Biografien & Erinnerungen
Und am Ende brannten die Bücher

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"Ein weiteres Kapitel aus meinen Memoiren."
Veröffentlicht am 09. Dezember 2014, 16 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

Ich bin PhanThomas, aber Leute, die mich kennen, dürfen mich auch gern Thomas nennen. Oder ach, nennt mich, wie ihr wollt. Denn ich bin ja ein flexibles Persönchen. Sowohl in dem, was ich darzustellen versuche, als auch in dem, was ich schreibe. Ich bin unheimlich egozentrisch und beginne Sätze daher gern mit mir selbst. Ich bin eine kreative Natur, die immer das Gefühl hat, leicht über den Dingen zu schweben - und das ganz ohne Drogen. Man ...
Ein weiteres Kapitel aus meinen Memoiren.

Und am Ende brannten die Bücher

Meine Güte, es gab nicht viele wirklich miese Schulfächer zu meiner Zeit, aber eines, das mir absolut gegen den Strich ging, war Russisch. Der Teufel weiß, was mich geritten hatte, dieses Kauderwelsch als zweite Fremdsprache zu wählen, klingt Russisch doch immer ein bisschen, als würde man eine einzige große Schimpftirade vom Stapel lassen. Ist doch so. Vielleicht ist ja der Putin in Wirklichkeit ein ganz und gar missverstandener, feinfühliger Mann, der seiner Omi regelmäßig Blumen bringt und der lediglich immer wieder über die Härte seiner eigenen Muttersprache stolpert und … nee, totaler Blödsinn! Jedenfalls wollte ich damals

wahrscheinlich einfach nicht Französisch lernen, sieht doch ein französisch sprechender Mensch stets aus, als versuche er, einen Schmallippenfrosch vom anderen Ufer zu imitieren. Ja ja, ich hatte es nicht mit Vielem damals, aber wenn man bei mir die geistigen Schubladen öffnete, wurde man von einer Lawine aus Allerweltsvorurteilen überrollt. Und da sich manche Dinge ja nie ändern, machen wir weiter im Programm. Die Krux am Russischlernen fängt beim Sprechen an. Wie, nicht das Alphabet?, mag der vielleicht kalligraphisch interessierte Leser jetzt denken, und ja,

dazu komme ich noch, aber tatsächlich beginnt das Kuddelmuddel schon bei den ersten gesprochenen Worten. Ein russisches L beispielsweise erfordert, dass man versucht, den hinteren Teil seiner Zunge zu verschlucken, nur um die Verrenkung dann in einen akkuraten Laut umzulenken, der den Mund verlässt, ohne den Redner blau anlaufen zu lassen. Dann wäre da noch das X, das eigentlich kein X ist, sondern eher ein H. Aber auch das ist nur die halbe Wahrheit, weil es so was Sanftes wie ein H – weiß der Wodka, warum – im Russischen nicht gibt. Man gibt sich gerne hart, da ist kein Platz für Gehauchtes. Stattdessen spricht man das Ding also eher als »Chhh« aus, im

Prinzip, als würde man jede Menge Spucke von, äh, ganz tief unten im Mund sammeln wollen, um sie seinem Vordermann in die Kapuze zu schleudern (alles erlebt, Freunde der Sonne, alles erlebt). Fügt man Wörter mit diesem Laut in seine erlernten Baukastensätze ein, klingt das in etwa, als würde ein Schweizer rückwärts reden. Tja, und die Königsdisziplin ist natürlich das pflichtgemäß mit der Zunge (nicht mit dem Gaumen) zu rollende R, was außerhalb Russlands niemand so meisterlich beherrscht wie Till Lindemann, die Latzhosen tragende Dampfwalze der Teutonenkombo Rammstein. Stundenlang lag ich abends

im Bett und übte speichelsprühend diesen blöden Laut, der mir partout nicht gelingen wollte. Und dann, eines Morgens, flatterte er wie von Zauberhand so leichtfüßig von meiner Zunge wie ein unter Hochdruck freigesetzter frecher Wind, der sich seinen Weg durch die bebenden Gesäßbacken bahnt. Ein wahrlich erhabenes Gefühl! Also das mit der Zunge natürlich, nicht das andere! Nun aber zum Alphabet, diesem erst mal absurd anmutenden Buchstabenwirrwarr, das einst ein Grieche namens Kyrill den Mannen und Frauen von der Wolga gebracht haben soll: Zumindest das kyrillische Alphabet ist gar nicht so

