Mittendrin im Nixenland
Es war einmal das Königspaar der Nixen von Nixantea. Sie bekamen ein wunderschönes Töchterchen, Danaia. Sie wuchs zu einer wundervollen Prinzessin heran. Jetzt ist sie klug und schlau, mutig und stark, fürsorglich und hilfsbereit. Und sie hat eine ganz besondere Fähigkeit: Sie kann sich in einen Menschen verwandeln. Dazu muss sie nur das Wasser verlassen. Sobald sie draussen ist, bekommt sie Beine und Kleider und kann die Sprache der Menschen ausgezeichnet, ist also einfach ein Mensch. Zumindest für die, die nicht wissen, dass sie nur Halbmensch ist. Und
wenn sie dann wieder in das weite Meer springt, verschwinden die Kleider und sie bekommt wieder eine Flosse.
Wenn das Volk von Nixantea es braucht, guckt sich Danaia raffinierte Ideen wie z.B. das Telefon von den Menschen ab. Dazu mischt sie sich einfach unter die Menschen und schaut, was die Nixen auch noch so gebrauchen könnten. Dann schwimmt sie zurück nach Nixantea und baut zuhause nach, was sie gesehen hat.
Sie geht in die Nixenschule unter Wasser und in die Schule der Menschen auch. Dort wird sie wie alle anderen Kinder geschult. Doch in der Nixenschule, der für sie normalen Schule, hat sie spezielle Fächer: Muschelhorn spielen,
Kunstschwimmen, Seepferddressur, Perlenrechnen und sammeln, schreiben, lesen, Seepferd- und Delfinreiten und Flossenpflege. Danaia ist aber so schlau, dass sie in der Schule ständig allen Stoff fertig hat.
So kam es, dass Danaia eine wichtige Aufgabe erhielt, in der sie ihre Fähigkeit braucht, eine Aufgabe, für die seit Jahren jemand gesucht wird, der es kann: sie verteilt magische Muscheln am Strand. Diese sind deshalb so wichtig, weil das Volk der Nixen grösser werden soll.
Die Nixen brauchen mehr Leute, die ihnen bei der Arbeit helfen. Danaia zum Beispiel braucht Leute, die ihr helfen
die magischen Muscheln am Strand zu verteilen.
Und diese magischen Muscheln sorgen dafür, aber nur, wenn sie am Strand verteilt werden. Wie das geht? Also:
Wenn Menschen am Strand eine solche Magische Muschel finden und sie auch im Wasser bei sich tragen, dann verwandeln sich die Menschen im Wasser zu Nixen. Sie sind ab jetzt Halbnixen. So nennt man Menschen, die sich in eine Nixe verwandeln können. Nixen, die sich wie Danaia in einen Menschen verwandeln können, nennt man Halbmenschen.
Danaia kommt gar nicht mehr nach mit dem sammeln und erst recht nicht mit
dem Verteilen der Muscheln. Als Hausaufgabe sammelt sie Berge von Muscheln. Wenn sie an den Strand geht, um in die Schule der Menschen zu gehen, stopft sie ihre Taschen voll mit Muscheln, um sie am Strand zu verteilen. Sie hofft dabei immer, dass irgendein Mensch bald eine Flosse bekommt, sobald er sich ins Wasser begibt. Doch vergebens. Sie verteilt die Muscheln seit 6 Monaten haufenweise am Strand, und doch findet niemand eine oder trägt sie immer bei sich.
Heute geht Danaia wie immer in die Schule über Wasser. Doch heute ist irgendetwas anders. Sie verliebt sich in einen Jungen in ihrer Klasse. Marcel
heisst er. Was sie nicht weiss: Marcel ist auch verliebt in sie. In der Pause erzählt sie es ihrer besten Freundin unter den Menschen, Janina. Auch sie weiss nicht, dass Danaia nur Halbmensch ist. Das weiss niemand, nur die Nixen in Nixantea. Janina meint: „Trau dich doch einfach, ihm zu sagen, wie sehr du ihn magst. Wenn du es ihm sagst, ist es natürlich sehr mutig von dir, aber du kannst ihm doch auch einen Brief schreiben.“ Danaia weiss einfach nicht, was sie tun soll.
