Gedichte
Zum Teufel mit dem Anstand

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"Zum Teufel mit dem Anstand"
Veröffentlicht am 06. Oktober 2014, 6 Seiten
Kategorie Gedichte
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Nach längerer Zeit bin ich wieder hier. Das Leben ist ein Arschloch? Keine Ahnung, ich schreibe Lyrik für Menschen, die sich etwas mehr über den Tellerrand hinaus wagen. Nicht jedermanns Sache, aber immer ehrlich und nah den Hinterhöfen und Seitengassen der Gesellschaft.
Zum Teufel mit dem Anstand

Zum Teufel mit dem Anstand

Zum teufel mit dem anstand

Im Hinterzimmer schreit Martha

sich die Seele aus dem Leib.

Sie sitzt auf Walter.

Seit fast zwei Stunden

und das Geschrei nimmt kein Ende.

Es dröhnt durch die Wände,

am Sofa vorbei,

an den kleinen bestickten Zierkissen,

dann am Tisch vorbei

und knallt ungebremst auf den Fernseher.

Geschrei, Gestöhne, Gejammer.

Gejammer, Gestöne, Geschrei.

Und es hört nicht auf.

Ich mache den Fernseher lauter.

So laut,

dass die Gläser auf dem Tisch vibrieren.

Es nutzt nichts.

Ich bin der erbarmungslosen

Sommerpaarungssituation ausgeliefert.

Ich trinke sieben Whisky

und rauche dreiundzwanzig Zigaretten.

Dann gehe ich rüber,

mache die Türe auf und schreie hineien:

HALTET DOCH MAL DIE FRESSE.

Martha dreht ihren mit schweißnassem Haar geschmückten Kopf zu mir

Hast du keinen Anstand, oder was?

Ich schließe die Türe wieder,

gehe zurück ins Wohnzimmer.

Dann nehme ich mir das Telefon und rufe Elli an.

Elli, Bock zu ficken?

Am anderen Ende gibt es keine Antwort.

Der Hörer wird wortlos aufgelegt.

Schätze mit Elli,

das hat sich dann auch erledigt.

Ich mache den Fernseher noch lauter,

gehe zum Fenster und mache es weit auf.

Draußen ist es über Nacht Winter geworden.

Hunde pinkeln gelbe Flecken

in den Schnee und verliebte Pärchen

spazieren in Angoraschals über die Strassen.

Nebenan ist es inzwischen ruhig geworden.

Und trotzdem bin ich auf der Hut.

Das Leben hat mich angeschmiert.

Und was soll ich sagen,

ich habe nichts dagegen zu setzen.

Also warte ich weiter.

Worauf?

Keine Ahnung.

Ich schließe das Fenster, setze

mich auf Sofa und mache den Fernseher wieder leise.

Martha setzt sich zu mir.

Wir sind zwanzig Jahre verheiratet.

Es ist zum Kotzen.


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Hörbuch

Über den Autor

Lyders
Nach längerer Zeit bin ich wieder hier.
Das Leben ist ein Arschloch?
Keine Ahnung, ich schreibe Lyrik für
Menschen, die sich etwas mehr über den Tellerrand hinaus wagen.
Nicht jedermanns Sache, aber immer ehrlich und nah
den Hinterhöfen und Seitengassen der Gesellschaft.

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roxanneworks 
Ernüchternd...
es sollte eine Taste auf der Fernbedienung geben, die Hintergrundgeräusche bei "laufendem Programm" einfach rausfiltert...

LG
roxanne
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Geschmunzelt. Und Dein Stil gefällt mir (Frank Zander? Woody Allen?).
Ja wer so aufdreht, will ja gehört und bestaunt werden, gell. Sonst täten sie's ja in einem Kellerschrank. Also: mindestens aus nächster Nähe interessiert zusehen. "Ist Ihnen meine Party zu laut, kommen Sie doch gerne dazu."
Ah ah ooh ooh,
Gerd
Vor langer Zeit - Antworten
Bleistift 
"Zum Teufel mit dem Anstand"
Heftig deftig, wie das sooft bei Dir der Fall ist,
dafür aber mit genau diesem Touch
die Stimmung auf den Punkt getroffen...
beste Grüße Louis :-)
Vor langer Zeit - Antworten
Rajymbek 
Ganz schön was los! Ich finde Liebsschreie ja wesentlich angenehmer als Kiregsgeschrei, das Leben entpuppt sich als Arschloch. So what!

VLG Roland
Vor langer Zeit - Antworten
Constantin Na, immerhin musst Du nicht alles selber machen, das ist doch rücksichtsvoll von Martha. Aber vielleicht brauchst Du doch mal eine Tagesabschnittspartnerin. Ich fand die Geschichte sehr amüsant. Es liest sich gut, wenn Du Dich aufregst!
LG Constantin
Vor langer Zeit - Antworten
Schirin versuche doch mal dich gemütlich dazu zu legen, dann stört das Gestöhne nicht so, oder besser noch lade Elli dazu ein, ein Vierer
macht auch mehr Spaß als blöd vor dem Fernseher rum zu hängen..:-)))
Schiri
Vor langer Zeit - Antworten
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