Nach dem Ende der Archontenherrschaft und der Stilllegung der Lebensschmiede, steht Kellvian vor der Aufgabe, die vor Helike gestrandete Armee Cantons sicher zurück zu bringen. Bevor sie die Stadt jedoch auch nur verlassen können, erhalten sie Nachricht von einem Totgeglaubten. Und in der Heimat ziehen bereits dunkle Wolken auf. Andre de Immerson hat seine Pläne, sich das Kaiserreich mit Gewalt untertan zu machen, noch nicht aufgegeben. Und ohne eine Armee ist alles, was zwischen
ihm und der Krone steht eine kleine Gruppe heruntergekommener Abenteurer und eine Handvoll Zauberer.
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Quinn konnte es nicht vermeiden, Kiara erneut für die Situation zu verfluchen, in die sie ihn gebracht hatte. Vor einem Jahr hätte er sie vermutlich ausgelacht, wenn sie ihm das Amt des ordensoberen angeboten hätte und sie gleich nach seiner Ernennung verbannen lassen. Wenn er sie nicht sogar getötet hätte. Jetzt fragte er sich nur, was in sie gefahren war, ausgerechnet ihn ausgerechnet jetzt dazu zu machen. Er hatte ja nicht einmal die Wahl. Die Alternative wäre, den Orden endgültig zerbrechen zu lassen. Ohnehin war kaum
etwas davon übrig. Die Zauberer waren überall zerstreut und er alleine. Er würde sie finden müssen, wie Quinn immer klarer wurde. Irgendwie. Er alleine würde den bisherigen Verlauf dieses Kriegs nicht ändern. Es war eine Zwickmühle… Und er wurde das Gefühl nicht los, das Kiara genau darauf abgezielt haben könnte. Diese Frau schien es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, ihm, selbst jetzt, wo sie verschollen war, noch so viele Stolpersteine wie möglich in den Weg zu legen. Die Hochzeit war dabei noch der geringste. Einem entfernten Teil von ihm hatten die kurzen Feierlichkeiten ja
sogar gefallen. Solange, wie sie gewährt hatten, zumindest. Auch wenn das ganze eher unförmlich abgelaufen war, es hatte beinahe Spaß gemacht. Bestimmt war auch Kellvian die Ironie nicht entgangen, das ihn nun der Mann traute, der ihn einmal hatte töten wollen. Allein die Vorstellung kam Quinn jetzt seltsam vor. Sicher, er wusste nicht wirklich, was er von dem jungen Kaiser halten sollte, aber Götter, der Mann war offenbar ganz in Ordnung. Zumindest im Vergleich zu Andre. Quinn hatte den Wahnsinn gesehen, der den Lord gepackt hatte. Wahnsinn, der sich in endlosen Bächen aus geschmolzenen Stahl und geradezu fantastischen Kriegsmaschinen
niederschlug. Und hier erhielt er den Beweis erneut. Er und der Gardist, Roland, hasteten durch die Seitenstraßen Varas in Richtung der Tore. Ihnen auf dem Fuß folgten gut hundert bewaffnete Musketiere in den blauen Uniformen der kaiserlichen Leibwache. Die Elite der gesamten Garde. Kellvian würde die Hauptstreitmacht des Feindes in der Stadt binden. Sie hingegen mussten nichts weiter tun, als die Tore zu sichern und die Falle damit zuschnappen zu lassen. Wenn Andres Männer keinen Rückzugsort mehr hatten, konnten sie sie in die Zange nehmen. Ihre Zahlenmäßige Überlegenheit würde dann nur noch eine begrenzte Rolle spielen.
Der Zauberer konnte den Lärm der bereits tobenden Schlacht bis hierhin hören und noch immer Schlugen vereinzelt Kanonenkugeln in Gebäude oder rissen das Pflaster der Straße auf und brachten die Erde unter ihren Füßen zum Zittern. Andre musste seine Artillerie auf einem Hügel vor der Stadt positioniert haben und beschoss jetzt einfach jeden Teil Varas, den seine Truppen noch nicht gesichert hatten. Quinn bezweifelte jedoch, das der Herr Silberstedts selber hier war. Wenn, dann wären sie vermutlich längst überrannt worden. Die komplette Armee des Aristokratenbundes hätte die Stadt
innerhalb weniger Herzschläge besetzt. Vermutlich hatten sie es also nur mit einer kleineren Abteilung zu tun, die sich Vara unbemerkt genähert hatte. Das war zumindest etwas, dachte er, während er bereits die Stadtmauern erkennen konnte. Roland führte sie durch eine Gasse, die für Varas Verhältnisse schon fast ein Slum war. Zwar war auch hier die penible Ordnung zu sehen, die Straßen waren frei von Unrat und die Gebäude sauber gestrichen, aber es gab weniger Verzierungen und allgemein waren die Häuser kleiner und gedrungener. Wirklich viel Gelegenheit sich umzusehen, blieb ihm jedoch nicht.