Zurück in Nixantea erzählt sie das gleiche ihrer besten Freundin unter den Nixen, Massada. Die meint nur: „Hale da manta gore, ji tento foran. Baranta das
mentana de ranta glenti? Ka fara ge jimdi da canta bento ranta.“ Das ist Nixensprache und bedeutet so viel wie: „Ich hatte das auch schon. Frag ihn einfach, ob er dich auch mag. Vielleicht sagt er ja wirklich ja? Ich würde sagen, dass die Chancen gut stehen.“
Eines Tages wagt sie sich dann doch. Sie geht zu Marcel und fragt ihn: „Magst du mich?“ Doch Marcel meint: „Ja. Aber ich mag dich nicht nur, ich liebe dich!“ Als er das Wort „Liebe“ ausspricht, macht Danaias Herz einen Sprung. Sie strahlt vor Freude. „Echt?“ „Ja!“, hauchte Marcel. Da klingelt es. Sie müssen zurück in den Unterricht.
Den restlichen Unterricht kann sich
Danaia nicht mehr konzentrieren. Ständig muss sie zu Marcel herüberblicken. Als der Unterricht vorbei ist, ist sie schneller den je zurück in Nixantea. Sie schwimmt schneller als die Delfine, die sich gerade ihr Futter holen. Sie schwimmt zu Massadas Wohnmuschel und klingelt dort Sturm. Verblüfft öffnet Massadas Mama die Tür. „Jifra Danaia! Dra ben ta baltemart?“ Das bedeutet: „Hallo Danaia! Wie gehts?“ „Bento. Ta Massada re tinto fane?“ Das heisst: „Gut. Ist Massada zuhause?“ „Det. Da nento janta goba.“ Bedeutet: „Ja, sie ist gleich oben in ihrem Zimmer.“ Danaia flitzt hoch in Massadas Zimmer. Die liegt auf ihrem
Bett und liest eine Zeitschrift. „Danaia! Jakabo dinto fartu?“ „Ka donto bara hinko mens. Var filtema du jurindo des ka der ji jurinto!“ „Da bonn ta?“ „Marcel ma treumd ja nenne donk!“ „Nahk? Hunta!“ “En dranta ga sugre, hij nientu liente!“ Wenn das jetzt über Wasser im Deutschen gesprochen wäre, dann würde das ungefähr so klingen: „Danaia! Hast du eigentlich noch alle Tassen im Schrank?” “Das ist nicht so wichtig. Viel wichtiger ist, was ich dir jetzt erzählen werde!“ „Was denn?“ „Marcel mag mich auch!“ „Echt? Super!“ „Er hat gesagt, er mag mich nicht, sondern er liebt mich!“ Während Danaia redet, funkeln ihre Augen wie Sterne.
Auch Massada freut sich total für sie. Glücklich wie noch nie zuvor schwimmt Danaia daraufhin nachhause.
Am nächsten Tag beschliesst sie, Janina von ihrem Geheimnis zu erzählen und ihr eine magische Muschel zu geben. Denn Danaia kann es kaum aushalten, sie verplappert sich immer fast. Und sie fühlt sich auch unehrlich gegenüber Janina. Ihre Taschen hat sie wie immer vollgestopft mit magischen Muscheln. Doch zuhause hat sie eine Kette für Janina gebastelt, natürlich ist der Anhänger eine magische Muschel. Am Strand verteilt sie die Muscheln, alle ausser die an der Kette. Die nimmt sie ja mit in die Schule. In der Pause versteckt
sie sich zusammen mit Janina. Danaia übergibt Janina die Kette. Sie sagt: „Hier, die ist für dich. Das ist eine Magische Muschel. Wenn du mit ihr ins Wasser gehst, bekommst du eine Flosse.“ Verblüfft schaut Janina sie an. „Was? Wie soll das gehen? Ich mein, woher weisst du, dass das funktioniert?“ Doch Danaia meint nur: „Janina, bitte versprich mir, dass du das niemandem weitersagst. Okay?“ „Auch nicht meinen Eltern? Und meiner kleinen Schwester Marlene?“ „Niemandem.“ Janina nickt langsam. „Gut, also. Janina, ich bin kein Mensch. Ich bin Halbmensch. Sobald ich im Wasser bin, bekomme ich eine Flosse. Deswegen konnte ich nie mit in den
Schwimmunterricht, und deshalb durftest du mich nie besuchen.“ Janina allerdings hat gerade noch Zeit, zu nicken. Da ertönt nämlich die Klingel. Sie müssen rein, zum Französischunterricht.
