Es ist deine Wahl
Dagobert, ein Ritter ohne Furcht und Tadel ...
Nun bei Tadel müssen wir leider Abstriche machen.
Er hatte seine Rüpel- und Flegeljahre durchlaufen und war stets darauf bedacht, deren Namen alle Ehre zu machen. Auch später, in seinen Sturm- und Drangjahren hatte er sich wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert.
Dagobert, ein Ritter ohne Furcht …
Und auch das entspricht nicht so richtig den Gegebenheiten.
Im fortgeschrittenen Alter überkommt ihn doch
schon hin und wieder die Furcht, eine Krankheit könne ihn dahinraffen, ohne dass er vorher eine geliebte Frau gefunden habe, die ihn bis ans Ende seiner Tage begleiten würde.
Dagobert, ein Ritter …
Ritter ist okay, schließlich hat er die Kurve zu „edel, hilfreich und gut“ doch noch bekommen.
Dagobert, der Ritter, verabschiedete sich von seiner Familie, seiner besten Freundin Martha und seinen Kumpanen und zog hinaus in die Welt, um sein zweite Hälfte zu suchen, ein Frau fürs Leben.
Als er da so ritt, über Berg und Tal, Wald,
Heide und Wiesen kam er an vielen Ortschaften vorbei und traf viele Reisende. Aber die Frau seines Herzens war nicht dabei.
Wie er schon glaubte, all seine Mühe sei vergebens, kam er zu einem kleinen Krämerladen. Ein großes Schild über der Tür verkündete:
„Hier finden sie für jedes Problem die richtige Lösung“.
So dachte Dagobert bei sich, dass dies wohl der rechte Ort sei, um sein Glück zu finden. Er trat in das kleine baufällige Häuschen und fand sich zwischen allerlei Tand, Klimbim, Krimskrams, Schnickschnack, Trödel, Firlefanz und sonstigem scheinbar wertlosen Krempel, der überall herumstand und von der
niedrigen Decke hing, wieder.
Hinter einem Tresen schlurfte ein merkwürdig aussehendes Männlein hervor.
„Oh der Ritter Dagobert. Ich habe euch schon erwartet. Ihr sucht also die Frau Eures Lebens.“
Ohne das verdutzte Gesicht des Ritters zu beachten, wuselte das Kerlchen durch den Laden und kam mit drei Karten zurück.
Diese legte er auf den Tisch und meinte:
„So Herr Ritter, eure Lady.
Ihr dürft wählen.
Aber wählt weise und mit Bedacht, denn ihr zahlt einen hohen Preis, wenn ihr einen Fehler macht.“
Dagobert verstand nicht, war aber so aufgeregt, endlich seine Liebste zu sehen,
dass er ohne weiter auf die Worte des Alten zu achten, sich auf die Karten stürzte.
Die erste Karte zeigte ein Aktbildnis einer Frau, die ihre Jugend bereits hinter sich gelassen hatte.
So hatte Dagobert sich seine Zukünftige nicht vorgestell.
Bereits ergrautes Haar, schlaffe Haut, Krampfadern, Besenreißer, Orangenhaut, Hängebrüste, Falten …
aber ein verschmitztes Lächeln lag um ihren Mund und lustige, muntere grüne Augen blitzen aus einem fröhlichen Gesicht, welches nicht hässlich zu nennen war.
Es erinnerte ihn an jemanden, aber er wusste nicht...
Dagobert wendete sich der zweiten Karte zu.
Ein adrett gekleidetes Frauenzimmer schaute ihm entgegen.
Auch nicht mehr ganz jung, doch was soll's.
Modische Schnürungen brachten die üppigen Runden hervorragend zur Geltung und obwohl die Garderobe nicht viel Haut freigab, ließ es allerhand erahnen. Perfektes Make up und das kunstvoll frisierte Haar rundeten die verführerische Erscheinung dieses Vamp ab. Kalte abschätzend blickende grüne Augen und ein sarkastischer Zug um den Mund gaben ihr etwas Frivoles. Dagobert fühlte sich einerseits zu dieser Dame hingezogen und doch …
sie erinnerte ihn an …
Um keine Chance zu vergeben, deckte Dagobert die dritte Karte auf. Sie war ...
leer.
Verständnislos wendete sich Dagobert an den alten Mann.
„Schaut genauer hin.“
Dagobert tat, wie ihm geheißen und plötzlich zeigten sich zart geschriebene Worte.
Liebenswert, mutig, lustig, intelligent, freundlich, kämpferisch, loyal, …
und er erkannte noch viele andere Eigenschaften, die sie besaß.
Sie ....
Dagobert kommt nicht darauf, an wen ... .
Doch noch immer verstand der Ritter nicht. Das Männchen schüttelte den Kopf und meinte.
„Dreht die Karten um! Macht schon! Die Zeit wird knapp! Los! Los! Los!“
Also drehte Dagobert die Karten um und betrachtete, was auf der Rückseite einer jeder Karte zu lesen war.
„Lebenserfahren.
Doch manche Dinge sind unmöglich.“
„Hingucker.
Doch der Schein kann trügen.“
„Traumfrau.
Nur Seele und keinen Körper.“
„Was soll das bedeuten und …?“,
wollte Dagobert wissen, aber der Alte unterbrach ihn bereits.
„Die Zeit! Die Zeit läuft ab! Dagobert, Ihr müsst Euch entscheiden. Welche wollt Ihr haben? ...
Schnell, schnell schnell...“
Dagobert konnte sich nicht entscheiden.
Er wälzte und überlegte und grübelte,
aber …
er konnte sich nicht entscheiden.
Wüsste er wenigsten, was diese Hinweise bedeuteten.
Er zermarterte sich den Kopf, aber er kam nicht darauf.
Ein greller Blitz ließ ihn plötzlich aus den Gedanken aufschrecken.
Das Häuschen war mit einem Schlag weg. „Aber... was..?“, stotterte Dagobert verwirrt. „Wo ist denn der Krämerladen? Wo der alte Mann?“
Alles war verschwunden. Gerade so, als wäre es niemals da gewesen. Noch immer benommen drehte sich der Ritter im Kreis und schaute nach allen Richtungen.
"Was war das nur? Hab ich das alles nur geträumt?"
Geistesabwesend griff Dagobert nach einem vor ihm herabfallenden Blatt Papier.
Er entrollte es ... und da wusste er ...
Er hatte seine Chance vertan.
„Geliebter Dagobert,
ich konnte dich nicht aufhalten, als du hinauszogst in die Welt. Du hast unsere wahre Beziehung und unsere Gefühle nie erkannt. Wenn du zurückkehrst, werde ich nicht mehr da sein.
Suche mich nicht, denn du wirst mich nicht finden.
Diese drei Karten lasse ich dir zur Erinnerung an mich zurück.
Deine dich immer liebende Martha“