Nord-Argentinien
Schon etliche Kilometer vor Cafayate wird das Land von einer Vielzahl von Weinreben durchzogen, in deren Mitte jeweils ein beeindruckendes Gebäude steht. Cafayate ist ein lebhafter Ort mit einer Plaza, die von Restaurants umgeben ist und viele Weinkenner anzieht. Besonders die weisse Torrontés Rojano-Traube gedeiht hier auf 1700 MüM hervorragend. Das höchste Weinanbaugebiet in der Schweiz liegt auf 1150 Metern und in Zypern auf 1500 Meter. Der Torrontés-Wein, mein weisser Hauswein, hat ein einzigartig
blumiges und würziges Aroma. Die meisten Weinkellereinen können besichtigt werden oder bieten auch Übernachtungen an.
Wir logieren auf einem einfachen Campingplatz.
»Haben Sie heisses Wasser zum Duschen?«, fragen wir die
Campingwartin Maria. Sie meint: »Klar, um 21.00h gibt es heisses Wasser.«
Wir fragen sie, ob es früher auch möglich wäre und sie meint:
»Okay, dann um 18.00h.«
Mit Handtuch und Seife ausgestattet stehen wir nach sechs Uhr unter der Dusche und es kommt nur kaltes Wasser. Wieder angezogen und noch nicht geduscht gehen wir zur Maria, die uns antwortet:
»Oh, es dauert noch eine Stunde. Das Holzfeuer brennt, aber mit dem Wasserturm und dem Druck stimme etwas nicht.«
Irgendwann haben Maria und ihr Mann das heisse Wasser zum Laufen gebracht
und nach 21.00h können wir uns mit Erfolg und lauwarmen Wasser duschen.
Die Nächte in Cafayate sind kalt, das Thermometer zeigt 0°C an. Doch das Wetter wechselt mit dem Zonda, der mit einem unserer Föhnstürme vergleichbar ist, und die Temperatur klettert in der Nacht auf 15 °C. Mit starkem Wind im
Rücken fahren wir durch das fruchtbare Valle Callchaquies.
Die Erdpiste ist in schlechtem Zustand und so benötigen wir für die 160 km über fünf Fahrstunden bis wir Cachi erreichen.
Der herzige Gemeindecamping mit grosser Wiese und Hallenbad (nur in der Hochsaison befüllt), lädt uns zum längeren bleiben ein. Cachi liegt auf 2300 MüM und mit seiner Umgebung beherbergt es 7000 Einwohner mit indigenem Ursprung. An der Plaza steht eine hübsche Adobe-Kirche (Coverbild)
aus dem 18. Jh., dessen Dach und Fussboden aus Kaktusholz erbaut wurde. Vom nahgelegenen, erhöhten Friedhof ist ein Rundumblick zu geniessen und das Museum im Ort bietet einen netten Einblick in Cachis Vergangenheit. An der gemütlichen Plaza kredenzen wir im Restaurant Oliver Weine aus dieser Gegend. Abgeschnitten von der Welt, hier oben gibt es kein Internetsignal, verbringen wir drei ruhige Wochen in Cachi.
Mitte Juni 2013 zieht es uns los Richtung Norden mit Ziel Abra del Acay, ein Pass, der auf 4985 MüM liegt. Wir sind in Begleitung unserer Freunde,
die einen 25-jährigen MAN-LKW fahren. Unsere älteren Fahrzeuge sind mit uns zum ersten Mal auf einer Tour, die über 4000 Meter hoch geht und wir sind froh über die Gesellschaft. In la Poma (3000 MüM), das letzte Örtchen vor dem Pass, erklärt uns die Polizei am nächsten Morgen, dass der Pass zur Zeit noch offen sei, doch eine Schneefront im Anzug ist und wir uns beeilen sollen. Wir starten die Motoren, die wegen Kälte und Höhe schon sichtlich Mühe haben anzulaufen und hinterlassen eine riesige blau-graue Rauchwolke in la Poma.
Die Landschaft ist rau, wir durchqueren einige Flussläufe. Kleine Häuser mit Tieren stehen verstreut in der Landschaft. Auch können wir landwirtschaftliche Felder zwischen den vielen Kakteen ausmachen. Wir kreuzen einen LKW und der Fahrer meint, wir sollen uns beeilen, weiter oben schneit
es bereits. Mit einem mulmigen Gefühl fahren wir weiter. Auf über 4000 MüM werden die Kurven enger und wir müssen wegen unserem langen Radstand ein paar Mal zurücksetzen, um einige Kurven zu bewältigen. Die Berge sind mit Schnee bedeckt und es wird eng und eisig.