Grade, als Quinn schon glaubte, sie würden die Mauer jeden Moment erreicht haben, tauchte plötzlich eine Ansammlung grau uniformierter Gestalten aus einer Seitenstraße auf. Verflucht. Offenbar war es Kellvian doch nicht gelungen, die komplette Streitmacht zu beschäftigen. Oder die Heerführer waren geistesgegenwärtig genug gewesen, den Frontalangriff als Ablenkung zu erkennen… Am Ende spielte es ohnehin keine Rolle. Sie standen ihm im Weg. Feuer brach aus seinen Fingerspitzen hervor und sammelte sich wie eine Flüssigkeit in seiner Handfläche. Bevor er jedoch dazu kam, den Zauber auch zu entfesseln, riss
Roland ihn bereits am Arm herum. Die Flammen erloschen, als der völlig überraschte Magier von der Gasse in eine weitere Seitenstraße gezogen wurde, weg von den Männern aus Silberstedt. ,,Seit ihr Wahnsinnig ?“ , fragte er, als Roland ihm bedeutete, weiter zu rennen. Die übrigen Gardisten folgten, ohne auch nur einen Moment zu zögern. ,, Wir haben keine Zeit für so etwas.“ , erklärte der Kommandant nur. ,, Das ist was sie wollen. Wenn wir uns auf ein Scharmützel einlassen, können sie uns aufhalten. Wenn sie uns aufhalten, gefährdet das den Kaiser. Ich werde mich nicht darauf einlassen.“ ,, Und was sollen wir dann tuen, bitte ?
Die Tore sind in dieser Richtung.“ ,, Ich weiß. Wir nehmen nicht den direkten Weg. Wenn es uns gelingt, die Mauer zu erreichen und hinauf zu kommen, können wir darüber bis zum Tor vordringen.“ ,, Bitte was ? Damit schreien wir ihnen ja praktisch zu, hey bitte erschießt uns. In Richtung Stadt gibt es da oben keine Deckung. Wenn man uns bemerkt, sind wir Tod.“ Roland grinste. ,, Berufsrisiko. Los Männer, sehen aus, als wäre der Herr Zauberer hier ein kleiner Feigling. Zeigen wir ihm, was Mut bedeutet.“ Quinn knirschte nur angespannt mit den Zähnen, während vor ihnen einer der
Aufgänge zum Wall in Sicht kam. Stufen aus honiggelbem Stein, die über einen Absatz nach oben führten. Roland war schon halb die Treppe herauf, bevor Quinn sich auch nur überwinden konnte ihm zu Folgen. Wenn auch nur ein paar Schützen aus der Armee, die sich dort unten eine Schlacht lieferte, sie bemerkte, war es vorbei. Noch schlimmer, sollten die Kanoniere draußen vor der Stadt sie entdecken. Er trat auf die Mauer hinaus und verbot sich einfach, weiter darüber nachzudenken. Roland bedeutete ihnen, ihm einfach zu Folgen. Von hier oben konnte Quinn fast die gesamte Stadt überblicken. In der Ferne
konnte er das eingestürzte Dach des Patrizierhauses erkennen. Durch den Beschuss waren an mehreren Orten Feuer ausgebrochen und dunkle Rauchsäulen stiegen zum ansonsten klaren Himmel auf. Und nur einige Straßen von der Mauer entfernt, auf einem der großen Hauptwege Varas, standen Andres und ihre Streitkräfte. Auf die Entfernung konnte er nicht sagen, welche Seite die Oberhand hatte. Nur das Klirren von Stahl und vereinzelte Schüsse drangen bis hier herauf. Es spielte auch keine Rolle, dachte Quinn. Wenn sie ihre Aufgabe richtig machten, würde sich das Blatt in jedem Fall zu ihren Gunsten
Wenden. In diesem Moment jedoch zuckte ein einzelner, greller Lichtblitz über das Schlachtfeld im Herzen der Stadt. Quinn wurde geblendet, bevor er noch dazu kam, seine Augen abzuschirmen. Er kannte dieses Licht, kannte es nur zu gut. Auch die anderen sahen es und erstarrten, wo sie waren. ,, Roland, Bewegung, wir haben keine Zeit zu verlieren.“ Quinn packte den Kommandanten am Arm und zog ihn mit sich. Diesmal war er es, der die Männer zur Eile antrieb. Jetzt hatte er auch jeden Grund dafür. Wenn Andre wieder diese seltsame Lichtwaffe einsetzte, würde es dort unten jetzt schnell hässlich
