Kurzgeschichte
Von Ungeziefer - bis laufenden Mülltüten

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"Über Tipps und Verbesserungsvorschläge freu ich mich."
Veröffentlicht am 26. November 2014, 18 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: Elena Okhremenko - Fotolia.com
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Über den Autor:

Das Leben hält viel bereit. Und so, im festen Glaube das alles einen Sinn hat, schreibe ich was auf der Seele liegt. Worte sind meine Sprache, selbst wenn Menschen dieses nicht verstehen.
Über Tipps und Verbesserungsvorschläge freu ich mich.

Von Ungeziefer - bis laufenden Mülltüten

irgendwo im hier und jetzt

schweiften Augen, ohne bewusst auf die Berge von Tassen und Tellern, um sie herum zu achten, durch ein kleines Wohnzimmer. Außer das flackern eines Computerbildschirmes, war es dunkel. Die junge Frau, die doch eigentlich in ihrer Blüte des Lebens stehen sollte, stattdessen seit Wochen nur in ihrer Wohnung saß, starrte mit weit aufgerissenen Augen, auf das immer wieder aufblinkende Symbol in einem Eingabefeld. ''Ob das Internet mir vielleicht sagen kann, wie schlimm es mir geht? Ich hab ja gerade eh nichts anderes zu

tun.'' So gab sie ein paar Worte ein. Danach hörte man nur das beständige Klicken der Maus. Ihr Testergebnis: schwere depressive Episode. ''Dem Testergebnis zufolge bin ich wohl stark depressiv. Bedrückt? Ja, passt. Müde? War ich denn in der letzten Zeit mal wirklich wach? Dies würde auch die Schlafstörungen erklären. Das Fehlen der Lust, etwas zu unternehmen? Kein wirkliches Interesse mehr am Leben? Hat das nicht jeder

Depressive? Starke Selbstzweifel? Hält sich in Grenzen. Vollkommen unnütz werde ich wohl noch nicht sein. Kaum noch Möglichkeit den Alltag zu bewältigen? Kommt wohl darauf an, was die Allgemeinheit als Alltag anerkennt. Hier steht, Sie sollten Ihre ausgeprägten Symptome nicht ignorieren. Na ja, würde ich das tun, hätte ich wohl nicht so einen Test gemacht. Wer denkt sich sowas nur aus? Qualifizierter Therapeut. Ihr Leben wieder in den Griff bekommen, Weg aus der Depression erarbeiten? Ja, nee, ist klar. Bei Depressionen handelt es sich um eine heilbare

Krankheit.'' Emely las sich diese Zeilen immer und immer wieder durch. In Gedanken schwirrten Fragen hin und her. ''Ja und nun? Dass ich depressiv bin, weiß ich. Und Depressionen sind heilbar? Mein Gott, ich bin seit so vielen Jahren krank. Es kommt immer wieder. Von Heilung merke ich nichts.'' Ein altbekanntes Summen unterbrach ihre Gedankengänge. ''Gott, du Mistvieh. Kannst du nicht jemand anderem auf den Geist gehen?'' Eine Fliege immer in Emely's Nähe. Egal, was die fünfundzwanzigjährige tat,

Musik hören, am PC spielen oder fernsehen. Das Tier war immer an Ihrer Seite. ''So sehr stinke ich doch nicht und so dreckig kann es hier auch nicht sein.'' Duschen war in den letzten Wochen so selten an der Tagesordnung wie das Aufräumen der Wohnung. Das ergab für sie alles einfach keinen Sinn mehr. ''Hier kommt doch eh keiner hin. Ich könnte tot sein und es würde keiner bemerken. Klar , Mama und Oma würden sich vielleicht wundern, dass sie nichts mehr von mir hören. Aber bis mich dann jemand fände, hätte ich wahrscheinlich

schon längst Schimmel angesetzt oder wäre eine Freude für jedes Krabbeltier. Für dich wahrscheinlich auch oder?'' Sie sah die Fliege dabei an , wie sie auf Emelys Tastatur landete. ''Gibt es Fettleibigkeit bei Fliegen? Wenn die mit meinem verwesenden Körper fertig wären, bestimmt.''

Als ob sie schon drauf wartete, leckte sie sich mit Vorfreude die Beine. ''Man will zum Festschmaus ja sauber sein was? Aber ich muss dich enttäuschen, ich atme noch.'' Tage später hatte sich nicht viel verändert. Außer, dass sie sich aufgerafft hatte, zum Arzt zu gehen, lediglich um sich

weiter krankschreiben zu lassen und einmal einzukaufen, bestanden Ihre Tage weiterhin aus Ablenkungen durch Ihren PC. Wobei es nur insofern half, dass sich im Kopf der jungen Frau nur noch mehr wirre Gedanken bildeten. Die Post im Briefkasten wartete immer noch darauf gelesen zu werden. Die Schimmelpilze in einem Topf in der Küche bildete bereits eine Kultur und stand kurz vor der Wahl eines Bürgermeisters. Die Mülltüten lernten langsam das Laufen.


