Eine vorweihnachtliche Bruchlandung
Als der Nikolaus in das gemütlich und komfortabel eingerichtete Wohnzimmer des Weihnachtsmanns eintrat, sah er, dass an der wunderschön gedeckten Tafel der Weihnachtsmann und das Christkind saßen. Der Weihnachtsmann sowie das Christkind blickten auf, ihre lebhafte Unterhaltung verstummte und beide begannen gleichzeitig an zu lachen, als sie den Nikolaus erblickten.
„Ihr braucht gar nicht so zu lachen“, rief ihnen der Nikolaus leicht entrüstet zu, „So schlimm war es nicht und zum Glück ist niemanden etwas
passiert.“
„Wir haben ja nur die spektakulären Bruchteile von den fantasievollen Elfen gehört und allein schon die Vorstellung, dass nur noch eure Beine aus dem Schnee heraus schauten, ist so witzig!“, erwiderte das Christkind lachend.
„Komm, setz dich zu uns und fang an zu erzählen“, forderte ihn der Weihnachtsmann ermunternd auf.
„Wartet, ich muss erst mal deinen wirklich sehr warmen Mantel und die Mütze ausziehen. Wo soll ich ihn denn hinlegen?“ fragte der Nikolaus schwitzend, denn das Wohnzimmer war durch das prasselnde Kaminfeuer gut
geheizt.
„Ach, leg ihn einfach dort über den Stuhl“, während der Weihnachtsmann ihm antwortete, läutete er mit einem kleinen goldenen Glöckchen. Innerhalb von Sekunden betrat der Elfe Friedolin den Raum und als er den Nikolaus erblickte begann er schelmisch zu grinsen.
„Lieber Friedolin, der Mantel müsste leider noch mal gereinigt werden, sonst hat er in der Heiligen Nacht nicht seine richtige Zauberkraft und ich bleibe sonst unter Umständen noch in irgendeinem Schornstein stecken“, sagte der Weihnachtsmann lachend zum Elfen Friedolin, dabei klopfte er sich auf
seinen gewaltigen, dicken Bauch.
„Keine Sorge, bis zur Heiligen Nacht ist er wieder wie neu“, meinte Fridolin zuversichtlich. Im gleichen Atemzug fragte er den Nikolaus freundlich: „Lieber Nikolaus, darf ich dir eine heiße Tasse Kakao mit einem großen Schlag Sahne bringen?“ „Sehr gern“, erwiderte der Nikolaus lächelnd.
Während der Nikolaus langsam durch den Raum zur gedeckten Tafel ging, versuchte er seine Kleidung etwas zu richten, anschließend setzte er sich neben das Christkind auf einen mit roten dicken Kissen gepolsterten Stuhl. Als er die Fülle auf dem Tisch erblickte, rief er
entzückt:
„Meine Güte, ihr lasst es euch aber wirklich gut gehen. Traumhafte Kuchen und wunderschöne verzierte Plätzchen und das in Hülle und Fülle. Das sieht aber alles sehr lecker aus.“
„Greif zu und erzähle“, forderte ihn der Weihnachtsmann schmunzelnd auf.
„Zuerst nochmals meinen herzlichen Dank an euch beide. Dir liebes Christkind, dass du den Weihnachtsmann gefragt hast, damit ich seinen tollen und bequemen Schlitten sowie die Rentiere nutzen durfte. Sicher hätte ich es heute Abend sonst nicht geschafft, zu all den vielen lieben Kindern zu kommen. Dir
lieber Weihnachtsmann für deine Hilfe, “ versuchte der Nikolaus sich zu bedanken. „Halte jetzt bitte keine Lob- und Dankesreden, wir haben dir gerne geholfen, aber nun erzähle uns doch endlich, was genau geschah“, unterbrach ihn der Weihnachtsmann, der vor lauter Neugier bereits rote Ohren hatte.
