Nach dem Ende der Archontenherrschaft und der Stilllegung der Lebensschmiede, steht Kellvian vor der Aufgabe, die vor Helike gestrandete Armee Cantons sicher zurück zu bringen. Bevor sie die Stadt jedoch auch nur verlassen können, erhalten sie Nachricht von einem Totgeglaubten. Und in der Heimat ziehen bereits dunkle Wolken auf. Andre de Immerson hat seine Pläne, sich das Kaiserreich mit Gewalt untertan zu machen, noch nicht aufgegeben. Und ohne eine Armee ist alles, was zwischen
ihm und der Krone steht eine kleine Gruppe heruntergekommener Abenteurer und eine Handvoll Zauberer.
Bildquelle Michaela Schöllhorn / pixelio.de
Kellvian blinzelte, als er das Bewusstsein wieder erlangte und wünschte sich im gleichen Moment noch Ohnmächtig zu sein. Er lag auf dem Boden, trotzdem schien die Welt um ihn herum sich zu drehen. Blut tropfte aus einer Platzwunde an seinem Kopf auf den Boden und hatte sich dort bereits zu einer kleinen Pfütze gesammelt. Seine Sicht verschwamm, als er einfach ruhig liegenblieb und darauf wartete, dass die Schmerzen nachließen. Vor ihm auf dem Holzparkett lagen
Trümmer und Glassplitter verteilt. Und noch etwas anderes. Ein grüner Stein in einer silbernen Fassung. Das Juwel dar dunkel und von Rissen durchzogen, die Kette zerstört und in einzelne Teile zerfallen. Jiy… Er versuchte sich mit einem Arm hoch zu stützen. Sonnenstrahlen drangen von oben durch das Dach der Halle. Oder dort, wo dieses einmal gewesen war. Ein gewaltiges Loch klaffte dort, wo er eben noch gestanden haben musste. Ziegel und Holzbalken hingen lose herab, während der Boden darunter ebenfalls eingebrochen war. Das war eine Kanonenkugel gewesen, dachte er. Aber wo bitte war die
hergekommen? Jemand packte ihn und zerrte ihn unsanft auf die Füße. Es war Lucien, der ihn mit einer Hand stützte, während er in der anderen eine gespannte Armbrust hielt. ,, Hoch mit euch, Herr. Wir haben ungebetenen Besuch. Und der ist offenbar schlimmer als die Verwandtschaft. Ich fürchte wir müssen denen erst die Tür zeigen.“ Kellvian glaubte in diesem Moment Lucien etwas zu verstehen. Der Mann schien einfach etwas dafür übrig zu haben, der Gefahr mit Humor zu begegnen. So verquer dieser auch sein mochte. Er keuchte, als sein Körper über die
grobe Behandlung protestierte. Blut tropfte auf dem Boden. Es war nur die Platzwunde, wie Kell erleichtert feststellte, als er schwankend stehen blieb. Ansonsten schien er zumindest nicht schwerer verletzt. Jede Menge Prellungen, die würden aber verheilen. ,,Wo ist Jiy ?“ Er drängte sich an dem kaiserlichen Agenten vorbei. Im Saal herrschte Chaos. Dutzende Verletzte oder Verängstigte Adelige und Bürger hatten sich in die Ecken der Halle zurückgezogen. Andere lagen regungslos auf dem Boden. Tot oder wie er Ohnmächtig oder betäubt. Kellvian zwang sich, den Blick über die Toten wandern zu lassen. Nicht Jiy,
wiederholte er einfach immer wieder. Götter, das hier war seine Schuld. Er hatte noch darauf bestanden. Kellvian wusste nicht, wie Andre davon hatte wissen können, wie er seinen Angriff so genau hatte abstimmen können, aber es war geschehen. ,, Ich bin hier.“ , meldete sich eine Stimme links von ihm und er atmete erleichtert auf. Jiy saß, wie er mit Staub und Schmutz überzogen, während Eden ihr wieder auf die Füße half.. Aber sie war am Leben. ,, Alles in Ordnung bei dir ?“ , wollte er wissen. Sie nickte nur. ,, Wir… müssen uns um die anderen