Zwei Wochen später. Die Fliege hatte mittlerweile einen Namen bekommen. Emely hatte zwar oft darüber nachgedacht, dass Tierchen einfach zu erschlagen, doch hatte sie in den letzten Tagen so viel über das Leben nachgedacht, das ihr die Möglichkeit gar nicht so fremd erschien, dass dieses Ungeziefer ja vielleicht auch ein Bewusstsein haben könnte. Und wieso sollte man etwas töten, was einem doch gar nichts tat und trotz der Beleidigungen und Drohungen, es umzubringen, immer noch da

war? ''Du nervst mich zwar mit deinen Geräuschen, aber ich glaube ich will dich gar nicht töten.'' Zum ersten mal flog dieses kleine Geschöpf auf Emely's Hand. Eine Woche später. Mittlerweile teilte die junge Frau all Ihre Gedanken mit der Fliege Sam. ''Ich glaube, mich würde jeder als verrückt bezeichnen, dem ich sagen würde, ich hab dich als Haustier.'' Das Tierchen brachte sie zum Duschen, indem es sich auf Ihre Schulter setzte. Schlechter Geruch zieht sie wohl

magisch an. Abwasch wurde gemacht, wenn Sie in der Küche stand und Sam seine Runden um die dreckigen Töpfe und Teller zog. Gut das wenigstens das Wohnzimmer wieder frei begehbar ist. Wenn er sich unermüdlich die Füße putzte, war es Zeit zum Saugen und Staubputzen. Auf einmal saß sie geduscht, mit sauberer Kleidung in einer gut riechenden und aufgeräumten Wohnung vor Ihrem Pc. Sam nahm derweil auf dem Bildschirmrand platz und es schien, als ob er auf etwas wartete. Emely, der immer bewusster wurde, dass

so ein Psychotest vielleicht dubios sein mag, jedoch Ihre momentane Situation ziemlich treffend beschrieben hatte, begann zu überlegen, ob es etwas geben könnte, was Ihr helfen würde, aus der momentanen Situation fliehen zu können. So gab Sie in einer Suchmaschine, *Therapeuten Postleitzahl neunundvierzig*, ein. ''Es kann ja so nicht weiter gehen. Ich rede mit ner Fliege und verschanze mich in meiner Wohnung.'' Eine lange Liste mit unzähligen Namen, Adressen und Telefonnummern erschien. Kurz bevor die Angst einsetzte, wo man denn bloß anfangen sollte, erhob sich Sam und flog direkt auf das Telefon, das

rechts neben Ihr in einem Regal lag. ''Du meinst ich soll einfach alle an rufen?'' Als ob das Tierchen die Frage verstanden hätte, flog es drei mal zu ihr und wieder zurück, wo es wieder auf dem Apparat landete. Drei Tage später. ''Sam ich bin ein wenig nervös. Was ist, wenn die Therapeutin nicht weiß, was sie mit mir machen soll? Oder gar ich nicht weiß, was ich ihr sagen soll?'' Sam flog von Ihrer Hand auf die Uhr, die auf Ihrem Bildschirm zu sehen war, lief ein paar Mal hin und her und erhob sich

,um Richtung Tür zu schweben. ''Ja gut ich geh einfach.'' Zwei Stunden später. Als Emely durch die Wohnungstür trat, saß das kleine Tierchen schon am Kleiderschrank, der neben der neben dem Wohnungseingang stand. Nachdem sie die Tür schloss, hielt Sie ihren Zeigefinger vor Sam, der direkt auf ihren Fingernagel sprang. ''Weißt du, was mir die Therapeutin heute gesagt hat? Ich bräuchte keine Angst zu haben. Ich würde immer Hilfe bekommen und wäre nie allein. Zumindest so

ähnlich. Jedoch ist mir da etwas aufgefallen. Du warst die ganze Zeit hier." Viele Menschen, die wie ich auch in einer Depression stecken, haben das Gefühl, allein gelassen zu werden. Machen sich Vorwürfe, alles und jeden von sich wegzustoßen. Aber weißt du was? Der Satz niemand ist jemals allein stimmt. Du bist die ganze Zeit bei mir gewesen.'' Sam, die Fliege, erhob sich. Zog ein paar Runden um Emely und flog Richtung Fenster. ''Ich danke dir'', sagte Emely leise. Auf der Suche nach einem anderen Menschen, der verstehen muss, dass egal

, wie allein man sich fühlt, es nie ist, zog er Richtung Himmel. Monate vergingen, in denen Emely regelmäßig zu einer Therapeutin gegangen ist. Ihr ist zwar oft auf gefallen, das der Begriff Kompetent, keine passende Beschreibung gewesen wäre, doch war diese Frau wenigstens eine Person, mit der Emely reden konnte. Sam hatte Sie in den Sitzungen bewusst nicht erwähnt. Wie würde wohl eine Psychologin reagieren, wenn man Ihr auf die Frage, 'Was hat Sie dazu gebracht eine Therapie zu besuchen?' antworten würde: 'Eine Fliege war der

ausschlaggebende Punkt.' Sie dachte oft darüber nach, ob Sie das in der letzten Stunde an schneiden sollte. Denn hatte sie dem Tierchen ja doch etwas zu verdanken. So saß die junge Frau das letzte mal vor der leicht abwesend wirkenden Therapeutin. Soll ich mich jetzt einfach bedanken und gehen? Kurz bevor Emely diesen Gedanken um setzten wollte, hörte Sie ein altbekanntes Summen. Eine Fliege schwirrte um Frau Doktor, um schlussendlich auf der Schulter Platz zu nehmen. 'Gott. Du Mistvieh. Kannst du nicht

jemand anderen nerven?' Mit einem breiten lächeln,stand Emely auf. Sie brachte noch ein 'Viel Glück Sam' zustande und verließ sie den Raum.

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EmelyLee
Das Leben hält viel bereit. Und so, im festen Glaube das alles einen Sinn hat, schreibe ich was auf der Seele liegt.
Worte sind meine Sprache, selbst wenn Menschen dieses nicht verstehen.

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KaraList Eine ernste und einfühlsam erzählte Geschichte. Gern gelesen!
LG
Kara
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Zebra Sehr niedlich :)
Ich mag deinen Schreibstil sehr!
Vor langer Zeit - Antworten
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