werden. Quinn hoffte nur, die Kriegsmaschine wie eine Kanone nicht gleich wieder feuern konnte… Mittlerweile konnte er das Tor und den Platz davor schon sehen. Es war ein einziges Blutbad. Tote Wächter wie Soldaten lagen auf dem Pflastersteinen verteilt oder färbten das Wasser des Brunnens direkt hinter dem Tor rot mit Blut. Aber offenbar hatten die Verteidiger auch ihren Gegnern einiges abverlangt. Zwischen den Panzern der Stadtgarde zeichneten sich auch dutzende von grauen Uniformen ab. Die schweren Torflügel selbst standen weit offen. Sämtliche Bolzen, die diese einstmals gesichert hatten waren herausgezogen
und lagen auf dem Boden davor, wenn die Füße von tausenden Kämpfern sie nicht schon vor sich her getragen hatten. Das war nicht gut, dachte Quinn, aber ein einzelner Bolzen würde ausreichen, die Tore erst einmal zu sichern. Ihr Plan schien aufzugehen. Der Zauberer wollte sich grade den Weg eine Treppe hinab machen, die zu einer Nebenstraße führte, von der aus man den Platz erreichen konnte, als Roland ihm abermals zurück hielt. Der Griff des Kommandanten war jedoch diesmal fast schmerzhaft und Quinn hatte schon halb einen Fluch zu Recht gelegt, als ihm auffiel, wieso der Mann ihn schon wieder aufhielt. Roland deutete über die Zinnen der Mauer
hinweg zu den Hügel, die Vara umgaben. Der Zauberer konnte die Schützenstellungen sehen, die Andres Männer dort bezogen hatten. Reihen aus in der Sonne blinkenden Geschützen, die auf die Stadt gerichtet waren. Aber das war es nicht, was die Aufmerksamkeit des Mannes auf sich gezogen hatte. Hinter den Stellungen, im Schatten der Bäume eines nahen Waldes, bewegte sich etwas. ,,Seht euch das an, Zauberer…“ , meinte Roland düster. Götter, Andre konnte doch unmöglich grade jetzt Verstärkung bekommen, oder? Dann jedoch geschah etwas seltsames. Die Kanoniere auf dem Hügel bemerkten die Gestalten, die sich
ihnen näheren wohl auch… Einige griffen noch zu den Waffen und im nächsten schlug eine große Dampfwolke unter den Zweigen hervor, gefolgt vom Ohrenbetäubenden Glockenschlag von hunderten, gleichzeitig abgefeuerter Musketen. Die Kanoniere brachen getroffen zusammen, warfen sich grade noch in Deckung oder versuchten tatsächlich, die schweren Geschütze noch mit vereinten Kräften auf den neuen Feind zu wenden. Vergebens. Eine zweite Säule aus Pulverdampf folgte der ersten und auch die letzten Verteidiger ergaben sich. Es hatte nicht einmal zehn Minuten gedauert. Quinn verfolgte das Schauspiel vor den Stadttoren mit
zunehmender Unruhe. ,, Wer ist dort oben ?“ , wollte er von Roland wissen, als seine Frage sich auch schon von selbst beantwortete. Ein einzelner Reiter trat unter den Bäumen hervor. Die hellblonden Haare waren auch auf die Entfernung hin zu erkennen. Ihm folgte ein scheinbar endloser Zug aus weiteren Berittenen, Infanteristen und Geschützwagen. Es war beinahe, als sei der Wald lebendig geworden und spucke nun nach und nach einen Soldaten nach dem anderen aus. Und über den Köpfen der Männer wehte das Doppelbanner des Kaiserreichs… Quinn traute seinen Augen nicht. Erst, als Roland neben ihm einen lauten
