Kurzgeschichte
Spaziergang - Wenn Zwei sich streiten

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"Spaziergang - Wenn Zwei sich streiten"
Veröffentlicht am 04. November 2008, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Spaziergang - Wenn Zwei sich streiten

Spaziergang - Wenn Zwei sich streiten

Es war mal wieder soweit. Ylva, meine achtundzwanzig Kilo schwere Schäferhündin und ich mussten unsere gemütlichen Plätze im Wohnzimmer aufgeben, und den üblichen Sonntagmittag Spaziergang antreten. Mit einem gut vernehmbaren Stöhnen, meine Frau sollte ruhig wissen was sie mir wieder einmal antut, erhob ich mich von unserer gemütlichen Couch und streckte mich erst einmal ausgiebig. Ylva dachte jedoch nicht im Traum daran dies schon als Aufforderung zum aufstehen zu verstehen. Genüsslich alle vier Pfoten von sich gestreckt lag sie im Flur und blinzelte noch nicht einmal als ich über sie hinwegsteigen musste. Missmutig und mit leisem Brummen stieg ich in meine Stiefel. Ein Blick aus dem Fenster hatte mir gezeigt, dass dies eine wichtige Vorsichtmaßnahme ist. Es goss wie aus Kübeln! Dies bedeutete zwangsläufig dass die Wiese, auf der ich Ylva immer laufen ließ, wahrscheinlich eine einzige Schlammpfütze war.
Nachdem ich mein Outfit mit Parker und Schirmmütze komplettiert hatte, nahm ich die Hundeleine vom Haken und stellte mich demonstrativ vor die Wohnungstüre. Ylva spielte weiter die Schau: "Mich kannst du ja wohl nicht meinen". Sie dachte nicht im Traum daran auch nur eine Pfote zu rühren. Selbst meine ultimative Aufforderung: "Ylva Gassi gehen", wurde hoheitsvoll ignoriert. Als wenn ich neuerdings in der Katzensprache reden würde, fühlte sich die 'Dame' in keinster Weise angesprochen. Erst als ich ein Hundeleckerli aus der Tasche meines Parkers holte bequemte Madam sich ihren edlen Körper in die Höhe zu hieven.
Ich gab ihr ohne Kommentar, jedoch mit einem genervten Blick, den sie selbstverständlich huldvoll übersah, ihr Leckerli und legte ihr die Leine an.
Dank eines ausführlichen Nachrichtenüberblicks den Ylva mit ihrer untrüglichen Nase vornahm, brauchten wir fast eine Dreiviertelstunde bis wir die so genannte Hundewiese erreichten.
Endlich konnte ich die Hündin von der Leine lassen und meinen Regenschirm so halten, dass es Sinn machte und ich nicht noch nasser wurde. Eine im Nachhinein betrachtet völlig sinnlose Geste, da ich mittlerweile eh schon keinen trockenen Fetzen mehr am Leib hatte. Ich stemmte mich also so gut es ging gegen den Wind, welcher mir die Wassermassen entgegen trieb, und stapfte ziemlich schlecht gelaunt hinter meiner Schäferhündin her. Diese lief munter, als wenn der Regen für sie nicht existieren würde, über die morastigen Felder und schnüffelte intensiv am Boden in der Hoffnung eine Maus zu entdecken. Plötzlich jedoch stutzte sie und hörte mit ihrer bisherigen Tätigkeit auf. Stattdessen kam ihr herrlicher Kopf blitzschnell hoch und sie stand auf einmal da wie ihr eigenes Denkmal. Lediglich am leichten Zittern ihres Schwanzes konnte man noch erkennen das es sich um ein lebendes Wesen handelte. Trotz dem nicht gerade leisen Rauschen des Regens hörte ich sie zu allem Überfluss auf einmal auch noch knurren. Irgendetwas musste in der Nähe sein. Nur was? Trotz aller Anstrengung war es mir dank des Regens kaum möglich weiter wie drei, vier Meter zu sehen. Ylva hatte sich in Angriffstellung begeben. Sie hatte sich flach auf den Boden gelegt, den Kopf auf den Vorderläufen und die Ohren nach vorne ausgerichtet. Ihre Schnauze war leicht geöffnet so dass ihr imposantes Gebiss nicht zu übersehen war. Ihr vormals leises Knurren war in ein tiefes Grollen übergegangen. ALARMSTUFE ROT!!! Ihr ganzes Verhalten konnte nur eines bedeuten. ES GIBT ÄRGER!
