vorwort
ostwärts erscheint in mehreren Teilen und erzählt von einer abenteuerlichen Motorradreise Richtung Osten.
Aufbruch – 1.Teil
Text © by Amarillo
Bildermaterial © by Amarillo
November 2014
Aufbruch
Ich rutsche auf meinem Sattel hin und her. Die Haltung ist unbequem und mein Gesäss schmerzt. Mein Visier ist mit Regenläufen verziert und die Sicht etwas verschwommen. Es ist kalt und ich brause mit über 100 km/h über die Schweizer Autobahn. Auf einen Schlag wird es dunkel und fast gleichzeitig beschlägt mein Visier. Ich düse unter dem Gotthard durch.
Vor zwei Stunden standen unsere Motorräder, eine Yamaha Ténére 600 und eine Suzuki DR Big 800 vollbepackt zur Abfahrt bereit.
Wir schreiben den ersten Oktober 1995 und sonniges Herbstwetter begleitet das Dröhnen der Motoren. Unsere Reise startet in Basel und voller Energie und Vorfreude auf unsere Abenteuer brausen wir Richtung Gotthard. In Luzern holt uns eine Schlechtwetterfont ein und wir montieren unsere Regenkombis. Der Regen hört nur auf, als wir durch den Gotthardtunnel fahren, weiter begleitet uns das Nass bis nach Lugano, wo wir uns ein Zimmer nehmen. Wir zippen die Tankrucksäcke ab, schnallen die Seitentaschen auf und heben die Reservereifen und die Rucksäcke vom
Sozius. Wir watscheln in unseren Regenklamotten, in denen wir wie Ausserirdische aussehen, in den zweiten Stock zu unserem Zimmer und noch zwei Mal runter zu den Motorrädern, die im strömenden Regen stehen, um die restlichen Gepäckstücke zu holen. Abends liegen wir glücklich auf unseren Betten. Das Zimmer schmückt eine lange Leine, auf denen unsere Regenklamotten und Schafsfelle für die Sitze zum Trocknen hängen.
Viele Bücher, die von Überland-Reisen berichten, habe ich schon verschlungen. Wie weit kommt man, wenn man nach Osten fährt? Wo genau ändert sich die
Kultur oder das Aussehen der Menschen? Mit sechsundzwanzig will ich Grenzerfahrungen sammeln.
Die Grenze nach Italien haben wir hinter uns gelassen und wir brausen auf Ancona zu. Wir befahren die Autofähre und beziehen unsere Innenkabine. Nach fast 24 Stunden fährt die Fähre im Hafen von Igumenitsa, Griechenland ein. In Griechenland benutzen wir zum ersten Mal unser Zelt und übernachten direkt am Strand und schlafen mit dem Rauschen der Wellen in den Ohren ein. Der nächste Zeltplatz befindet sich bei einem Felsenkloster. Es ist herrlich, auf dem kleinen Kocher Abendessen zu
kochen und das Kloster, welches wie ein Adlerhorst auf dem Felsen klebt, in der Ferne zu betrachten.
Die Meteora-Klöster, 24 Stück an der Zahl, von denen nur noch sechs bewohnt sind, gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe. Nach Überlieferungen entstanden im 11. Jahrhundert die ersten Einsiedeleien in Meteora, die im 14. Jahrhundert zum Aufstieg des Klosterlebens in der Region führten.
Vier Tage später überqueren wir die Grenze zur Türkei. Nun, zu dieser Zeit hatten wir weder ein Navigationsgerät noch einen Stadtplan von Istanbul. Plötzlich waren wir auf der Brücke über den Bosporus und auf der asiatischen Seite. Wir drehten um und fanden nach einstündiger Suche ein nettes Hotel mit
einer sicheren Parkmöglichkeit ein paar Häuser weiter. Nach diesem Marathontag mit 505 gefahrenen Kilometer haben wir uns ein feines türkisches Abendessen in einem Restaurant verdient. In den nächsten vier Tagen besichtigen wir die Sehenswürdigkeiten der historischen Stadt Istanbul bei sonnigem Herbstwetter.