Regen strömte über die, von der Dunkelheit verschlungen Strassen, die mit einer kleinen matschigen Schneeschicht bedeckt waren. Ich sass mit meiner Mutter im Auto und wir sangen lauthals mit dem Lied mit, das im Radio lief. Von weiter Ferne sahen wir zwei Lichter auf uns zukommen. Sie kamen immer näher und näher und das in einer rasanten Geschwindigkeit. Der Autofahrer schien uns nicht zu sehen, oder er wollte uns nicht sehen. Meine Mutter riss das Lenkrad rum, bevor wir mit dem Auto zusammen stiessen. Wir kamen ins Schleudern, das Auto war
nicht mehr kontrollierbar!
„Mum!“, liess ich einen verzweifelten Schrei los, bevor wir ein Bord runter fuhren…
Ich riss meine Augen auf und sah in die Dunkelheit. Mein Atem ging schnell und unregelmässig. Ich schwitzte am ganzen Körper. Langsam drehte ich mich auf den Rücken und starrte an die Decke. Alles war nur ein Traum. Ein Traum der das Geschehene wiederspiegelt. 2 Wochen war es nun schon her, als ich langsam aus meinem Koma aufwachte und erfahren musste, dass meine Mutter viel weniger Glück hatte. Müde ging ich ins Bad und stand unter die kalte Dusche. Das kalte Wasser prasselte auf meine Haut. Ich zog mich an und ging langsam die Treppe hinunter zum
Wohnzimmer. Am Esstisch sassen bereits alle aus der Familie. Meine ältere Schwester, mein etwas jüngerer Bruder, mein Grossvater und meine Grossmutter. Mein Vater war nicht hier, was keine Seltenheit war. Ich habe meinen Vater nur ganz wenige Male gesehen. Zuletzt an der Beerdigung meiner Mutter. Mein Vater geriet in eine Drogensucht als ich 5 war. Seit da an hatte ich keinen Kontakt mehr zu ihm. Ich setzte mich an den Tisch und fing an zu essen. Meine Schwester Melissa schwärmte wieder von Amerika wie wunderschön es dort wäre. Sie reiste immer mal wieder etwas herum, wegen ihrer Arbeit. Mein Bruder Michael und ich gingen noch zur Schule
und halfen sonst immer auf unserem Hof mit. Wir hatten einen grossen Hof. Früher hatte meine Mutter sich um alles Finanzielle gekümmert, aber nun fühlt sich Melissa dazu verpflichtet die Rolle zu übernehmen. „Bella kannst du nachher noch die Pferde raus lassen?“, fragte mich mein Grossvater. Ich nickte und ass fertig. Mein Name war Bella Hope, aber ich hasste Hope! Mit Hope konnte man mich bis zur Weissglut bringen! Warum nannte jemand sein Kind Hoffnung? Langsam machte ich mich auf den Weg in den Pferdestall um die Pferde auf die Weide zu lassen. Ich öffnete hinten die grosse Scheunentüre und liess danach alle
Pferde raus. Heute war Freitag, dass hiess auf zur Schule. Unser Hof lag ziemlich abseits, deshalb durften wir mit dem Bus in die Schule fahren. Schnell rannten wir durch den Schnee zum Bus. Ich setzte mich neben Jenny, meine beste Freundin. „Hallo du Frühaufsteherin“, begrüsste mich Jenny lächelnd. Ich liess mich neben ihr auf den Sitz fallen und trank meinen Kaffee weiter. Wir unterhielten uns über das Wochenende, über die bevorstehenden Prüfungen und wie es uns ankotzte. Als wir in der Schule angekommen waren, lehnte ich an meinen Spint und schaute den anderen Schüler zu. Alle waren verschieden und