schwer zu erlernen, wie man meinen könnte. Viele Buchstaben gibt es im Deutschen ja auch. Gut, manche tarnen sich als andere Buchstaben. So ist etwa ein deutsches R im Russischen ein P, während es das R zwar auch, aber nur gespiegelt gibt, was zudem als »ja« ausgesprochen wird. Ein C ist ein S, ein W ein B, und damit die Verwirrung für Zugereiste erst so richtig perfekt ist, hat der Russe nicht nur 26 Buchstaben in seinem Alphabet, sondern tischt gleich 33 derer auf. Aber wie gesagt, alles nicht so richtig schwer zu erlernen, wenn man nur will. Oder muss. Wie wir damals. Unsere Russischlehrerin, die auch

zugleich unsere Klassenlehrerin war, gab sich große Mühe, uns die Sprache mittels einfacher Situationsgespräche näher zu bringen. War leider wenig effizient. Im Gedächtnis geblieben ist mir davon eigentlich nur ein Verkaufsgespräch, sodass ich neben meinem Namen und meinem Alter heute in Russland lediglich einen einzigen Satz sagen könnte: »Ich möchte ein Tuch kaufen.« Wie weit man damit kommt, konnte ich mangels Reisefreude ins Domizil des Väterchen Frost nie herausfinden, aber ich denke, bis kurz vor Wolgograd würde ich damit schon irgendwie kommen. Ansonsten habe ich mit Grausen das

Übersetzen längerer, meist historischer Texte in Erinnerung behalten. Glücklicherweise waren zumindest wir Jungs damals bereits technisch derart versiert, dass wir ohne Probleme die entsprechenden Seiten des Russischbuches einscannen konnten, um hinterher eine Texterkennung drüberlaufen zu lassen und das Ganze dann in einen Online-Übersetzer zu schmeißen. Der halbdeutsche Wortsalat wurde vom Klassenbesten, dem Depp vom Dienst, also von mir, dann noch in eine ansprechende Form gebracht und das Ergebnis am nächsten Tag vor dem Unterricht an alle verteilt. Eine kleine logistische Meisterleistung für damalige

Verhältnisse. Ein paar Jährchen später, am letzten Schultag, meine ich, steckten wir unserer Klassenlehrerin, was wir getan hatten, aber da sie uns russischen Wodka mitgebracht hatte, erinnere ich mich nicht mehr, wie sie darauf reagierte. Ist vielleicht auch besser so. Trotz unserer technischen Superkräfte hassten wir diese blöden Russischbücher wie die Pest. Es waren lauter rot- und pausbäckige, schlecht gezeichnete Charaktere darin, die natürlich immer Olga, Tanja, Nadja, Pavel und Vladimir hießen, und die wohl davon ablenken sollten, dass die Lehrbücher von Kapitel zu Kapitel zu einem Sammelsurium von

Geschichtstexten mutierten, in denen etwa eindringlich vor Wahnsinnigen wie Josef Stalin gewarnt wurde. Sonderlich interessant fanden wir das alles nicht, und so erinnere ich mich, dass ein Klassenkamerad aus Langeweile das gezeichnete Gesicht einer Lehrbuchprotagonistin feinsäuberlich mittels Radiergummi von der Seite tilgte, nur um hinterher den entstandenen weißen Fleck mit einer Totenkopffratze zu verzieren. Wir alle begutachteten das Ergebnis in der Pause und fanden es wahnsinnig lustig. Unsere Klassenlehrerin nicht so. »Das wirst du so wiederherstellen, wie es war!«, polterte sie. »Aber wie soll ich das denn

machen?«, bekam sie vom verzweifelten Schüler zur Antwort, während wir anderen nur umso lauter brüllten. »Das ist mir scheißegal!«, setzte sie hinterher. Das war es, damit war die Sache für ihn gelaufen und für uns auch, denn wir hatten vor Lachen Bauchkrämpfe. Wer den Schaden nicht hat, hat eben einen guten Tag. Tja, und wenn es um den Zustand der Lehrbücher ging, legte man sich eben nicht mit unserer Klassenlehrerin an. Womit ich auch beim traurigen Ende meiner kleinen Russischexkursion wäre. Nach fünf Jahren voller Tuchkäufe, Texte einscannen und scheußlicher Klausuren

