„So gut wie du möchte ich es auch haben“, sagt meine Freundin am Nachmittag zu mir.
Ein Satz der Fragen aufwirft, gefallen zwischen einem Schluck Latte Macchiato und einem Löffel Himbeereis mit Sahne.
„Ihr seid das Traumpaar für alle, wusstest du das nicht?“, erklärt sie, als sie meine fragenden Blicke bemerkt.
„Nein“, antworte ich knapp und löffle schweigend weiter. Das Himbeereis verschmilzt galant mit der Kugel aus Vanille. Ich rühre noch ein bisschen in meinem Becher und aus sattem Rot wird kitschiges Rosa.
„Ich frage mich, wie ihr das macht. Ich meine, trotz der Kinder und des ganzen
Stresses in euren Jobs“, plappert meine Freundin weiter. „Sicher seid ihr noch genauso verliebt, wie am ersten Tag.“
Ich reiße meinen Blick los vom Farbenspiel des Eises und sehe sie an. „Woher wilst du das wissen?“, frage ich.
Sie kräuselt ihre Nase, das tut sie immer, wenn sie nachdenkt. „Ich kann es sehen“, sagt sie schließlich nach einigen Augenblicken.
Meine Augen suchen einen Punkt in der Ferne. Sie fixieren das runde Beet mit den vielen blutroten Rosen drüben am Springbrunnen.
Sie kann es sehen, denke ich.
Was kann sie sehen?
Dass er mir nach einem Restaurantbesuch
in meine Jacke hilft? Dass er die schweren Einkaufskisten in die Wohnung trägt? Dass er an meine Termine denkt und sie ernst nimmt? Dass er nach meinem langen Arbeitstag selbstverständlich einmal die Vorbereitung des Abendessens übernimmt, während ich mir zehn Minuten Ruhe gönne? Dass er, ohne lange zu diskutieren, die Kinder aus der Schule abholt, weil ich es nicht schaffe?
Sie kann es sehen, denke ich noch einmal.
Mein leises Seufzen geht in ihrem Redeschwall unter. Es ertrinkt förmlich darin.
„Er ist so ein toller Mann. So charmant. Und wie er dich immer ansieht. Als gäbe es keine andere Frau auf dieser Welt.“
„Ja“, murmel ich und nicke.
Dann löffle ich meinen Becher leer und trinke den letzten Schluck Latte Macchiato aus.
„Ich muss dann mal los, die Kinder warten“, meine ich und verabschiede mich von meiner Freundin.
Am Abend, als es still wird um mich schleiche ich mit schleppenden Schritten durch das Haus, sehe in alle Räume, hebe Dinge vom Boden auf und lege sie zurück an ihren Platz.
Jeden Tag das gleiche Ritual. Und doch so ganz anders als sonst.
Sie kann es sehen, hat meine Freundin gesagt.
Ich konnte es auch sehen.
Wie er ihr in den Mantel hilft.