es gab überall so kleine Cliquen. Die beliebten Mädchen der Schule, die sich immer halb nackt präsentierten, die heissen Sporttypen, die ``Überintelligenten` und dann gab es noch uns normalen. Die Sporttypen liefen gerade den Gang hinunter und zogen alle Blicke auf sich, auch meinen. Mich interessierte aber nur dieser eine Junge. Ein halbspanischer, sehr gut aussehender Junge mit dem Namen Marc. Er war Schülersprecher, Mannschaftskapitän und weitaus der beliebteste Schüler der ganzen Schule. Er wurde von allen Seiten angehimmelt. Im Gegensatz zu ihm, war ich eine graue Maus, unscheinbar und wie Luft. Ich
war einfach eine normale Schülerin und konnte nicht wirklich etwas gut. Ich schrieb meistens eher gute Noten, was mich auf der Coolheitsskala sowieso noch ein ganzes Stockwerk tiefer setzen liess. Von den Tussen wurde ich sowieso nur beleidigt und ich wurde nirgends wirklich wahrgenommen. Aber so wurden leider alle hier behandelt, die nicht gerade mit Geld um sich werfen konnten. In meinen Gedanken versunken schlenderte ich den Gang hinunter in mein Schulzimmer. Müde setzte ich mich neben Jenny und Sara. In der ersten Stunde hatten wir Deutsch. Wir nahmen gerade irgendetwas mit Haupt- und Nebensätze durch. Es war viel zu einfach
und somit schweiften meine Gedanken immer wieder ab. Ich dachte an Marc. Dieser Junge hatte es mir irgendwie angetan. Er war so geheimnisvoll, anders als die anderen Jungen. Vielleicht war es, weil ich ihn einfach nicht richtig kannte. Viele hielten mich auch für geheimnisvoll. Niemand wusste wirklich wo ich wohnte, ausser meinen Freundinnen. Endlich hörte ich das erlösende Klingeln der Schulglocke. Schnell packte ich meine Sachen zusammen und verliess zusammen mit Jenny und Sara das Schulzimmer. Wir nahmen unsere Turntaschen, da wir jetzt turnen hatten. Wir zogen uns alle ziemlich schnell um, damit wir nicht zu
spät kamen. Und gerade aufs klingeln traten alle Mädchen in die Turnhalle. Wir spielten Volleyball. Ich mochte es zwar nicht wirklich so, weil die Jungs immer voll draufschlugen, aber im Allgemeinen war es ein ziemlich cooles Spiel. Sport war das einzige Fach indem ich wirklich ernst genommen wurde, weil ich, anders als die anderen Mädchen, mitspielte. Schlussendlich gewann mein Team mit 3 Punkten Vorsprung. Wir hatten jetzt grosse Pause und setzten uns auf eine Mauer bei einem Baum. Zu uns kam noch Melina. Vicky, die 5. in unserem Bund, hatte gerade Stress mit ihrem Freund und klärte das jetzt. Uns fehlte eigentlich nur noch das Popcorn, denn meistens war
das ziemlich amüsant zum Anschauen. Ihre Beziehung war eine On-Off Beziehung, wie die meisten an unserer Schule. Ich hatte noch keine Beziehung, genau aus diesem Grund. Ich wollte für einen Jungen nicht eine von vielen sein. Mein Ziel war es meine 1. Liebe zu heiraten. Meine Freundinnen nannten mich „Miss Unerreichbar“. Vicky und Lion verstanden sich wieder und begannen sich gerade gegenseitig auszufressen, was mich zum Wegsehen brachte. Ich beobachtete Melina, Jenny und Sara genauer. Melina hatte fast schwarze Haare und braune Augen. Ihr Gesicht hatte einige Pickel, die sie aber schön mit Make-up abdecken konnte.
Sara hatte braune Haare und grüne Augen. Sie war sehr schlank und gross. Vicky hatte blonde Haare und grüne Augen. Sie war mittelschlank, aber sehr dünn gebaut. Jenny hatte auch braune Haare, aber braune Augen. Ihr Gesicht war ganz fein und so perfekt. Sie war ein wenig grösser als ich und hatte eine sportliche Figur. Neben ihnen sah ich wie ein Klotz aus. Ich hatte blonde Haare und blaue Augen und war eher fest gebaut. Mein Gesicht hatte auch Pickel die ich mit viel Make-up versuchte weg zu machen.