„Nachdem die Elfen mir den Schlitten mit den Rentieren brachten, zog ich, wie du mir ausrichten ließest, als erstes deinen roten Mantel und deine Bommelmütze über. Hans Muff, mein Begleiter und Helfer setzte sich neben mich in den Schlitten, nachdem wir den riesigen Sack mit den kleinen Präsenten
verstaut hatten. Mein goldenes Buch mit allen Eintragungen von den Kindern lag vor mir auf den Knien. Zuerst ging ja noch alles gut. Wir wollten ja nur noch in dieses kleine Dorf. Da klingelte plötzlich das Handy von Muffy.“
„Ist Muffy der Spitzname von Hans Muff“, fragte der Elfe Friedolin, der
gerade die heiße Tasse Kakao auf den Tisch vor dem Nikolaus abstellte. „Danke für den Kakao. Ja, er ist zwar ein kauziger grober Kerl, ist aber mit einem guten Herzen ausgestattet, nur kann er keine Unartigkeiten leiden und ihr wisst ja, dass er dann schnell wild wird.“ „Seit wann hat er denn ein Handy, ich dachte so etwas benutzen nur die Menschen?“, fragte das Christkind verwundert.
„Wohl schon seit einiger Zeit und am laufendem Band klingelte oder piepste es, bis es sich dann ausgepiepst hatte“, sagte der Nikolaus irgendwie erleichtert, dabei nahm er seine heiße Tasse Kakao vorsichtig in die Hand, um einen Schluck zu
trinken.
„Wie und weshalb hat es sich denn ausgepiepst?“, wollte jetzt der Weihnachtsmann wissen.
„Ihr werdet es gleich erfahren“, sagte der Nikolaus schmatzend, denn er hatte sich schnell einen kleinen Keks in den Mund gesteckt.
„Also, wir waren gerade im Anflug zu diesem Dorf, da wurde plötzlich das Rentier Rudolph sehr nervös, denn unter uns, besser gesagt, genau in unserem Landeanflug standen die Windräder mit ihren rot blinkenden Lampen.
Der Schlitten schlickerte mehr als gefährlich hin und her. Muffy gurrte mir irgendetwas zu. Ich verstand erst nicht, was er sagte, bis ich es mit meiner Nase erschnupperte“, begann der Nikolaus zu erzählen.
„Was hast du denn erschnuppert“, fragte der Elfe Friedolin, der immer noch am
Tisch stand und zuhörte. „Was wohl? Eines der Rentiere ließ uns den Duft der großen weiten Welt um die Nase wehen. Hätte ich bloß früher das Gestammel von Muffy verstanden. So versuchte ich bei der elenden Schaukelei, mein goldenes Buch, die Zügel und auch noch zur gleichen Zeit die Nase zuzuhalten“, entgegnete ihm der Nikolaus immer noch kopfschüttelnd und angewidert, denn ihm stieg schon wieder dieser Geruch in die Nase.
„Das ist doch innerhalb von Sekunden wieder weg. Aber Comet und Donner haben schon längere Zeit mit Blähungen zu kämpfen“, versuchte der Elfe Friedolin die Rentiere zu verteidigen und
den Weihnachtsmann gleichzeitig vorzuwarnen.
„Na ja, was dann folgte“, fuhr der Nikolaus fort, machte aber eine kleine Pause, dass Friedolin fragte.
„Was folgte denn?“
„Nicht nur die blinkenden Lichter der Windräder machten den Rentieren, insbesondere Rudolph mit seiner roten Nase, zu schaffen. Plötzlich, wie aus heiterem Himmel strahlte ein wahnsinnig riesiger weißer Laserstrahl in den Nachthimmel. Mit voller Wucht traf dieser Strahl die Rentiere. Sie wurden alle dermaßen geblendet, dass die Leittiere die Orientierung verloren und
wir steil nach unten schossen.
Kurz bevor wir den Erdboden erreichten, konnten die Rentiere sich abfangen. Doch ausgerechnet in den einzigen Baum, der gerade dort im Weg stand, krachten wir hinein.
Bei dem Aufprall riss die Deichsel ab, der Schlitten blieb in den Ästen hängen. Muffy und ich wurden so heraus
geschleudert, dass wir einen Hechtsprung in den Schnee machen mussten. Und das hatten sicher die Überwachungselfen gesehen“, der Nikolaus machte eine Pause und steckte sich einen weiteren Keks mit Nüssen in den Mund.
