Fast vierzig Euro
Sie war nicht mehr als eine Idee, die mich überwältigte, als ich das zehnte Bier trank und der Rauch mit dem Salz in der Luft an den Wänden kristallisierte. Vierzig Grad und keine Oasen im Raum. Meine Gedanken drehten sich im Kreis, kamen wie ein Bumerang immer wieder zu mir zurück. Sie stand an der Theke und sah mich an. Nicht so, wie Frauen einen ansahen, wenn sie auf einen Drink eingeladen werden wollten. Nein, eher so, wie Frauen, die Dir den Schwanz abschneiden wollen, weil sie die Männer hassen. Aber mein Schwanz war sowieso
Brachland seit Jahren. Was also hatte ich zu verlieren, außer ein Stück Land, das keiner bewirtschaftete. „Hey Süße, Bock auf ein Bier?“ Sie kam rüber. Ohne Antwort, ohne Mimik, ohne Aufregung, setzte sich neben mich und sagte nichts. Ich bestellte zwei Bier und wartete, bis Jimmy sie uns auf die Theke stellte. „Na denn mal Prost“, sagte ich, setze an und nahm mir einen kräftigen Schluck. Sie trank ihr Bier auf ex, knallte das Glas auf die Theke, griff mir in die Haare, zog mich zu sich herab und steckte mir ihre Zunge tief in den Hals. Ich musste fast würgen, hatte Angst zu ersticken und versuchte wie ein Irrer mich von diesem rieseigen Schlund zu befreien.
Aber sie war kräftig. Ihre Hände lagen wie Schraubzwingen an meinen Schläfen, während sie mir das Leben aus dem Mund sog. Erst ganz langsam, dann etwas stärker. So dass mir der Atem stehen blieb und ich Panik bekam. Kurz bevor ich sie wegstoßen wollte ließ sie ab von mir und sah mich erstaunt an. „Was ist los, Kleiner? Keinen Bock auf Schweinereien?“
„Klaro“, brachte ich noch heraus, dann nahm sie schon meine Hand und zog mich hinter sich her zu den Toiletten.
Sie presste mich an die Wand, öffnete meinen Reißverschluss und riss meine Hose nach
unten.
Ihre Lippen öffneten sich und dann nahmen sie mich in sich auf. Tief und unrettbar versank ich in einen Orkan aus Schmerz und Lust. Ich merkte, wie meine Eingeweide sich aus dem Unterbauch lösten. Erst mein Darm, dann auch meine Leber, die Nieren, die Milz, bis ich das Reißen an meinem Herzen spürte. Es wehrte sich, versuchte die Oberhand zu behalten. Doch nach wenigen Minuten gab es auf, glitt ihr entgegen und ergab sich in sein Schicksal. Die kondensierte Luft tropfte von den klebrigen Fliesen und sammelte sich in kleinen Seen auf dem Boden. Ich starrte an die Decke und ignorierte den
bevorstehenden Tod, so gut es ging. Und die Verdrängung klappte gut, besser als ich befürchtet hatte. Die Lust gaukelte mir Melodien vor. Ich stöhnte, keuchte und schrie. Ich griff ihr an den Hinterkopf und jagte ihr meine Erlösung so tief in ihre Seele, dass der Teufel Panflöte spielte.
Der Boden öffnete sich, die Flammen loderten an meinen Unterschenkeln entlang, verbrannten meine Haare und kleine Blasen bildeten sich auf meinen Beinen. Ich fing an zu kochen, zu verbrennen und dann wurde ich eins mit der Glut. Ein einziger Feuerball der sich selbständig machte und durch den Raum
eskalierte. Ich war der Teufel, das Feuer der Lust, das unwiderrufliche Ende der Menschheit. Ein Dämon, losgelassen auf die Seelen, die sich angsterfüllt in den Ecken versteckten.
„Ich glaube es reicht jetzt“, sagte Jimmy.
„Nein du Wurm“ schrie ich durch die Flammen, „Nein, es soll geschehen, was geschehen soll.“
„MIKE, ES REICHT JETZT!“
Jimmy stand vor mir und sah mich entsetzt an. „Zahl dein Bier und geh nach Hause, echt Alter“.
Ich sah mich um und sah kein Inferno. Keine Flammen, keine Teufel, keine Hölle und Gott verdammt niemanden. Die letzten Gäste hatten längst die Bar
verlassen. „Wo ist die Kleine, die da drüben stand?“
Jimmy lachte, klopfte mir auf die Schulter und rechnete meinen Deckel zusammen. "Die, die jede Woche mit dir die geilen Sachen macht? Keine Ahnung, ich hatte noch nicht das Vergnügen sie hier zu sehen. Stell mich nächstes mal vor.“
Er kassierte siebenunddreißig Euro und half mir zum Ausgang. „ Bis morgen, Mike. Schlaf deinen Rausch aus.“