kümmern.“ Kellvian gab ihr Recht. Trotzdem musste er dem ersten Impuls wiederstehen, erst einmal sie in Sicherheit zu bringen. Zyle stand einige Schritte weiter und starrte stumm auf das Chaos. Stadtwachen und Gardisten hasteten durcheinander, während Roland ihnen bereits Anweisungen erteilte. Zu seiner Erleichterung entdeckte er auch bald Quinn, Syle, Melchior und die anderen. Cyrus ging bereits mit Erik die Reihen der Verletzten durch, während der Schiffsarzt tiefe Schnitte abband, Wunden säuberte und alles tat, was im Augenblick wohl in seiner Macht stand. Aber im Augenblick waren diese Leute
trotzdem desorganisiert und wussten nicht wohin. Kellvian sammelte sich. Er legte Jiy kurz eine Hand auf die Schulter, dann trat er in die Mitte des Saals hinaus. Jetzt brauchten diese Leute erst einmal einen Anführer. ,, Herhören.“ , rief er. Die Gardisten hielten inne, wo sie waren und auch die meisten anderen Anwesenden wendeten sich ihm zu. ,, Die Stadt wird angegriffen und uns bleibt nicht viel Zeit. Erik, ihr , Cyrus, Eden …. und Jiy kümmert euch hier weiter um die Verletzten. Seht euch auch Zyle an. Zachary kann euch Schutz geben, falls irgendetwas… geschieht.“ Jiy warf ihm einen Blick zu, der schon besagte, dass
sie protestieren wollte. ,,Bitte.“ , fügte er leise hinzu. Er improvisierte grade, aber der Schock saß ihm noch in den Knochen. ,,Wenn es weitere Verwundete gibt, schaffen wir diese ebenfalls hierhin. Quinn und Roland. Ich will das ihr die Gardisten sammelt und nach draußen auf die Hauptstraße führt. Die Tore sind durchbrochen und wir brauchen sie zurück.“ Roland nickte, während der Magier schon die Garde zusammenrief. Darunter Syle und Lucien. Melchior löste sich ebenfalls aus den Reihen der wartenden Gäste. ,, Und was werdet ihr tun ?“ ,, Ich, Syle, Lucien und ihr, wenn ihr mitwollt, ziehen mit der Stadtwache.“
Roland war mit seinen Leuten vertraut, es war also das Beste, ihm auch das Kommando über diese zu überlassen. Und Quinn würde die ihnen fehlende Anzahl wettmachen. Die Wächter Varas hingegen, wenn auch diszipliniert und zahlreicher, hatten wenig echte Kampferfahrung und konnten wohl zumindest einen kleinen Schub für ihre Moral gebrauchen. Wenn er sich ihnen anschloss würde das hoffentlich den richtigen Ansporn geben. Rasch gab er den Wachen, die sich bereits in der Halle befanden ein Zeichen, sich ihm anzuschließen. Roland tat das gleiche mit den Gardisten und hastete bereits die Treppe hinab, als Kellvian sich ihm
anschloss. Schon bevor er auf die Straße hinaus trat, konnte er den Lärm hören. War die Stadt bis vor wenigen Augenblicken noch totenstill gewesen, so durchbrachen jetzt Schreie und das Donnern on Kanonen die Ruhe. Kellvian konnte sehen, wie mehrere Geschosse in ein Haus nur einige Straßen weiter einschlugen. Holz und Stein wurde zerschmettert, als wäre es Papier und der gesamte Bau geriet ins Schwanken. Staub stieg auf, als Trümmer und Holzsplitter auf die Straße regneten. Kellvian zwang sich, sich von Anblick loszureißen. Erneut fragte er sich, wie Andre es geschafft haben konnte, genau den Moment abzupassen, in dem sich ihm
niemand in den Weg stellen würde. Er und Roland trennten sich, als sie die Hauptstraße erreichten. Während Kellvian versuchen wollte, sich direkt bis zu den Toren durchzuschlagen, hätte die Garde die besseren Chancen, wenn sie den Großteil der Streitmacht umginge. Wenn es überhaupt noch eine Chance gab, dachte er bitter, während er eine Geschäftsstraße entlanghastete. Die sündteuren Schaufenster aus Glas lagen in Scherben am Boden und spiegelten die Sonne wieder. Helligkeit und angenehme Wärme schienen ihrer Lage beinahe Hohn zu sprechen. Dann jedoch preschten die ersten Reiter über das Straßenpflaster auf sie zu. Die Männer