Die Pause war vorbei und wir liefen in unsere Klassen. Jenny und Sara setzten sich neben mich und wir unterhielten uns noch über unnötige Dinge bis die Lehrerin herein kam. „Heute machen wir einen kleinen Postenlauf für die letzten 2 Stunden. Wir arbeiten mit der 4.B zusammen. Ich und Herr Weber haben schon kleine Gruppen gemacht“, sagte die Lehrerin und nahm ihr Blatt hervor. Sie lass die Gruppen laut vor. „In der 4. Gruppe sind Luca, Bella, Sereina, Oliver und Marc“, nannte sie meine Gruppe. Als die den Namen Marc
aussprach, grinsten mich Sara und Jenny an. Ich schlug ihnen lachend auf die Schulter. Wir mussten kleine verschiedene Posten in der Gruppe bestreiten. Es gab sportliche Teile und Denkteile. Unsere Klasse ging in das Schulzimmer von der 4B und wir mussten in unseren Gruppen zusammenstehen. Marc würdigte mich mit einem kurzen Blick, der so ausdruckslos war. Seine Augen waren fast schwarz, was mir das Blut in den Adern gefrieren liess. Ich zwang mich zu einem kurzen Lächeln und stand danach neben Sereina. Sereina und Luca waren mit mir in der Klasse und Oliver gehörte zu Marc. Wir standen alle in kleinen
Gruppen im Klassenzimmer und warteten auf weitere Kommandos von den Lehrer. Es gab 20 verschiedene Posten auf dem Schulgelände und Umgebung. Es machten noch 5 andere Klassen mit, also war es nicht ein kleines Projekt. Wir wurden in den kleinen Gruppen zu einem Posten gewiesen. Wir starteten bei dem Posten Nummer 7. Es war ein Denkposten bei dem wir Fragen beantworten mussten über Allgemeinwissen. Sereina war ein Genie und konnte 9 von 10 Fragen richtig beantworten. Luca hatte die Karte in der Hand und der Posten 8 war irgendwo im nahgelegenen Wald. Da weder ich noch jemand anderes aus der Gruppe Karte lesen konnten, verliessen
wir uns auf Luca. Ich nahm mein Handy hervor und surfte auf Instagram um der betrübenden Stille auszuweichen, als ich plötzlich den stinkenden Geruch von Zigarette ein atmete. Ich schaute hinter mich um zu sehen woher dieser eklige Gestank kam. Marc und Oliver hatten beide je eine Zigarette im Mund und zogen genüsslich daran. Oliver sah mich an und nahm die Zigarette in seine Hand. „Wie heisst du eigentlich?“, fragte er mich. „Bella“, antwortete ich klein laut und sah wieder auf den Bildschirm meines Smartphones. Oliver stand plötzlich neben mir und lief an meiner Seite. „Dich habe ich nie wirklich
wahrgenommen auf dem Pausenhof oder im Schulhaus. Bist wohl ein braves Mädchen, oder?“. Die Frage war an mich gerichtet. Ich setzte meine Engelsstimme auf und antwortete zuckersüss: „Auf jeden Fall braver als du“. Wir irrten sicher schon 30 Minuten irgendwo im Wald umher und dieser Oliver liess nicht von mir. Langsam hatte ich das Gefühl, dass wir im Kreis gingen und ich war nicht die einzige, denn Marc zweifelte ebenfalls. Es fing gerade wieder an zu schneien. Ich fror sowieso schon wie bescheuert, musste das jetzt auch noch kommen? Luca blieb stehen und wir schauten ihn an. „Ich glaube wir haben uns verlaufen“,
gestand er.
„Nein wirklich? Du bist aber mal ein ganz schlauer“, motzte ihn Oliver an.