Jubelruf ausstieß, war er völlig überzeugt, nicht bloß zu träumen. ,, Das ist Falvius mit seinen Leuten. Das muss er sein.“ Der Kommandant reckte eine Faust zum Himmel, als wollte er den Göttern danken. ,, Wir sind gerettet…“ Auf ein stummes Zeichen hin setzte sich der gesamte Zug der Soldaten auf einen Schlag in Bewegung und preschte auf die Tore zu. Bevor Quinn auch nur wusste, wie ihm geschah, waren die ersten Reiter bereits hindurch und fielen Andres Heer in den Rücken, das sich nach wie vor einen Schlagabtausch mit Kellvians verbliebenen Männern lieferte. Als sie sahen, das sie plötzlich von zwei Seiten
angegriffen wurden, suchte mehr als einer sein Heil in der Flucht, rannte in die Seitenstraßen davon oder versuchte einen Weg aus der Stadt hinaus zu finden. Der Großteil des gegnerischen Heeres zog sich nach Südosten zurück, während die beiden Heere, nun vereint, ihnen durch die Straßen Varas nachsetzten. Es war ein Ehrfurcht gebietender Anblick, einmal die kaiserliche Garde in voller Schlagkraft zu sehen. Die wenigen von Andres Männern, die es irgendwie aus der Stadt heraus schafften, bevor die Falle endgültig zuschnappte, würden das sicher nicht so schnell vergessen, dachte er. Roland neben ihm hegte offenbar
ähnliche Gedanken. Die Schwertspitze vor sich auf dem Boden abgestützt und beide Hände auf dem Knauf liegend, lächelte er. Ein düsterer , grimmiger Ausdruck, der jedoch irgendwie Ansteckend zu sein schien. Sie hatten hier heute einen Sieg davon getragen. Doch um welchen Preis, das würde sich erst noch zeigen müssen, wenn sie die Verluste zählten. Ein Blick hinab auf die blutüberströmte Hauptstraße sagte ihm bereits, das es zu viele waren Wie immer die Zahl auch lauten mochte. Siegestaumel und die Gewissheit, dass er bald vorbei sein würde, verbanden sich zu einer seltsamen Mischung aus Emotionen in deren Sog Quinn kaum
mitbekam, wie er schließlich die Treppen von der Mauer hinab stieg und sich auf den Weg zu der Stelle machte, wo Falvius seine Truppen sammelte. Einige letzte, fliehende Soldaten kamen ihm entgegen. Er ließ sie gewähren und durch die Tore entkommen. Selbst wenn sie es bis zu Andres Hauptstreitmacht zurück schafften würden sie dort bestenfalls Angst sähen… und den Zorn des Herrn von Silberstedt wecken. Jetzt stand ihnen etwas bevor, das ihm schon in der Ordensburg zu schaffen gemacht hatte. Herausfinden, wer seiner…. Freunde, ein seltsame Wort, diesen Tag überlebt hatte. Quinn stieg über einen toten Gardisten
hinweg. Einen Bär-Gejarn, den er in einem kurzen Moment fast für Syle gehalten hätte. Aber Syle trug Blau und der Mann war selbst für einen Bären groß. Der hier wäre grade einmal so hoch wie Quinn selbst. Der Zauberer ignorierte den Toten wieder und ging, gefolgt von den anderen, dem Heer ihrer Retter entgegen.
Terazuma Jaaaa eindeutig, du hast die Gabe für große Auftritte, was? XDDD Und so richtig mitreißend beschrieben ist es auch noch! ^^ Ich meine jetzt noch die Fanfahren in meinen Ohren klingeln zu hören! Auch wenn keine ausgestoßen wurden, man bekam das Gefühl einfach beim Lesen. ^^ LG Tera |
EagleWriter Etwas Epik darf auch mal sein. So als Ausgleich für ,,Drama!"^^ Und es wird wohl nicht bei der einen bleiben. Immerhin ich will einen krieg beschreiben, der einen ganzen Kontinent betrifft lg E:W |
abschuetze Sehr schön, das war ja echt Timing. Nun muss Zyle für seine Tat gerade stehen^^ denke ich LG vom Schützlein |
EagleWriter Mal sehen :-) lg E:W |
EagleWriter Mal sehen :-) lg E:W |