hatten wir alle derart die Schnauze voll, dass wir Russisch kollektiv abwählten. Unser Russischunterricht der frühen Nullerjahre war quasi das Äquivalent zur FDP von heute: aus und vorbei! Und weil wir den Befreiungsschlag so richtig zelebrieren wollten, trafen wir uns am Abend alle am Wasser, entfachten ein hübsches Lagerfeuer und ... verbrannten unsere Russischbücher. Unsere Lehrerin bemerkte einige Tage später, am letzten Tag des Schuljahres oder so: »Übrigens, ich bekomm noch ein paar Russischbücher zurück.« Betretenes Schweigen. Sie, deren schönstes Hobby es war, uns nicht nur den Irrsinn eines Stalin näherzubringen, sondern auch

alles rund um die Nazischwachmaten, sie, deren Oberheiligstes ihre Schulbücher waren, hätte vermutlich wenig entspannt reagiert, wenn wir von unserer Bücherverbrennung erzählt hätten. Wir hatten uns an dem Abend nicht mal was Schlimmes dabei gedacht. Ratsch ratsch … wieder wanderten ein paar Seiten ins Feuer, stets unter johlendem Beifall. Streber und notorische Schwänzer Hand in Hand. Wären hinter uns Fackelträger in braunen Hemden aufmarschiert, musikalisch begleitet vom Königgrätzer Marsch, wir hätten uns wohl selbst dann nichts dabei gedacht, kackenblöd wie wir waren. Parallelen kannten wir halt nur aus der

Mathematik. Und da sieht man es wieder: Selbst etwas Harmloses wie Russischunterricht kann bei akuter Nachdenkverweigerung in einer kleinen Katastrophe enden. Frau M., falls Sie dies hier zufällig lesen: Es tut mir aufrichtig leid. Sollte ich je nach Russland reisen, bringe ich Ihnen ein Tuch mit.

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PhanThomas
Ich bin PhanThomas, aber Leute, die mich kennen, dürfen mich auch gern Thomas nennen. Oder ach, nennt mich, wie ihr wollt. Denn ich bin ja ein flexibles Persönchen. Sowohl in dem, was ich darzustellen versuche, als auch in dem, was ich schreibe. Ich bin unheimlich egozentrisch und beginne Sätze daher gern mit mir selbst. Ich bin eine kreative Natur, die immer das Gefühl hat, leicht über den Dingen zu schweben - und das ganz ohne Drogen. Man trifft mich stets mit einem lachenden und einem weinenden Auge an. Das scheint auf manche Menschen dermaßen gruselig zu wirken, dass die Plätze in der Bahn neben mir grundsätzlich frei bleiben. Und nein, ich stinke nicht, sondern bin ganz bestimmt sehr wohlriechend. Wer herausfinden will, ob er mich riechen kann, der darf sich gern mit mir anlegen. ich beiße nur sporadisch, bin hin und wieder sogar freundlich, und ganz selten entwischt mir doch mal so etwas ähnliches wie ein Lob. Nun denn, genug zu mir. Oder etwa nicht? Dann wühlt noch etwas in meinen Texten hier. Die sind, äh, toll. Und so.

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Brubeckfan Geschmunzelt.

Zu Russisch kenne ich nur zwei Haltungen: Es stinkt einem oder man mag es. Englisch hat es da sehr leichter, da wir ja eh so gern alles in Denglisch ausdrücken und da Pop, Rock and Co. vorwiegend englisch verlauten. Auch wenn wir da nur Bruchstücke verstehen und wenn überhaupt die englischen Laute trotz desselben Alphabets doch sehr sehr seltsam anders geformt werden. Können wir ti-eitsch gegen russisches Lambda aufrechnen, und dabbelju gegen rolliges R?

Wer ab der 3. Klasse Russisch hatte wie ich, dem stand z.B. im elterlichen Beisein eine Geheimsprache zur Verfügung. Noch heute bin ich entzückt, mal Russisch zu hören oder sprechen zu dürfen. Ausnahme: Vollschlanke Russendamen am Grabbeltisch, die sich BHs über dem Wintermantel anprobieren und lautstark quer über die Etage kommunizieren.

Die echten Gemeinheiten hast Du ja gar nicht genannt: 6 Fälle und unregelmäßige Verben und vollendete/unvollendete Verben und die i-Deklination ...
Übrigens stimmt das mit den Mönchen Kyrill und Metod laut Wikipedia nicht: " Das kyrillische Alphabet ... entstand im 10. Jahrhundert in Ostbulgarien aus dem griechischen Alphabet". Nu ladno. Apropos: Hör Dir mal Bulgaren an, gegenüber Russisch klingt das wirklich hart. Russen finden drum das Bulgarische auch nicht so sexy.