Ich stellte mich etwas an den Rand, weil mir schwindelig wurde. Oliver, Marc und Luca brüllten sich gegenseitig an. Langsam fing sich alles an zu drehen. Meine Augen und Glieder wurden extrem schwer und dann wurde alles schwarz. Ich kam langsam wieder zu mir und sah in die Gesichter der anderen. An Marc`s Gesicht blieb ich hängen. Seine Augen waren ganz schwarz mit einem kleinen Hauch von Dunkelblau. Wie konnten Augen so dunkel sein? Ich setzte mich langsam auf und bemerkte, dass ich eine Jacke mehr trug. Marc hatte seine Jacke um mich gehängt. Ich wollte sie ihm
wieder geben, aber er lehnte ab. Ich versuchte auf zu stehen, aber irgendwie tat mein Fuss extrem weh, so dass ich wieder auf den Boden sinken musste. Marc schaute mich an, dieses Mal aber mit hellblauen Augen und etwas wie Mitgefühl im Gesicht. „Ich gehe den Weg zurück und suche einen Ausweg aus diesem Wald und hole dann Hilfe“, sagte Luca, der verstanden hat, dass mein Knöchel nicht ganz in Ordnung war. Sereina und Oliver wollten mitgehen und befahlen Marc bei mir zu bleiben. So waren also nur noch ich und er hier. Eigentlich war es doch genau so etwas wie ich es mir immer erträumt hatte, natürlich unter anderen
Umständen. Marc nahm mir die Jacke ab und legte sie unter sich und half mir auf seine Jacke. Nun sassen wir also gemeinsam am Boden, irgendwo im nirgendwo. Er zündete eine weitere Zigarette an und bot mir auch eine an, die ich aber ablehnte. „Rauchst du nicht?“, fragte er mich leicht geschockt. „Nein nicht wirklich. Ich habe es nicht nötig mir mein Leben zu zerstören“, sagte ich leicht genervt, da mich dieser verdammte Geruch in den Wahnsinn trieb. „Sorry Miss Perfect. Nicht jeder kann so ein wundervolles Leben haben, Schätzchen“, gab er zurück. Leicht
genervt starrte ich in den Wald. Mein Leben und perfekt. Wer`s glaubt! 15 Jahre alt und keine Mutter mehr und einen Vater den man nicht mal kennt. Ja perfekt. „Was treibt dich denn in dieses Loch? Du bist einer der beliebtesten Schüler der ganzen Schule, wirst von allen Mädchen angehimmelt. Ist es nicht das, was ihr alle wollt?“, fragte ich ihn frech. Er warf seine Zigarette in den Schnee und sah mich an. Er sah mir direkt in die Augen und liess keine Sekunde von mir ab. Ich versuchte seine Gedanken zu lesen, aber es gelang mir nicht. „Meiner Eltern wollen, dass ich Arzt werde. Dies entspricht aber überhaupt
nicht meinen Vorstellungen, aber in dieses sogenannte Loch bin ich nicht ganz freiwillig gefallen. Himmelst du mich auch an? Du bist ja schliesslich auch ein Mädchen“, antwortete er mir, ohne meinem Blick zu entweichen. Was wollte er damit erreichen? Sehen ob ich schwach werde, wegen seinem Anblick? Ich sah auf die Zigarette die durch die Kälte des Schnees langsam ausging. Wie antwortete ich auf die Frage am besten?
„Nein, warum sollte ich auch? Du hast ja genug, die das schon tun. Und ich verstehe sowieso nicht, warum man jemanden anhimmeln sollte. Du hattest ja anscheinend schon mit sehr vielen etwas, auf dieses Niveau muss ich nicht gehen um mich besser zu fühlen!“, gab ich als Antwort. Er sah mich völlig perplex an. So eine Antwort bekam er sicher sehr selten. „Und warum sollte ich einen Drogendealer anhimmeln?“, fuhr ich langsam aber bewusst weiter. Jetzt war er platt. Eins zu Null für mich, dachte ich mir nur. Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, denn dieser Blick war