Ich hatte zwar immer noch keine wirkliche Ahnung warum sie sich so aufführte, denn ich konnte nach wie vor kaum etwas sehen geschweige noch hören. Ihr ganzes Verhalten machte mir jedoch klar, dass ich sie wohl besser an die Leine nahm. Ich schloss meinen Schirm, "Scheiße warum hatte ich das blöde Ding überhaupt mitgenommen", nahm die Leine und ging vorsichtig, ich wollte in dem Morast schließlich nicht ausrutschen, auf Ylva zu. Jetzt sah ich auch endlich den Grund für das Verhalten meines Hundes. Keine zwei Meter von ihr entfernt stand ihr fast genaues Ebenbild. Die Vorderbeine leicht gespreizt in den Boden gestemmt, die Lefzen nach oben gezogen, so das ihre langen Reißzähne nicht zu übersehen waren, stand da mein zu Fleisch gewordener Alptraum. "Na klasse!" War mein letzter Gedanke da stürmte Ylva auch schon los. So einer 'Einladung' konnte sie einfach nicht widerstehen. Ohne noch einen einzigen Ton von sich zu geben stürzte sie sich auf die Rivalin. Es musste sich um eine Hündin handeln. Bei einem Rüden wäre das Miststück bei weitem nicht so angriffslustig gewesen. "Ylva aus!"
Ich brüllte mir fast die Lunge aus dem Hals ohne auch nur das geringste Ergebnis zu erzielen. Mittlerweile hatten sich die beiden Hündinnen so ineinander verbissen, dass sie ihre Umwelt, also mich, nicht mehr zur Kenntnis nahmen. Vor lauter Frust und in der Hoffnung dass es half warf ich die Hundeleine zwischen die beiden. Leider blieb mir jedoch der Erfolg verwehrt. Schließlich ging ich selbst dazwischen. Ich wollte ja schließlich nicht dass jemand verletzt wird. Ich versuchte die beiden Tiere an ihren Halsbändern zu packen und so auseinander zu bringen. SCHWERER FEHLER! Ylva und die fremde Hündin waren jetzt so in Rage, dass sie nicht mehr Freund und Feind auseinander halten konnten. Nur mit sehr viel Glück sowie einem ausgekugelten Mittelfinger gelang es mir aus der Gefahrenzone zu kommen.
Nach einer, für mich überraschend kurzen Zeit, war der Kampf dann auch ohne meine Hilfe zu Ende. Die fremde Hündin legte sich auf den Rücken und zeigte Ylva ihren ungeschützten Brustkorb. Ylva schüttelte sich einmal ordentlich, schaute sich wie mir schien ihre Rivalin noch einmal mitleidig an und ging als wenn nichts gewesen wäre. "So ein arrogantes Mistvieh". Insgeheim musste ich ja doch lächeln über die Art wie Ylva sich von ihrer Gegnerin wegdrehte und ihr das Hinterteil zuwandte. Als hätte sie es mit einem nichtswürdigen Straßenköter zu tun. Nicht würdig genug um mehr als nötig die Zeit damit zu vergeuden.
Um einen zweiten Vorfall dieser Art zu vermeiden nahm ich Ylva an die Leine und machte mich, mit Schmerzen in meiner rechten Hand, auf den Heimweg. Selbstverständlich wurden auch jetzt wieder sämtliche Nachrichten erschnüffelt als wenn nichts gewesen wäre.
Zuhause angekommen machte ich den letzten Fehler an diesem Tage. Ich erzählte meiner Frau von dem Vorfall.
Hatte ich gehofft wegen meinem verletzten Finger bedauert zu werden, wurde ich schnell eines besseren belehrt. Stattdessen bekam ich zu hören: "Wie konntest du das bloß zulassen. Unsere 'kleine' Ylva hätte sich dabei verletzen können. Anschließend wurde der 'arme Hund' getröstet und mit reichlich Leckereien versorgt.
Da behaupte noch jemand es gäbe Gerechtigkeit auf dieser Welt. Resigniert ging ich ins Bad um mich einigermaßen für einen Arztbesuch wieder herzurichten. Schließlich musste mein Finger ja wieder eingerenkt werden. 
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