Kurzgeschichte
Eigene Wege

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"Eigene Wege"
Veröffentlicht am 09. November 2014, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Ich habe schon immer gerne Geschichten erfunden. Noch bevor ich überhaupt schreiben konnte. Wann immer die Welt nicht so war, wie ich siie mir vorstellte, habe ich mich in eine Traumwelt geflüchtet, in dem ich Bücher las. Bücher sind, anders als Filme, vorgefertigte Geschichten, in denen immer noich Raum bleibt für die eigene Fantasie. Genau das hat mich schon immer an der Literatur fasziniert. Und ich hoffe, dass ich mit meinen Geschichten ...
Eigene Wege

Eigene Wege

eigene wege

„ Ich geh meine eigenen Wege...“ Der Anfang eines Liedtextes aus, ich glaube, den 80`gern. Jedenfalls war ich noch jung damals. Sehr jung. Hatte die Zukunft noch vor mir. O.K. Es geht mir nicht schlecht heute, aber ein paar Weichen des Lebens hätte ich schon anders stellen können. Jetzt schlendere ich durch Berlin. Deutsche Hauptstadt. Ich bin mit einer Reisegruppe hier, für zwei Tage. Hab mich abgesetzt von der Gruppe. Sie wollen das Berliner Nachtleben erleben.

Ich auch. Doch auf eigenen Wegen. Da ist es wieder, das Thema. „Ich geh meine eigenen Wege.“ Wenn es mir sowieso nicht aus dem Kopf geht, kann ich es auch genauso gut gleich mit summen. Ich gehe also summend und staunend unter den beleuchteten Linden. „ Eigene Wege sind schwer zu beschreiten...“ Da fällt mir eine Frau auf. Zwei kleine Kinder, links und rechts von ihr, mit schweren Tüten bepackt. Allein erziehend, nicht wissend, wo ihr Weg des Lebens sie hin führen wird. Was die Zukunft ihr und ihren Kindern beschert. So etwas wird einem auf der Stadtrundfahrt nicht erzählt. „ Rechts

sehen Sie die Staatsoper und links eine allein erziehende Mutter, die nicht weiß welche Zukunft sie ihren Kindern bieten kann.“ Auch meine Kollegen, die sich gerade im Berliner Nachtleben amüsieren, bekommen davon nichts mit. Sie lassen sich eine glitzernde Scheinwelt vor gaukeln. Aber, jeder soll seinen eigenen Weg gehen. Ich beobachte, summend, weiter. Doch nicht die Gebäude, oder die leuchtenden Bäume sind es, die mich jetzt interessieren, sondern die Menschen. 3 Millionen Einwohner. Und jeder geht seine eigenen Wege. 3 Millionen Wege in Berlin.

Und dazu noch die Besucher . So viele Millionen Wege. Und jeder ein bisschen anders. Ich habe Hunger und kaufe mir eine heiße Wurst bei einem Mann der sie von einem Bauchladen aus verkauft. Vor sich hat er den Grill mit den Würstchen und Brötchen umgeschnallt und auf dem Rücken trägt er die Gasflasche für den Brenner. Ich habe so etwas noch nie zuvor gesehen. Da kein weitere Kunde wartet, unterhalte ich mich ein wenig mit dem Mann. Möchte wissen, was sein Weg ist. Er ist sichtlich erfreut darüber, dass sich jemand mal ein bisschen Zeit für ihn nimmt.

Er erzählt mir von sich, während ich die von ihm zubereitete Wurst esse und ihm zu verstehen gebe, wie lecker sie mir schmeckt. Er freut sich und sieht sich wahrscheinlich darin bestätigt, dass sein Weg doch so falsch nicht sein kann. Ein junges Mädchen fällt mir auf. Sie deutet auf die Kronen der Linden und lächelt dabei. „Schau!“ Ruft sie, obwohl keiner bei ihr ist, mit dem sie sich unterhalten könnte. Sie lacht und wankt, dass ich befürchte ,sie könnte jederzeit umkippen. Und dann passiert es. Sie kippt tatsächlich um. Wie in Zeitlupe knallt sie auf das harte Pflaster. Ein Mann,

ebenfalls in Zeitlupe und in Anzug und Krawatte, hastet heran, um ihr zu helfen. Auch ich gehe auf sie zu, nicht wissend ,was ich eigentlich machen soll. Der Mann weist mich an, mit ihr zu reden. Er sei Arzt und holt Hilfe. „ Siehst Du die Elfen da oben, die in den Bäumen gefangen sind?“ Sagt sie zu mir, in meinen Armen liegend, mit verdrehten Augen. Ich schaue nach oben und sehe die Lichter der Linden. „ Ja.“ Antworte ich. Dann zerfetz das Blitzen des Blaulichtes und der schrille Ton des Martinshorn, des Notarztwagens, die schon fast entstandene Idylle.

