Schleife
Die ersten Sonnenstrahlen wärmen den vom Frost erstarrten Wald. Schnee und Eis, Zeugen der kältesten Winternacht. Der helle Glanz der Sonne umarmt die Schneeflocken des Frostes und spendet genügend Wärme um den Wald und seine Bewohner zu wecken. Der Tau spiegelt das Sonnenlicht und der Wald beginnt in allen Farben zu leuchten. Die Rinde der Bäume, vom Tau getränkt, erscheint in lebendigem Braun. Die ersten Knospen trotzen schon seit ein paar Tagen der Kälte als ob sie wussten, dass ihre Zeit gekommen ist. Vögel und Nager trauen sich aus ihren Nachtlagern. Zweige
knacken und Laub raschelt. Schritte hallen so durch den Wald. Ein Mädchen in einem weißem Nachthemd, läuft wie hypnotisiert zwischen den Bäumen. Vor einem See bleibt sie stehen und fällt auf die Knie. Sie weint. Keiner kann ihren Schmerz verstehen. Auf allen vieren krabbelt sie in den See hinein. Als auch das letzte Stück Stoff in die Tiefe gezogen wird, herrscht beängstigende Stille im ganzen Wald. Es scheint fast so als wüsste jedes Tier und jeder Ast was gerade geschah. Der Wasserspiegel des Sees steigt langsam an und nennt immer mehr Wald sein eigen. Ein Blick unter die Oberfläche genügt um zu sehen, dass das Mädchen immer noch weint. Immer
weniger Licht dringt zu dem Mädchen durch, bis sie letztlich ganz im Dunkeln sitzt. Niemand nimmt sie wahr, weder das Mädchen noch ihr Leid. Sie verliert nach und nach an Farbe bis sich schließlich gläsern wirkt und farblos transparent. Sie steht auf, läuft rückwärts aus dem See. Keine Äste knacken, kein Laub raschelt. Nicht einmal die Natur hat noch ein Auge auf sie. Immer noch rückwärts schreitet sie auf dem selben Pfad auf dem sie kam. Sie kommt an ein Haus, ein altes, sehr heruntergekommenes Gebäude. Ein toter schemenhafter Körper liegt davor. Die Tür öffnet sich von selbst und lässt das Mädchen herein. Sie setzt sich auf einen
Stuhl, welcher neben einem Bett steht. Unter der Decke liegt schlafend das Mädchen. Das gläserne Mädchen starrt auf den Körper im Bett. Nur die leichten Atembewegungen zeigen das dieser noch am Leben ist. Die blasse Haut hat seit Wochen kein Sonnenlicht gesehen. Die hölzerne Eingangstür öffnet sich und ein Stein wird von einer schemenhaften Gestalt geworfen. Das gläserne Mädchen zerbrich in hunderte Scherben. Das Mädchen im Bett öffnet die Augen und steht auf. Langsam geht sie auf die lachende Schattengestalt zu und wirft sie zu Boden. Sie würgt den Schatten bis er sich nicht mehr rührt. Von jeder Emotion verlassen steht sie auf und
betrachtet ihr Werk. Sie verlässt den Ort des Geschehens in Richtung Wald. Zweige knacken und Laub raschelt. Schritte hallen so durch den Wald. Das Mädchen läuft wie hypnotisiert zwischen den Bäumen. Vor einem See bleibt sie stehen, fällt auf die Knie und weint.