Was so geht
I.
Julia lebte in ihrer eigenen
virtuellen Welt.
Sie konstruierte Brücken
ohne Täler
und verschwendete ihre Ideen
an eine Selbsthilfegruppe
ohne Mitglieder.
Im Spätsommer 2014
versuchte sie sich an Liebe
und bemerkte
kurze Resignation.
Jochen seinerseits fand
alles okay.
II.
Beunruhigende Tendenzen
stolzierten auf dem Marktplatz.
Ein Polizist streunte durch
offene Münder
und äußerte sich nicht.
Hier und da
vergewaltigten einige Christen
ihr Glaubensbekenntnis.
Der Bäcker am Dorfplatz
verschenkte zwanzig Apfelsinen.
Es roch nach Weihnachten,
aber Kalle wollte Narzissen.
III.
In Nepal verbrachte eine
junge Frau keine einzige Stunde in
Gefahr.
Sie schrieb keine Bücher
und keinen Reisebericht.
Zurück in Dormagen
empfand sie tiefe Liebe
zu einer nie gepflanzten Tanne.
In ihrer Aussichtslosigkeit
kochte sie erneut
Grünkohl mit Mettwurst
und entsorgte das Esssen
im Tabernakel der Dorfkirche.
IV.
Nahe Gelsenkirchen entstand
eine Einrichtung für Lebensbedürftige.
Ein Kardinal flog vorbei,
grüßte die Mannschaft
und verzichtete auf Zeichnungen.
Der Kirchenfotograf vergaß
die Blende.
Er hatte mit Julia zu tun.
Keine 48.000 Kilometer entfernt
überholte sich ein Mensch
und blieb erstaunt stehen.
V.
Jochen stürmte die Filiale
der Anonymen Alkoholiker
und verlangte drei Hühner.
Kalle verweigerte die Herausgabe
und verschwand in einem Estrichhimmel.
Der Polizist kam herein,
notierte vierzehn Namen aus dem
Gedächtnis und schloß
die Münder der Herumstehenden.
VI.
Der Verband der deutschen
Selbsthilfegruppen wählte
ein neues Kirchenoberhaupt.
Julia lehne dankend ab.
Kalle auch.
Jochen wurde nicht gefragt.