Gedicht ohne Salz
Hunger ist ein Gotteshaus,
welches unter Lasten bricht.
Knochen nur und Leichenschmaus,
keiner übt von selbst Verzicht.
Ein Blähbauch ist ein Tabernakel,
die Fliegen sind der Weihrauch.
Der fette Mann hat keinen Makel,
wie sollte er denn hier auch.
Die Todesrate ist getürkt,
der Journalist kriegt einen Scheck.
Den letzten Brocken raus gewürgt,
ist er schon morgen wieder
weg.
Ein Säugling, dünn wie ein Skelett,
man zeigt ihn mir, ich schaue weg.
Die Mutter, früher sehr adrett,
liegt Tage schon verwest im Dreck.
Hunger ist ein Gotteshaus,
so laut, fast wie ein Stoßgebet.
Der Satte gibt devot Applaus,
dreht sich nicht um, bevor er geht.