einzigartig. Ja, er war ein Drogendealer. Er zeigte es zwar nicht offensichtlich, aber wer 1 und 1 zusammen zählen konnte war klar im Vorteil! Am Anfang hätte ich niemals gedacht, dass jemand wie er Drogendealer sein konnte. Aber mit der Zeit bekam ich immer mehr mit, konnte mehrere Puzzleteilchen zusammenlegen und kam damit zum Ergebnis. Er dealte zwar nicht mit harten Drogen, aber Drogen waren nun mal Drogen. Ich setzte mich aufrecht hin und wollte gerade mein Handy hervor nehmen, als mir bewusst wurde, dass es keinen Akku mehr hatte. Sonst hätte ich schon lange meinen Grossvater oder so angerufen und gesagt, er solle mich aus
diesem Albtraum befreien. „Kommst du heute Abend auch an diese Party?“, fragte mich Marc, um das Thema zu Wechseln. Ich schüttelte den Kopf. Ich hasste Partys und ging so selten auf Partys. Mich nervten diese Mädchen die sich wirklich halb nackt präsentierten. Da es dieses Mal eine Poolparty war, naja eher eine Hallenbad Party wollte ich erst recht nicht gehen. Dann hätte ich einen Bikini anziehen müssen, denn ich erstens gar nicht habe und zweitens würden mich alle anstarren weil ich zu fett bin. Marc wollte gerade etwas sagen, als ein Auto um die Ecke bog. Meine Rettung! Aus dem Auto stiegen Herr Weber und Luca. Marc
stand langsam auf und half mir auf meine Beine. Ich war echt froh, dass endlich jemand kam, denn ich war kurz vor dem einfrieren. Marc half mir ins Auto und Herr Weber half mir meinen Fuss einzubinden. Er riet mir, dass ich einen Arzt aufsuchen sollte. Ich nickte lächelnd, wusste aber bereits, dass ich niemals zu einem Arzt gehen würde. Wir fuhren zurück zum Schulhaus. Am Eingang wartete bereits Jenny auf mich. Es war kurz vor Schulschluss, aber wir mussten nicht mehr zurück ins Klassenzimmer. Jenny und ich sicherten uns bereits einen Platz im Bus. Ich überlegte mir ob ich ihr die Sache mit Marc erzählen sollte, entschied mich
aber dagegen. Der Bus fĂĽllte sich sehr schnell. Schon bald war er ganz voll und wir fuhren los. Ich verabschiedete mich von Jenny und stieg aus. Es war echt extrem kalt hier draussen, weshalb ich mich auch beeilte. Ich zog meine Jacke und Schuhe aus und gesellte mich zu dem Rest der Familie ins Warme. Wir assen Mittagessen und sprachen ĂĽber den Tag. Ich war ziemlich ruhig, da ich niemandem von meinem Erlebnis berichten wollte. Nach dem Essen machte ich mich auf den Weg in den Stall. Storm rief mir schon von weitem zu. Sein richtiger Name war Magic Storm, aber wir nannten ihn alle nur Storm. Er war ein kohlschwarzer
Mustang und meine grosse Liebe. Seit dem Tod meiner Mutter ist er mehr als nur ein Pferd, er ist mein ein und alles. Storm war das gemeinsame Pferd von mir und meiner Mutter, den wir in den Bergen einfangen konnten. Meine Mutter machte mit ihm Join up und Parelli und er fing immer mehr vertrauen in sie und danach auch in mich. Er ist alles was mir noch von ihr geblieben ist.
Ich fing langsam an ihn zu putzen und beobachtete dabei die anderen Pferde auf der Weide. Wir hatten einen Pferdestall indem 7 Pferde lebten, mit dabei auch Storm. Nachdem ich ihn geputzt hatte, sattelte ich ihn und schwang mich auf seinen Rücken. Es gab heute wieder viel Neuschnee was sehr einladend war für einen Galopp über die Wege. Mein Knöchel tat mir zwar immer noch sehr weh, aber nichts und niemand konnte mich vom Reiten aufhalten. Der Ausritt ging viel zu schnell. Als wir wieder zu Hause ankamen, putzte ich ihn noch schnell durch und holte dann Raissa von
