Kurzgeschichte
Nicht in diesem Leben - Forumsbattle 35

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"Jede Flucht ist zwecklos, jedes Bleiben sinnlos (Erhard Blanck)"
Veröffentlicht am 17. Oktober 2014, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: MerleSchreiber
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Unter dem Pseudonym MerleSchreiber veröffentliche ich seit dem Jahre 2012 Gedichte und kleine Kurzgeschichten. Neben Alltagsthemen möchte ich auch tabuisierte Lebenswelten so aufbereiten, dass sie das Interesse und den Zugang zu den Herzen der Leser finden.
Jede Flucht ist zwecklos, jedes Bleiben sinnlos (Erhard Blanck)

Nicht in diesem Leben - Forumsbattle 35

    Nicht in diesem Leben

      "Glaubst Du, es ist so einfach,

   nachzudenken und in einer Höhle zu 

       wohnen, wenn einem ein Stück

              seiner selbst fehlt?",


                         Zitat aus PEZZETTINO 

                                      v. Leo Lionni




                 Text und Bilder:

          MerleSchreiber, Okt. 2014

Beitrag zum Forumsbattle 35


Wortvorgaben:

Rotzlöffel (nicht verwendet) Dilemma deklamieren fragmentarisch Dreck versündigen Schrei geblümt Pippi-Langstrumpf-Radlerhose (n. verw.) wankelmütig Ufer Depression




                  An Johannes


Es ist nicht so, dass der Gedanke an das Kind allgegenwärtig wäre. Manchmal vergeht eine ganze Woche, manchmal aber auch nur zwei, drei Tage, wo mir ist, als wäre nichts geschehen. Ich habe die tiefsten Krater meiner DEPRESSION überwunden. Gehe tagsüber wieder meiner Arbeit nach, versuche mich zu konzentrieren, mit den Kollegen nichtssagende Gespräche zu führen. Das Dilemma, in dem ich verfangen bin, holt mich erst abends wieder ein, wenn ich alleine in meiner Wohnung sitze. Aber dann mit voller

Wucht. Ich fühle mich zerstückelt. Es fehlt ein Teil von mir und ich weiß nicht, wie ich ohne diesem Teil weiterleben soll. Irgendwo da draußen ist es, aber ich fühle, dass ich es nie mehr wiederfinden werde. Ich versuche mich abzulenken, höre klassische Musik, erinnere mich an alte Gedichte und mühe mich, sie zu deklamieren. Es will mir nicht mehr gelingen. Und ich weiß, es wird mir nie mehr gelingen, denn ein zerstückelter Mensch kann keine Gedichte aufsagen! Dann muss ich hinaus, um meinen quälenden Gedanken zu entkommen. Wie von unsichtbaren Fäden gezogen, fahre ich dann oft zum Waldsee und laufe eine halbe Stunde am

Ufer entlang. Nein, nicht bis zu unserer Blockhütte. Das schaffe ich nicht. Bei dem großen Felsen, an dem das Wasser herunterläuft, werde ich jedes Mal

wankelmütig und kehre um. Es ist, als wäre dort eine imaginäre Schranke. Wenn ich mich ihr nähere oder sie gar überschreiten will, höre ich seine Schreie. Dann tauchen fragmentarisch die Bilder jenes verhängnisvollen Tages auf, verschwinden wieder wie hinter Nebelschwaden, tauchen erneut auf. Ich fange zu zittern an und sehe es vor mir auf der geblümten Decke liegen. Ich fahre nach Hause, ziehe mich aus und dusche. Immer und immer wieder. Aber so viel ich auch schrubbe, ich kann den Dreck, der meinem Körper anhaftet, nicht entfernen. Wie konnten wir uns nur derart versündigen? Wir haben versagt. Und wir können es nie wieder gut

machen, das weiß ich jetzt. Nicht in diesem Leben! Ich habe meinen Brief an Dich mit einer ganz anderen Zielsetzung begonnen, als er nun endet.

  

     Ich wollte Dir meine Stärke zeigen, 

           aber ich bin nicht stark.

