I
Ein kleiner Mann ging einmal die große Straße von der Hauptstadt zur nördlichen Hafenstadt entlang. Nach jedem Schritt bückte er sich und hob in seiner Griffweite den Stein auf, der ihm am besten gefiel. Nach einer Weile überholte ihn ein sehr viel größerer Mann und blieb vor ihm stehen. Der Kleine hielt inne und hob langsam den Kopf. Mit einem unfreundlichen Blick herrschte der Große den Kleinen gestresst an: "Was machst du? Warum gehst du nicht bis zum Ende und sammelst dort deine Steine ein?"
Der Kleine atmete langsam aus, legte den
Kopf schräg und sah ihn freundlich lächelnd an. Er lauschte dem nervösen Geräusch, das der Große verursachte. Er klopfte ungeduldig mit seinem Fuß auf den Boden. Nachdem der Kleine seelenruhig eingeatmet hat, antwortete er mit leiser Stimme: "Warum sollte ich das tun?"
"Na weil du schneller am Ziel bist."
Der Kleine atmete wieder langsam aus, lauschte dem ungeduldigen Klopfen und entgegnete: "Warum so eilig?"
Genervt antwortete der Große hastig: "Ja weil du nicht ewig lebst. Du sollst dankbar sein zu leben. Du musst dein Leben wertschätzen."
Eine weile lang hörte man nichts, bis auf
das nervöse Klopfen.
"Ich schätze jede Sekunde meines Lebens."
Die Antwort des Kleinen brachte den Großen aus dem Konzept. Er weitete ungläubig die Augen und entgegnete etwas ruhiger: "Aber du musst doch ein Ziel haben. Und je schneller du es erreicht hast, umso mehr Zeit hast du zur Verfügung."
Und wieder folgte eine kurze Pause, in der nur das ständig anwesende, nervöse Klopfen zu hören war.
"Aber die Zeit die ich meinen Weg gehe wird in gleichem Ausmaß kürzer. Es ändert sich doch nichts."
Der Größe rümpfte die Nase über die
Begriffsstutzigkeit seines Gegenübers. "Die Zeit die du brauchst und den Weg den du gehst, das Ganze machst du ja für die Erreichung deines Zieles."
Der Fuß klopfte nun ungeduldiger als je zuvor.
"Ein Ziel, auf dessen Hinweg es nichts gibt, dass es wert ist mitzunehmen, wird nie mein Ziel sein."
Der Große stockte. Auch sein ungeduldig klopfender Fuß geriet aus dem Rythmus. Er sah den Kleinen fassungslos an.
"Aber was machst du dann mit deiner dir gegebenen Zeit? Schätzt du dein Leben denn überhaupt nicht wert?"
Endlich war es still, kein ungeduldiges
Klopfen.
Freundlich lächelnd, ruhig und mit einem ehrlichen Interesse in den Augen kam die Frage: "Wie kann ich mein Leben wertschätzen wenn ich gestresst und unglücklich durch die Gegend stapfe?"
Nun war es wieder still. Aber nicht nur die Stille war neu. Der Große wurde plötzlich klein, ruhig und glücklich.