der Weide. Mit ihr wollte ich heute etwas Bodenarbeit machen. Sie war noch eine eher junge Stute und musste noch sehr vieles lernen. Eigentlich wollte meine Mutter mit ihr arbeiten, aber nun musste ich es tun. Ich fing gerade an sie zu longieren, als mein Handy klingelte. Ich nahm ab… „Hallo Bella. Heute Abend ist ja diese Poolparty, kommst du auch mit?“, fragte mich Jenny. „Nein danke. Du kennst ja meine Einstellung zu Partys“, sagte ich leicht lächelnd. Jenny versuchte mich zwar noch einige Male zu überreden, aber ich liess mir die dümmsten Ausreden einfallen. Am Schluss beendete sie leicht
genervt das Telefonat und ich widmete mich wieder Raissa. Nachdem ich mit ihr noch etwas Bodenarbeit gemacht habe, fing ich an die Ställe auszumisten. Ich war fast fertig, als mein Bruder in die Scheune trat. „Bella du hast besuch“, lächelte er mich an. Ich lächelte zurück und er nahm mir die Mistgabel ab. Langsam lief ich aus der Scheune und sah Jenny und Melina. Ich ging auf sie zu und ahnte nichts Gutes. Glücklich zogen sie mich Richtung Haus. „Was ist los?“, fragte ich sie misstrauisch als wir in meinem Zimmer sassen. Als Antwort bekam ich einen wunderschönen Bikini in die Hand
gedrückt. Meine Vermutung bestätigte sich soeben. Leicht genervt gab ich Melina den Bikini zurück. Sie sah mich nur etwas verwundert an und lachte. „Ich habe genau diese Reaktion von dir erwartet“, lachte sie los. Jenny fing an mit ihr zu lachen und so steckten mich die beiden an. „Bella du musst endlich mal wieder etwas raus und Spass haben. Seit dem Tod deiner Mum verbringst du die Zeit nur noch mit Lernen und den Pferden. Komm schon, bitte tu es für uns“, bettelte Jenny. Ich hatte zwar echt überhaupt keine Lust, aber ich konnte ja mal hingehen. Ich stimmte also dem Wunsch meiner Freundinnen zu und sie
suchten mir was aus meinem Kleiderschrank aus. Ich trug also einen Neonpinken Bikini, darĂĽber eine Hose mit Leopardenmuster und ein weisses, total luftiges Top. Irgendwie fĂĽhlte ich mich sehr unwohl, aber was soll`s. Meine Schwester war so nett und fuhr uns zum Hallenbad in die Stadt. Sie fand es echt toll, dass ich endlich mal auf eine Party ging. Wir gingen in die Umkleidekabine um unsere Wertsachen zu verstauen. Als wir das Hallenbad betraten war mir zum davon rennen. Die Musik war echt schlimm. Ich konnte dieses Techno ĂĽberhaupt nicht ab. Jenny, Melina und ich machten uns auf den Weg zur Bar wo wir Sara und Vicky sahen. Wir umarmten
uns und Vicky und Sara waren echt erstaunt mich zu sehen. Vicky bestellte für mich ein leicht alkoholisches Getränk. Ich wollte eigentlich nur Wasser trinken, aber meine Wünsche waren hier nicht gerade willkommen. Lachend wendete ich mich von Vicky ab und beobachtete die anderen Gäste. Die meisten hielten sich im Wasser auf und andere gingen nach draussen. Ich sah Leon und seine Freunde auf uns zukommen und stupste Vicky leicht in die Rippen. Vicky winkte ihnen und sie kamen auf uns zu. In der Zwischenzeit hatte ich auch mein Getränk in der Hand und nippte leicht daran. Es schmeckte zu meinem Erstaunen wirklich gut.
