanir sah dem Pferd nach, bis die Staubwolke am Horizont verschwand, dann erhob sie sich von ihrem Platz auf einer Wurzel, strich einige Falten aus ihrem Rock und machte sich selber auf den Weg. Quinn würde nicht alleine sein. Wichtig war nur, dass er erst einmal nichts davon wusste. Die ehemalige Ordensoberste verschwand in einer Gasse zwischen den Häusern und kehrte mit einem Pferd und Gepäck zurück. Ein Teleportzauber war
in diesen Zeiten zu gefährlich und bei weitem zu auffällig. Aber Götter, ihre Knochen machten das auch nicht mehr mit. Kiara hoffte nur, das Quinn ihr verzieh, was sie ihm antat. Aber es war nötig. Hoffentlich wollte Quinn nicht all zu weit. Sie schwang sich in den Sattel, während ihr ganzer Körper protestierte. Der Kampf mit Ismaiel hatte sie mehr Kraft gekostet, als sie zugeben wollte und zehrte entsprechend an ihrer Lebensenergie.
Terazuma Eine seiner Musen hat Quinn ja wieder eingeholt. XDDD Aber was hat Kiara noch vor, dass sie glaubt, er würde ihr nicht verzeihen? Ihm seine Position wieder abnehmen? Das glaube ich ja doch nicht. Aber zumindest ist er auf dem richtigen Pfad, auch wenn das nie so geplant war! ^^ LG Tera |
EagleWriter Halten wir fest, er wird wieder genug Gründe haben, sich über alles und jeden zu ärgern ^^ lg E:W |
abschuetze welch eine Entwicklung von Quinn^^ |
EagleWriter War so auch irgendwann mal NICHT geplant^^ lg E:W |