Religion und Realität
Die Banken in Deutschland haben in den letzten beiden Jahrzehnten eine interessante Entwicklung durchgemacht. Grundsätzlich gibt es ein "Dreisäulenmodell", also die so genannte "Privatbanken", Finanzkonzerne wie die "Deutsche Bank" oder die "Commerzbank"; die öffentlichen Banken, beispielsweise die Sparkassen und schliesslich die "Genossenschaftsbanken".
International wird Deutschland schon recht lange als "überbankt" betrachtet; es gäbe hierzuland zu viele Banken, wird behauptet.
Beginnend mit dem Ende des kalten Krieges anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts setzte in Deutschland ein Konzentrationsprozess ein, der zu Übernahmen und weit reichenden Umgestaltung der Bankenlandschaft führte. Gleichzeitig, auch begünstigt durch die Übernahme der Gebetsmühlenartig als "marode" bezeichneten Wirtschaft der DDR, wurden in Deutschland immer mehr öffentliche Unternehmen "privatisiert" , also in Eigentum teilweise multinationaler Konzerne übergeführt.
Hinter diesen Massnahmen stand immer und steht noch heute der Glauben an den "freien Markt", obwohl dieser Glauben sich längst als Irrtum herausgestellt hat. Mythisch steht der "freie Markt" der sich zu ihm bekennenden Gläubigen auf einer Stufe mit anderen Illusionen, wie der "freien Liebe" oder der "freien Meinungsäusserung". Alles schön und gut in der Theorie, aber wenn Macht- und Profitinteressen berührt werden, ist es schnell vorbei mit der Freiheit.
Und jetzt haben wir den Salat. Nach dreissig Jahren gigantischer Profite, die die reichsten Menschen dieses Planeten noch reicher gemacht haben, stehen die Staaten, vor allem die, die die Religion vom hemmungslosen Kapitalismus zur Staatsdoktrin erhoben haben, für die unausweichlich entstandenen Verluste gerade.
Schöne neue Welt der intellektuellen Beweglichkeit, möchte man sagen, aber so schön ist es nicht, wenn die "frei gewählten" Regierungen der Welt auf Jahre und Jahrzehnte hinaus die Budgetherrschaft verlieren, um die Verluste der Kapitalkonzerne auszugleichen.
Aber wie bereits vor fast hundert Jahren von Kurt Tucholsky formuliert, ist Politik letztendlich die "Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen mit den Mitteln der Staatsgewalt.
Dies nur zur Einführung.Im Grossen wie im Kleinen
Zu den Konzernen, die seinerzeit vom Staat betrieben wurden, gehörte die Deutsche Bundespost.
Ein stattliches staatliches Unternehmen, also formal gesehen gesellschaftliches Eigentum, sollte verkauft werden.
Aber zuvor musste der Riese zerlegt werden.
So entstanden die Deutsche Telekom mit ihren Töchtern, die Deutsche Post AG , die Deutsche Postbank AG und die "DHL".
Und wer durfte kaufen ? Na klar, jeder , schliesslich gehörte die Post ja auch allen.
So wurde also der Papi der Nation angeheuert, den Deutschen die Aktien der Telekom zu verscheuern, was besonders schwierig war, weil die Deutschen Aktien eher misstrauisch gegenüber standen und in Geldanlagen sehr konservativ sind. Manfred Krug leidet noch heute unter dem Verlust seiner glaubhaften Unschuld, wenn man der Regenbogenpresse glauben darf.
Die auch entstandene Postbank mauserte sich im Laufe ihrer formalen Selbstständigkeit zu einem derart fetten Brocken, dass der Branchenprimus "Deutsche Bank" sich vor einiger Zeit den ersten Zugriff auf die Postbank sicherte. Bestimmt keine schlechte Entscheidung, gilt doch die Postbank als Bank der kleinen Leute, also exakt der "Zielgruppe" , die die "Deutsche Bank" vor einigen Jahren erfolgreich aus ihrem Kundenkreis entfernt hat, man wollte ja ein "Global Player" , also ein "WELTZOCKER" sein, was schliesslich auch gelang.
Um die Bank der Post ein wenig aufzuhübschen, griff der Vorstand zu einer bemerkenswert diskreten Offensive , man vermied hier die Plumpheiten anderer ehemaliger Staatsbetriebe, bei denen Bahnchef Mehdorn das wohl schlechteste Beispiel abgibt.
Die Postbank strukturierte sich ordentlich um, wurde regelmässig Testsieger im Bereich Onlinebanking und gilt mittlerweile als die Bank für den Zahlungsverkehr. Gleichzeitig wurde das Spargeschäft massiv ausgebaut. Den Kunden werden tatsächlich die "Finanzprodukte" angeboten, die dieser auch wirklich haben will.
Aber auch die Postbank kann nicht wiederstehen und hin und wieder wird versucht, den Kunden ganz ganz vorsichtig an den Roulettetisch zu locken, genauer gesagt, für Aktien und derlei Papiere zu interessieren.
Und so wohnen zwei Seelen in der Postbank Brust.Das Design bestimmt das Bewusstsein
Jede Bank macht Geschenke. Geschenke erhalten die Freundschaft. Kalender, Kugelschreiber, früher auch Feuerzeuge und Aschenbecher und, natürlich, Spardosen.
Wer wirklich auf sich hält, lässt ein Groschengrab im eigenen, unverwechselbaren Design entwerfen.
So auch die Postbank.
Die Form war schnell gefunden, ein Sparschwein soll es sein.
Und gelb natürlich, postgelb.
Aber das ist nicht originell.
Da fehlt was.
Etwas das innovativ ist.
Mit einer Message.
Am besten mit Bezug zur Börse.
Naja und da an der Börse bekanntlich keine Schweine agieren, sondern "Bullen" und "Bären" , war ziemlich schnell klar, eines dieser Tiere soll es sein. Der "Börsenbär" steht für die fallenden Kurse, der "Bulle" für die steigenden.
Und da der dumme Kunde nie verstehen wird, warum die Börse auch mal fallen muss, verschweigt die Bank diesen Fakt schamlos oder schamhaft, je nach Standpunkt.
Also Hörner an die gelbe Spardose, damit ist alles gut , oder ?
Nicht ganz. Denn meine sechsjährige Tochter, die am Weltspartag ihre Groschen zur Postbank brachte und mit dieser Spardose belohnt wurde, fragte ihren Vater nach den oben erwähnten Hörnern.
Und nachdem sie aufmerksam den Erklärungen ihres Vaters gefolgt war und einen kurzen Moment nach gedacht hatte, sagte sie nur kurz und knapp : " Aha, das ist also ein Bullenschwein."
Einer der wunderbaren Momente einer Vaterschaft, bei der man nur noch staunen kann, wie einfach die Welt doch sein kann, wenn nur die Perspektive stimmt.