Gedichte
Neben den Anderen

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"Neben den Anderen"
Veröffentlicht am 12. November 2014, 6 Seiten
Kategorie Gedichte
© Umschlag Bildmaterial: lakalla - Fotolia.com
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Nach längerer Zeit bin ich wieder hier. Das Leben ist ein Arschloch? Keine Ahnung, ich schreibe Lyrik für Menschen, die sich etwas mehr über den Tellerrand hinaus wagen. Nicht jedermanns Sache, aber immer ehrlich und nah den Hinterhöfen und Seitengassen der Gesellschaft.
Neben den Anderen

Neben den Anderen

Neben den Anderen


Im Nachbarhaus

hat's gebrannt.

Drei Leute sind gestorben.

Haben ihre dreckigen Erinnerungen mitgenommen.

Wie eine leere Tüte von Aldi.

Grete sagt, ihr täte es leid.

Aber ich glaube ihr nicht.

Ich glaube niemandem der hier lebt. Hier zieht man nicht hin,

hier wird man geboren

und hier stirbt man.

Es ist egal wann und wodurch.

Wenn du den ersten Schlag

in die Fresse bekommst,

kannst du dich schon verabschieden.

Alles was dazwischen liegt

ist Krampf.

Mehr nicht.


In Nummer siebzehn

wohnte Martha.

Sie wäre fast eine Ausnahme geworden. Lernte so ‘nen reichen Typ kennen,

der sie heiraten wollte.

Aber er hat sie nur ein paar Monate flach gelegt und dann war er wieder weg.

Martha blieb hier

und besorgte sich den apothekenpflichtigen Dauerschlaf.

Als man sie MOnate später raustrug,

habe ich geweint.

Martha war ne Gute.

Vierunddreißig Jahre alt.

Ich hätte sie geheiratet.

Aber ich war von hier,

ich war im Viertel entstandener

Biomüll.

Martha hatte genug Scheiße im Leben,

da konnte sie getrost auf mich verzichten.

Jetzt ist sie weg.

Was das bedeutet,

sollen andere beurteilen.



Jedenfalls stand

in der Zeitung stand nichts davon.

Aber im Lokalteil konnte man lesen,

dass die Duisburger Stadtgarde den dritten Platz bei den NRW-Meisterschaften

im Gardetanz belegt hat.

Und sonst stand nichts da.

Nichts von Günter,

der sich im Dachgeschoss erhangen hat,

Nichts von Gaby, die ihr Baby

in den Müllschlucker geschmissen hat.

Nichts von Kalle,

der seine Lorre einfach

mit ner Axt aus der Wohnung getrieben hat.

Nur die Tanzgarde stand da.

Und die ist aus nem anderen

Stadteil.

Unser Viertel wird wegretuschiert. Unsichtbar gemacht.

Das Nachbarhaus

wird demnächst abgerissen.

Sie werden nichts neues hinstellen.

Hier ist Brachland.

Hier investiert keiner.

Nur der Tod.

Und der hat Zeit

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Hörbuch

Über den Autor

Lyders
Nach längerer Zeit bin ich wieder hier.
Das Leben ist ein Arschloch?
Keine Ahnung, ich schreibe Lyrik für
Menschen, die sich etwas mehr über den Tellerrand hinaus wagen.
Nicht jedermanns Sache, aber immer ehrlich und nah
den Hinterhöfen und Seitengassen der Gesellschaft.

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evelin meine fresse - das ist gut - zum heulen gut

evelin
Vor langer Zeit - Antworten
Lyders Lieben Dank........
Ich freue mich, dass meine sozialbrachialen Texte bei Dir so gut ankommen.


Liebe Grüße
Michael
Vor langer Zeit - Antworten
MarionG Oh, harter Stoff. Aber leider oft Realität.
Klasse geschrieben - schonungslos ehrlich.
Liebe Grüße
Marion
Vor langer Zeit - Antworten
Rajymbek 
Als ich das las, war ich besonders froh, hier auf dem Lande zu leben und zu arbeiten. Erschreckende Bilder, Lyders.

VLG Roland
Vor langer Zeit - Antworten
Constantin Eine düstere, aber leider auch realistische Schilderung, die für viele Viertel gilt. Sehr intensiv beschrieben!
Lieben Gruß Constantin
Vor langer Zeit - Antworten
Bleistift 
"Neben den Anderen"
Geradezu unheimlich sozialkritisch stark geschrieben...
Diese Großstadt-Szene hast Du super eingefangen...
beste Grüße

Louis
Vor langer Zeit - Antworten
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