trugen graue Uniformen und trieben ein Dutzend Stadtwachen vor sich her, die dem Sturmangriff wenig entgegenzusetzen hatten. Weitere grau uniformierte Soldaten folgten ihnen, entweder ebenfalls Beritten oder Schwerter und Pistolen schwingend zu Fuß folgend. Kellvian zog das Schwert. Jetzt galt es, dachte er und fühlte wie ihm Angstschweiß den Rücken hinab lief. Hoffentlich hatten sie hier wirklich den Hauptteil der Streitmacht vor sich. Dann konnten Roland und Quinn die Tore zurück gewinnen und verhindern, das noch mehr von Andres Männern nachkamen. Selbst mit denen, die er hier
vor sich hatte, würden sie sicher kein leichtes Spiel haben. ,, Hellebardenträger nach vorne.“ , befahl Kellvian, ,, Linie bilden und duckt euch, sichert die komplette Straße ab. Syle, bringt alle Schützen dahinter in Position, so dass sie über ihre Schultern hinweg zielen können.“ , Ja, Herr.“ Der Gejarn zögerte nicht, sondern verschwand, Anweisungen erteilend, in der Menge. Diese verwandelte sich innerhalb weniger Herzschläge von einem unorganisierten Haufen Kämpfer in eine dichte Wand aus blitzendem Stahl und gähnender Gewehrläufe. Keinen Moment, bevor sie die ersten Kavalleristen erreichten. Die
Pferde krachten mit voller Wucht in den Speerwall. Ungebremst, spießten sich Tiere und Reiter gleichermaßen selbst auf, wenn diese nicht rechtzeitig absprangen. Nun hatten auch die Fußsoldaten sie erreicht. Die ersten Schüsse lösten sich auf beiden Seiten. Stahl prallte auf Stahl. Kellvian hielt sich in der ersten Reihe seiner Leute, verlor aber schon bald die Übersicht. Die Linien, wo die beiden Heere aufeinandertrafen, verschwommen Zusehens. Er versuchte nur noch, irgendwie, seinen Platz zu behaupten. Kellvian parierte den Hieb eines übereifrigen Reiters, der ihm im Vorbeiziehen enthaupten wollte und stieß
nach den Beinen des Pferds, das daraufhin seinen Herrn abwarf. Ein Bolzen von Lucien fällte einen Mann, der in seine Flanke gelangt war und plötzlich war auch Syle an seiner Seite. Der Gejarn hatte das Gewehr offenbar gegen eine Hellebarde getauscht und ging damit um, als wäre es eine Sense. Erstaunlich effektiv. Den kräftigen Hieben hatten die wenigsten von Andres Männern etwas entgegenzusetzen und wenn die hinter ihnen nachrückenden Männer keinen Platz machten, blieb ihnen nicht einmal mehr, der sirrenden Klinge auszuweichen. Langsam aber sicher erschuf Syle einen mehrere Schritte breiten, freien Bereich um sich,
in den sich keiner seiner Gegner mehr hineinwagte. Frustriert schleuderte der Bär die inzwischen rot gefärbte Waffe in ihre Reihen und hob stattdessen einen verlorenen Degen wieder auf. Das Blatt wendete sich, dachte Kellvian überrascht. Wie es aussah, hatte er alles richtig gemacht. Er atmete erleichtert auf. Noch war es jedoch nicht vorbei. Die Front aus grau uniformierten Soldaten wich unter stetigen Verlusten zurück. Zurück zu den Toren, die Roland hoffentlich mittlerweile geschlossen hatte. Dann würden sie Andres Männer schlicht in die Enge treiben und zum Aufgeben zwingen. Er wollte nicht mehr von ihnen töten, als nötig war. Schon
alleine, weil er hoffte, das ihm einer sagen konnte, wie Andre sie derart überlistet hatte. Was hatte Zyle gesagt… Er meinte das sei alles seine Schuld? Das ergab doch keinen Sinn. Sicher, der Schwertmeister war zu spät gekommen, aber das würde ihn niemand zum Vorwurf machen. Er hatte sie immer noch früher als alle anderen gewarnt. Oder konnte es sein das… Kellvian musste an Laos denken. Nein. Das konnte nicht sein. Das durfte erst gar nicht sein. Wenn Ismaiel Zyle benutzt hatte… Götter, warum hatte er nicht vorher daran gedacht? Die Angst kehrte mit Macht zurück. Er musste später ganz genau erfahren, was geschehen war.