Nach der Schule fragt Janina Danaia: „Hey, kann ich mal mit zu dir nachhause kommen?“ „Na klar! Ich würde mich riesig freuen!“ „Okay, los, gehen wir schnell meine Mama fragen!“ „Ja, gut, aber nichts von unter Wasser!“ „Jaja, ich weiss.“ Sie rennen los. Bei Janina daheim fragen sie Janinas Mama. Die sagt zu, aber Marlene, Janinas Schwester, will unbedingt mit. „Ich will auch wissen wo Danaia wohnt!“ Zum Glück hilft Janinas Mama, und sie
können los.
Beim Meer angekommen, zieht Janina ihre Kette an. „Und ich ertrinke nicht?“ „Nein, ganz sicher nicht. Auch Halbnixen können unter Wasser atmen.“ „Gut. Also los!“ Sie rennen ins Wasser und wenn ihnen das Wasser ungefähr bis zum Bauch steht, bekommen beide eine Flosse. „Wow, ist das cool! Ich bin schon gespannt, wie es bei dir zuhause aussieht.“ Sie schwimmen los, in Richtung Nixantea.
In Nixantea angekommen, schwimmen sie zu Danaia nachhause. Danaias Mama fragt: „Danaia! Gest di kanta deri Gentara?“ Janina guckt verdutzt. Sie hat nämlich kein Wort verstanden. „Ähm,
gas Janina. De ja mant Gentara da Kanterij.“ „Ijara. Garf danta.“ Sie schwimmen in Danaias Zimmer. Janina fragt: „Was habt ihr denn da geredet? Ich habe kein Wort verstanden!“ „Ups! Das habe ich ja total vergessen! Das ist Nixensprache. Du wirst sie sicher schnell lernen. Sie hat gefragt, wer du bist. Ich hab gesagt du seiest meine Freundin von den Menschen. Und dann hat sie gesagt wir sollen doch etwas spielen gehen.“ „Okay. Dann weiss ich schon ein Wort: Gentara. Heisst Freundin, oder?“ „Ja, komm. Ich stelle dir Massada vor, meine beste Freundin unter den Nixen.“
Sie schwimmen quer durch ganz Nixantea, und siehe da, Janina versteht
immerhin schon drei Wörter. Bei Massada klingeln sie, und Massada macht auf. „Danaia, Gest dikanta deri fontaro?“ „Gas Janina. De ja mant Gentara da Kanterij.“ Danaia sagt zu Janina: „Sie hat gefragt wer du bist und ich hab dich vorgestellt.“ Sie spielen drei Stunden bei Massada, dann müssen sie zurück zum Strand. Dort verabschieden sie sich und gehen beide nachhause.
Drei Monate sind schon Vergangen, Janina beherrscht die Nixensprache schon einigermassen. Jede Woche geht sie mit Danaia mit und hilft mit Muscheln verteilen. Janina fühlt sich total wohl bei den Nixen und besucht jetzt auch die Nixenschule. Sie verliebt sich in einen
Jungen namens Manoa. Und er liebt sie auch, nur das weiss sie noch nicht. Und Marcel, der liebt Danaia auch immer noch.
