Kurzgeschichte
Zeit

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"Zeit"
Veröffentlicht am 17. Dezember 2014, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: Elena Okhremenko - Fotolia.com
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Über den Autor:

Ein angehender Schreiber, der seine ersten, zaghaften Versuche macht, selbst geschriebene Geschichten einem größeren Publikum zugänglich zu machen und auf Feedback zu hoffen, um sich stetig zu verbessern.
Zeit

Zeit


Zeit

Sie ist immer da und doch scheint sie uns oft zu fehlen, vergeht zu langsam oder zu schnell, oder überhaupt nicht und manchmal würde man sie am liebsten zurück drehen. Ja, die Zeit ist ein launisches Biest, das uns die schönsten Momente raubt und in Momenten der größten Qual still zu stehen scheint. Ich stehe vor dem schlichten schwarzen Grabstein aus Granit, in den die Worte eingraviert waren:

Wir werden dich nie vergessen mögen die engel im Paradies bei dir sein

Langsam sinke ich auf die Knie und achte nicht darauf, dass der Schnee auf mich herniederfällt und meine Jeans an den Knien und den Schienbeinen vom schneebdeckten Boden durchnässt wird. Während ich so niederkniee, wandern meine Gedanken ein Jahr zurück: Jemand der mir sehr wichtig war, war an Krebs erkrankt. Als die Diagnose im Frühjahr bekannt gegeben wurde, hatte es mich wie ein Schlag getroffen und ich konnte es nicht glauben. Ich betete, dass er es schaffen, wieder gesund werden und mich nicht allein lassen würde. Vier Monate kämpfte die Person, rang mit dem Krebs, rang mit dem Tod und fand jeden Morgen einen Grund und die Kraft,

die Augen wieder aufzuschlagen. Doch nach vier Monaten, vier Monaten der Angst, Qual und Unwissenheit so wie vager Hoffnung, war es vorbei. Er schlief ein und verstarb mitten in der Nacht, lautlos und mit einem lächeln auf den Lippen. Eine Träne läuft mir über die Wange und tropft herunter in den Schnee, ich mache keine Anstalten, sie zurückzuhalten. Der Schmerz sitzt zu tief, selbst jetzt, ein Jahr später, zerfrisst er immer noch mein Innerstes und lässt mein Herz langsam erfrieren. Wieder schließe ich langsam die Augen und spüre, wie mir neue Tränen heiß über die Wangen rollen. Ich fühlte mich verloren und im Stich gelassen, und auch

wenn ich genau wusste, dass ich es nicht ändern konnte, wünschte ich mir, die Zeit zurück drehen zu können, die herrlichen Tage wieder auferstehen lassen zu können und jeden einzelnen Moment des Glücks zu genießen, den ich mit ihm verbracht hatte. Wieder tropfen neue Tränen in den Schnee, sie schmelzen ein regelrechtes Loch in die ansonsten unberührte, weiße Decke, die wie ein Seidentuch über dem Grab liegt. Ja, die Zeit war wirklich ein Problem, sie verging während glücklicher Momente viel zu schnell und dehnte sich zu Ewigkeiten, wenn etwas schreckliches passierte oder man etwas trauriges erlebte. Die Tränen versiegten

allmählich, wähend ich mich innerlich ganz hohl und leer fühlte, erschöpft und müde. Langsam und schwerfällig erhebe ich mich aus meiner knieenden Position und lege ein letztes Mal für heute meine Hand auf den kalten Stein. Ja, die Zeit lief immer vorwärts, egal ob wir das wollen oder nicht. Darum muss man versuchen, mit ihr Schritt zu halten, sich nicht in der Vergangenheit zu verlieren, sondern im Hier und Jetzt zu bleiben. Doch was das wichtigste ist, wir brauchen solche Momente, in denen wir uns zurückziehen können, in denen die zeit für uns unendlich langsam vergeht, oder sogar rückwärts läuft und bessere Tage herbeiruft. Ja, zeit ist ein kostbares

Gut, welche wir schätzen sollten, denn niemand kann sagen, ob seine Lebenszeit nicht schon morgen abgelaufen ist...

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Reifblut
Ein angehender Schreiber, der seine ersten, zaghaften Versuche macht, selbst geschriebene Geschichten einem größeren Publikum zugänglich zu machen und auf Feedback zu hoffen, um sich stetig zu verbessern.

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