Irgendjemand musste Zyle ja gesehen haben. Vielleicht war sein Verdacht ungerechtfertigt… ,, Treibt sie zu den Toren.“ , befahl er, während er sich dazu zwang, sich wieder der gegenwärtigen Gefahr zuzuwenden. ,,Treibt sie zurück, aber tötet sie nicht, wenn sie sich ergeben.“ Mittlerweile konnte Kellvian bereits die Stadtmauer sehen. Honigfarbener Sandstein bildete einen mehr dekorativen, als wirklich nützlichen, Wall. Aber dieser war immer noch stark genug, zumindest ein paar Stunden lang Beschuss standzuhalten. Zeit genug, normalerweise, damit die Verteidiger Varas sich im Ernstfall organisieren
konnten. Heute jedoch hatte ihnen das nichts genützt. Sie waren Verraten worden… Kellvian schüttelte die Gedanken erneut ab. Das wusste er noch nicht. Selbst wenn, war es bedeutungslos. Die Reihen von Andres Kämpfern teilten sich auf einmal. Kellvian fragte sich schon, ob sie vielleicht Befehl hatten aufzugeben und einen Unterhändler vorschicken wollten. Er hätte sich nicht mehr irren können. Die Männer traten zurück und gaben den Blick frei auf eine seltsame Konstruktion aus Holz und versilbertem Glas. Das Ganze war auf einem Karren montiert worden und erinnerte Kell entfernt an die Wind und
Licht-spiele, die man in manchen Gärten fand. Was war das denn? Die Spiegel waren alle so ausgerichtet, dass sie auf einen gemeinsamen Brennpunkt deuteten, direkt im Zentrum des Aufsatzes. Er sah die skeptischen Blicke einiger der Wachen. Gefährlich wirkte es erst einmal nicht. Unter anderen Umständen hätte er ihnen wohl auch zugestimmt. So jedoch verkrampfte sich seine Hand um den Schwertgriff. Irgendetwas ließ ihm die Haare im Nacken zu Berge stehen. Das Ding musste zerstört werden und zwar jetzt, bevor… irgendetwas geschah. Kellvian wollte grade den Befehl geben, den Karren unter allen Umständen zu sichern, als sich ein Lichtblitz von den
Spiegeln löste. Er sah nie, was wirklich geschah. Nur einen einzigen Bolzen aus reinem Weiß, der plötzlich auf ihre Reihen zu jagte. Kellvian schirmte das Gesicht mit der Hand ab, dann ging um ihn herum alles in einem Blitz aus Licht, Hitze und Lärm unter. Zum zweiten Mal an diesem Tag wurde er von den Beinen gerissen, als das Licht sich glatt durch die Reihen der Stadtwache brannte, Körper in Asche verwandelte und erst erlosch, als es eine Hauswand am Ende der Straße traf… Kell wurde durch die Luft geschleudert und schlug gnädiger weise nur auf dem Rücken auf. Kiesel und Steinkanten Schnitten tiefe Schrammen in seine
Haut, selbst durch die Kleidung hindurch. Er musste wohl geschrien haben, hörte aber selber keinen Ton. Das tosende Licht um ihn herum war nach wie vor vollkommen. Halb betäubt spürte er nur noch, wie ihn jemand grob hochzog und die Worte: ,,Melchior meint wir müssen hier weg, beeilt euch…“ , die aus weiter Ferne zu kommen schienen…
Dann verlor er erneut das Bewusstsein und wurde von der Dunkelheit verschluckt.
EagleWriter Nicht nur du ^^ lg E:W |
EagleWriter Nicht nur du ^^ lg E:W |
abschuetze das war's dann wohl mit Vara^^ |
EagleWriter Warte es mal ab :-) lg E:W |