Was ist nur los?
Alles begann am 24. August 2010. Ich stieg in unserem Haus - wie so oft zuvor - die Treppe mit den 11 Stufen zu meinem Zimmer hoch; doch anders als sonst war ich dieses Mal völlig außer Atem. Was war das denn? Es fühlte sich an, als hätte ich einen steilen Berg bestiegen. Sofort kam mir der Gedanke, dass ich wirklich mal wieder etwas für meine Fitness tun müsste. Doch dann fiel mir ein, dass ich donnerstags zuvor noch Walken war und dabei keinerlei Probleme hatte. Na ja, vielleicht meldete sich eine Erkältung an. „Wird sich schon wieder legen“, dachte ich ganz optimistisch. Noch ahnte ich nicht, wie falsch ich doch lag.
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Als es mir nach Tagen nicht besser, sondern immer schlechter ging, suchte ich Rat bei meinem Hausarzt. Nachdem ich ihm die Symptome geschildert hatte,
ordnete er das volle Programm an:
Das EKG im Belastungszustand war bedenklich, der Entzündungswert im Blut stark erhöht - ich wurde nun doch ein wenig unruhig. Jetzt mussten die Fachärzte ran und weitere Untersuchungen sollten Klarheit bringen. Termine beim Kardiologen und Lungenfacharzt wurden vereinbart.
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Die Untersuchung beim Kardiologen war sehr gewissenhaft anderthalb Stunden verbrachte ich insgesamt in der Praxis. Erneut wurde ein EKG im Ruhe- und Belastungszustand erstellt, der Thorax geröntgt und das Herz per Ultraschall untersucht. Das Ergebnis: Ohne Befund! Doch ich konnte mich nicht richtig freuen, hatte ich noch immer die wachsende Kurzatmigkeit! Ich wusste mittlerweile genau, dass mit mir etwas nicht stimmte. Selbst leichte Steigungen konnte ich nur noch mit kleinen Pausen bewältigen. So musste ich weiter warten und auf die
nächste Untersuchung hoffen.
Der 1. Termin beim Lungenfacharzt ließ Gott sei Dank nicht lange auf sich warten; man befasste sich zunächst mit dem Feststellen des Lungenvolumens im Ruhezustand. Auch hier das Ergebnis: Ohne Befund! Alles bestens! Ein weiterer Termin wurde vereinbart für die Untersuchung im Belastungszustand. Der Arzt verabschiedete mich mit den kritischen Worten, dass die Kurzatmigkeit durchaus das Ergebnis meiner mangelnden Fitness und/oder meines Übergewichts sein könnte. Ich musste dem Arzt zustimmen, dass ich untrainiert und übergewichtig bin. Nur das war ich auch bereits Wochen zuvor ... OHNE Kurzatmigkeit!
Offen gesagt: Ich wollte die ganze Sache zu diesem Zeitpunkt beenden. Eine Untersuchung nach der anderen, alle mit dem Ergebnis: Ohne Befund! Ich konnte mich nicht darüber freuen, dass ich vollkommen gesund sein sollte. Denn mein Körper sagte mir bei jeder kleinsten Anstrengung genau das Gegenteil!
Ein Gespräch mit meinem Hausarzt machte mir deutlich, dass ich nicht aufgeben dürfe. Es musste die Ursache gefunden werden und mein Arzt bat mich um Geduld.
Ein Atemwegsinfekt, den ich mir Mitte September zuzog, sollte indirekt zu meinem Lebensretter werden. Nachdem ich Schmerzen beim Atmen bekam, ging ich zum wiederholten Mal zu meinem Hausarzt. Ein Antibiotikum sollte die Schmerzen vertreiben; gleichzeitig schickte mich mein Arzt zur Computertomographie (CT).
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Endlich Klarheit
Am 29. September 2010 um 9:30 Uhr war es dann soweit. Ich begab mich in das Röntgeninstitut des St.-Josephs-Hospitals in Dortmund-Hörde. Das Kontrastmittel floss ein, eine unangenehme Wärme durchströmte meinen Körper. Ich hatte das dringende Gefühl, die Toilette aufzusuchen. Alles Nebenwirkungen des Kontrastmittels, auf die ich von der Schwester vorher nett hingewiesen wurde. Ich befolgte die Atem-Anweisungen und sehr schnell ging die Untersuchung zu Ende.
Ich wurde aus der Röhre hinaus gefahren und die nette Schwester von vorhin fragte mich, ob ich noch den Arzt sprechen wolle. Das bejahte ich, denn ich wollte schließlich wissen, ob dieses Mal die mögliche Ursache meiner Beschwerden zu sehen war. Also sollte ich mich schon mal anziehen, sie würde dem Arzt Bescheid geben. Ich saß noch auf dem Rand der Liege, als mich die 2. Schwester hinter der
Glasscheibe aufforderte, mich sofort wieder hinzulegen. Was denn jetzt? Sind etwa die Aufnahmen nichts geworden? Das Ganze noch mal von vorne?
Nach kurzer Zeit kam die 1. Schwester zu mir, erklärte mir, sie würde eine weitere Liege holen und ich müsste umgebettet werden für weitere Untersuchungen. Ich solle mir jedoch keine Sorgen machen.
Was? Warum? Was ist hier los?
