Wir sind alle dazu verdammt, einen Schritt vor den anderen zu setzen. Dabei interessiert es niemanden, wie es uns dabei geht, wenn wir mal vom rechten Weg abkommen. Wir werden allein gelassen, in dieser Dunkelheit, die uns plötzlich so sehr zu gefallen scheint.
Ich jedenfalls bleibe hier, in meiner kleinen Hölle. Und ich werde dich mitreißen. Schritt für Schritt.
-Jake Harlow-
Jake harlow
Das war knapp. Wirklich. Um ein Haar wäre ich der Polizei begegnet. Etwas, dass ich in meiner derzeitigen Situation nicht gebrauchen kann. Es fällt mir schwer, mich zu beruhigen, weil da immer noch diese Wut ist, die ich Cathy gegenüber verspüre. Aber das wird sich legen. Ich habe alles im Griff. Niemand mischt sich in meine Angelegenheit ein ohne die Konsequenz davon zu tragen. Zum Einen bin ich erleichtert, Anna endlich loslassen zu können. Jetzt bleibt mir nur noch Cathy. Und um die muss ich mich besonders gut kümmern. Ich habe ihr dieses Versprechen gegeben und ich
werde versuchen, es so gut wie nur möglich, einzuhalten.
Eines weiß ich jedenfalls. Vorsicht ist geboten, auch wenn ich immer noch die Oberhand habe.
Ich hätte Cathy einfach nicht aus den Augen lassen sollen. Als ich sie im Wohnzimmer vorfand, hielt sie das Telefon am Ohr. Mir war sofort klar, dass ich reagieren musste. Also zerrte ich sie zur Hintertür. Dort parkte ich meinen Wagen. Sie wehrte sich so sehr, dass es sich nicht verhindern ließ, dass ihre Hand meine Schläfe traf. Zwar war ich kurz benommen, doch das verging sehr schnell. Es gefiel mir nicht, Cathy dafür zu bestrafen, aber wie sonst hätte
ich sie ruhig stellen können. Ich verpasste ihr einen heftigen Schlag ins Gesicht, der sie außer Gefecht setzte. Ich bereue es, aber jetzt ist alles in Ordnung. Sie ist bei mir und das ist das was zählt.
Ich schaue in den Rückspiegel. Die Straße ist hell erleuchtet von blauen Lichtern. Sie werden Annas Leiche finden. Mir blieb keine Zeit mehr, um sie mitzunehmen.
Das Risiko muss ich eingehen, dass man Spuren von mir finden wird. Aber keine Menschenseele kennt mich und ich bin nicht in der Datenbank registriert. Ich bin auf der sicheren Seite.
Meine Muskeln entspannen sich ein
wenig.
Ich wische mir den Schweiß von der Stirn. Ein aufregender Tag für mich. Sonst fällt es mir leichter, die Ruhe zu bewahren. Heute allerdings erreiche ich eine Grenze, die mich selbst überrascht.
Cathy liegt im Kofferraum und ich bin froh, dass Niemand meinen Plan durchkreuzt. Das Adrenalin , das vor wenigen Minuten noch durch meinen Körper geschossen ist, nimmt langsam ab. Je weiter ich mich von diesem Haus entferne, desto besser geht es mir.
Nicht auszumalen, was passiert wäre, wenn mir einer der Polizisten mitten im Aufbruch über den Weg gelaufen wäre.
Ich biege in die nächste Straße, die uns
direkt auf die Landstraße führt. Es sind nur ein paar Meilen, die wir zurück legen müssen.
Das Haus im Wald habe ich mir vor einigen Jahren gekauft. Es gehörte einem Jäger, der es mir für einen günstigen Preis verkaufte. Es war noch einiges zu machen, aber für mich war es kein Problem. Ich richtete es nach meinen Wünschen ein. Allein der Gedanke, dass Cathy in wenigen Minuten sehen würde, wie schön ich es hergerichtet habe, lässt mein Herz schneller schlagen. Ich bin aufgeregt. Und Cathy sicherlich auch.
Ich lenke den Wagen in den kleinen Waldweg, der mir heute besonders
holprig vorkommt. Jetzt endlich ist es soweit. Wenige Meter trennen uns von dem Haus, auf das ich mich so sehr freue.
Der Motor verstummt und ich ziehe den Schlüssel aus dem Zündschloss. Meine Füße landen beim Ausstieg in einer großen Pfütze, aber ich habe keine Zeit, mich darüber zu ärgern. Meine Gedanken sind bei Cathy.
Sie wimmert leise, als ich den Kofferraum öffne. Das Klebeband auf ihrem Mund hat sich schon ein wenig gelöst. Ich überprüfe kurz die Fesseln, die ich an Hand und Fuß angebracht habe. Alles okay. Es hält.
Langsam beuge ich mich über sie und
streichle ihr Haar. Ich versuche, sie zu beruhigen, aber Cathys Tränen fließen unaufhaltsam.
„Ich weiß nicht, warum du das gemacht hast, Liebes. Und ich weiß auch nicht, wen du da angerufen ist. Es ist unwichtig, okay? Ich verzeihe dir. Ich habe dich hierher gebracht, damit wir beide ein wenig Zeit miteinander verbringen können. Und ich hoffe, du freust dich darüber genauso wie ich!“
Auf eine Antwort zu warten ist natürlich sinnlos. Cathy so da liegen zu sehen, löst bei mir allerdings ein ungutes Gefühl aus. Ich möchte, dass es ihr gut geht.
Mit einem kurzen Ruck löse ich das restliche Klebeband von ihrem Mund. Ich
weiß natürlich, welche Reaktion als Nächstes folgen wird.
Cathy schreit aus tiefster Seele um Hilfe. Jeder würde in diesem Moment Panik verspüren, aber für mich war es ein Genuss. Zu wissen, dass Niemand ihre Schreie wahr nehmen kann, entlockt mir ein Lachen.
„Lassen Sie mich gehen!“ brüllt sie.
„Wir sind doch eben erst angekommen. Das wird dein neues Zuhause!“ sage ich und reibe mir die Hände.
„Nein, bitte. Was wollen Sie? Ich kann Ihnen Geld geben!“ schluchzt sie.
„Dein Geld? Ich bitte dich!“ sage ich verachtend.
„Was dann? Bitte lassen Sie mich gehen.
Ich werde keinem davon erzählen.“
„Du bist mir schon einmal entwischt. Glaubst du wirklich, dass ich das noch einmal zulassen werde? Du gehörst hierher. Zu mir. Und jetzt Schluss damit.“
„Nein. Nein, bitte. Lassen Sie mich gehen. Ich habe doch nichts getan.“
Mir reicht es. Ich kann dieses Gejammer nicht mehr hören. Ehe sie noch ein Wort sagen kann, landet das Klebeband wieder auf dem Mund. Ich habe es mir anders vorgestellt. Vielleicht nicht so, dass sie mir um den Hals fällt. Aber dass sie sich wenigstens für die Mühe, die ich aufgebracht habe, bedankt.
Ich schließe den Kofferraum und steuere
auf das Haus zu. Es sind noch einige Vorbereitungen zu treffen. Es soll schließlich perfekt werden. Cathy wird mir schon noch danken. Vielleicht nicht heute Nacht, aber irgendwann schon. Schließlich gehört sie von nun an mir. Ganz allein mir.