Das Verbrennen ... ich fand beim Lesen, Du hast das schon richtig gewertet.

Gibts denn irgend eine Fremdsprache, der Deine Leidenschaft gehört?

S priwjetom,
Gerd
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hallo Gerd,

ich muss gestehen, ich fand Russisch als Sprache wirklich sehr schön eigentlich. Das Problem war eben, es als Schulfach zu haben. Russisch gehört in eine andere Sprachfamilie, weshalb es für uns befremdlicher erscheint, Russisch zu lernen, statt eben Englisch. Angeblich fällt's uns auch schwerer. Aber wie ich schon zu Peter meinte: Gerade die recht geradlinige Grammatik fand ich beeindruckend leicht zu erlernen. Sicher war auch Einiges vereinfacht und man kann damit deutlich mehr anstellen, als wir es gemacht haben, aber trotzdem. Deutsch scheint mir da deutlich unlogischer zu sein. Englisch sowieso, aber das liegt wohl daran, dass jeder, der die Insel mal überfallen hat, ein bisschen was von seiner Sprache hinzugefügt hat. Gut, was die sechs Fälle angeht: Versteh ich nicht. Man kann ja alles auch in vier Fällen unterbringen, wie's scheint, ohne dass wir wo und wohin verwechseln. Fand ich aber okay. Nur der fünfte Fall, der war doch ein wenig schräg.

Ich konnte Russisch sogar einmal gebrauchen: Im Regio zwischen Berlin und Rathenow laberte mich ein Mann auf Polnisch voll (glaube, es war Polnisch), und er schien immer wütender zu werden, weil ich ihn ja nicht verstand. Ich sagte dann: »Ja ne ponimaju.« Er guckte kurz, winkte ab und schimpfte: »Bah, po ruski!« Dann ging er weg, und ich hatte meine Ruhe.

Bulgarisch hab ich noch nie gehört, glaub ich. Kann ich mir trotzdem gut vorstellen, dass man das unsexy finden kann. Geht mir ja hierzulande schon mit so manchem Dialekt so.

Nun ja, und eine wirkliche Leidenschaftssprache habe ich gar nicht. Obwohl ... eine Zeitlang fand ich Sindarin sehr schön. Hab nie was davon gelernt, aber es klingt sehr, sehr hübsch.

Tja, und die verbrannten Bücher ... dummer Kackscheiß war das, jepp. Aber du weißt schon, wer frei von Sünde ist und so. Wir meinten es gar nicht mal böse.

Paka,
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Nie rozumiem, sagt der Pole da und hat übrigens gar 7 Fälle zur Verfügung. Russisch mögen die alle nicht, die Polen, Tschechen, Georgier usw., und haben ihre historischen Gründe. Ähnlichkeiten ihrer Sprache mit Russisch leugnen sie entsetzt.
"Sindarin" mußte ich jetzt erst mal nachschlagen ... ähh ... vielleicht im nächsten Leben. Immerhin beherrsche ich aber fließend Pascal, Fortran, Basic, SQL u. dgl.
Zuletzt hier ein Schmankerl, das Euch die Lehrerin gewiß unterschlug: "Do ty schto?" heißt im Slang soviel wie "Hä?"
Falls Dich mal wieder einer belästigt.
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Ja, das kann ich gut verstehen, dass man östlich der Oder nicht verglichen werden möchte. Historisch bedingt gibt es da ja viele solcher Beispiele für Ablehnung. Bspw. hab ich mal gelesen, dass Südkoreaner vorwiegend deswegen keine Spielekonsolen haben, sondern als einziges Land der Region eine »PC-Nation« sind, weil die Konsolen üblicherweise aus Japan kommen und man den Japanern auch lange Zeit nach den Kriegsgräueln nicht unbedingt wohl gesonnen ist und bewusst ein solches Produkt abnehmen möchte. Fand ich jedenfalls sehr interessant.

Pascal spreche ich auch noch ein bisschen, wenn ich übe, krieg ich auch Basic, COBOL und PL/1 wieder hin (BA-Studium in einer Versicherung ...).
Das »Hä?« hätt's damals wahrscheinlich auch getan. Besten Dank dafür.