Der MAN unserer Freunde hat sichtlich Mühe und wird immer langsamer. Die Höhe setzt im offensichtlich zu. Wir sind nur noch wenige hundert Meter vom der Passhöhe entfernt, fahren auf Schnee aber nur im Schritttempo. Unser GPS misst 2.6 km/h Geschwindigkeit. Endlich haben wir es geschafft. Auf dem Pass weht ein eisiger, starker Wind, doch der Schneefall hat sich gelegt. Wir steigen nur für ein Gipfelfoto in die eisige Kälte hinaus und dann geht es weiter.
Die Fahrt auf der Nordseite des Passes ist unspektakulär. Die Strasse führt in langen Kurven über eine Steppe mit niedrigen, stacheligen Büschen ins Tal hinunter. Der MAN schafft es kaum. Trotz des Gefälles kommt er nicht in Schwung, bleibt sogar einmal stehen. Bei der Kreuzung, wo wir vorhatten links
nach San Atonio de los Cobres zu fahren bleiben unsere Freunde kurz stehen und meinen, sie wollen rechts abbiegen und nach Salta fahren. Irgendetwas stimmt mit dem MAN nicht. Okay, wir wollen sie begleiten. Doch wir kommen nicht weit. Nach 500 Meter macht der MAN keinen Wank mehr. Wir schleppen unsere Freunde ab, das heisst, wir setzen etwas zurück und stehen neben der Strasse, wo wir notgedrungen auch übernachten könnten. Wen sollten wir auch stören, es ist weit und breit kein Haus, kein Mensch oder Tier. An diesem Tag haben wir erst drei Autos gekreuzt.
Wir lassen den MAN stehen und fahren mit dem Iveco in das 15 km entfernte San Antonio de los Cobres, ein Dorf, welches aus einstöckigen Adobehäuser besteht. Die Polizei kann oder will und nicht helfen, wir sollen zur Feuerwehr. Die würde uns helfen, aber nicht mehr heute und auch nicht morgen, denn dann
ist Vatertag. Aber übermorgen. So fahren wir zurück zu unserem Platz auf fast 4000 Meter Höhe. Es wird bitterkalt in der Nacht und zum Glück sind unsere beiden Wohnkabinen mit Gasheizungen ausgestattet, die auch auf dieser Höhe einwandfrei funktionieren. Am nächsten Tag kontrollieren die beiden Männer den MAN und tatsächlich, der Dieselfilter hat Luft angezogen und ist deshalb nicht mehr funktionstüchtig. Von den beiden Männern provisorisch gerichtet, fährt das Fahrzeug wieder. In San Antonio de los Cobres erhalten wir einen neuen Dichtring, der in den MAN eingebaut wird. Es kann weitergehen.
Die nächste Attraktion ist das auf 4475 MüM und 60 Meter hohe aus Stahl gebaute Viaducto la polvorilla. Ein Traum von argentinischen und chilenischen Ingenieure in den 20er Jahren war, Salta per Eisenbahn mit den Minen im Hochland und den Pazifikhafen Antofagasta zu verbinden.
Diese Stecke wurde für den Güterverkehr gebaut und bietet heute eine beliebte Touristenattraktion. Dieses Viadukt wird unter anderem vom „Tren a las Nubes“ befahren, der die Strecke Salta - Viadukt und retour in 17 Stunden zurücklegt und mit Sauerstoff-Flaschen und Ärzte ausgerüstet ist.
Wir durchqueren Abra Pampa, eine unattraktive Stadt, um zu unseren letzten Abstecher in Argentinien, bevor wir nach Bolivien einreisen, zur Laguna de los Pozuelos zu gelangen. Die Piste ist in schlechtem Zustand, wir begegnen wenigen Autos und sehen nur vereinzelte Häuser. Wir erreichen das
Häuschen der Parkinfo auf 3677 MüM und können dort über Nacht stehen, erhalten überraschenderweise WiFi-Empfang aber kein Signal für unser Mobiltelefon. Nach einer kalten Nacht bei Aussentemperaturen von -10°C machen wir uns am nächsten Morgen im Iveco auf den Weg zur 8 km entfernten Lagune, ein Ramsar-Vogelschutzgebiet. Die drei verschiedenen Arten von Flamingos, die es hier zu sehen gibt, können wir als Nichtornithologen nicht voneinander unterscheiden. Neben den vielen Flamingos, die fast unbeweglich am Rande der Lagune stehen, zwischendurch mit dem Schnabel durch
das Wasser ziehen und wieder ein paar Schritte staksen, sehen wir auch Guanakos.
Wir übernachten ein zweites Mal beim Häuschen der Parkinfo der Lagune und bereiten uns auf den morgigen Grenzübergang nach Bolivien vor.
Gefahrene Strecke Nord-Argentinien 847 km (22.05-24.06.2013)