Die hat gut reden! Mein Gehirn arbeitete auf Hochtouren! Mittlerweile lag ich bereits auf der anderen Liege; meine Gedanken wurden jedoch jäh unterbrochen, als die 2. Schwester und der Arzt den Raum betraten. Der Arzt fragte mich, ob ich denn wisse, dass ich eine beidseitige Lungenembolie habe. Nein, das wusste ich nicht! Ich erhielt noch die Anweisung, mich keinesfalls zu bewegen; ich würde für weitere Untersuchungen in die Notaufnahme des
Krankenhauses gebracht.
Ich nahm alles nur noch wie durch einen Schleier wahr!
Mein erster Gedanke: Endlich ein Ergebnis! Die Ursache ist gefunden!
Der Schock über die lebensbedrohliche Diagnose kam erst einige Zeit später!
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Nun ging es zu weiteren Untersuchungen zunächst in die Ambulanz des Krankenhauses. Auf dem Weg dorthin wurde mir langsam der Ernst meiner Situation und der Diagnose bewusst. Richtig verstehen kann ich es allerdings bis heute nicht. Ja, seit mehr als 4 Wochen fiel mir jede Anstrengung schwer, raubte mir wortwörtlich den Atem. Doch Schmerzen hatte ich - insbesondere im Ruhezustand -
nicht. Und nun wurde mir klar gemacht, dass jede Bewegung tödlich enden könnte. Wie konnte das sein und wie konnte es überhaupt so weit kommen?
Lange musste ich auf die Ärztin warten, denn an diesem Tag war im Krankenhaus der Teufel los. Mir wurde eine Blutdruckmess-Manschette umgelegt, die in regelmäßigen Abständen meinen Blutdruck kontrollierte. Gleichzeitig erhielt mein rechter Zeigefinger einen Pulsmesser. So lag ich eine ganze Weile da und wartete auf nähere Informationen. Eine nette Schwester legte mir eine Kanüle ans linke Handgelenk und schmierte mein linkes Ohr mit einer Salbe ein, die die Durchblutung anregte. Das Ohr wurde schnell sehr heiß und man nahm mir dort Blut ab.
Je mehr Zeit verging, desto verzweifelter wurde ich. Ich malte mir alle möglichen Horrorszenarien aus und hatte Angst, das Krankenhaus nicht mehr lebend zu verlassen. Mich überfiel ohne Vorwarnung ein Weinkrampf und die Schwester tröstete mich mit den
Worten, ich sei hier in Sicherheit, jetzt könne mir nichts mehr passieren. Aber diese Worte waren kein wirklicher Trost! Nicht für den Moment jedenfalls. Ich brauchte einfach nähere Informationen, ich wollte endlich wissen, was genau die Diagnose "Lungenembolie" für mich bedeutet!
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Nach viel zu langer Zeit kam die Ärztin und stellte mir sehr viele Fragen. Wie lange ich die Beschwerden schon habe, was bisher untersucht wurde und, und, und. Dann erkundigte sie sich, ob ich im Urlaub war, wo und wie ich dorthin gekommen sei. Es verdichtete sich der Verdacht, dass Ursache meiner Lungenembolie eine nicht erkannte Thrombose gewesen ist, die wohl unter anderem durch die lange Autofahrt entstanden ist.
Viel Papierkram wurde erledigt und ich kam dann auf die Station mit der Auflage, absolute Bettruhe einzuhalten. Vier Wochen lang habe ich ganz normal
gelebt, bin auch zur Arbeit gegangen und nun durfte ich noch nicht einmal alleine zur Toilette. Na ja, ich habe es trotzdem getan, langsam und vorsichtig!
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Ich informierte nun telefonisch meine Gruppenleiterin im Büro, meine Mutter und bat meinen Schulfreund, mir einige Sachen ins Krankenhaus zu bringen. Schließlich bin ich ja von der Arbeit aus zu der Untersuchung gefahren mit der Erwartung, zurück ins Büro zu kommen. Auf einen Krankenhausaufenthalt in (noch) unbestimmter Länge war ich absolut nicht eingestellt. Alle reagierten geschockt und wünschten mir gute Besserung.
Die erste Spritze mit Heparin musste ich über mich ergehen lassen und ich erhielt noch hässliche, weiße Kompressionsstrümpfe; ein netter junger Mann von der Firma Zieger maß meine Beine für besser passende Strümpfe aus und nachmittags brachte mir mein Schulfreund die gewünschten Sachen.
Ein erstes Gespräch mit der Stationsärztin brachte mir weitere Informationen. Auch sie bestätigte die Vermutung, dass die Embolie durch eine Thrombose verursacht wurde. Und die Thrombose entstand durch viele kleine Bausteine, wie die lange Autofahrt in die Bretagne, meinen Bluthochdruck, die überflüssigen Kilos und die Pille.
Auf meine Frage, wie lange ich im Krankenhaus bleiben müsse, antwortete die Ärztin, dass ich nach Hause kann, wenn ich mir die Heparin-Spritzen selber geben kann und alle notwendigen Untersuchungen abgeschlossen seien. Für abends erhielt ich die ersten Tabletten Marcumar (2) zur Blutverdünnung und die Spritze abends versuchte ich alleine. Schon eine Überwindung! Doch der Wunsch, sobald wie möglich entlassen zu werden, war einfach größer!
Der erste Tag im Krankenhaus ging zu Ende.
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- - - Fortsetzung folgt - - -