„Hey“, begrüsste mich der Freund von Leon. Sein Name war glaube ich Lukas. Er ging jedoch nicht auf unsere Schule. Ich lächelte ihn an und nickte ihm kurz zu. Ehrlich gesagt hatte ich echt keine Lust mit ihm zu sprechen. Er jedoch versuchte mehrere Male einen Smalltalk. Ich gab irgendwann auf und redete mit ihm. Ich schaute wieder in die Menge. Ich erwischte mich dabei wie ich nach Marc Ausschau hielt, aber von Mr. Universum war keine Spur. Vielleicht hatte ich den Mädels nur zugesagt um ihn zu sehen, aber das würde ja bedeuten das ich ihn mochte und dies war
natürlich nicht der Fall. Oder vielleicht doch? Was würde es mir bringen unsterblich in eine Person verliebt zu sein, die meine Gefühle nicht erwidert. Es waren bereits 2 Stunden vergangen und ich wurde langsam echt müde. Leon und seine super Freunde waren bereits betrunken. Wir gingen langsam ins Wasser und lehnten uns an die Wand. Melina und ich unterhielten uns über allesmögliche. Wir lachten und langsam gefiel es mir hier. „Meli, ich geh mal kurz auf Toilette“, sagte ich ihr und schwamm gegen die Treppe. Ich war kurz vor dem Eingang, als mich jemand an der Hand festhielt. „Kannst du mich bitte loslassen?“, fragte
ich Lukas. Er schüttelte den Kopf. „Komm mit in meine Kabine“, lallte er. Ich versuchte mich zu befreien, aber sein Griff wurde Stärker. Er kam immer näher an mich ran. „Lass das!“, sagte ich wütend. Ich drückte ihn weg von mir, was ihn aber langsam wütend machte. So ein Idiot! Er zog meine Hüfte näher an sich ran und küsste mich! Ich hätte ihm so gerne in die Fresse geschlagen, aber er hielt meine Hände fest. „Ey Lass mich los! Arschloch!“, sagte ich mit fester Stimme. Er jedoch drückte seine Lippen abermals auf meine und zog mich langsam gegen die Männerkabine. Jetzt ist es aus, ich habe keine Chance
mehr. Warum musste ich alleine auf Toilette, wie dumm war ich eigentlich? „Hast du nicht gehört, dass du sie loslassen sollst?“, kam es plötzlich von hinten. Lukas liess mich los und lag kurz darauf am Boden. Ich drehte mich überrascht um und sah ihn. Marc! Er hatte meinen Wunsch verwirklicht und ihm in die Fresse geschlagen, somit kam er aus der Balance und fiel zu Boden. Lukas stand jedoch viel zu schnell wieder auf und sie fingen an auf sich einzuschlagen. Alle Blicke des Hallenbades waren auf uns gerichtet. „Hört auf! Wie bescheuert seit ihr eigentlich?“, schrie ich sie an. Irgendwann hörten sie endlich auf. Beide
hatten blaue Flecken und Kratzer im Gesicht und am ganzen Körper. Das Gelächter ging los. Es war mir so endlos peinlich. Lukas verzog sich und ich tat es ihm gleich. So schnell wie möglich ging ich in die Mädchenkabine und packte meine Tasche. Warum musste mir so etwas passieren? Bis zu mir nach Hause ging es 5 km. Es war zwar nicht das allerbeste, aber immerhin machbar. In meine dicke Winterjacke gekuschelt begab ich mich also auf den Weg nach Hause. Eine Frage stellte ich mir immer und immer wieder. Warum hat mir Marc geholfen? Es war echt kalt, aber immerhin hatte ich schon 2km geschafft. Ich wollte nie wieder auf eine Party
gehen. Meine Meinung zu Partys war nicht wirklich besser geworden. Wo war Oliver die ganze Zeit gewesen? Warum habe ich ihn nicht gesehen? Hat er mich beobachtet? Warum hat er mir geholfen? All diese Fragen schwirrten mir währenddessen durch den Kopf. Warum konnte er nicht einfach ein normaler Junge sein, ohne eine Vorgeschichte. Das er mit Drogen dealte war mir noch einigermassen egal, aber mein Grossvater würde ihn erhängen. Aber warum musste er schon so vieles mit irgendwelchen Mädchen gehabt haben? Das ekelt mich irgendwie an. Ich war völlig in meinen Gedanken versunken, als es plötzlich hinter mir hubte. Ich drehte mich total
erschrocken um.
Ich sah in ein lachendes Gesicht mit wunderschönen Augen. Marc liess die Scheibe runter und lachte mich aus, weil ich bleich wie eine Leiche war. Ich spürte wie mir die röte langsam ins Gesicht lief. Nun war ich also eine Tomatenleiche. „Soll ich dich nach Hause fahren?“, fragte mich Marc mit einer unschuldigen Engelsstimme. Ich schüttelte den Kopf. „Wäre es aber nicht viel schöner in einem warmen Auto zu fahren, statt sich den Arsch abzufrieren? Ich erzähle auch niemandem etwas, damit du deinen tollen Stolz nicht verlierst“, lachte er.