Ich werde gefragt, ob ich sie kenne, muss es verneinen. Niemand hier kennt sie, vermisst sie. Bei 3 Millionen Wegen kann man sich schon mal verirren. Sie wird abtransportiert. Mit Blaulicht und Sirene, ab ins finstere Berlin. Niemand kannte sie, Niemand vermisste sie. Wahrscheinlich ist sie nicht einmal einen Satz in der morgigen Ausgabe der Zeitung wert. Ich Schaue ihr noch nach, bis die blitzenden Blaulichter verschwunden sind . Dann mache ich mich auf den Weg. Zurück ins Hotel. Ich habe genug gesehen von

Berlin. „ Eigene Wege sind schwer zu beschreiten. Sie entstehen ja erst beim gehn.“ Eigene Wege sind ja O.K. Aber jeder Weg braucht auch Wegweiser, damit man sich entscheiden kann, wohin man gehen will. Und wer, wenn nicht wir , soll denn der Jugend sagen, welche Wege sie gehen können und welche sie besser meiden sollen.

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Hörbuch

Über den Autor

rolandreaders

Ich habe schon immer gerne Geschichten erfunden. Noch bevor ich überhaupt schreiben konnte. Wann immer die Welt nicht so war, wie ich siie mir vorstellte, habe ich mich in eine Traumwelt geflüchtet, in dem ich Bücher las.
Bücher sind, anders als Filme, vorgefertigte Geschichten, in denen immer noich Raum bleibt für die eigene Fantasie. Genau das hat mich schon immer an der Literatur fasziniert. Und ich hoffe, dass ich mit meinen Geschichten die Leser und Leserinnen auch ein bisschen aus ihrem Alltag holen und sie auf ein gemeinsam erlebtes Abenteuer entführen kann.
Denn der Leser, oder die Leserin sind auch immer ein Teil der Geschichte, die sie gerade lesen. Wenn auch nur als Beobachter.

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GertraudW 
Ich habe diese beeindruckend geschriebene Geschichte
gerne noch einmal gelesen.
Bei dem Dialog mit dem Würstlmann habe ich mir gedacht:
"Der freut sich, dass sich jemand die ZEIT nimmt und mit
ihm spricht" ... Manchmal denke ich mir, man nimmt sich
viel zu wenig Zeit ...
Liebe Grüße
Gertraud
Vor langer Zeit - Antworten
rolandreaders Hallo Gertraud.
Danke fürs lesen und den Kommentar.
Genau. Da hast du Recht.
L.G.Rpland.
Vor langer Zeit - Antworten
KarinB Genau so ging ich als junger Mensch auch mal durch Berlin........auf eigenen Wegen weitab der Touristenströme .......Hast Du toll geschrieben ......LG Karin
Vor langer Zeit - Antworten
rolandreaders Hallo Karin.
Danke fürs Lesen, den Kommentar und die Coins.
Freut mich, dass es dir gefällt.
Und danke auch für das Löb.
L.G.Roland.
Vor langer Zeit - Antworten
schnief Ein besonderer Reisebericht, denn du bist mit offenen Augen durch die Straßen Berlins, nicht Sehenswürdigkeiten sondern Menschen galten deine Aufmerksamkeit.
Sicher können wir unseren Kindern versuchen den Weg zu weisen und gleichzeitig hoffen, dass sie den richtigen einschlagen.
Liebe Grüße Manuela
Vor langer Zeit - Antworten
rolandreaders Hallo Manuela.
Danke fürs Lesen, den Kommentar und den Favo.
Tja. Und dann bleibt immer noch das beklemmende Gefühl, ob es tatsächlich der richtige Weg war, den wir gewiesen haben.
L.G.Roalnd.
Vor langer Zeit - Antworten
Tintenklecks interessanter Fokus auf das Unbekannte, Zufällige und noch nicht Entdeckte in Berlin. Und doch, Du siehst, Wege kreuzen sich, wenn es auch nur für Momente ist.
Deine Geschichte hat mich erinnert an den Zeitpunkt vor ca 46 Jahre, als ich erstmalsnach berlin kam. Zur Aufnahmeprüfung.Ich hatte ein Gedicht vorbereitet dafür. von Tucholsky, Augen der Großstadt. In Deiner Geschichte fand ich auch dieses Gedicht wieder http://www.yolanthe.de/lyrik/tucho01.htm
Danke dafürsagt der Tintenklecks
Vor langer Zeit - Antworten
rolandreaders Hallo Tintenklecks.
Danke fürs Lesen, den Kommentar, den Favo und die Coins.
Das Gedicht kannte ich nicht. Habs aber jetzt gelesen, dank deines Links.
Gefällt mir gut.
Inspiriert wurde ich tatsächlich von diesem Song von H.J.Kunze. "ich geh meine eigenen Wege"
Jeder Mensch versucht doch, seinen eigenen Weg zu finden. Und nirgends gibt es so unterschiedliche Arten, diese Wege zu finden, wie in so einer Weltmetropole wie Berlin.
Ehrlich gesagt, es war erschreckend und faszinierend zugleich.
L.G.Roland.
Vor langer Zeit - Antworten
Tintenklecks ja, berlin, das ist ein Moloch, der kann dich verschlingen. Danke für die Talerchen
Vor langer Zeit - Antworten
Gaenseblume Sehr schöne lebendige Geschichte. LG Marina Gaenseblume
Vor langer Zeit - Antworten
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