Viele Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Nun ja, Thomas,
ich glaube schon, dass du es humoristisch meinst!
Meine Erfahrung sagt mir aber auch, dass Gemeinheit oft als Humor getarnt daherkommt.
Eine Sprache als Kauderwelsch zu beschreiben, nur weil man sie nicht versteht oder beherrscht, ist schon mehr als nur etwas arrogant. Zumal es eine Unmenge literarischer und wissenschaftlicher Werke von Weltgeltung gibt, die genau in diesem "Kauderwelsch" verfasst wurden
(Was, so geschrieben, ja ein Paradoxon ist.)
Auch hat das Russische viele Klänge. Da gibt es eine Kindersprache, das Zwitschern, was fleur beschrieb, die direkte, unmissverständliche Ansage u. v. a. m.!
Offensichtlich hast du bisher nur mehr oder weniger grobe Kerle sprechen gehört, die, oft auch ganz ironisch gemeint, eine Sprache benutzen, die in Russland Mat genannt wird (ähnlich der altberliner Ganovensprache). Diese Ausdrucksform würden sie aber nie einer Frau oder einer unbekannten Person gegenüber verwenden. Unter guten Freunden ist es oft als Spaß gemeint. (Dazu gehört z. B. dieses "An den Eiern aufhängen!")
Was mich ein wenig irritiert, ist die Tatsache, dass du diesen Text gerade in dieser Zeit der Zerstörung des deutsch - russischen Verhältnisses veröffentlichst.
Und die Tatsache der Bücherverbrennung macht die Sache noch zweideutiger. Ihr verbranntet ja die Russischbücher!
Heine sagte ja bekanntlich: "... wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen." und natürlich meint er die Menschen, die jenen Büchern anhängen!
Was ist also die Aussage deines Textes, für jemanden, der dich nicht kennt?
Du weißt, gemäß Tucho, ist Sprache Waffe.
Deshalb meine ich, sollte man sehr vorsichtig und umsichtig mit ihr umgehen. Zu schnell ist der Falsche verwundet oder gar getötet!
Also, nimm es mir nicht übel! Ich schrieb es dir, weil ich dich achte. Wen ich aber achte, den fordere ich auch!
Liebe Grüße
Peter

P.S. Übrigens ist ein russisches (kyrillisches) P ein deutsches (lateinisches) R.,ein russisches (kyrillisches) R gibt es ja nicht, wie du selbst schriebst
Vor langer Zeit - Antworten
DoktorSeltsam Sorry, Bruder, aber manchmal wünsche ich mir zu erfahren, was Tucho über Putin gesagt hätte. Oder Heine. Dass wir es hier mit einem Propaganda-Krieg allererster Güte - und das im Übrigen von beiden Seiten! - zu tun haben, geschenkt! Dass ich aber den Herrn Putin für seine kluge Zurückhaltung, seine weise Art zu differenzieren und überdies für den machtvoll-dynamischen Umgang mit der Meinungsfreiheit und den Menschenrechten zu schätzen hätte, dass erschließt sich mir nicht. Um nicht zu sagen, das wäre ein Witz. Das beinhaltet ausdrücklich, dass ich die Herren Obama und Bush jun. für Vereinsmitglieder derselben Mischpoke halte, Folterknechte nämlich, Dummschwätzer und machtversessene Wichser. Ich war leider noch nie gut darin, meine Worte sorgsam zu wählen - aber wer wüsste das besser als du? ;-)

TePer

P.S.: Ich gebe zu, der Titel hat mich auch irritiert!

P.
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hallo Peter,

ach herrje, so wollte ich den Text ja nun gar nicht verstanden wissen. Du hast natürlich insofern recht, dass man's durchaus so auffassen kann. Natürlich hätte ich rausarbeiten können, dass ich tatsächlich ziemlich gut in Russisch war, weil ich die Sprache, die ja glatt von einem Mathematiker entworfen sein könnte, so arg logisch fand (mal abgesehen vom fünften Fall, den man auch ruhig anderswo hätte einsortieren können). Das mit den Geschlechtern der Substantive haben sie prima gelöst, die Deklination ist weitgehend trivial, der Satzbau sowieso, und was die Grammatik insgesamt angeht, halten sich Ausnahmen angenehm in Grenzen. Sehr lustig fand ich immer die aus dem Deutschen in die Sprache hineingesickerten Begriffe wie »Halstuch« (gesprochen dort ja »Galstuch«) oder »Rucksack«.
Was die von dir erwähnte Arroganz angeht: Hm, seh ich gar nicht so. Ich mag bspw. auch sehr gern amüsante Abhandlungen (dürfen auch gern ein bisschen gehässig sein) über die deutsche Sprache und ihren Zack-Zack-Klang. Beim x-ten »Blitzkrieg« rolle ich dann zwar auch mit den Augen, aber insgesamt darf man sich, finde ich zumindest, ruhig darüber lustig machen. Kultur, Literatur, etc. wertet das ja nicht ab, im Gegenteil: Es zeigt nur auf, dass der Kritisierende die entsprechenden Werke wohl nie erfassen können wird.
Politisch wollte ich auch ganz und gar nicht sein übrigens. Ich hab diesen ganzen Ukraine-Kram satt, eigentlich schon, seit die Berichterstattung begonnen hat. Dass das übrigens daran lag, dass ich sie als westliche Propaganda empfunden hab, hab ich schon mal irgendwo erwähnt. Der Putin ist sehr wahrscheinlich ein Arschloch, aber dumm ist er nicht, genauso wenig wie die Russen insgesamt (Im Gegenteil, was zumindest die Russen angeht, die ich kennengelernt habe!). Dargestellt wird es aber doch gerne so, und das hat mich genervt. Mal davon abgesehen, dass keinerlei Hintergründe zur russischen Sicht erläutert wurden, aber gut, wie gesagt, ich bin da durch.
Immerhin: Dass ich die Geschichte mit den Büchern im Nachhinein selbst ziemlich dämlich finde, kommt ja hoffentlich wenigstens heraus.