„Es ist nicht wirklich gut für ein kleines Mädchen alleine auf einer Gottverlassenen Strasse nach Hause zu gehen. Ich, als Gentlemen, fahre dich gerne nach Hause“. Vielleicht hatte er ja Recht. Ich lächelte ihn leicht an und er hielt sein Auto an. Schnell rannte ich auf die andere Seite und öffnete die Beifahrertür. Es war ein komisches Gefühl mit Marc in einem Auto zu sitzen. Ich beobachtete ihn von der Seite. Wir fuhren sehr langsam über die Strasse, weil es einige Löcher hatte. „Wo wohnst du?“, fragte er mich nun. „Du kannst mich da vorne raus lassen. Mein Vater mag es nicht so, wenn man
auf sein Land kommt. Den Weg schaffe ich ganz alleine“, antwortete ich ihm. Ich wollte nicht, dass er sah das ich auf einem Bauernhof lebte. Und erst recht wollte ich nicht, dass er wusste, dass meine Mutter gestorben und mein Vater nie da war. Ich wollte kein Mitleid. Er hielt sein Auto an und ich war echt froh darüber, dass er nicht weiter nachfragte. Dankend verabschiedete ich mich von ihm und lief los. Es war echt dunkel, aber es waren ja nur noch gut 200 Meter. Links und rechts von der steinigen Strasse waren Zäune. So zog sich die Strecke über das Land. Ich war so froh, als ich endlich in meinem Bett lag und niemand aus der Familie dumme
Fragen stellte. Da ich sehr müde war schlief ich ziemlich schnell ein. Am nächsten Morgen kam Michael und wecke mich unsanft. Es war bereits 9 Uhr. Höchste Zeit für die Pferde. Schnell zog ich mir etwas an, putzte die Zähne und rannte die Treppe hinunter. Ich grüsste meine Familie kurz und ging in den Stall. Storm wieherte mir schon von weitem zu. Ich öffnete seine Türe und fing an ihn zu putzen. Heute schien die Sonne. Es war ein wunderschöner Tag mit viel Schnee. „Morgen“, schrie Jenny lachend. Ich begrüsste sie mit einer Umarmung. Sie durfte Domingo reiten. Einen sehr lieben, grossen Wallach. Auf ihm machte ich
meine ersten Sprünge. Jenny und ich galoppierten, machten Rennen und lachten gemeinsam. Es war so schön. Wir konnten leider nicht allzulange gehen, weil ich noch viele andere Pferde bewegen musste und Jenny als Nebenjob in einem Restaurant servierte. Wir putzten die Pferde noch einmal richtig gut durch und liessen sie auf die Weide. Ich verabschiedete mich von Jenny und ging zurück ins Haus. „Bella? Jack hat gerade angerufen. Morgen wir ein Junge zu uns kommen und für die nächsten 3 Wochen bleiben. Seine Eltern gehen für 3 Wochen weg und er hat anscheinend gerade ziemlich Mist gebaut. Jack findet es eine gute
Idee, dass er in diesen 3 Wochen hier arbeiten wird“, informierte mich mein Grossvater. Ich nickte und verstand ziemlich schnell. Ich musste also noch zusätzlich das Gästezimmer bereit machen. Mir war schon etwas mulmig, bei dem Gedanken mit einem kriminellen im Haus zu schlafen. Zum Glück war mein Zimmer im obersten Stock und seines im untersten. Als ich fertig war, ging ich zurück in den Stall und longierte Raissa abermals. Sie war heute sehr willig und begriff extrem schnell. Bis zum Abend bewegte ich weitere 3 Pferde. Müde setzte ich mich aufs Sofa und schaltete den Fernseher ein. Draussen war es extrem kalt gewesen
und ich fror immer noch ein wenig. Melissa fing bereits an das Abendessen zu kochen und Michael ging mit unserem Hund noch spazieren. Keine 2 Stunden später lag ich in meinem Bett eingekuschelt. Ich nahm mein Handy hervor und schrieb noch bis spät in die Nacht mit Jenny und Vicky.