Eines Tages, in der Menschenschule, versteckt sich Danaia mit Marcel in der Pause. Sie gibt auch ihm eine Kette mit einer magischen Muschel dran und erklärt ihm alles. Und auch er will und geht nach der Schule zu Danaia nachhause. Er lernt Janinas Freund Manoa kennen, und Massada trifft er auch. „Und wie soll ich deine Sprache lernen?“, fragte er Danaia nachdenklich. „Das wirst du schnell können, Janina kann sie auch schon ziemlich gut, und sie kennt Nixantea erst seit ungefähr 3
Monaten.“ „Und wie hast du Deutsch gelernt?“, will Marcel wissen. „Puh, gute Frage. Ich habe in der Schule hier Englisch gelernt, und habe Janina getroffen. In der Stadt. Ich habe sie nach dem Weg gefragt, und wir haben uns ganz oft getroffen, bis ich irgendwann ziemlich gut Deutsch konnte.“, meint Danaia. „Okay. Und wie heisst denn deine Sprache?“, fragt Marcel weiter. „Keine Ahnung. Ich sage einfach immer Nixensprache. Aber ich weiss, wie wir es rausfinden können. Komm mit, ich kenne jemanden, den wir fragen können.“ Und schon flitzt Danaia los, Marcel im Schlepptau hinterher.
Da kommen sie zu einer grossen, blauen
Wohnmuschel. Danaia klingelt. Schon kommt eine Nixe die Tür aufmachen. Sie hat eine wunderschöne, golden schimmernde Flosse und einen langen, dunkelblonden Zopf. Sie sagt: „Jifra Danaia! Ge dinte konto?“ „Jifra. Da je Marcel. Ke nea kanfare.“ Da platzt Marcel rein: „Danaia! Ich habe kein Wort verstanden, kannst du bitte übersetzen?“ „Ups, ja klar. Sie hat gefragt ob es etwas neues gibt, und ich hab dich vorgestellt.“ „Okay, und wie heisst sie?“ „Nitaria.“ „Mein Gott, habt ihr hier alle so exotische Namen?“ „Das hab ich mich an eurer Schule auch gefragt.“ Danaia dreht sich um. „Nitaria, farge ja gnadre di Nixantea?“ Die
antwortet: „Jik du gare notras? Liko. Veranika, lorikantojare Varania.“ „Liko, fortori. Furaru!“
Sie schwimmen davon. „Siehst du? War doch ganz einfach!“ Marcel aber meint: „Keineswegs. Ich hab nämlich kein Wort verstanden.“ „Sie heisst Veranisch. Nach meiner Oma Varania benannt.“ „Echt? Cool! Wieso?“ „Sie war die bedeutendste Königin von Nixantea!“ „Oh. Deine Oma? Wer ist denn jetzt Königin?“ „Mein Papa und meine Mama regieren zusammen.“ „Was? Das hast du mir ja gar nicht erzählt!“ „Und ich werde die nächste Königin.“ „Danaia, bin ich froh, dass ich dich habe und kein anderes Mädchen!“ „Warum?“ „Ich mag es, wie
du mit mir redest, und du weisst immer, wie du einen Witz einbauen kannst. Ich schätze deinen Humor!“ Danaia fällt ihm um den Hals. Sie geben sich einen Kuss, dann müssen sie zurück zum Strand. Dort verabschieden sie sich mit einer Umarmung. Aber Marcel hat noch immer eine Frage. „Wie heissen eigentlich deine Eltern?“ „Meine Mama heisst Olenia und mein Papa Maurotius.“ „Schon wieder so exotisch. Na gut, bis morgen!“ „Bis morgen! Und übrigens, Marcel ist auch exotisch, und der Name von deinem Bruder Jonathan auch.“ „Mann, das sind ganz normale Namen. Nur für dich klingt das komisch, weil bei euch keiner solche normale Namen
hat.“ „Bis morgen, du Schlaumeier!“, beendet Danaia das Gespräch. „Bis morgen!“