            Ich wollte Dir sagen,

    dass ich bleibe und auf Dich warte,

            doch ich kann es nicht. 

                Jetzt nicht mehr!


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Über den Autor

MerleSchreiber
Unter dem Pseudonym MerleSchreiber veröffentliche ich seit dem Jahre 2012 Gedichte und kleine Kurzgeschichten. Neben Alltagsthemen möchte ich auch tabuisierte Lebenswelten so aufbereiten, dass sie das Interesse und den Zugang zu den Herzen der Leser finden.

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schnief Unglaublich intensiv und berührend beschrieben.
Liebe Grüße Manuela
Vergangenes Jahr - Antworten
erato 
Auch nach langer Zeit bleibe ich
bei meinem ursprünglichen Kommentar.
Chapeau, Madame
GhG Thomas
Vergangenes Jahr - Antworten
Enya2853 Liebe Merle,
bin wirklich betroffen und auch sehr berührt. Schnörkellos und ohne überbordende Rührseligkeit hast du ein Thema angepackt und dargestellt, das sicher im Leben immer wieder vorkommt.
Egal, ob rechtlich eine Schuld besteht, das eigene Gewissen wird immer drücken.
Ich denke, jeder wird damit unterschiedlich umgehen. Verdrängen, sich auseinandersetzen, versuchen zu fliehen oder gar sich völlig den Schuldgefühlen entziehen.

Ich bin sehr angetan von deiner Art der Darstellung, da du das Nötige erzählst, aber auch Raum für eigene Gedanken / eigenes Nachdenken lässt.
Chapeau!

Ich habe vor einiger Zeit in einer Schreibgruppe eine Geschichte mit ähnlicher Thematik geschrieben - ohne Wortvorgabe, aber mit einer knappen Darstellung einer Ausgangssituation.
Wie du die Wörter untergebracht hast, ist toll.

Liebe Grüße
Enya
Vergangenes Jahr - Antworten
derrainer liebe merle ,
auch wenn es nur ein battle war, sagt es doch viel ,
aber du weißt wie auch ich und viele andere,
das vieles für manche nicht genug ist .

ps , ich habe das gefühl , dass meine kommis und auch meine gedanken , nicht mehr so ankommen .
liegt wohl an meinem gemachten kommi , mit dem gesicht in die sch,,, stecken .
lieben gruß rainer
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber Nein, Rainer, da irrst Du Dich! Da solltest Du deine Antennen nachjustieren... LACH! Ich kann mit der Vielfalt der Meinungen gut leben. Auch wenn ich mich mit manchen Aussagen - wie gerade jetzt zur Flüchtlingsfrage - weit aus der Deckung hervorwage, brauche ich nicht unbedingt das Geklatsche dafür (es schadet aber auch nicht). Wichtig ist doch, dass wir fähig sind, auf einer konstruktiven Ebene Meinungen, auch gegensätzliche, auszutauschen. Und das tun wir doch, wir zwei ganz bestimmt!
DANKE und liebe Grüße, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
Nereus 
es ist wieder eine sehr gelungene schrift
danke
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber DANKE, Nereus. Ich schätze Deine Meinung sehr!!
Liebe Grüße, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
Memory 
Du siehst mich sprachlos, beeindruckt und bedrückt.
Hut ab! Das ist ganz großes Kino.
Lieben Gruß Sabine
Coins gehen nicht, aber der Platz in meinem Bücheregal ist dir sicher!
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber Großes Kino - hey, das hör ich gern, liebe Sabine. Für dieses anerkennende Feedback dank ich Dir ganz herzlich. Freut mich, weil Du selber eine sehr, sehr schöne Schreibe hast. Ich komm einfach viel zu wenig zu deinem Fortsetzungsroman, ABER BALD!
Liebe Grüße, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
Loraine Eine so ganz andere Geschichte die tragisch in den Bann zieht Gedankenspuren einer Person die mit sich selbst am Grenzweg zum Abgrund läuft - Verantwortungsangst im Nacken...Dunkelheit des Herzens hält gefangen...Sehr gut geschrieben. LG Loraine
Vor langer Zeit - Antworten
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