Nichts für ungut, Kritik ist natürlich angekommen!

Viele Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Verzeih, Thomas,
ich war da wohl etwas übereifrig!
Das ist eben der Nachteil, wenn man schreibt. Man packt alles hinein, ohne die Gegenrede des Anderen zu Einzelheiten zu hören. Aber im Moment bin ich auch etwas empfindlich gegenüber Allem, was das Thema deutsch - russischer Beziehungen auch nur streift, weil überall gewisse Ressentiments zu spüren sind.
Ich hätte nie gedacht, dass deutsche Propaganda jemals wieder so erfolgreich wird!
Ich bleib dir jedenfalls treu. Liebe Grüße
Peter
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Ach, Brüderchen,
das war gar nicht mein Thema!
Aber, wie ich Thomas (weiter unten) schrieb, sehe ich in deiner Reaktion, den, für mich erstaunlichen, Erfolg neuer deutscher Propaganda (das wäre schon ein Ministerium wert).
Ich schreibe über die russische Sprache, die Identifikationsmerkmal aller Russen ist, und du assoziierst - gleich PUTIN, vielleicht auch STALIN! Was ist mit Tolstoi, Puschkin, Tschaikowski, Mendeljejew etc. pp. ?
Nur weil ich deutsch spreche, hab ich noch lange nichts gemein mit Gauck, Merkel oder gar Hitler! Und doch fühle ich mich wohl, bei Marx, Heine, Goethe, Beethoven, Tucho, Luxemburg, sogar bei Weizsäcker und so vielen Anderen mehr!
Also, sei sanft und glaub mir, ich denke nur das, was ich schreibe.
Liebe Grüße
reteP
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Hallo Peter,

ich wollte einen Kommentar nicht in Abrede stellen. Im Gegenteil, fand ich deinen Standpunkt sehr interessant. Selbst bin ich gar nicht auf den Gedanken gekommen, meinen eigenen Text allzu politisch zu sehen. Ich sag ja immer, wäre ich Politiker geworden, ich hätte mich längst um Kopf und Kragen geredet. Du hast ja mit allem recht, ich könnte nicht mal widerlegen, dass man meinen Text so auslegen kann, wie du sagst. Und ja, zeitlich gesehen kommt der natürlich auch noch besonders doof.

Dabei geht es mir, wie ja bereits gesagt, genauso, was die hiesige Propaganda angeht. Besonders ärgerlich, eher schon perfide, ist die Tatsache, dass man für diese einseitige Berichterstattung auch noch Zwangsgebühren zahlen muss, denn nicht mal (Oder gerade?) die Öffentlich-rechtlichen bemühen sich um ein wenig umfassendere Darstellung der einzelnen Seiten. Man kann wirklich viel über die russische Regierung schimpfen, das ist schon wahr, aber wie sich die EU den USA anbiedert, einer Nation, die sich Folter-LAGER rund um den Erdball hielt oder hält, dann muss man diese ganze Schwarz-weiß-Malerei doch ganz schön in Frage stellen.

Viele Grüße
Thomas

PS: Der Titel meines Textes ist leider tatsächlich etwas provokant geraten. Das war natürlich einerseits Absicht, sollte hinterher aber durchaus selbstkritisch zu verstehen sein.
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