„Ich habe mir gerade euren spektakulären
Hechtsprung vorgestellt!“, meinte der Weihnachtsmann lachend und auch das Christkind musste ebenso lachen.
„Ja, wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen“, entgegnete der Nikolaus etwas zynisch.
„Nimm es uns bitte nicht krumm, aber stell‘ es dir selbst einmal bildlich vor“, bat ihn das Christkind freundlich. Da musste selbst der Nikolaus laut lachen und verschluckte sich prompt dabei. Der Weihnachtsmann sprang auf und klopfte dem Nikolaus auf den Rücken.
Als sich der Nikolaus erholt hatte, erzählte er weiter.
„Zum Glück waren wir in einer
unheimlich großen Schneewehe gelandet! Nachdem ich mich frei gebuddelt hatte, schaute ich mich um und sah, dass Muffy immer noch kopfüber im Schnee steckte. Sofort half ich ihm, sich zu befreien. Anschließend mussten wir feststellen, dass alle Rentiere verschwunden waren. Wir riefen jeden einzelnen mit Namen. Muffy versuchte es mit seinem Handy, aber es funktionierte nicht mehr. Da wurde er ein wenig wild und ich musste ihn erst mal beruhigen. Das war ein richtiger Kraftakt. Er heulte eine Zeitlang herum und brabbelte die ganze Zeit, dass er sich jetzt nicht mehr mit den Tieren unterhalten konnte. Nachdem er sich aber etwas beruhigt hatte, schaute
er mich mit seinen großen durchdringenden und kohlschwarzen Augen an und fragte: „Was jetzt?“ Der Nikolaus holte erst mal Luft und griff nach seiner Tasse Kakao.
„Ein Handy, mit dem man mit allen Tieren sprechen kann, finde ich klasse. Aber von wem hat er sowas?“, fragte das Christkind. Der Nikolaus und der Weihnachtsmann schauten sich fragend an.
„Von uns Elfen hat er es bekommen, weil wir uns damit untereinander besser verständigen können“, erklärte ihnen der Elfe Friedolin, noch immer stehend. Da forderte ihn das Christkind freundlich
auf, Platz zu nehmen, was er dann auch sofort machte, denn er war ja auch neugierig, wie es nun weiter ging. Nachdem sich der Elfe gesetzt hatte, erzählte der Nikolaus weiter.„Was jetzt? – Ja was sollen wir jetzt machen, lass mich mal kurz überlegen“, sagte ich zu Muffy. Ich überlegte und meinte dann: „Wir können nur auf Schusters Rappen unsere Aufgabe heute Abend erledigen.“
Muffy war immer noch etwas angesäuert, weil sein Handy einfach nicht funktionieren wollte, dennoch machten wir uns schließlich auf den verschneiten Weg zum Dorf.
Die Kinder warteten sicher schon ungeduldig. Wir kamen in ein kleines Wäldchen und ratet mal, wen wir dort am späten Abend trafen.“
„Keine Ahnung, lass uns doch nicht so zappeln“, meinte der Weihnachtsmann.
„Wir trafen einen Waldarbeiter, der gerade bei der Fütterung der Tiere des Waldes war. Stellt euch vor, ohne zu zögern, legte Muffy den großen schweren Sack ab, griff nach der Heugabel und verteilte das Heu in Windeseile.
Der Waldarbeiter hatte glänzende Augen und wusste gar nicht wie er sich bedanken sollte. Überglücklich, dass alle
Arbeit bereits erledigt war, wollte er uns ins Dorf mitnehmen. Da nicht genug Platz im Führerhaus des Traktors für uns alle war, setzten Muffy und ich uns auf die mit Heu ausgelegte Ladefläche des Anhängers. Während der Fahrt hielten wir die ganze Zeit Ausschau nach den Rentieren, aber leider konnten wir sie nicht entdecken.“
„Da konnte Muffy aber seinen geliebten Tieren helfen und sicher war er anschließend besser gelaunt, oder?“, fragte der Elfe Friedolin.
„Ja, du hast recht, seine Stimmung hat sich um Einiges gebessert, zwar brabbelte er immer noch, aber fröhlicher“, beantwortete er die Frage
des Elfen Friedolin, dabei nahm er seine Bischofsmütze ab und legte sie beiseite.
„Könnte ich vielleicht noch eine Tasse von dem köstlichen Kakao bekommen?“, fragte der Nikolaus den Elfen. Friedolin schnipste mit den Fingern, fast gleichzeitig öffnete sich die Tür und herein trat die kleine Elfin Frieda mit einer großen dampfenden Tasse Kakao. Sie stellte den Kakao vorsichtig auf den Tisch und verschwand so schnell, dass der Nikolaus Mühe hatte, ihr zu danken. Nachdem der Nikolaus einen Schluck vom köstlichen Kakao, der wieder mit einem dicken Schlag Sahne als Häubchen versehen war, gekostet hatte, erzählte er
weiter.
„Als wir den ersten Hof erreichten, in dem die Lausebengel Tim und Tom wohnen, erlebte ich eine seltsame Überraschung“, fing der Nikolaus an, doch er wurde vom neugierigen Weihnachtsmann unterbrochen. „Was für eine seltsame Überraschung?“
Der Nikolaus überging die Frage und erzählte weiter.
„Gerade wegen diesen beiden Lausebengel, die es wirklich faustdick hinter den Ohren haben, ist Muffy mit mir unterwegs gewesen. Also, die Lausebengel standen mit zitternden Knien und hochroten Köpfen vor uns, ich
schlug mein goldenes Buch auf und was musste ich feststellen?“
„ Sag schon“, forderte der Weihnachtsmann ihn ungeduldig auf.
„Ja doch, also ich schlug mein goldenes Buch auf, in dem alle guten Taten sowie alle Verfehlungen der Kinder notiere, da konnte ich nur noch die guten Taten sehen. Alles andere war seltsamer Weise verschwunden. Ich war total verdutzt und musste meine Verwunderung überspielen. Den beiden Lausebengels ist wohl ein Stein vom Herzen gefallen, als ich nur von ihren guten Taten sprach, obwohl Muffy dabei ab und zu gefährlich knurrte. So besuchten wir noch einige Kinder, überall das Gleiche, keine
Eintragungen ihrer Missetaten.“
„Da waren sicher die Kinder alle überglücklich“, meinte das Christkind dazwischen, dass ja immer mit allen unartigen Kindern Mitleid hatte.
„Ja, ich glaube auch. Als wir dann in die letzte gute Stube kamen, da trafen wir auch den Waldarbeiter wieder und sein kleines Töchterlein trug uns gerade ein wunderbares Gedicht vor, als sein Sohn rufend herein gestürmt kam,
„Papa, Papa, seit wann haben wir denn Rentiere in unserer Scheune?“. Er stockte und blieb wie angewurzelt stehen als er uns erblickte. Da sagte ich zu ihm „Guten Abend Mick, schön, dass du unsere Rentiere gefunden hast, warte
aber bitte einen Augenblick, wir wollen doch noch das schöne Gedicht deiner Schwester zu Ende hören.“ Ich bedankte mich noch bei dem kleinem Mädchen und überreichte ihr eine kleine Überraschung. Im Anschluss gingen wir gemeinsam mit Mick hinaus zur Scheune.
Als er das Scheunentor vorsichtig öffnete, erblickten wir zuerst die rote Nase von Rentier Rudolph, der uns
fröhlich angrinste. Plötzlich gurrte und knurrte Muffy. Er erzählte mir mit kurzen Worten, dass hinter der Scheune bereits die Elfen warteten, sie hätten den Schlitten und eine neue Deichsel dabei.
Für Mick, den wirklich braven Jungen war es ein besonderes Erlebnis, als er die vielen Elfen beim Einspannen der Rentiere beobachten durfte. Auch Mick erhielt ein kleines Geschenk als wir in den Schlitten stiegen und uns auf den Rückflug machten“, endete der Nikolaus.
„Da hattet ihr ja wirklich einen abenteuerlichen Abend und zum Glück
ist niemand zu Schaden gekommen“, meinte das Christkind abschließend.